Fruchtwasseruntersuchung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Zu den bereits seit mehreren Jahren durchgeführten diagnostisch relevanten Verfahren am ungeborenen Kind gehört unter anderem die Fruchtwasseruntersuchung bzw. die Amniozentese. Durch die medizinische Begutachtung des Fruchtwassers können Rückschlüsse auf die Entwicklung und den Zustand des Kindes gezogen werden.
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Was ist eine Fruchtwasseruntersuchung?
Ein bestimmendes Verfahren, welches in der der vorgeburtlichen oder pränatalen Phase eingesetzt wird, ist die Fruchtwasseruntersuchung. Dieser Eingriff wird auch als Amniozentese bezeichnet und nimmt eine zentrale Bedeutung im Zusammenhang mit der Schwangeschaftsprophylaxe.
Durch die Fruchtwasseruntersuchung oder Fruchtwasserspiegelung können verschiedene Erkrankungen des Kindes oder eine drohende Frühgeburt rechtzeitig erkannt werden.
Die Fruchtwasseruntersuchung eröffnet für viele werdende Eltern somit eine Möglichkeit, sich für oder gegen ein Kind mit einer körperlichen und/oder geistigen Behinderung oder Erkrankung zu entscheiden. Die Fruchtwasserspiegelung wird auch als Schnelltestvariante angeboten.
Geschichte & Entwicklung
Die Fruchtwasseruntersuchung, auch Amniozentese genannt, hat ihre Ursprünge in den 1950er Jahren, als medizinische Forschungen begannen, das Fruchtwasser auf genetische Informationen zu untersuchen. Zunächst wurden einfache biochemische Analysen durchgeführt, um Stoffwechselstörungen wie die Rhesus-Inkompatibilität festzustellen.
Ein entscheidender Fortschritt kam in den 1960er Jahren, als es Wissenschaftlern gelang, Zellen aus dem Fruchtwasser zu isolieren und zu kultivieren. Dadurch wurde es möglich, den Chromosomensatz des ungeborenen Kindes zu untersuchen und genetische Störungen wie das Down-Syndrom zu diagnostizieren.
Im Jahr 1966 führte der Genetiker Fritz Fuchs die erste erfolgreiche Amniozentese zur pränatalen Diagnose von genetischen Störungen durch. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Technik weiter, und die Fruchtwasseruntersuchung wurde in den 1970er Jahren ein routinemäßig eingesetztes Verfahren, das Eltern wichtige Informationen über den Gesundheitszustand ihres ungeborenen Kindes lieferte.
Seitdem wurden die Verfahren weiter verfeinert, sodass moderne Ultraschalltechnologie die genaue Lage des Fötus und der Nadel bestimmt. Diese Entwicklungen machten die Amniozentese sicherer und präziser. Bis heute bleibt die Fruchtwasseruntersuchung eine wichtige Methode der pränatalen Diagnostik, vor allem für ältere Mütter oder bei Verdacht auf genetische Anomalien.
Einsatz & Indikation
Eine Fruchtwasseruntersuchung wird in der Regel zwischen der 15. und 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt, kann aber in bestimmten Fällen auch später stattfinden. Sie wird vor allem dann empfohlen, wenn ein erhöhtes Risiko für genetische oder chromosomale Störungen beim ungeborenen Kind besteht. Zu den häufigsten Gründen zählt das Alter der Mutter – ab 35 Jahren steigt das Risiko für chromosomale Anomalien wie das Down-Syndrom.
Auch wenn es auffällige Ergebnisse in anderen pränatalen Tests, wie dem Ersttrimester-Screening oder nicht-invasiven pränatalen Tests (NIPT), gibt, wird eine Amniozentese empfohlen, um eine genaue Diagnose zu stellen. Weitere Indikationen sind familiäre Vorgeschichten mit genetischen Erkrankungen oder wenn bei früheren Schwangerschaften Fehlbildungen oder genetische Störungen aufgetreten sind.
Darüber hinaus kann eine Fruchtwasseruntersuchung notwendig werden, wenn während der Schwangerschaft bestimmte Infektionen vermutet werden, die das Kind gefährden könnten, oder um den Reifegrad der Lungen des Fötus zu überprüfen, insbesondere wenn eine Frühgeburt droht. Bei der Untersuchung wird Fruchtwasser entnommen, das fetale Zellen und andere Substanzen enthält, die genetische Informationen über den Fötus liefern.
