ADULT-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Beim ADULT-Syndrom handelt es sich um eine genetisch verursachte Krankheit, die im Durchschnitt lediglich mit einer sehr geringen Häufigkeit auftritt. Prinzipiell wird das ADULT-Syndrom auf autosomal-dominante Weise weitergegeben. Die Bezeichnung der Krankheit stellt ein Akronym dar, das für Acro-Dermato-Ungual-Lacrimal-Tooth-Syndrom steht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das ADULT-Syndrom?

Beim ADULT-Syndrom handelt es sich um eine genetisch verursachte Krankheit, die im Durchschnitt lediglich mit einer sehr geringen Häufigkeit auftritt.

Das ADULT-Syndrom wurde zum ersten Mal im Jahr 1933 durch Propping beschrieben. Die Langform der Krankheitsbezeichnung bezieht sich auf die Bereiche des Körpers, an denen Anomalien oder Missbildungen im Rahmen des ADULT-Syndroms auftreten. Dazu zählen in erster Linie Haut und Nägel sowie Zähne und das Tränensystem. Typisch für die Krankheit ist eine Dysplasie der Zehen- und Fingernägel, stark ausgeprägte Sommersprossen, eine Ektrodaktylie sowie verstopfte Tränendrüsen.

Darüber hinaus zeigt sich in der Regel auch eine Hypodontie, wobei die bleibenden Zähne meist im frühen Lebensalter verloren gehen. Prinzipiell stellt das ADULT-Syndrom eine enorm seltene genetische Erkrankung dar. Bisher ist das Syndrom erst bei zwei Familien und 14 Einzelfällen bekannt. Das ADULT-Syndrom wird über einen autosomal-dominanten [Erbkrankheiten|Vererbungsgang]] weitergegeben.

Ursachen

Beim ADULT-Syndrom handelt es sich um eine äußerst selten vorkommende Krankheit. Die Prävalenz des ADULT-Syndroms wird auf circa 1:1.000.000 geschätzt. Das ADULT-Syndrom ist eine Erbkrankheit, deren Ursachen in genetischen Mutationen zu finden sind. Dabei wird die Krankheit autosomal-dominant vererbt. Die zu Grunde liegende Genmutation findet sich auf dem sogenannten TP63-Gen.

Dabei ist konkret der Genort 3q28 betroffen. Dieser Locus ist für die Kodierung eines bestimmten Proteins verantwortlich, bei dem es sich um einen Faktor der Transkription handelt. Er spielt eine wichtige Rolle bei der Ausbildung von Gliedmaßen und Geweben der Nägel und Haare. Genetische Mutationen an diesem Genort haben in der Regel entsprechende Fehlbildungen bei den betroffenen Personen zur Folge.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Rahmen des ADULT-Syndroms leiden die erkrankten Personen unter einem typischen Beschwerdebild. Grundsätzlich zählen eine Ektrodaktylie, eine Dysplasie der Nägel sowie verstopfte Tränengänge zu den wichtigsten Symptomen der Krankheit. Außerdem zeigen die Patienten in der Regel charakteristische Veränderungen der Pigmente auf der Haut, die an Sommersprossen erinnern. Dieses Symptom wird auch als sogenanntes Freckling bezeichnet.

Auch im Bereich der Zähne treten beim ADULT-Syndrom üblicherweise Anomalien auf. So fehlen unter Umständen einige Zähne. In besonders schweren Fällen verfügt die Person über keinerlei Gebiss. Darüber hinaus ist bei Patienten mit ADULT-Syndrom auch eine exfoliative Dermatitis möglich, die sich in erster Linie im Bereich der Zehen und Finger zeigt. Die Haare der am ADULT-Syndrom erkrankten Personen sind im überwiegenden Teil der Fälle blond und schütter. Wimpern und Augenbrauen sind unterentwickelt.

Prinzipiell stellt das ADULT-Syndrom eine sogenannte allelische Krankheit dar. Das bedeutet, dass lediglich spezielle genetische Formen auf dem entsprechenden Gen zur Ausprägung des ADULT-Syndroms führen. Wenn weitere Genloci von den Mutationen betroffen sind, so entwickeln sich in der Regel andere Arten von Erkrankungen.

Dabei sind zum Beispiel das Hay-Wells-Syndrom, das EEC-Syndrom, SHFM4 sowie das Rapp-Hodgkin-Syndrom möglich. Je nach Schweregrad des ADULT-Syndroms unterscheiden sich die Beschwerden bei den erkrankten Patienten erheblich. So sind neben leichten Formen des Syndroms auch Fälle möglich, in denen die Personen alle möglichen Symptome aufweisen.

So zeigt ein Teil der betroffenen Patienten zum Beispiel eine Gaumenspalte, einen Spaltfuß oder eine Spalthand. Einige Personen sind stark photophob und leiden an einer chronischen Blepharitis. Unter Umständen zeigen sich auch Beschwerden wie eine Blepharophimose, eine Konjunktivitis oder eine Dakryozystitis.

