Brugada-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Brugada-Syndrom ist eine angeborene, autosomal-dominant vererbliche Kardiomyopathie. Die Erkrankung zählt zu den Ionenkanalerkrankungen und geht auf eine Mutation zurück. Die Behandlung beinhaltet die Implantation eines automatisch arbeitenden Defibrillators.
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Was ist das Brugada-Syndrom?
Das Herz pumpt Blut zu den einzelnen Geweben des Körpers. Die Blutversorgung entspricht zugleich einer Sauerstoff-, Nährstoff- und Botenstoffversorgung. Jede Art von Körpergewebe benötigt Sauerstoff und Nährstoffe, um am Leben zu bleiben. Damit sind die Funktionen des Herzens lebenswichtig. Gesteuert werden sie vom vegetativen Nervensystem.
Erkrankungen des Herzens können lebensbedrohliche Zustände hervorrufen. Die Herzerkrankungen lassen sich in unterschiedliche Gruppen einteilen. Eine dieser Gruppen ist die Kardiomyopathie. In diese heterogene Krankheitsgruppe fallen unterschiedliche Krankheiten des Herzmuskels, die mechanische oder elektrische Funktionsstörungen hervorrufen.
Oft rufen sie eine Verdickung (Hypertrophie) oder Erweiterung Dilatation der Herzkammern hervor. Kardiomyopathien können in erworbener Form auftreten, aber auch angeboren sein. Das Brugada-Syndrom entspricht einer angeborenen Kardiomyopathie, die zu den Ionenkanalerkrankungen zählt. Diese Erkrankungen gehen mit Störungen der Muskelerregungsleitung einher und rufen Arrhythmien hervor.
Das Brugada-Syndrom wurde in den 90er Jahren als eigenständige Erkrankung klassifiziert und wurde erstmals von Kardiologen aus Pagua beschrieben. Die Inzidenz der Krankheit wird mit fünf bis 66 auf 10.000 Personen angegeben. In Südostasien ist die Erkrankung häufiger als in Europa oder Nordamerika. Das Syndrom betrifft Männer achtmal häufiger als Frauen.
Ursachen
Mittlerweile wird das Brugada-Syndrom gemeinsam mit anderen, eher seltenen Herzerkrankungen unter die genetischen Herzkrankheiten gefasst. Die Ursache der Krankheit liegt demzufolge in den Genen. Eine genetische Mutation bedingt die Störungen des Ionenkanals und damit der Herzerregung.
Die genetisch bedingte Veränderung betrifft bei allen Ionenkanalerkrankungen Eiweißmoleküle, die den Transport von Ionen durch die Zellmembran des Herzmuskels steuern. Durch die Veränderungen dieser Steuermoleküle werden bei Ionenkanalerkrankungen mehr (gain-of-function) oder weniger (loss-of-function) Natrium- und Kaliumionen durch die Membranen transportiert. Durch diese Prozesse verändern sich beim Brugada-Syndrom die elektrischen Eigenschaften des Herzens.
Mittlerweile wurde der verantwortliche Gendefekt bei einem kleinen Teil der Brugada-Syndrom-Patienten identifiziert. Bei bis zu 25 Prozent der Betroffenen schien eine Mutation im SCN5A-Gen mit Lokalisation auf Chromosom drei im Genlocus 3p21 für die Erregungsstörung verantwortlich zu sein. Dieses Gen übernimmt in der DNA die Kodierung für Steuerproteine des Ionenkanals. Durch die mutationsbedingte Proteinveränderung können die Moleküle ihren Aufgaben nur noch eingeschränkt gerechtwerden.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Patienten mit Brugada-Syndrom leiden an einer Repolarisationsstörung der Herzmuskelzellen. Allerdings muss diese Repolarisationsstörung nicht zwingend Symptome hervorrufen. Ein gewisser Anteil der Patienten zeigt keinerlei Symptome, oder bemerkt zumindest bewusst nichts von der Muskelerkrankung.
