Assoziative Lockerung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Assoziative Lockerung kennzeichnet bei gesunden Menschen die REM-Traumphase. Systematische Denkmuster werden bei der assoziativen Lockerung aufgehoben und Gehirnbereiche interagieren unsystematisch affektiv. Als Krankheitssymptom kennzeichnet assoziative Lockerung Wahnerkrankungen wie die Schizophrenie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Assoziative Lockerung?

Assoziative Lockerung kann neben Schizophrenie in ursächlichem Zusammenhang mit gestörter Impulskontrolle und Manien stehen.
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Die Psychologie und die Psychoanalyse gehen davon aus, dass Menschen in Lernprozessen einfachste Elemente in Form von Sinneseindrücken miteinander verknüpfen. Assoziationen sind in diesem Zusammenhang Verbindungen von zwei oder mehreren eigentlich isolierten Inhalten der Psyche, die sich beim späteren Abruf gegenseitig aktivieren und eine Assoziationskette stimulieren.

Assoziationslernen ist demnach eine Reizverknüpfung, das neben kognitiven Verknüpfungen biologische Lerngrundformen wie Habituation und Konditionierungen beinhaltet. Bei einer assoziativen Lockerung ist das assoziative Denken und Lernen einer Person eingeschränkt. Damit können keine kognitiv sinnvollen oder kontrollierten Verknüpfungen von Denkinhalten mehr entstehen. Die Denkregeln, Denkstrukturen und Denkprogramme der Vergangenheit sind für Patienten mit assoziativer Lockerung in einer aktuellen Situation nicht mehr verfügbar.

Assoziative Lockerung zeigt Auswirkungen auf verschiedene Bereiche der Person. Damit entstehen gleichzeitig Symptome im Bereich des Denkens, des Handelns und des Fühlens. Nicht nur kennzeichnet die assoziative Lockerung unterschiedlichste Erkrankungen mit Wahnsymptomen. Auch steht der Prozess der assoziativen Lockerung mit Kunstprozessen in Zusammenhang. Die Assoziation vom Genie des Wahnsinns leitet sich von dieser Gemeinsamkeit her.

Ursachen

Eugen Bleuler beschrieb mit der assoziativen Lockerung zentrale Phänomene der Schizophrenie. Im ursächlichen Rahmen der Schizophrenie führte er die Symptome formaler Denkstörungen und charakteristischer Affektstörungen auf die assoziative Lockerung zurück. Assoziative Lockerung kann neben Schizophrenie in ursächlichem Zusammenhang mit gestörter Impulskontrolle und Manien stehen.

Darüber hinaus führt das Drogenkonsum von Cannabis und klassischen Halluzinogenen wie LSD teilweise zu assoziativer Lockerung. Freud beschrieb auch für den Traumzustand einen hohen Austausch der Affekte und eine kognitiv nicht mehr nachvollziehbare Zuordnung von einzelnen Inhalten. Auch dieses Phänomen entspricht letztlich einer assoziativen Lockerung.

Damit lässt sich die Primärursache der assoziativen Lockerung des Gehirns als Beeinträchtigung der ordnenden oder kognitiv stabilisierenden Kontrolle verallgemeinern. Die Wirkung dieser Beeinträchtigung nimmt affektiven Mustern die assoziative Abrufbarkeit und führt zu einer erhöhten Austauschbarkeit von Affekten. Neue Muster können im Zustand der kognitiven Lockerung neuronale Fixierung erhalten und damit auf Dauer die Gehirnabläufe verändern.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Assoziative Lockerung geht mit unterschiedlichen Phänomenen einher. Die Betroffenen zeigen oft eine sprunghafte Aufmerksamkeit. Typische Handlungsmuster werden zur Auflösung gebracht. Arbeitsprozesse werden nicht mehr angemessen durchgeführt. Assoziationen sind nicht mehr sinnbedingt, sondern eher klanglich. Grammatikalische Strukturen lösen sich langsam auf.

