Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom handelt es sich um eine Krankheit, die vererbt wird. Im Rahmen der Erkrankung geht die Funktion verschiedener kaudaler Nerven im Gehirn verloren. Darüber hinaus büßen die betroffenen Patienten ihren Gehörsinn ein. Zusätzlich entwickelt sich bei einem Teil der erkrankten Personen eine sogenannte spinale Atrophie der Muskulatur.
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Was ist das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom?
Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom erhielt seinen Namen zu Ehren der Mediziner, die die Krankheit in den Jahren 1894, 1936 und 1966 zum ersten Mal nach wissenschaftlichen Standards beschrieben. Bei diesen Ärzten handelt es sich um Vialetto, Brown und van Laere. Die Krankheit tritt enorm selten auf, wobei die genaue Prävalenz des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms auf weniger als 1:1.000.000 geschätzt wird.
Der Erbgang verläuft bei circa 50 Prozent der betroffenen Patienten autosomal-rezessiv. Bislang wurden erst etwa 60 Krankheitsfälle diagnostiziert. Dabei zeigt sich außerdem, dass das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom bei weiblichen Patienten circa dreimal öfter vorkommt als bei Männern. Synonym wird die Krankheit auch als Riboflavin-Transporter-Mangel bezeichnet und aus diesem Grund unter Umständen auch mit der Abkürzung RTD versehen.
Neben den Hauptsymptomen äußert sich die Krankheit oftmals auch in einer insuffizienten Atmung der betroffenen Patienten. Zudem ergibt sich in vielen Fällen eine sogenannte Schallempfindungsschwerhörigkeit. Auch die Entstehung einer progredienten ponto-bulbären Lähmung ist möglich.
Ursachen
Die medizinische Forschung gelangt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass es sich beim Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom um eine Erbkrankheit handelt. Demzufolge sind bestimmte genetische Defekte beziehungsweise Mutationen für die Ausbildung des Syndroms bei den erkrankten Personen verantwortlich. Prinzipiell differenzieren Ärzte in zwei verschiedene Typen der Erkrankung, die auf unterschiedlichen Genmutationen basieren.
Die erste Form des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms gründet sich auf eine genetische Mutation auf einem Gen namens SLC52A3, während der zweite Krankheitstyp auf Mutationen auf dem SLC52A2-Gen zurückzuführen ist. Neben den zuständigen Genen sind auch die exakten Lokalisationen auf den jeweiligen Genabschnitten bekannt. Beiden Genen ist gemeinsam, dass sie eine wichtige Rolle bei der Kodierung von Transporterproteinen des Riboflavins spielen.
Allerdings ist deren Bedeutung im menschlichen Nervensystem noch nicht abschließend geklärt. Die Patienten leiden unter einem Verlust von Neuronen in bestimmten Nerven des Gehirns, die sich nahe der sogenannten Medulla oblongata befinden. Auch die Vorderhornzellen des Rückenmarks sind von Abbauerscheinungen betroffen. Beide Symptome zeigen sich bei den Personen mit Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom bereits im frühen Kindesalter.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom nimmt in der Regel bereits bei Neugeborenen oder kindlichen Patienten seinen Anfang. Allerdings zeigen sich erste Symptome bei einem Teil der Personen auch erst am Ende des zweiten Lebensjahrzehnts. Zunächst verlieren die Patienten üblicherweise ihren Gehörsinn auf beiden Seiten. Der Grund dafür findet sich in den meisten Fällen in einer immer stärker ausgeprägten Schallempfindungsschwerhörigkeit.
Darüber hinaus verlieren verschiedene Nerven des Hirns ihre Funktion, wobei es zu sogenannten motorischen Ausfällen kommt. Von diesen Nerven sind zum Beispiel der Nervus accessorius, der Nervus facialis sowie der sogenannte Nervus glossopharyngeus betroffen. Zusätzlich leiden die erkrankten Personen mitunter an speziellen Vorderhornzeichen im Bereich der Extremitäten sowie einer allgemeinen Schwäche der Gliedmaßen.
Zahlreiche am Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom erkrankte Patienten haben Schwierigkeiten beim Atmen, weisen schlaffe Haut im Bereich des Gesichts sowie eine sogenannte Retinitis pigmentosa auf. Außerdem entwickeln sie unter Umständen eine Optikusatrophie und epileptische Anfälle. Die Bulbärparalyse ist in erster Linie für die schwach ausgeprägte Muskulatur des Gesichts verantwortlich. Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom schreitet vergleichsweise rasch voran. Weitere Beschwerden der Krankheit bestehen in einer Dysphagie, Kontrakturen der Knöchel und Tremor.
