Zerebraler Gefäßwiderstand
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der zerebraler Gefäßwiderstand ist eine der wichtigsten Größen bei der Autoregulation der Gehirndurchblutung. Es handelt sich um einen Strömungswiderstand, mit dem die Gehirngefäße dem Blutstrom des systemischen Blutdrucks begegnen. Bei schweren Hirnschädigungen im Rahmen von Traumata, Tumoren oder Gehirnblutungen ist die Autoregulation gestört.
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Was ist der zerebrale Gefäßwiderstand?
Unter dem zerebralen Gefäßwiderstand versteht die Medizin einen Strömungswiderstand der Gehirngefäße. Die Gefäße des Gehirns setzen dem Blutstrom des systemischen Blutdrucks den zerebralen Gefäßwiderstand entgegen. Sie verengen oder erweitern ihren Gefäßdurchmesser abhängig von den systemischen Blutdruckwerten. Damit ist der zerebrale Gefäßwiderstand eine regulative Größe bei der Durchblutung des menschlichen Gehirns.
Bei dem Regulationskreis handelt es sich um einen Schutzmechanismus zur Lebenserhaltung bei veränderten Blutdruckwerten. Wie alle Gefäße sind auch die zerebralen Gefäße mit einer Schicht aus Muskelfasern ausgestattet. Diese Muskelschicht kann kontrahieren oder entspannen.
Relaxation führt zu einer Gefäßerweiterung mit Erhöhung der Durchblutung. Kontraktion führt eine Gefäßverengung mit erniedrigter Durchblutung herbei. Da das Gehirn weder zu wenig, noch zu viel Blutfluss ertragen kann, müssen die Gefäße auf veränderte Blutdruckwerten mit regulativer Relaxation oder Kontraktion reagieren. Hirnschädigungen aufgrund von übermäßigem und unterdurchschnittlichem Blutangebot kann auf diese Weise vorgebeugt werden.
Das Gewebe des menschlichen Gehirns ist zugleich das empfindlichste und spezialisierteste Gewebe im Körper des Menschen. Nervenzellen im Gehirn sind an jedem menschlichen Körperprozess beteiligt. Ohne das hochspezialisierte Hirngewebe ist der Mensch damit nicht lebensfähig. Ein Hirntod wird so, anders als der Herztod, mit dem eigentlichen Sterben gleichgesetzt. Der zerebrale Gefäßwiderstand beugt diesem Hirntod vor.
Funktion & Aufgabe
Im Gehirn sind unangemessene Blutdruckwerte aufgrund der lebenserhaltenden Gehirnfunktionen besonders tragisch. Zur Lebenserhaltung verfügt der Körper des Menschen über verschiedene Mechanismen. Das gilt speziell für den Bereich des Gehirns, der wegen seiner vielfältigen Aufgaben besonders schützenswert und lebensnotwendig ist.
Ein Schutzmechanismus existiert so zum Beispiel für die zerebrale Durchblutung. Beim Vorliegen von systolischen Blutdruckwerten von 50 bis 150 mmHg sowie intrakraniellen Normdruckwerten können die zerebralen Gefäße Änderungen im arteriell mittleren Druck mit Anpassungen des Gefäßwiderstandes beantworten. Diese Widerstandsregulation entspricht einer Reaktion zur Konstanthaltung des zerebralen Blutflusses.
Die Autoregulation der zerebralen Durchblutung ist vor allem zur angemessenen Blutversorgung des Gehirns entscheidend. Hirnschädigungen aufgrund von Sauerstoffmangel oder Nährstoffmangel wird auf diese Weise vorgebeugt. Der zerebrale Gefäßwiderstand hängt unmittelbar mit den Blutgasen zusammen. Bei ansteigendem CO2-Partialdruck innerhalb des arteriellen Bluts kommt es vor dem Hintergrund konstanter Blutdruckwerte zu einer Entspannungsreaktion der zerebralen Gefäße. Die Durchblutung im Bereich des Gehirns nimmt bei zerebraler Gefäßdilatation zu.
Derselbe Mechanismus gilt in die andere Richtung. Ein abnehmender CO2-Partialdrucke in den arteriellen Gefäßen lässt den zerebralen Gefäßwiderstand also ansteigen. In einer Konsequenz dazu nimmt der zerebrale Blutfluss ab. Auf diese Weise wird das Gehirn auch bei Hypoventilation und Hyperventilation angemessen durchblutet.
Kohlendioxid ist die wichtigste Einflussgröße auf den Gefäßwiderstand der zerebralen Gefäße. Eine etwas geringere Einflussgröße liegt mit dem Sauerstoffpartialdruck vor. Bei Absinken des pO2 im arteriellen Blut kann eine Weitstellung der Gehirnarterien eintreten. Das aber nur bei starkem Abfall. Der pO2 sinkt in diesem Fall unter 50 mmHg. Infolge der Weitstellung nimmt die Durchblutung des Gehirns aufgrund der Widerstandsveränderungen innerhalb der Gehirngefäße zu. Auch dieser Prozess soll Gehirnschädigungen aufgrund von unangemessener Durchblutung vorbeugen.
Krankheiten & Beschwerden
Diese pathophysiologischen Zustände schalten zum einen die Blut-Hirn-Schranke aus. Zum anderen ziehen sie die zerebrale Autoregulation in Mitleidenschaft. Die Prozesse der Autoregulation können so im Rahmen der genannten Zustände derart massiv gestört sein, dass die Gehirndurchblutung eine unmittelbare Veränderung des arteriell mittleren Blutdrucks erzeugt. Dabei kommen die empfindlichen Nervenzellen zu Schaden.
Darüber hinaus ist der Autoregulationsmechanismus der Gehirndurchblutung bei systemischen Blutdruckwerten unter 50 mmHg und über 150 mmHg überfordert. Die Autoregulation passt sich in diesem Fall zwar den Gefäßdurchmessern an, kann den abnormen Blutfluss aber auch durch maximale Anpassung nicht mehr kompensieren.
Ein verminderter Blutfluss führt zu einer Ischämie und mündet damit in einem Mangel an Sauerstoff und Nährstoffen. Bei Blutflussminderungen um die Hälfte wird als zusätzlicher Kompensationsmechanismus eine volle Sauerstoffausschöpfung eingeleitet. Bei Werten unter 20 Milliliter pro 100 Gramm und Minute treten reversible Veränderungen der Gehirnzellen ein. Durch eine Verminderung des Blutflusses unter 15 Milliliter pro 100 Gramm und Minute sterben Nervenzellen des Gehirns binnen Sekunden irreversible ab.
Bei Hyperämie handelt es sich um das gegenteilige Ereignis, also eine zu hohe Durchblutungsrate. Dabei steigt der intrakranielle Druck an und ruft so kompressionsbedingte Schädigungen des Hirngewebes hervor. Bei hypertensiven Krisen wird die obere Grenze der Autoregulation überschritten und Hirnödeme entstehen. Dauerhafter Bluthochdruck verschiebt die Grenzen der Autoregulation zudem nach oben.
Quellen
- Debus, S., Gross-Fengels, W.: Operative und interventionelle Gefäßmedizin. Springer Verlag, Berlin 20120
- Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 201
- Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010