Das Denken wird immer sprunghafter und ist häufig von Gedankenabreißen, Ideenflucht oder Einschiebungen unterbrochen. Die Sprache der Patienten wirkt zerfahren. Sie reden oft daneben oder kreieren mehr oder weniger unverständliche Wortneubildungen. Dem pathologischen Phänomen der assoziativen Lockerung sind freie Assoziationen verwand, die im Rahmen der Psychoanalyse, im Rahmen des Surrealismus und im Rahmen von Brainstorming verbreitet sind.

Der Verzicht auf systematische Denkinhalte findet bei der assoziativen Lockerung allerdings nicht mehr bewusst oder zeitlich begrenzt statt, sondern ereignet sich unbeeinflussbar und tritt meist in Verbindung mit Wahnsystematik auf. Als formale Denkstörung macht die assoziative Lockerung inhaltliche Denkstörungen wie den Wahn erst möglich. Ohne Struktur und Kontrolle der Denkprozesse kann keine Realitätsprüfung mehr stattfinden.

Diagnose & Verlauf

Die Diagnose einer assoziativen Lockerung wird in der Regel vom Psychologen gestellt. Meist wird das Symptom im Rahmen der Diagnostik übergeordneter Erkrankungen als krankheitsbelegend beigezogen. Bei der Diagnostik muss der Psychologe die assoziative Lockerung von der höheren Stufe, der Zerfahrenheit ganzer Denkmuster, abgrenzen.

Auch die Abgrenzung zum Wahn spielt im Rahmen der Diagnostik eine Rolle. Andererseits kann sich in der assoziativen Lockerung auch ein beginnender Wahn äußern. Die Prognose hängt für Patienten mit assoziativer Lockerung von der ursächlichen Erkrankung ab. Speziell bei der Schizophrenie entwickelt sich aus der Lockerung in annähernd allen Fällen eine Wahnsymptomatik.

Komplikationen

In den meisten Fällen kommt es durch die assoziative Lockerung zu unterschiedlichen psychischen Beschwerden des Patienten. Meistens ist es für den Betroffenen nicht mehr möglich, bestimmte Aufgaben auszuführen oder dabei der Handlung einer anderen Person zu folgen. Auch die Bildung grammatikalisch richtiger Sätze ist nur noch erschwert möglich, sodass der Alltag des Patienten stark eingeschränkt wird.

Die Gedanken schweifen nicht selten ab und es kommt zu starken Sprachstörungen. In der Regel bemerkt der Patient selbst nicht, dass er an der assoziativen Lockerung leidet, allerdings ist er aufgrund der Sprachstörungen für andere Mitmenschen unverständlich. Es kommt zu einem starken Realitätsverlust und gewöhnliche Denkprozesse sind nicht mehr möglich. Die Lebensqualität leidet stark unter der Krankheit.

Die Behandlung der assoziativen Lockerung findet bei einem Psychologen statt. Falls der Patient für sich selbst oder für andere Menschen eine Gefahr darstellt, kann diese auch in einer geschlossenen Klinik erfolgen. In den meisten Fällen werden auch Medikamente begleitend zur Behandlung eingesetzt.

Sollte die Beschwerde aufgrund von Drogenmissbrauch auftreten, so muss ein Entzug durchgeführt werden. Auch dafür stehen dem Patienten verschiedene Kliniken zur Verfügung. Bei einer frühzeitigen Behandlung kommt es stets zu einem positiven Krankheitsverlauf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Eine assoziative Lockerung wird im Regelfall von einem Psychologen diagnostiziert. Wer die Störung bei sich oder anderen vermutet, sollte zügig einen Arzt hinzuziehen. Dieser kann feststellen, ob es sich tatsächlich um eine assoziative Lockerung handelt und anschließend die ursächliche Erkrankung diagnostizieren. Wenn vermehrt Symptome einer Schizophrenie oder eines Wahns auftreten, muss umgehend ein Arzt eingeschaltet werden. Dies gilt vor allem dann, wenn bei dem Betroffenen bereits eine psychische Erkrankung diagnostiziert wurde.