Vorteile & Nutzen
Die Fruchtwasseruntersuchung bietet gegenüber anderen pränatalen Untersuchungsmethoden einige wichtige Vorteile, insbesondere in Bezug auf die Genauigkeit und die Art der diagnostischen Informationen. Einer der größten Vorteile ist die hohe Zuverlässigkeit bei der Diagnose von chromosomalen Anomalien wie dem Down-Syndrom, Edwards-Syndrom oder Pätau-Syndrom. Während nicht-invasive Methoden wie der NIPT (Nicht-invasive Pränataltests) zwar eine Risikoabschätzung liefern, bietet die Amniozentese eine definitive Diagnose, da direkt fetale Zellen analysiert werden.
Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, eine Vielzahl genetischer Störungen zu untersuchen, die durch andere Methoden nicht erkannt werden können. Bei der Fruchtwasseruntersuchung können auch Stoffwechselstörungen und seltene genetische Erkrankungen wie Mukoviszidose oder spinale Muskelatrophie diagnostiziert werden, was durch weniger invasive Tests oft nicht möglich ist.
Darüber hinaus kann die Amniozentese genutzt werden, um den Reifegrad der Lungen des Fötus zu bestimmen, was insbesondere bei drohender Frühgeburt von Bedeutung ist. Sie bietet auch die Möglichkeit, Infektionen im Mutterleib festzustellen, die andere Tests nicht so präzise erfassen. Insgesamt stellt die Fruchtwasseruntersuchung eine umfassende und genaue Methode der pränatalen Diagnostik dar, wenn gezielte Informationen über den Gesundheitszustand des Fötus benötigt werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Fruchtwasserspiegelung ist ein medizinischer Eingriff, für den sich die Mediziner gemeinsam mit den zukünftigen Eltern bewusst entscheiden. Mit einer Amniozentese sind verschiedene Abnormitäten und gesundheitliche Beeinträchtigungen des Kindes schon innerhalb der 15. und 18. Woche der Schwangerschaft feststellbar.
In diesem Zusammenhang kommt es bei der Fruchtwasseruntersuchung auf die gezielte Diagnosestellung einer Unverträglichkeit der Blutgruppen von Kind und Mutter, eine Früherkennung einer Fehl- oder vorzeitigen Geburt sowie auf das Vorhandensein des Down-Syndroms. Ab einem bestimmten Lebensalter der schwangeren Frauen sollte eine Fruchtwasserspiegelung immer vorgenommen werden, weil mit dem steigenden Alter der Frauen die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass mit dem Kind „nicht alles in Ordnung" ist.
Bei der Fruchtwasseruntersuchung erleiden die Schwangeren keine Schmerzen, weil die Einstichregion örtlich betäubt werden kann. In den meisten Fällen kann auf diese Maßnahme zum Wohle des Kindes verzichtet werden. Der Arzt führt eine dünne Kanüle durch die Bauchdecke der Frau in die Gebärmutter ein. Dort liegt der Fötus im Fruchtwasser eingebettet.
Nach der Entnahme einer geringen Menge an Fruchtwasser wird diese Probe in ein zytologisches Labor geschickt. Dort erfolgt die eigentliche Fruchtwasseruntersuchung. Im Fruchtwasser sind verschiedene Zellen des Fötus enthalten, aus denen sich die Erbinformationen entnehmen und bestimmen lassen. Eventuelle Risiken auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung lassen sich daraus schlussfolgern.
Bei der Fruchtwasseruntersuchung, bei der es auf ein außerordentlich steriles Arbeiten ankommt, wird das Kind nicht verletzt. Dafür setzen die behandelnden Fachärzte zusätzliche bildgebende Geräte ein, die beispielsweise eine begleitende Ultraschallaufnahme ermöglichen.
Neben der recht frühzeitigen Fruchtwasseruntersuchung, innerhalb derer das Kind noch ein Fötus ist, kann auch ein Ungeborenes ab der 30. Woche der Schwangerschaft dahingehend untersucht werden, ob eine ausreichende Entwicklung der Lungen gegeben ist. So ist abschätzbar, welche Überlebenschancen das Kind hat und ob eine Frühgeburt eingeplant werden muss.
Unter diesen Voraussetzungen ist wiederum eine wesentlich bessere postnatale (nachgeburtliche) Betreuung des Säuglings realisierbar. Die Fruchtwasseruntersuchung ist zudem eine wissenschaftliche Grundlage, um dem Wunsch der Eltern zu entsprechen, die kein behindertes Kind aufziehen möchten und einen gesetzlichen Abbruch der Schwangerschaft wünschen.
Durchführung & Ablauf
Bei einer Fruchtwasseruntersuchung, auch Amniozentese genannt, wird eine Probe des Fruchtwassers entnommen, um genetische und medizinische Informationen über den Fötus zu gewinnen. Der Eingriff beginnt mit einer ausführlichen Ultraschalluntersuchung, um die genaue Position des Babys, der Plazenta und der Fruchtblase zu bestimmen. Dies dient dazu, die Einstichstelle für die Nadel sicher zu planen und mögliche Risiken zu minimieren.