Diagnose & Verlauf

Um eine sichere Diagnose des ADULT-Syndroms zu stellen, sind in der Regel zahlreiche medizinische Untersuchungen nötig. In den meisten Fällen erstreckt sich die Diagnose der Krankheit über einen relativ langen Zeitraum. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass es sich beim ADULT-Syndrom um eine sehr seltene Erkrankung handelt.

Zeigen neugeborene Säuglinge oder Kleinkinder in den ersten Lebensjahren typische Anzeichen der Krankheit, ist ein Arzt aufzusuchen. Dabei fallen in erster Linie zunächst die äußerlichen Anomalien auf, etwa im Bereich des Gesichts. Der Kinderarzt überweist den Patienten an einen spezialisierten Arzt, der die weitere Diagnose übernimmt. Am Anfang führt er mit den Eltern des Kindes und dem Patienten selbst eine Anamnese durch und sammelt Hinweise zur Symptomatik.

Der Verdacht auf das Vorliegen einer Erbkrankheit fällt üblicherweise schnell. Diverse Sichtuntersuchungen des Patienten grenzen das Spektrum möglicher Krankheiten erheblich ein. Darüber hinaus kommen auch Untersuchungsverfahren wie Röntgentechniken und andere bildgebende Methoden zum Einsatz. Auf diese Weise sind zum Beispiel die Fehlbildungen des Gebisses bereits bei Kleinkindern nachweisbar.

Komplikationen

Beim ADULT-Syndrom können unterschiedliche Komplikationen auftreten. Diese hängen von der Ausprägung des Syndroms ab. In den meisten Fällen verfügt der Patient übe relativ viele Sommersprossen. Diese können im Sommer durch die erhöhte UV-Einstrahlung nochmals vervielfacht werden. Die Sommersprossen selbst stellen allerdings keine Beschwerde dar.

Oft sind die Tränengänge der Betroffenen verschlossen. Damit ist es nicht möglich, zu weinen. Dies hat nicht nur psychische, sondern auch physische Einwirkungen. Durch das Weinen werden Fremdkörper aus dem Auge entfernt. Kann dies nicht durchgeführt werden, endet dies oft in einer Entzündung am Auge. Bei den meisten Betroffenen fehlen Zähne.

Dabei können nur einige oder sogar alle Zähne fehlen. Dies führt vor allem bei Kindern zu Hänseleien und Mobbing und kann beim Patienten starke Depressionen und andere psychische Probleme auslösen. An den Zehen und Fingern tritt erhöht eine Dermatitis auf. Diese kann allerdings relativ gut behandelt werden.

Das ADULT-Syndrom selbst kann nicht behandelt oder vorgebeugt werden, da es vererbt wird. Allerdings können die Symptome, die bei diesem Syndrom auftreten, behandelt werden. Dabei wird die Lebenserwartung des Patienten erhöht und sein Alltag erleichtert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es sich beim ADULT-Syndrom um eine genetische Krankheit handelt, kann diese in der Regel nicht durch einen Arzt geheilt werden. Aus diesem Grund ist nur eine symptomatische Behandlung möglich, die immer dann erfolgen sollte, wenn es zu Schmerzen oder zu starken Einschränkungen im Leben des Patienten kommt. In der Regel kommt es durch das ADULT-Syndrom zu Pigmentstörungen. Diese stellen in erster Linie keine gesundheitliche Gefahr dar und müssen daher auch nicht zwingend durch einen Arzt behandelt werden.

Nicht selten kommt es durch die Pigmentstörungen allerdings zu psychischen Beschwerden, bei welchen eine Behandlung durch einen Psychologen stattfinden kann. Ebenso muss aufgrund der Gaumenspalte eine Behandlung durchgeführt werden. Da es weiterhin nicht selten zu einem Spaltfuß kommt, kann dieser ebenso durch einen Eingriff korrigiert werden. Eine ärztliche Behandlung ist auch dann notwendig, wenn es zu weiteren Hautbeschwerden kommt, die zum Beispiel durch eine erhöhte UV-Einstrahlung auftreten können. In der Regel kann immer direkt der jeweilige Facharzt aufgesucht werden, um eine sofortige Behandlung zu bekommen.

Behandlung & Therapie

Derzeit ist eine ursächliche Therapie des ADULT-Syndroms nicht möglich, da entsprechende Kenntnisse fehlen. Bedingt durch die Seltenheit des ADULT-Syndroms mangelt es an adäquaten Forschungsstudien. Die Patienten werden stattdessen anhand ihrer Symptome behandelt.

Im Hinblick auf die Fehlbildungen der Zähne kommt zum Beispiel eine kieferorthopädische Behandlung zum Einsatz. Zudem erhalten die Patienten in der Regel frühzeitig einen Zahnersatz.

