Antithrombinmangel
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Antithrombinmangel ist eine angeborene Erbkrankheit. Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Thrombose. Der Mangel verursacht darüber hinaus eine Verminderung der Konzentration sowie der Aktivität.
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Was ist Antithrombinmangel?
Der angeborene Antithrombinmangel wurde erstmals im Jahre 1965 von Olav Egeberg beschrieben. Das Antithrombin ist ein Glykoprotein, das eine hemmende Wirkung auf die Blutgerinnung hat. Es wird in der Leber gebildet und ist Teil des Blutplasmas. Das Blut besteht zu 55 Prozent aus Blutplasma. In ihm befinden sich die nicht-zellulären Anteile des Blutes.
Die Hauptaufgabe des Plasmas besteht im Transport der zellulären Blutbestandteile. Der Mangel an Antithrombin im Blutplasma hat zur Folge, dass eine Risikoerhöhung für die eine Thrombophilie besteht. Dies bedeutet, dass die Gerinnbarkeit des Blutes erhöht ist. Darüber hinaus steigt die Gefährdung einer Thromboembolie. Sobald zusätzliche Risikofaktoren wie beispielsweise eine Operation oder ein Unfall vorhanden sind, kommt es folglich bei Erkrankten zu einer Thrombose.
Hierbei bildet sich im Blutgefäß ein Blutgerinnsel. Dieses wirkt wie ein Blutpfropf und verstopft oder behindert den Fluss des Blutes. Der Blutpfropf wird als Thrombus bezeichnet. Er kann sich auch im Herzen bilden und dort den Blutstrom stoppen. Das Gerinnsel kann sich in jeder Ader des gesamten Blutkreislaufs entwickeln und dort das Blut anstauen. Dadurch besteht die Gefahr eines Herzinfarktes oder Schlaganfalls.
Ursachen
Die Ursache des Antithrombinmangels geht auf eine erblich bedingte Genmutation zurück. Der Mangel an Antithrombin ist eine angeborene Erberkrankung, die autosomal dominant vererbt wird. Durch den dominanten Erbgang der Krankheit wird von mindestens einem Elternteil der vorhandene Gendefekt automatisch an das Kind weitergegeben. Dies hat zur Folge, dass es keinen Weg gibt, das Vorhandeinsein des Antithrombinmangels zu verhindern, sobald das mutierte Gen bei einem Elternteil vorhanden ist.
Das dominante Allel setzt sich in seiner Merkmalsausprägung während der Entstehungsphase des Embryos gegenüber einem rezessiven Allel durch. Als Folge kommt das Kind bereits mit einem Antithrombinmangel auf die Welt. Auffälligkeiten oder ein sofortige medizinischer Handlungsbedarf sind jedoch direkt nach der Geburt nicht zu erwarten.
Dies ändert sich jedoch nach dem ersten Lebensjahrzehnt. Bei ungefähr 80 Prozent der Erkrankten wurden bislang bereits vor dem 40. Lebensjahr Thrombosen diagnostiziert. Der Antithrombinmangel wird durch Mutationen im SERPINC1-Gen verursacht. Dieses befindet sich im Erbstrang auf dem Chromosom 1 (1q23-q25.1).
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Durch den angeborenen Gendefekt besteht seit dem Beginn des Lebens ein Mangel an Antithrombin im Blut. Daher kann sich theoretisch sofort nach der Geburt eine Thrombose entwickeln. Patienten leiden unter tiefen Venenthrombosen. Oftmals kann deren Ätiologie nicht abschließend geklärt werden. Ein Anzeichen für das Vorhandensein der Proteinfunktionsstörung kann mangelnder Schlaf sein.
Eine beginnende Thrombose geht im ersten Stadium nicht unbedingt mit Beschwerden einher. Die Anzeichen für eine bestehende Thrombose sind abhängig von dem betroffenen Körperteil, in dem sie auftritt. Anzeichen sind oft nur an den Beinen gut wahrnehmbar. An den Gliedmaßen treten ein Spannungsgefühl oder ein Gefühl der Schwere auf. Die Haut fühlt sich meist wärmer an der betroffenen Stelle an. Ihre Färbung ändert sich in eine rötliche oder bläuliche Farbe.
Zusätzlich glänzt sie etwas. Einige Patienten berichten von ziehenden Schmerzen. Die Beschwerden ähneln denen eines Muskelkaters. Da durch den Mangel an Antithrombin die Aktivität des Blutes insgesamt verringert ist, werden bei Erkrankten vermehrt Taubheitsgefühle in den Fingerspitzen oder den Zehen dokumentiert. Sie reagieren in diesen Bereichen empfindlicher auf Kälteeinwirkungen.
