Begeisterungsfähigkeit
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Begeisterungsfähigkeit ist eine Eigenschaft, die in der modernen Welt als erstrebenswert angesehen wird. Begeisterungsfähige Menschen empfinden überdurchschnittliches Interesse für die Dinge, die sie tun und setzen sich in hohem Maße und tatkräftig für sie ein – sowohl im Arbeitsleben als auch im privaten oder sozialen Bereich. In der Arbeitswelt gilt Begeisterungsfähigkeit als eine Schlüsselkompetenz.
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Was ist die Begeisterungsfähigkeit?
Der Begriff „Begeisterung“ hat im Lauf der Geschichte unterschiedliche Bedeutungen erfahren. Ursprünglich wurde er als Inspiration durch göttlichen Geist verstanden. Dabei bewegt sich das griechische Wort „Enthusiasmus“ zwischen Erfüllung und Besessenheit, kann also positiv wie negativ verstanden werden. Im 4. Jahrhundert glaubten die „Enthusiasten“, eine christlich-syrische Sekte, durch ständige Gebete, Meditation und Askese die Anwesenheit des Heiligen Geistes erzwingen zu können. Auch in der Neuzeit gab es immer wieder Bewegungen, die in diesem Sinne als „enthusiastisch“ galten, zum Beispiel einige protestantische Gruppen im 16. und 17. Jahrhundert. Immer mehr wurde der Begriff zum Synonym für religiöse Fanatiker verschiedener Couleur.
Ab dem 18. Jahrhundert wurde „Begeisterung“ in erster Linie weltlich verstanden als Leidenschaft für eine bestimmte Sache, von der eine Person oder eine Gruppe überzeugt ist und für die sie sich mit großer Hingabe und Freude einsetzt. Begeisterte Menschen sind in einem Zustand freudiger Erregung. Begeisterungsfähig ist jemand, der für Neues offen ist und sich von den Vorteilen einer Sache derart überzeugen lässt, dass er sich aktiv für sie einzusetzen bereit ist. Die dafür nötige seelische Kraft (Motivation) wird aus eben diesem Einsatz für die Sache, die begeistert, geschöpft.
Funktion & Aufgabe
Kennzeichnend für echte Begeisterung sind Freiwilligkeit und innerer Antrieb. Begeisterungsfähige Menschen finden in der Regel von sich aus Themen und Sachgebiete, für die sie ein überdurchschnittliches Interesse entwickeln, verbunden mit dem Wunsch, sich auf diesem Gebiet zu betätigen und die Sache voranzutreiben. Dieser Wunsch geht über ein vernunftbegründetes Interesse hinaus und ist bei den Begeisterungsfähigen mit hochgradigen positiven Emotionen verbunden. Begeisterung schafft Lebensfreude.
Physiologisch ist Begeisterung ein Erregungszustand des Mittelhirns. Dadurch können in einer Kette von Reaktionen eine Reihe von Neurotransmittern ausgeschüttet werden, darunter Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin sowie Endorphine und Enkephaline.
Nicht nur von Natur aus überdurchschnittlich begeisterungsfähige Menschen erleben dieses Hochgefühl. Jeder Mensch kann in sich das Feuer der Begeisterung entfachen. Dazu ist es wichtig, seine eigenen Interessen und starken Seiten wahrzunehmen und sich mit ihnen zu beschäftigen. Da Inhalte, für die Interesse besteht, leichter gelernt und Probleme eher gelöst werden, stellen sich rasch Erfolgserlebnisse ein, die eine Begeisterungsspirale nach oben schrauben können. Erstes Anzeichen für Begeisterung ist die hingebungsvolle, freudige Beschäftigung mit den begeisternden Themen, der sogenannte Flow.
Begeisterungsfähigkeit motiviert darüber hinaus nicht nur zum Einsatz für die Sache, sondern trägt auch dazu bei, auftretende Schwierigkeiten zu überwinden, indem intensiv und beharrlich – und meist auch erfolgreich – nach Lösungen gesucht wird. Das wiederum verstärkt die Erfolgserlebnisse und befeuert die Begeisterungsfähigkeit von neuem.
Begeisterungsfähige Menschen erfahren durch ihren Einsatz nicht nur Erfolgserlebnisse, sondern auch Glücksgefühle und Erfüllung. Sie tun Dinge „mit Herzblut“, „gehen ganz in der Sache auf“. Oft übernehmen sie auch Verantwortung für andere Menschen, die sie motivieren und anleiten. Sie werden häufig als sympathisch empfunden und gelegentlich als Vorbilder genannt, da ihr Können, Wissen und die überaus positive Sichtweise ihrer Tätigkeit auf andere Menschen anziehend und anregend wirkt. Begeisterungsfähige Menschen suchen Andere zu überzeugen, nicht zu überreden. Je nach Gegenstand und Ausprägung ihrer Begeisterung können sie als „Macher“ oder als „Idealisten“ gesehen werden.
Krankheiten & Beschwerden
Begeisterungsfähigkeit kann jedoch auch negative Ausprägungen entwickeln, wenn sie an ihre Grenzen stößt. So können Begeisterungsfähige den Sinn für Realität verlieren oder bestimmte – problematische – Bereiche der Sache ausblenden. Das kann zu Dogmatismus und eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit führen, worunter ihr Potenzial, andere zu motivieren, leiden kann.
Die positive Spirale, die die Begeisterungsfähigkeit im besten Fall entwickelt, kann sich auch in ihr Gegenteil umkehren. Wer mit den besten Absichten, Argumenten und Motiven auf lange Sicht keine Ressourcen und Mitstreiter generieren kann, wird in seinen Aktionen und den daraus resultierenden Erfolgserlebnissen und Glücksgefühlen eingeschränkt. Dadurch treten Frustrationserlebnisse auf. Gelingt es den Begeisterungsfähigen nicht, ihren Tatendrang auf andere Weise auszuleben und die damit verbundenen Erfolgs- und Glücksgefühle anderweitig zu generieren, so sind sie gefährdet, in eine Depression zu geraten.
Eine der heute bekanntesten Depressionen ist die als Burnout benannte Erschöpfungsdepression. Wenngleich sie unterschiedliche Ursachen und Ausprägung haben kann, so geht sie doch oft einher mit dem seelischen „Ausbrennen“ einer Person, die zuvor intensiv und auch oft über lange Zeit „für eine Sache gebrannt“ hat. Das bedeutet, dass all die positiven Auswirkungen des inneren Antriebs und der großen schöpferischen Kraft der Begeisterung, wenn sie nicht in einem positiven Umfeld oder unter unterstützenden Bedingungen ausgelebt werden können, sich in ihr Gegenteil verkehren können. Aus der Begeisterung entweichen Sinn und damit die Motivation zum Handeln. Die Aktivität, die Lebensfreude erzeugt hat, kommt zum Stillstand.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015
- Payk, T., Brüne, M.: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013