Diagnose & Verlauf
Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom wird von einem spezialisierten Facharzt diagnostiziert. Hinsichtlich der geringen Prävalenz der Erkrankung und der Tatsache, dass es sich um eine Erbkrankheit handelt, wird das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom in der Regel in einem Spezialzentrum für genetische Erkrankungen untersucht. Da sich die ersten Beschwerden üblicherweise bei Kindern zeigen, spielen die Sorgeberechtigten eine entscheidende Rolle bei der Diagnose der Krankheit.
Sie wenden sich zuerst an einen Kinderarzt und werden anschließend von entsprechenden Spezialisten betreut. Eine Familienanamnese liefert unter Umständen hilfreiche Informationen über relevante Krankheitsfälle in der Verwandtschaft. Die Untersuchung des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms orientiert sich an den typischen klinischen Symptomen.
Eine Kombination aus Sichtuntersuchungen, Hörtests und neurologischen Untersuchungen dient der raschen Diagnose der Krankheit. Eine genetische Analyse bestätigt das Vorliegen des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms. Dennoch führt der behandelnde Arzt obligatorisch eine Differentiadiagnose durch, wobei das Nathalie-Syndrom, das Fazio-Londe-Syndrom, das Joubert-Syndrom, eine Amyotrophe Lateralsklerose sowie die Motorneuron-Krankheit Madras ausgeschlossen werden.
Komplikationen
Bei den Betroffenen kommt es durch das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom zu einem starken Verlust des Gehöres. Die Einschränkungen treten dabei bei beiden Ohren auf und können zum kompletten Verlust des Gehöres führen. Ebenso werden die motorischen Fähigkeiten des Patienten durch das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom stark eingeschränkt.
Dabei sind die Einschränkungen stark von den betroffenen Regionen im Gehirn abhängig. In den meisten Fällen kommt es dadurch allerdings zu Einschränkungen in der Bewegung und auch zu Beschwerden des geistigen Zustandes. Auch können epileptische Anfälle beim Patienten auftreten. Dadurch nimmt die Lebensqualität erheblich ab.
Die Gliedmaßen sind geschwächt und können in der Regel nicht mehr wie gewohnt bewegt werden. Auch körperliche Betätigungen oder sportliche Aktivitäten sind nur eingeschränkt möglich. Es ist nicht möglich, das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom ursächlich zu behandeln. Die Behandlung wird dabei gezielt auf die Linderung und Verringerung der Symptome angesetzt.
Meistens kommt es aufgrund des Syndroms zu einer verringerten Lebenserwartung und damit schneller zum Tode. Mit Hilfe von Medikamenten kann das Voranschreiten nur aufgehalten werden. Dabei ist keine direkte Voraussage möglich, wie stark die Lebenserwartung durch das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom verringert wird.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es beim Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom nicht zu einer Selbstheilung kommt, sollte auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden, wenn die Beschwerden dieses Syndroms auftreten. Damit können weitere Komplikationen vermieden werden. In der Regel muss der Arzt aufgesucht werden, wenn es ohne einen bestimmten Grund oder ohne Verletzungen zu einem Verlust des Hörsinnes kommt. Dieser Verlust tritt in der Regel sehr plötzlich ein und kann durch das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom auch nicht wiederhergestellt werden. Die Betroffenen sind dann auf ein Hörgerät angewiesen.
Auch bei motorischen Ausfällen oder Schwierigkeiten ist auf jeden Fall ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom äußert sich in einigen Fällen auch in schwachen Gliedmaßen. Eine dringende Behandlung ist dann notwendig, wenn es durch das Syndrom schon zu epileptischen Anfällen kommt. Diese können im schlimmsten Falle zum Tod des Betroffenen führen.
Die erste Untersuchung des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms kann durch einen Allgemeinarzt durchgeführt werden. Da es leider keine Heilung gibt, können die Symptome nur eingeschränkt werden. Dies erfolgt mit Hilfe von Medikamenten. Eine weitere spezielle Therapie ist nicht notwendig.
Behandlung & Therapie
Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom wird anhand der Symptome medikamentös behandelt. Dabei erhält der Patient Immunglobuline und Steroide. Die Wirkstoffe verlangsamen das Fortschreiten der Krankheit zeitweise. Die Prognose fällt im Einzelfall sehr verschieden aus. Nach der ersten Manifestation der Beschwerden leben etwa 30 Prozent der Betroffenen noch mehr als zehn Jahre. Bei circa 50 Prozent der Patienten verschlechtert sich der Gesundheitszustand zunehmend.
Aussicht & Prognose
Das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom kann nicht vollständig geheilt werden. Aus diesem Grund kann nur eine symptomatische Behandlung stattfinden, die allerdings nicht alle Beschwerden lindern oder einschränken kann.