In anderen Fällen machen sich Beschwerden wie plötzliche Bewusstlosigkeitsanfälle (Synkopen) bemerkbar. Auch der Herzstillstand kann unter bestimmten Umständen drohen. Sämtliche Symptome der Herzmuskelerkrankung treten allerdings erst nach dem Eintritt von Herzrhythmusstörungen auf.
Die häufigsten Herzrhythmusstörungen im Kontext des Brugada-Syndroms sind polymorph ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern. Diese Herzstörungen liegen an den veränderten Repolarisationseigenschaften des Herzmuskels. Mit der Repolarisation ist die Zeitspanne gemeint, die der Herzmuskel nach einer Erregung und der damit zusammenhängenden Kontraktion zur Erholung benötigt.
Erst durch die Repolarisation kann wieder eine Kontraktion stattfinden. In Einzelfällen treten die ersten Symptome des Brugada-Syndroms schon bei Neugeborenen auf. In den meisten Fällen zeigen sie sich allerdings erst in der dritten oder vierten Lebensdekade.
Diagnose & Verlauf
Die einzigen diagnostischen Zeichen für das Brugada-Syndrom zeigen sich mit den typischen Veränderungen des EKG. Diese Veränderungen entsprechen einem Rechtsschenkelblock-ähnlichen Krankheitsbild mit Anomalien der ST-Strecke in der Ableitung V1 bis V3. Die EKG-Veränderungen sind nur zeitweise erkennbar. Über die Gabe von Ajmalin oder Procainamid lassen sich die Symptome verstärken.
Damit ist das EKG unter der Gabe dieser Medikamente oft die einzige Möglichkeit, eine zielführende Diagnose zu stellen. Zur Feindiagnostik werden die EKG-Veränderungen in drei verschiedene Klassen unterteilt. Diese Klassen besitzen unterschiedliche Spezifität für das Syndrom.
Differentialdiagnostisch gilt es das Burgada-Syndrom von Erkrankungen wie der arrhythmogen rechtsventrikuläre Dysplasie abzugrenzen. Die Prognose der Patienten hängt vor allem vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und dem Alter der Manifestation ab.
Komplikationen
Da beim Brugada-Syndrom keine ursächliche Heilung möglich ist, muss ein operativer Eingriff erfolgen, um den Patienten am Leben zu erhalten. In der Regel wird dafür auch ein Defibrillator im Körper des Patienten verbaut. In den meisten Fällen ist das Brugada-Syndrom für den Patienten nicht zu bemerken, was die Diagnose erschweren kann.
Erst durch die Bewusstlosigkeitsanfälle kommt es zu Komplikationen. Im schlimmsten Falle kann bei der Bewusstlosigkeit auch ein Herzstillstand auftreten, sodass es zum Tode kommt. Diese Störungen entwickeln sich dann, wenn sich Fehlbildungen und Störungen am Herzen ausbilden. Der Betroffene befindet sich damit in einem lebensgefährlichen Zustand und leidet am sogenannten Kammerflimmern.
Oft ist das Brugada-Syndrom auch schon bei Babys und kleinen Kindern zu beobachten, wobei eine schnelle und vor allem frühzeitige Behandlung möglich ist. Um die Herzbeschwerden zu kompensieren ist der Einbau eines automatischen Defibrillators notwendig, der den Herzstillstand verhindert. Dabei kommt es in der Regel zu keinen weiteren Komplikationen, wobei der Patient allerdings auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen ist.
Durch die Herzrhythmusstörungen kann der Betroffene auch keine besonderen schweren Aufgaben oder Sportarten ausüben und ist dadurch in seinem Alltag eingeschränkt. Falls die Behandlung die Herzbeschwerden des Brugada-Syndroms komplett beheben kann, eine verringerte Lebenserwartung nicht zu erwarten.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Beim Verdacht auf das Brugada-Syndrom sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden. Sollte es beispielsweise zu einem plötzlichen Bewusstseinsverlust kommen, der sich auf keine äußere Ursache zurückführen lässt, deutet dies auf eine ernste Erkrankung hin, die rasch diagnostiziert werden muss. Wenn in der Familie mehrere Fälle von Herzerkrankungen oder Herzinfarkten vorliegen, ist eine frühzeitige Abklärung der Herzgesundheit sinnvoll. Dies gilt vor allem dann, wenn in der Vergangenheit bereits einmal Herzrhythmusstörungen oder Herzattacken festgestellt wurden.