Nachdem die Mutter bequem positioniert ist, wird der Bauch desinfiziert. Anschließend führt der Arzt eine dünne Hohlnadel durch die Bauchdecke in die Fruchtblase ein. Die Nadel wird unter kontinuierlicher Ultraschallkontrolle geführt, um sicherzustellen, dass weder der Fötus noch andere empfindliche Strukturen berührt werden. Über die Nadel werden etwa 15 bis 20 Milliliter Fruchtwasser entnommen, was ungefähr ein Prozent der Gesamtmenge ausmacht. Die Menge des Fruchtwassers regeneriert sich innerhalb weniger Stunden.
Der Eingriff dauert nur wenige Minuten, wobei die Mutter meist nur einen leichten Druck verspürt. Nach der Entnahme wird der Fötus erneut per Ultraschall kontrolliert. Die entnommene Fruchtwasserprobe wird anschließend im Labor analysiert. Es dauert in der Regel 10 bis 14 Tage, bis die Ergebnisse vorliegen. Nach dem Eingriff wird der Mutter empfohlen, sich für ein bis zwei Tage körperlich zu schonen.
Risiken & Gefahren
Grundsätzlich ist es unumgänglich, die Entscheidung für eine Fruchtwasseruntersuchung gut zu durchdenken, denn Risiken und Nebenwirkungen sind nicht auszuschließen. Da es sich um einen Eingriff in den mütterlichen Organismus und die intakte Umgebung des Föten handelt, können beispielsweise krankheitsauslösende Keime eingeschleppt werden. Diese können eine Frühgeburt oder eine pränatale Erkrankung der Schwangeren und des Kindes auslösen.
Nur ganz selten treten bei der Fruchtwasseruntersuchung Verletzungen des Föten auf - sie kommen aber vor. Durch die Invasion bei einer Fruchtwasseruntersuchung ist es möglich, dass frühzeitige Wehen ausgelöst werden und Fehlgeburten zu erwarten sind. Nachträgliches Eindringen von Blut in die Gebärmutter und das vorzeitige Abfließen von Fruchtwasser sind nach einer Fruchtwasseruntersuchung ebenfalls nicht auszuschließen.
Über das Risiko unbeabsichtigter Einstiche in die Plazenta oder Verletzungen der Gebärmuttergewebe müssen die Eltern ebenfalls hinreichend aufgeklärt werden. Diese Komplikationen sind bei einer Fruchtwasseruntersuchung entweder während oder nach dem Verfahren nicht auszuschließen.
Bei der überwiegenden Mehrheit der schwangeren Frauen geht eine Fruchtwasseruntersuchung ohne Komplikationen vorüber. Ein leichtes Ziehen durch kontraktionsartige Bewegungen der Muskulatur ist normal.
Alternativen
Es gibt mehrere alternative Verfahren zur Fruchtwasseruntersuchung, die weniger invasiv sind oder in speziellen Fällen eingesetzt werden können, wenn eine Amniozentese nicht möglich ist. Eine wichtige Alternative ist der Nicht-invasive Pränataltest (NIPT). Bei diesem Test wird eine Blutprobe der Mutter entnommen, um die DNA des Fötus, die im Blut der Mutter zirkuliert, auf Chromosomenanomalien wie das Down-Syndrom zu untersuchen. NIPT ist weniger risikobehaftet, da kein Eingriff in den Uterus erfolgt, bietet jedoch nur eine Risikoabschätzung und keine definitive Diagnose.
Ein weiteres Verfahren ist die Chorionzottenbiopsie, die in der Regel zwischen der 10. und 13. Schwangerschaftswoche durchgeführt wird. Hierbei wird eine Probe der Plazenta entnommen, um auf genetische Störungen zu testen. Ähnlich wie bei der Amniozentese wird auch hier eine Nadel durch die Bauchdecke eingeführt oder die Probe wird durch die Vagina entnommen. Dieser Test bietet ebenfalls eine sehr genaue Diagnose, kann jedoch nicht alle Stoffwechselstörungen erfassen, die über das Fruchtwasser diagnostiziert werden könnten.
Für Fälle, in denen es wichtig ist, die fetale Entwicklung nicht-invasiv zu überwachen, ist der detaillierte Ultraschall eine weitere Option. Dieser liefert visuelle Informationen über mögliche Fehlbildungen und kann strukturelle Anomalien feststellen, allerdings ohne genetische oder chromosomale Daten bereitzustellen.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
- Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013