Aussicht & Prognose

Durch das ADULT-Syndrom wird die Lebensqualität des Patienten extrem verringert und der Alltag stark erschwert. Die Beschwerden können dabei sehr unterschiedlich sein. In vielen Fällen kommt es zu Fehlbildungen an den Nägeln und den Augen. Auch die Haut ist von Pigmentstörungen betroffen. Diese können zu einem verringerten Selbstwertgefühl führen. Oft tritt auch eine Gaumenspalte auf, welche mit Sprachstörungen verbunden sein kann.

Die Füße sind ebenfalls von Fehlbildungen betroffen, sodass es in einigen Fällen zu Bewegungseinschränkungen kommen kann. Gegebenenfalls ist der Patient im Alltag auf die Hilfe von anderen Personen angewiesen, um den Alltag noch zu meistern.

Es ist nicht möglich, das ADULT-Syndrom zu behandeln, sodass nur die Symptome eingeschränkt werden können. Dies erfolgt in der Regel durch operative Eingriffe und verschiedene Therapien. Meist ist die Lebenserwartung durch das ADULT-Syndrom dennoch verringert.

Bei einer frühzeitigen Behandlung der Symptome kann der Alltag im Erwachsenenalter normalisiert werden. Die Entwicklung der Motorik und geistigen Fähigkeiten bleibt in der Regel durch das ADULT-Syndrom nicht beeinflusst.


Vorbeugung

In der heutigen Zeit ist es noch nicht möglich, dem ADULT-Syndrom vorzubeugen. Denn zum einen ist die Erbkrankheit nicht ausreichend erforscht, zum anderen fehlen generell Erfahrungen bezüglich der Vorbeugung genetischer Krankheiten und der entsprechenden Mutationen.

Nachsorge

Da es sich beim ADULT-Syndrom um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, sind die Möglichkeiten der Nachsorge bei dieser Krankheit relativ stark eingeschränkt. Der Betroffene ist daher in erster Linie auf die frühzeitige Diagnose und Behandlung der Krankheit angewiesen, damit es nicht zu weiteren Beschwerden oder zu weiteren Komplikationen kommt. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann auch eine genetische Beratung sehr sinnvoll sein, um zu klären, inwieweit eine Weitergabe der Krankheit an die Nachkommen verhindert werden kann.

Dadurch kann das erneute Auftreten des ADULT-Syndroms eventuell verhindert werden. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung durch einen operativen Eingriff eines Orthopäden. Dabei kommt es meist zu keinen besonderen Komplikationen, wobei sich der Eingriff selbst nach den genauen Fehlbildungen an den Zähnen und nach ihrer Ausprägung richtet.

Der Eingriff sollte schon sehr früh erfolgen, damit es nicht zu Beschwerden bei der Entwicklung des Kindes kommt. In vielen Fällen sind die Betroffenen auch auf die psychische Unterstützung durch die Freunde oder durch die eigene Familie angewiesen, damit es nicht zu Verstimmungen oder zu Depressionen kommt. Auch ein Psychologe kann dabei in schwerwiegenden Fällen aufgesucht werden. Das Syndrom selbst verringert in der Regel nicht die Lebenserwartung des Patienten.

Das können Sie selbst tun

Da das ADULT-Syndrom eine sehr selten auftretende Erkrankung ist, gibt es bisher wenige Erfahrungsberichte, um einen umfassenden Überblick über die mögliche Selbsthilfe geben zu können. Betroffene sollten sich soweit möglich über die Krankheit, deren Verlauf und Komplikationen informieren. Dies hilft, um sich nicht unvorbereitet in unangenehmen Situationen wiederzufinden. Sofern die Möglichkeit besteht, sollte ein Informationsaustausch mit anderen Erkrankten stattfinden. Hilfreich Hinweise und Tipps können von ihnen genutzt werden. Das stärkt das eigene Selbstbewusstsein und lässt die Hilflosigkeit sinken.

Im Alltag ist es besonders hilfreich, wenn sich der Erkrankte mit Menschen umgibt, die ihm Stabilität und Sicherheit vermitteln. Ein gutes soziales Netzwerk erhöht das Wohlbefinden und steigert die Lebensfreude. Bei einer sozialen Isolation drohen depressive Stimmungen und weitere psychische Erkrankungen.

Sobald der Betroffene lebensbeeinflussende Ängste oder Panikattacken erlebt, ist es ratsam, wenn er sich rechtzeitig Hilfe bei einem Therapeuten sucht. Gemeinsam mit ihm kann er Verhaltensstrategien entwickeln, die er letzten selbständig im Alltag nutzen kann, um beschwerdefreier sein Leben bewältigen zu können.

Trotz der Erkrankung ist eine Teilhabe an gesellschaftlichen Aktivitäten möglich. Diesen sollte der Betroffene mit Selbstbewusstsein nachgehen. Durch ein stabiles Selbstwertgefühl wird es ihm möglich sein, das Leben trotz aller Widrigkeiten genießen zu können.

Quellen

  • Battegay, E. (Hrsg.): Siegenthalers Differenzialdiagnose. Thieme, Stuttgart 2012
  • Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

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