Chinidin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Chinidin handelt es sich um einen Wirkstoff, der zur Gruppe der Antiarrhythmika gehört. Er wird zur Behandlung bestimmter Herzrhythmusstörungen eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Medizinische Anwendung & Verwendung

Bei Chinidin handelt es sich um einen Wirkstoff, der zur Gruppe der Antiarrhythmika gehört. Er wird zur Behandlung bestimmter Herzrhythmusstörungen eingesetzt.

Chinidin als Wirkstoff der Gruppe der Antiarrhythmika hilft dabei, diverse Probleme am Herzen (z. B. zu schneller und unregelmäßiger Herzschlag, Vorhofflattern und Vorhofflimmern) zu behandeln.

Er wird in einer Herzbehandlung immer dann verabreicht, wenn die Notwendigkeit besteht, einen schnellen Herzschlag zu senken oder einen unregelmäßigen Herzschlag zu normalisieren. Auch die Behandlung von Herzrhythmusstörungen sowie die Regulierung des Herzrhythmus erfolgt mit Medikamenten, die den Wirkstoff Chinidin enthalten.

Weiterhin kann Chinidin zur Kardioversion genutzt, wenn die Durchführung der Elektroschocktherapie nicht möglich ist.

Pharmakologische Wirkung

Chinidin ist ein Wirkstoff der Klasse 1 a der Antiarrhythmika. Er blockiert in den Herzmuskelzellen die Natrium-Kanäle, so dass aufgrund des verminderten Natrium-Einstroms die Erregbarkeit des Herzmuskels sinkt.

Außerdem wird der Kalium-Ausstrom durch den Wirkstoff Chinidin gehemmt, so dass das Aktionspotential verlängert wird. Zudem übt Chinidin eine gefäßerweiternde Wirkung aus, was den arteriellen Blutdruck senkt und dadurch das Herz und dessen Muskulatur entlastet. Vor allem in Armen und Beinen von betroffenen Patienten zeigt sich die dadurch entstehende Muskelentspannung. Durch die geringere Erregbarkeit des Herzens wird das Herz außerdem langsamer und schlägt dadurch auch regelmäßiger.

Der Wirkstoff Chinidin wird vom menschlichen Körper sehr schnell aufgenommen. Schon nach etwa 15 Minuten ist er im Blut des Patienten nachweisbar und die Beschwerden nehmen bereits zu diesem Zeitpunkt spürbar ab. In Kombination mit einem Calciumkanalblocker führt Chinidin außerdem zu einer besseren Regulation von Durchblutungsstörungen bei der Belastung des Herzens.

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Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Chinidin ist eine sorgfältige Überwachung und individuelle Anpassung erforderlich. Chinidin, ein Antiarrhythmikum der Klasse Ia, wird hauptsächlich zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern und ventrikulären Tachykardien eingesetzt.

Die Initialdosis und die Erhaltungsdosis von Chinidin müssen basierend auf dem klinischen Zustand des Patienten und der Reaktion auf die Therapie angepasst werden. Die typische Anfangsdosis beträgt 200-300 mg, die oral eingenommen wird, gefolgt von weiteren Dosen alle 6 bis 8 Stunden. Die Dosierung kann je nach Bedarf und Verträglichkeit schrittweise erhöht werden. Wichtig ist, dass die maximale Tagesdosis von 2000 mg nicht überschritten wird.

Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion geboten, da die Ausscheidung von Chinidin über diese Organe erfolgt. Eine Dosisanpassung kann in solchen Fällen notwendig sein, um eine Akkumulation und damit verbundene Toxizität zu vermeiden. Auch bei älteren Patienten kann eine reduzierte Dosierung erforderlich sein.

Während der Behandlung mit Chinidin ist eine regelmäßige Überwachung von EKG, Elektrolyten (insbesondere Kalium und Magnesium) und der Nieren- sowie Leberfunktion unerlässlich. Patienten sollten auf Anzeichen von Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Schwindel, Tinnitus oder Hautreaktionen aufmerksam gemacht werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie Herzblockaden, Torsades de Pointes oder andere proarrhythmische Effekte erfordern eine sofortige ärztliche Intervention.