Weitere Warnzeichen, die sofort zum Arzt führen sollten, sind plötzliche Krampfanfälle, Schwindel und andere Kreislaufbeschwerden. Bei einer Bewusstlosigkeit muss umgehend der Notarzt alarmiert werden. Ein unmittelbar einsetzender Atemstillstand deutet auf einen plötzlichen Herztod hin, der nur bei sofortiger Reanimation und Defibrillation überlebt werden kann. Ersthelfer sollten Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreifen und bei den typischen Symptomen (erweiterte Pupillen, Hautverfärbungen an den Fingernägeln und Schleimhäuten, u.a.) eine Herz-Druck-Massage durchführen. Bei einem positiven Verlauf ist anschließend ein längerer Aufenhalt im Krankenhaus erforderlich.
Behandlung & Therapie
Eine ursächliche Therapie steht für Patienten mit Brugada-Syndrom nicht zur Verfügung. Ziel der symptomatischen Behandlung ist die Prävention eines Herztods. Der wichtigste Schritt ist diesbezüglich die Implantation eines automatisch arbeitenden Defibrillators. Eine Indikation auf diesen Behandlungsschritt stellt sich für alle Patienten mit dokumentierter Weise schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen.
Konservativ medikamentöse Therapien mit Betablockern sind bei den Patienten mit Brugada-Syndrom in der Regel kontraindiziert. Besonders bei niedriger Herzfrequenz besteht ein Risiko für Kammerflimmern, das sich durch die Gabe dieser Medikamente erhöht. Patienten mit wiederholt auftretendem Kammerflimmern erhalten zuweilen sympatomimetische Medikation, die die Symptome vorübergehend unterdrückt.
Da Wirkstoffe wie Chinidin das Aktionspotential der Erregungsleitung verlängern, kann die Gabe dieser Wirkstoffe in Einzelfällen einen Rückgang der EKG-Veränderungen verzeichnen. Vermutlich wird auch die Gefahr von Kammerflimmern durch diese Medikation vermindert.
Einzelne Trigger-Gebiete können außerdem elektrophysiologisch verödet werden (Ablation). Dieses Vorgehen hat in der Vergangenheit bei einigen Patienten mit Brugada-Syndrom die Herzrhythmusstörungen beseitigen können.
Aussicht & Prognose
Das Brugada-Syndrom kann in der Regel nicht kausal behandelt werden. Die Betroffenen sind daher auf eine rein symptomatische Behandlung angewiesen, bei welcher das Hauptziel das Vorbeugen des Herztodes ist. Sollte beim Brugada-Syndrom keine Behandlung erfolgen, so verstirbt der Patient am Herztod.
Aus diesem Grund wird bei der Behandlung ein Defibrillator eingesetzt, welcher automatisch arbeitet und die Störungen des Herzens beheben kann. Eventuell ist allerdings trotz Behandlung die Lebenserwartung des Patienten deutlich eingeschränkt. Auch die Gabe von Medikamenten kann sich dabei positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. In den meisten Fällen kann der Defibrillator die Beschwerden so weit lindern, dass es im Alltag zu keinen besonderen Einschränkungen kommt. Der Patient muss auf anstrengende und körperliche Tätigkeiten verzichten, um das Herz nicht unnötig anzustrengen.
In seltenen Fällen kann es trotz dem Einsatz des Defibrillators zu einem Kreislaufzusammenbruch oder zum Kammerflimmern kommen, wobei eine notärztliche Behandlung notwendig ist. Der weitere Verlauf des Brugada-Syndroms ist damit auch stark von der Lebensweise des Patienten abhängig und kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden.