Diagnose & Verlauf
Die Diagnose wird nach einer venösen Blutentnahme gestellt. Sobald der Patient mit auffällig häufigen Thrombosen in Erscheinung tritt, erfolgt ein Bluttest, der Klarheit gibt. Ein Antithrombinmangel hat lebenslang rezidivierende Thromboembolien zur Folge. Die Abstände der Wiederkehr sind variabel und von weiteren Faktoren abhängig.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In der Regel besteht bei den meisten Menschen der Antithrombinmangel schon direkt nach der Geburt durch einen Gendefekt und wird damit schon sehr früh erkannt. Die Betroffenen zeigen Venenthrombosen, die relativ stark ausgeprägt sind. Falls der Antithrombinmangel bis dahin noch nicht diagnostiziert wurde, so sollte ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Thrombosen deutlich zu sehen sind oder wenn der Patient an Schlafmangel leidet.
Nicht selten führt der Antithrombinmangel auch zu schweren Extremitäten, sodass es eventuell zu Einschränkungen in der Bewegung kommt. Ebenso kann auch die Haut an den betroffenen Stellen sehr warm sein und in einigen Fällen auch schmerzen. Auch eine bläuliche oder rötliche Färbung der betroffenen Stelle kann ein Zeichen für den Antithrombinmangel darstellen. Weiterhin sollte auch dann ein Arzt aufgesucht werden, wenn es zu Taubheitsgefühlen oder zu Muskelkater kommt, obwohl keine besondere Tätigkeit oder Anstrengung durchgeführt wurde. Auch Temperaturunterschiede sind an den betroffenen Stellen in den meisten Fällen stärker spürbar.
In der Regel kann die Diagnose des Antithrombinmangels durch einen Allgemeinarzt erfolgen. Die weitere Behandlung erfolgt dann in der Regel durch einen Orthopäden.
Behandlung & Therapie
Da der Antithrombinmangel auf einem Gendefekt beruht, kann dieser direkt nicht behandelt werden. Sollten bislang bei dem Patienten keine Symptome aufgetreten sein, benötigt er keine dauerhafte Medikation. Er erhält jedoch eine Aufklärung der Risiken. Die Behandlung des Mangels der körpereigenen Gerinnungshemmstoffe, erfolgt durch die Gabe von Medikamenten.
Deren Wirkung ist auf die Herabsetzung der Blutgerinnung ausgerichtet. Ihr Inhalt ist ein Vitamin-K-Antagonist. Nach einer Thrombose erfolgt bei einem Patienten der an dem Antithrombinmangel leidet eine dauerhafte Einstellung der Medikamente. Damit soll das wiederkehrende Risiko einer Thrombose reduziert werden.
Bei Frauen wird empfohlen, Ovulationshemmer wie die Antibabypille oder andere Östrogenpräparate abzusetzen. Rauchern werden Therapiemöglichkeiten zur Suchtbefreiung angeboten. Im weiteren Therapieverlauf werden der Patient sowie dessen nahe Angehörige in der Gabe von Heparinspritzen geschult. Diese senken das Auftreten einer Thrombose wesentlich.
Aussicht & Prognose
Da es sich bei dem Antithrombinmangel um eine angeborene Erkrankung handelt, bestehen ohne eine ärztliche Versorgung keine Chancen auf eine dauerhafte Linderung oder Heilung. Im natürlichen Heilungsprozess ist mit keinerlei Veränderungen der Mangelerscheinung zu rechnen. Der Gendefekt kann ebenfalls nicht durch die Gabe eines Medikamentes oder in einer Operation geheilt werden. Ein Eingriff in die Genetik des Menschen ist nach den derzeitigen wissenschaftlichen Möglichkeiten und rechtlichen Gegebenheiten nicht gestattet.
Dennoch besteht die Möglichkeit, dass der Patient im Verlauf seines Lebens keinerlei Symptomatik oder Beeinträchtigungen zeigt. Ein beschwerdefreies Leben ist mit dem Antithrombinmangel möglich. Der Behandlungsplan sieht nach der Diagnose eine umfassende Aufklärung des Patienten über dessen Gesundheit und erste Anzeichen einer gesundheitlichen Problematik vor. Werden diese Hinweise beachtet, bestehen sehr gute Chancen auf eine Linderung der vorhandenen Beschwerden und Vorbeugung sowie Heilung einer Thrombose.
Bei den ersten Anzeichen von Unstimmigkeiten kommt es zu einer Einnahme von Blutgerinnungsmitteln. Die Arznei verfügt über eine schnelle Wirksamkeit, so dass es im Normalfall innerhalb weniger Tage oder Wochen zu einer Heilung kommt. Zur Vorbeugung kann es nach der Behandlung einer Thrombose zu einer langfristigen Medikation kommen. Je nach den Gegebenheiten kann diese über Monate oder mehrere Jahre erfolgen.