Risiken & Nebenwirkungen

Bei sehr vielen Patienten konnte beobachtet werden, dass sich Chinidin auf den Magen-Darm-Trakt negativ auswirkt. Dies hat in der Regel Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zur Folge. Kommt es zu einer Überdosierung des Wirkstoffs, kann eine so genannte Chinidin-Vergiftung eintreten, die sich auf das zentrale Nervensystem auswirkt und zu Sehstörungen, Nystagmen oder auch Schädigungen am Nervus opticus führen kann. Typisch hierfür sind Hörstörungen (z. B. Tinnitus) sowie Kopfschmerzen, Schwindel oder auch Verwirrtheit. In seltenen Fällen kann die Funktion der Leber durch den Wirkstoff Chinidin gestört werden.

Besteht beim Patienten eine Herzmuskelschwäche (Herzinsuffiziens NYHA III und IV) oder ein zu langsamer Herzschlag, darf Chinidin nicht eingenommen werden. Auch bei einer bereits erfolgten Überdosierung von Herzglykosiden oder bei Erregungsleitungsstörungen des Herzens ist die Einnahme nicht angezeigt. Leidet der Patient unter einer zu hohen Schlagzahl der Herzvorhöfe, dann sollte nach reichlicher Abwägung des behandelnden Arztes zuerst ein anderes Antiarrhythmika zur Anwendung kommen.

Ausreichende Erfahrungen zur Anwendung von Chinidin in der Schwangerschaft liegen nicht vor. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass es zum Verlust des ungeborenen Kindes kommt, weshalb eine Einnahme nur nach Nutzen-Risiko-Abwägung des behandelnden Arztes erfolgen sollte. Da der Wirkstoff in die Muttermilch übergeht, sollte Chinidin nicht während der Stillzeit eingenommen werden. Zwar sind keine schädigenden Wirkungen für Säuglinge bekannt, allerdings sollte auch hier abgewogen werden, ob der Nutzen für die Mutter größer ist, als das Risiko für den Säugling. Bei Kindern ist die Anwendung bisher nicht erprobt, so dass in diesem Fall nur behandelnde Arzt entscheiden kann, ob die Einnahme von Chinidin notwendig ist.

Wird Chinidin gemeinsam mit anderen Arzneimitteln eingenommen, so kann es unter Umständen zu einigen Wechselwirkungen kommen, die sich je nach Form des Medikaments (z. B. Tablette, Spritze) unterschiedlich darstellen können. Werden zum Beispiel blutdrucksenkende Mittel in höheren Dosen eingenommen, besteht die Gefahr einer negativen Beeinflussung des Herzens.

Auch die Wirkung von Chinidin kann dadurch verstärkt werden. Muss gleichzeitig auch eine Behandlung mit Antibiotika oder Mitteln gegen Pilzerkrankungen erfolgen, kann es wiederum zu einer Wirkungsminderung von Chinidin kommen. Werden gleichzeitig auch Herzglykoside (z. B. Digoxin oder Digitoxin) eingenommen, kann es zu einer Verstärkung dieser Wirkstoffe durch Chinidin kommen. Aufgrund der zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sollte Chinidin deshalb immer nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden.

Da die Nebenwirkungen von Chinidin doch teilweise sehr stark sein können, wird es mittlerweile nur noch sehr selten von Ärzten verordnet. In Deutschland ist der Wirkstoff generell verschreibungspflichtig.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Chinidin sind vielfältig und betreffen insbesondere Patienten mit spezifischen Herz- und Gesundheitszuständen, bei denen das Medikament schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen könnte. Eine der Hauptkontraindikationen ist das Vorhandensein von AV-Blockaden zweiten oder dritten Grades, es sei denn, der Patient hat einen funktionierenden Herzschrittmacher. Diese Herzrhythmusstörungen könnten durch Chinidin verschlimmert werden.

Patienten mit einer Vorgeschichte von Torsades de Pointes oder einem verlängerten QT-Intervall sollten ebenfalls kein Chinidin einnehmen, da das Medikament die QT-Zeit weiter verlängern und das Risiko für lebensbedrohliche Arrhythmien erhöhen kann. Weitere Kontraindikationen sind eine Überempfindlichkeit gegenüber Chinidin oder anderen Chinolin-Derivaten sowie eine bestehende Thrombozytopenie, die durch Chinidin verschlimmert werden könnte.

Chinidin sollte auch nicht bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz angewendet werden, da es die Kontraktilität des Herzens weiter beeinträchtigen könnte. Patienten mit Myasthenia gravis sollten ebenfalls auf die Einnahme von Chinidin verzichten, da das Medikament die Symptome dieser neuromuskulären Erkrankung verschlimmern kann.