Wer nach dem Drogenkonsum (v.a. Cannabis und klassische Halluzinogene wie LSD und DMT) eine Bewusstseinsveränderung bemerkt, sollte dies mit dem Hausarzt oder einem Psychologen besprechen. Auch bei bestehenden Manien oder körperlichen Erkrankungen sollten jegliche Bewusstseinsveränderungen zügig abgeklärt werden.

Eine assoziative Lockerung deutet fast immer auf einen schweren Verlauf der ursprünglichen Krankheit hin. Eine umgehende ärztliche Abklärung ist auch deshalb wichtig, um den zunehmenden Realitätsverlust und die häufig hinzukommenden Sprachstörungen zu stoppen. In jedem Fall sollte beim Verdacht auf eine assoziative Lockerung ein Arzt konsultiert werden.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung von Patienten mit assoziativer Lockerung hängt vor allem von der Ursache ab. Schizophrenien lassen sich in vielen Fällen durch die Gabe von Antipsychotika mildern. Die rechtzeitige Intervention ist in diesem Fall besonders entscheidend. Beginnende Wahnsymptomatik kann so unter Umständen abgemildert oder sogar hinausgezögert werden.

Bei assoziativer Lockerung im Rahmen von Manien werden in der Akut-Therapie oft Neuroleptika gegeben, die die Wirkung von Neurotransmittern dämpfen und damit die Austauschbarkeit der Affekte blockieren. Auf lange Sicht erhalten Maniker Medikamente wie Lithiumsalze, die zukünftige Phasen dämpfen und hinauszögern können. Falls im Rahmen von Drogenmissbrauch assoziative Lockerung auftritt, kann dieses Phänomen den Eintritt in eine drogenbedingte Psychose markieren.

Auch ein Entzug kann den Prozess in vielen Fällen nicht mehr aufhalten. Die Psychose kann sich auch bei momentan vollständiger Abstinenz als Spätfolge des Drogenmissbrauchs einstellen. Alle assoziativen Lockerungen sind vor allem dann kaum mehr behandelbar, wenn sich Gehirnabläufe bereits dauerhaft verändert haben. In derartigen Fällen ist eine supportive Therapie angezeigt, die idealweise die Lebensqualität und das Alltagsbestehen der Patienten verbessert.

Aussicht & Prognose

Die Heilungsaussichten einer assoziativen Lockerung sind nicht gegeben. Die Hirnschädigungen gelten nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand als irreversibel und können mit den vorhandenen medizinischen Möglichkeiten nicht behoben werden. Die Erkrankung ist in den meisten Fällen eine Begleiterscheinung einer anderen diagnostizierten Grunderkrankung.

Die Gabe von Medikamenten oder eine Therapie sind daher bei den betroffenen Patienten auf die weiteren Erkrankungen ausgerichtet. Ziel ist es dabei, eine Linderung der Beschwerden zu bewirken und die Lebensqualität zu optimieren. In einigen Fällen gelingt mit dem Patienten ein kognitives Training. Dies führt insgesamt zu einer Verbesserung der Gedächtnisleistung und hat positive Auswirkungen auf den Abruf von vorhandenen Informationen. Dennoch sind die erzielten Ergebnisse überschaubar und stellen nur eine minimale Linderung der assoziativen Lockerung dar.

Der Fokus der Behandlung liegt bei einer ganzheitlichen Aufwertung des vorhandenen Potenzials des Patienten. Die Entwicklung der Persönlichkeit, eine Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben oder eine Befreiung aus einer vorliegenden Alkoholkrankheit werden gezielt therapiert sowie medizinisch behandelt. Da die assoziative Lockerung unter den gegebenen Voraussetzungen nicht geheilt werden kann, konzentrieren sich Ärzte und Therapeuten auf die Bereiche im Leben des Patienten, in denen sie für ihn eine deutliche Verbesserung der Gesundheit erzielen können.


Vorbeugung

Assoziativer Lockerung durch Drogenmissbrauch lässt sich in Form von Abstinenz vorbeugen. Da das Phänomen allerdings auch im Rahmen von Schizophrenien und Manien eintreten kann, existieren kaum vollumfängliche Vorbeugemaßnahmen. Speziell die Schizophrenie ist ein Krankheitsbild, dessen Auftreten neben biologische Faktoren mit toxischen Faktoren, hormonellen Faktoren, immunologischen, perinatalen und psychosozialen Faktoren zusammenhängt. Nicht alle davon lässt sich vorbeugen.