Vorbeugung
Der Erkrankte wird ausreichend über die Krankheit informiert und erhält meist Heparinspritzen, um im Falle einer Thrombose die Erstversorgung durchführen zu können. Zu den weiteren vorbeugenden Maßnahmen gehören das Vermeiden von langem Stehen oder Sitzen. Es sollte stets eine ausreichende Menge an Flüssigkeit zu sich genommen werden. Die Ernährung sollte ausgewogen und das Rauchen vermieden werden.
Nach Möglichkeit sind Kontrazeptiva zu vermeiden. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Venen nicht eingeschnürt werden. Dies geschieht, wenn er die Knie stark abgewinkelt werden oder die Beine lange Zeit übereinander geschlagen werden. Bei langen Reisen oder nach Operationen empfiehlt es sich, Kompressionsstrümpfe zu tragen.
Nachsorge
Der Antithrombinmangel geht auf einen Gendefekt zurück. Dieser ist nicht heilbar. Patienten müssen ein Leben lang mit der Krankheit klarkommen. Damit kann der Fokus der Nachsorge nicht darin bestehen, ein erneutes Auftreten der Ursache zu verhindern. Vielmehr geht es darum, den Alltag weitestgehend beschwerdefrei und ohne Komplikationen zu verbringen.
Ein Bluttest verschafft Klarheit über das Vorliegen des Antithrombinmangels. Zur Linderung der typischen Symptome sind Medikamente geeignet, die die Blutgerinnung reduzieren. Patienten übernehmen in Eigenverantwortung die Einnahme verordneter Mittel. Gegebenenfalls wird die Dosierung nach einem ärztlichen Gespräch angepasst.
Der Alltag hält vielfältige Risiken für Betroffene bereit. Sie sorgen eigenverantwortlich durch Vorbeugemaßnahmen vor. Vor allem langes Stehen und Sitzen können zu den bekannten Beschwerden führen. Dementsprechend ist das Privat- und Berufsleben anzupassen. Gerade aufwändige Reisen bergen eine große Gefahr, da sie meist sitzend zurückgelegt werden. Thrombosestrümpfe verhindern hierbei die Bildung der Blutgerinnsel.
Als wissenschaftlich anerkannt gilt, dass Rauchen den Antithrombinmangel ebenso begünstigt wie eine einseitige Ernährung. Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wirkt sich positiv auf den Verlauf der Erbkrankheit aus. Frauen sollten darauf achten, dass die Einnahme der Antibabypille zu einem höheren Thromboserisiko führt. Ein Frauenarzt kann gegebenenfalls Alternativen zur Verhütung aufzeigen.
Das können Sie selbst tun
Bei einem Antithrombinmangel sollte der Betroffene Verhaltensweisen und Entscheidungen seiner Lebensführung überdenken, die eine Bildung eines Thrombus fördern. Auf das Rauchen oder vergleichbaren Genussmitteln ist grundsätzlich zu verzichten. Darüber hinaus sollten keine Körperhaltungen eingenommen werden, bei denen Blutgefäße eingeengt sein können.
Sitzen in Positionen, in denen wenig Bewegung möglich ist oder eine starre Körperhaltung, die über mehrere Stunden eingenommen werden, sind ebenfalls nicht förderlich bei der Aufrechterhaltung der eigenen Gesundheit. Das Blut staut sich und kann schnell zu einer Bildung eines Thrombus führen.
Vor der Einnahme bestimmter Medikamente oder der Wahl der passenden Verhütungsmethode ist auf die individuellen Nebenwirkungen zu achten. Beispielsweise besteht bei der Einname der Antibabypille ein erhöhtes Risiko, eine Thrombose zu erleiden. Hilfreich sind bei einem Antithrombinmangel ausreichende sowie regelmäßige Bewegungen und ein gut funktionierendes Kreislaufsystem. Der Blutkreislauf kann durch verschiedene Trainingseinheiten innerhalb kurzer Zeit selbstständig angeregt werden.
Das Tragen von Thrombosestrümpfen bei langen Fahrten mit dem Auto, Zug oder Flugzeug beugt der Bildung von Blutgerinnseln vor. Gleichzeitig ist auf Kleidung oder Accessoires zu verzichten, bei der sich ein Blutstau bilden könnte. Der Betroffene kann im Alltag auf die Zufuhr von ausreichender Flüssigkeit achten. Erwachsene sollten bei normaler Anstrengung und außerhalb einer Hitzewelle täglich zwei Liter trinken.
Quellen
- Encke, A., Breddin, H. K.: Die venöse Thrombose. Prophylaxe und Therapie. Schattauer, Stuttgart 2000
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013