Bei schwerer Leber- oder Niereninsuffizienz ist besondere Vorsicht geboten, und eine Anwendung von Chinidin ist oft kontraindiziert, da die Ausscheidung und Metabolisierung des Medikaments in diesen Fällen beeinträchtigt sein kann. Schließlich sollte Chinidin bei Patienten mit einem bekannten Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel (G6PD-Mangel) vermieden werden, da es das Risiko für hämolytische Anämie erhöhen kann.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Chinidin weist eine Vielzahl von potenziellen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auf, die bei der Behandlung von Patienten sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Eine bedeutende Interaktion besteht mit Digoxin: Chinidin kann die Serumkonzentrationen von Digoxin erhöhen, indem es die renale und nicht-renale Ausscheidung des Herzglykosids vermindert. Dies kann zu einer Digoxin-Toxizität führen, die eine genaue Überwachung der Digoxinspiegel und möglicherweise eine Dosisanpassung erfordert.

Chinidin ist auch ein potenter Inhibitor von Cytochrom P450 2D6 (CYP2D6), einem Enzym, das viele Medikamente metabolisiert. Dadurch können die Plasmaspiegel von Arzneimitteln, die über diesen Weg abgebaut werden, wie bestimmte Betablocker (z. B. Metoprolol), Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) und Antipsychotika (z. B. Haloperidol), erhöht werden. Dies kann das Risiko für Nebenwirkungen und Toxizitäten erhöhen.

Die gleichzeitige Verabreichung von Chinidin und Medikamenten, die das QT-Intervall verlängern, wie einige Antiarrhythmika (z. B. Amiodaron), Makrolid-Antibiotika (z. B. Erythromycin), und bestimmte Antipsychotika (z. B. Thioridazin), kann das Risiko für lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen wie Torsades de Pointes erhöhen.

Zusätzlich kann Chinidin die Wirkung von oralen Antikoagulanzien wie Warfarin verstärken, indem es deren Metabolisierung hemmt. Dies erfordert eine engmaschige Überwachung der INR-Werte und möglicherweise eine Anpassung der Warfarin-Dosis, um das Risiko von Blutungen zu minimieren. Auch kann Chinidin die Wirkung von anderen Medikamenten wie Verapamil und Diltiazem potenzieren, was zu einer verstärkten kardiodepressiven Wirkung führen kann.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Chinidin nicht vertragen wird, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Herzrhythmusstörungen zu behandeln. Ein gängiger Ersatz ist Amiodaron, ein Antiarrhythmikum der Klasse III, das bei einer Vielzahl von supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien wirksam ist. Es hat jedoch ein eigenes Profil von Nebenwirkungen, die überwacht werden müssen.

Sotalol ist eine weitere Option, die sowohl Beta-Blocker- als auch Klasse-III-Antiarrhythmika-Eigenschaften besitzt. Es kann zur Behandlung von ventrikulären und supraventrikulären Arrhythmien eingesetzt werden, erfordert jedoch eine sorgfältige Überwachung des QT-Intervalls.

Flecainid und Propafenon sind Antiarrhythmika der Klasse Ic, die bei der Behandlung von supraventrikulären Tachykardien, einschließlich Vorhofflimmern und -flattern, verwendet werden können. Diese Medikamente sind besonders bei Patienten ohne strukturelle Herzerkrankungen geeignet.

Für Patienten, die pharmakologische Therapien nicht vertragen oder bei denen diese nicht wirksam sind, kann eine katheterbasierte Ablationstherapie eine wirksame Alternative sein. Diese minimalinvasive Prozedur zielt darauf ab, die elektrischen Leitungswege im Herzen, die die Arrhythmien verursachen, gezielt zu zerstören.

Beta-Blocker wie Metoprolol und Atenolol sind ebenfalls nützlich, insbesondere bei der Kontrolle der Herzfrequenz bei Vorhofflimmern. Sie können die Symptome lindern und das Risiko von Komplikationen reduzieren, obwohl sie nicht primär antiarrhythmisch wirken.

Calciumkanalblocker wie Verapamil und Diltiazem können ebenfalls zur Frequenzkontrolle bei supraventrikulären Arrhythmien verwendet werden. Sie bieten eine gute Alternative für Patienten, die Beta-Blocker nicht vertragen.

Schließlich kann die elektrische Kardioversion eine sofortige Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus bewirken und ist besonders in akuten Situationen nützlich.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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