Vorbeugung
Dem Brugada-Syndrom lässt sich bislang nur durch genetische Beratung in der Phase der Familienplanung vorbeugen. Die genetische Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt. Paare mit einem erhöhten Vererbungsrisiko können sich unter Umständen gegen eigene Kinder entscheiden und stattdessen eine Adoption andenken.
Nachsorge
Eine Nachsorge ist beim Brugada-Syndrom in der Regel nicht möglich und auch nicht notwendig. Die Krankheit kann aufgrund der erblichen Mutation nicht kausal behandelt werden, sodass der Betroffene auf einen automatischen Defibrillator angewiesen ist. In der Regel wird dieser Defibrillator operativ eingefügt, wenn das Syndrom diagnostiziert wurde, sodass im Vordergrund eine frühzeitige Diagnose steht, um den plötzlichen Herztod zu vermeiden.
Ebenso ist der Patient auf die Einnahme von Betablockern angewiesen, um die Herzbeschwerden zu minimieren. Der Betroffene sollte dabei auch Stress und unnötige Anspannungen vermeiden, um das Herz nicht unnötig anzustrengen. Ebenfalls sind regelmäßige Untersuchungen bei einem Kardiologen sehr sinnvoll, um ebenso Komplikationen zu verhindern.
Weiterhin kann sich eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung positiv auf die Krankheit auswirken und die Lebenserwartung des Betroffenen erhöhen. Da es sich beim Brucellose Brugada-Syndrom um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, sollte sich der Patient einer genetischen Beratung unterziehen, um das erneute Auftreten des Syndroms zu vermeiden.
Im Falle eines Herzkammerflimmerns müssen Maßnahmen der ersten Hilfe geleistet werden, wobei auch der Notarzt sofort verständigt werden sollte. Die weitere Behandlung erfolgt dann durch den Notarzt oder im Krankenhaus.
Das können Sie selbst tun
Das Brugada-Syndrom ist eine Erbkrankheit. Die Betroffenen können keine Selbsthilfemaßnahmen ergreifen, um die Krankheit kausal zu therapieren. Sie und ihre Angehörigen können aber dazu beitragen, die schlimmste Folge der Störung, den plötzlichen Herztod, zu vermeiden.
Personen, in deren Familien das Brugada-Syndrom bereits einmal diagnostiziert worden ist, sollten sich mit den Symptomen und dem Verlauf der Krankheit vertraut machen, um rechtzeitig einen Arzt konsultieren zu können. Trotz gebotener Vorsicht besteht aber kein Grund zur übertriebenen Sorge. Bei den meisten Menschen, die am Brugada-Syndrom leiden, stellen sich während ihres gesamten Lebens keinerlei Beschwerden ein.
Dennoch sollten Personen, insbesondere wenn das Syndrom in der Familie bereits aufgetreten ist, bestimmte Symptome ernst nehmen und zeitnah untersuchen lassen. Bei vielen Patienten kommt es nicht sofort zum Herzstillstand, meist können zuvor andere Anzeichen beobachtet werden. Dazu zählen inbesondere Schwindel, Krampfanfälle und Bewusstlosigkeit ohne erkennbare Ursache. In diesen Fällen sollte sofort ein Herzspezialist aufgesucht werden, damit die Krankheit entdeckt und behandelt werden kann, bevor es zu lebensgefährlichen Herzrhythmusstörungen kommt.
Bei einem akuten Kreislaufzusammenbruch aufgrund von Kammerflimmern hängt das Überleben des Betroffenen wesentlich davon ab, das sofort adäquate Erste-Hilfe-Maßnahmen ergriffen werden. Sofern das Brugada-Syndrom diagnostiziert worden ist und der Patient erste Symptome aufweist, ist es angezeigt, dass das soziale Nahfeld eine einschlägige Erste-Hilfe-Ausbildung absolviert. Auch der Arbeitgeber sollte dann informiert werden, damit im Falle eines Zusammenbruchs auch am Arbeitsplatz richtig reagiert wird.
Quellen
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004