Der Betroffene ist auf eine lebenslange Einnahme von Medikamenten angewiesen. Die Hörbeschwerden können ebenso nicht mehr behandelt werden, in einigen Fällen können sie allerdings durch den Einsatz eines Hörgerätes gelindert werden. In der Regel verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand des Betroffenen im weiteren Verlauf der Erkrankung, wobei auch die Lebenserwartung des Patienten deutlich eingeschränkt und verringert ist. Nach der Diagnose leben die meisten Patienten noch ungefähr 15 Jahre, wobei diese Lebenserwartung sehr stark vom gesundheitlichen Zustand des Patienten abhängt.
Wird das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom nicht behandelt, so verringert sich die Lebenserwartung drastisch und es kommt zu einem frühzeitigen Versterben des Patienten. Durch die eingeschränkten motorischen Fähigkeiten sind die meisten Patienten in ihrem Alltag auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Durch die epileptischen Anfälle kann der Betroffene im schlimmsten Falle versterben, falls der Anfall nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Die Prognose ist bei diesem Syndrom sehr schlecht.
Vorbeugung
Eine Vorbeugung des Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndroms ist nicht möglich, denn die Krankheit ist angeboren. Deshalb ist es besonders wichtig, das Syndrom frühzeitig bei den erkrankten Kindern zu diagnostizieren. Ein zeitiger Therapiebeginn verzögert das Fortschreiten der Symptome häufig für eine gewisse Zeit. Zudem verbessert sich dadurch mitunter die Prognose der Krankheit.
Nachsorge
Beim Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom stehen dem Patienten in den meisten Fällen nur sehr eingeschränkt Möglichkeiten zur Nachsorge zur Verfügung. Da es sich dabei um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, kann diese nicht kausal, sondern nur rein symptomatisch behandelt werden. Aus diesem Grund ist auch eine vollständige Heilung in der Regel nicht möglich, sodass Betroffene auf eine lebenslange Therapie angewiesen sind.
In der Regel muss der Patient sein gesamtes Leben lang Medikamente einnehmen, um die Beschwerden zu lindern. Allerdings ist durch das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom die Lebenserwartung des Betroffenen deutlich verringert, sodass sich der gesundheitliche Zustand stark verschlechtert. Schließlich versterben Betroffene an den Leiden des Syndroms, welches nicht vollständig geheilt werden kann.
Im Falle eines epileptischen Anfalles muss sofort ein Arzt gerufen oder das Krankenhaus aufgesucht werden. Sollte ein solcher Anfall nicht behandelt werden, können Patienten im schlimmsten Fall an diesem Anfall versterben. Da das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom nicht selten auch mit psychischen Beschwerden verbunden ist, ist oft eine psychologische Behandlung notwendig. Hierbei kann sich auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Syndroms positiv auf die Erkrankung auswirken, da es dabei zu einem Austausch an Informationen kommen kann.
Das können Sie selbst tun
Die Möglichkeiten der Selbsthilfe sind bei dem Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom sehr eingeschränkt. Es gibt keine ausreichenden Maßnahmen, die zu einer Heilung führen würden. Aus diesem Grund liegt der Fokus im Alltag auf der Verbesserung der Lebensqualität.
Die Erkrankung wird im Normalfall unmittelbar nach der Geburt festgestellt und sollte medizinisch versorgt werden. Da Kinder bereits mit den gesundheitlichen Einschränkungen aufwachsen, sollten sie rechtzeitig und ehrlich über ihre Erkrankung sowie deren Folgen aufgeklärt werden.
Ein offener Umgang mit der Krankheit ist im Alltag hilfreich, um Fragen beantworten zu können, Missverständnisse zu vermeiden und sich nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen zu fühlen. Schon früh kann der Kontakt zu anderen Kindern gefördert werden, die ebenfalls gesundheitliche Beeinträchtigungen haben. Gleichzeitig ist der Umgang mit gesunden Kindern zu pflegen. So findet ein gegenseitiger Austausch statt und das Gefühl von Ausgrenzungen wird vermieden.
Leidet das Kind unter den gesundheitlichen Störungen oder zeigen sich Verhaltensaffälligkeiten, sollte zusätzlich eine psychologische Betreuung in Anspruch genommen werden. Gespräche über die vorhandenen Emotionen können unterstützend bei der Bewältigung der Erkrankung sein.
Da das Brown-Vialetto-Van-Laere-Syndrom mit verschiedenen Einschränkungen der sportlichen sowie der Freizeitaktivitäten verbunden ist, sind die Unternehmungen zu fördern, die problemlos ausgeführt werden können. Damit werden die Lebensfreude gefördert und das Wohlbefinden wird gestärkt.
Quellen
- Murken, J., Grimm, T., Holinski-Feder, E., Zerres, K. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Humangenetik. Thieme, Stuttgart 2011
- Wassermann, K., Rohde, A.: Pränataldiagnostik und psychosoziale Beratung. Schattauer, Stuttgart 2009
- Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003