Nachsorge

Hirnschäden verursachen eine assoziative Lockerung. Diese gelten als nicht heilbar, weswegen die Nachsorge kein Wiederauftreten verhindern kann. Stattdessen versuchen Ärzte per Dauerbehandlung, den Alltag ihrer Patienten zu normalisieren und Komplikationen auszuschließen. Die Erstdiagnose wird meist von Psychologen und Psychiatern gestellt.

Sie organisieren auch die planmäßige Nachsorge. Meist wird mit der Hilfe von Medikamenten versucht, die typischen Beschwerden abzustellen. Einige Erkrankungen lassen sich auf Drogenmissbrauch zurückführen. Ein therapeutischer Ansatz zielt dann darauf, zunächst von diesen Suchtmitteln loszukommen. Dieses führt vielfach dazu, dass der bisherige soziale Kontakt eingestellt werden muss.

Denn nicht zuletzt fördern mitunter Nahestehende das schädliche Verhalten. In der Praxis ist eine assoziative Lockerung nicht selten mit Aufs und Abs verbunden. Das heißt: Auf Phasen der Gesundung folgen Krisen. Dabei bringt es die assoziative Lockerung mit sich, dass Betroffenen ihre Störung selbst nicht bewusst ist.

Entsteht ein weitreichender Realitätsverlust, kann der Erkrankte sich selbst oder anderen einen schweren Schaden zufügen. In solchen Situationen kommt den Angehörigen eine große Bedeutung zu. Sie haben die Aufgabe, dem Erkrankten einen Arztbesuch nahezulegen. Dieses gestaltet sich nicht immer als einfach. In seiner eigenen Realität sieht sich der Betroffene schließlich nicht als krank.

Das können Sie selbst tun

Was die Betroffenen im Falle einer assoziativen Lockerung selbst zur Besserung des Befindens beitragen können, hängt von der Ursache der Störung ab.

Assoziative Lockerung kann auf den fortgesetzten Missbrauch bewusstseinsverändernder Drogen zurückzuführen sein. Besonders riskant ist in diesem Zusammenhang der regelmäßige Konsum von Cannabis und Halluzinogenen wie LSD. Betroffene sollten deshalb bereits bei den ersten Anzeichen einer psychischen Beeinträchtigung den Konsum dieser Substanzen einstellen und sofort einen Arzt aufsuchen.

Besteht bereits eine Abhängigkeit von diesen Drogen oder kann der Patient den Konsum aus anderen Gründen nicht kontrollieren, muss unverzüglich eine Therapie eingeleitet werden. Wenn Drogenkonsum im sozialen Nahfeld verbreitet ist, sollte der Umgang mit diesem Personenkreis eingestellt oder eingeschränkt werden. Die damit oft einhergehende soziale Isolation kann durch den Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen vor Ort oder virtuell im Internet gemildert werden.

Häufig sind sich die Betroffenen selbst ihrer Störung nicht bewusst. Es ist dann Aufgabe des familiären Umfeldes den Patienten mit seiner Krankheit zu konfrontieren und von der Notwendigkeit eines Arztbesuchs zu überzeugen. Dies ist oftmals eine Herausforderung, die den Angehörigen viel Geduld abverlangt. Sofern der Patient völlig uneinsichtig ist kann bei schweren Störungen, insbesondere einem weitreichenden Realitätsverlust, der den Patienten selbst gefährdet oder ihn für andere gefährlich werden lässt, auch eine Zwangseinweisung in eine geschlossene Anstalt erforderlich werden.

Quellen

  • Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
  • Dilling, H., Mombour, W., Schmidt, M.H.(Hrsg.): Internationale Klassifikation psychischer Störungen – ICD 10, Kapitel V (F), klinisch-diagnostische Leitlinien. Huber, Bern 2011
  • Möller, H.-J.: Therapie psychischer Erkrankungen. Thieme, Stuttgart 2006

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