Ajmalin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Wirkstoffe Ajmalin
Ajmalin wird aus den Wurzeln der Rauwolfia serpentina, der Indischen Schlangenwurzel, extrahiert. Es ist verschreibungspflichtig und dient zum Behandeln von Herzrhythmusstörungen. In Deutschland ist es unter dem Handelsnamen Gilurytmal® erhältlich.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Ajmalin?
Beim Ajmalin handelt es sich um ein Indolalkaloid. Der Wirkstoff der Indischen Schlangenwurzel wird im verschreibungspflichtigen Medikament Gilurytmal® der Klasse-I-Antiarrhythmika bei Herzrhythmusstörungen in Form von supraventrikulären Tachykardien verordnet.
Diese mit Ajmalin zu behandelnden Arrhythmien müssen mit beschleunigtem Pulsschlag einhergehen und ihren Ursprung in den Herzvorhöfen haben. Zu diesen Rhythmusstörungen gehört zum Beispiel vom AV-Knoten ausgehendes Herzrasen, Herzrasen beim WPW-Syndrom oder paroxysmales Vorhofflimmern.
Außerdem kommt Ajmalin in der Notfallmedizin zur akuten Therapie symptomatischer, behandlungsbedürftiger supraventrikulärer Tachykardien zum Einsatz sowie bei lebensbedrohlichen ventrikulären Tachykardien.
Der Wirkstoff Ajmalin ist als 50 mg/10 ml Injektionslösung erhältlich und wird immer intravenös injiziert. Später wird der Wirkstoff zu 90 % über die Leber und zu 10 % über die Nieren ausgeschieden.
Pharmakologische Wirkung
Ajmalin fungiert als Natriumkanalantagonist. Es verzögert den Einstrom der Natriumionen in die Herzmuskelzellen. Muskelzellen benötigen Natriumionen, um sich zusammenziehen zu können. Hierdurch vermindert sich die Erregungsausbreitung in den schnell leitenden Bereichen des Herzens.
Somit verlängert sich die Aktionspotenzialdauer in den Herzvorhöfen und Herzkammern. In der Folge verlängert sich auch die funktionelle Refraktärzeit, was wiederum zu einer erhöhten Reizschwelle führt. Insgesamt erbringt dies einen langsameren Herzschlag und eine Verminderung der Schlagkraft des Herzens. Die Wirkung auf das allgemeine Herz-Kreislauf-Geschehen ist dabei eher gering. Dennoch sollte sorgsam auf eine mögliche negative Inotropie sowie Bradykardieneigung geachtet werden.
Die pharmakologische Wirkung dauert bis zu 2 Minuten und hält rund 20 Minuten an. So ist sie gut lenkbar. Es empfiehlt sich, Ajmalin sehr langsam zu injizieren, damit es nicht zu einer versehentlichen Überdosis kommt. 5 Minuten sind eine gute Zeitdauer für die Injektion. Bei einem bereits vorgeschädigten Herz sollten es noch ein paar Minuten mehr sein.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Mit Ajmalin werden Herzrhythmusstörungen therapiert, die von den Herzvorhöfen ausgehen und von einem beschleunigten Pulsschlag begleitet werden. Supraventrikuläre Tachyarrhythmien wie AV-junktionale Tachykardien, supraventrikuläre Tachykardien beim WPW-Syndrom oder paroxysmales Vorhofflimmern, die symptomatisch und therapiebedürftig sind, gehören zu den klassischen Anwendungsgebieten von Ajmalin.
Dazu kommen ferner das Leben bedrohende ventrikuläre Tachykardien. So ist Ajmalin auch ausgezeichnet in der Notfallmedizin verwendbar.
Der mit der Gabe von Ajmalin angestrebte Effekt lässt sich in zwei Punkten erfassen:
- Verlangsamung des Herzschlags
- Dämpfung der Erregungsleitung im Herzen
Ajmalin als Medikament der Klasse-I-Antiarrhythmika sollte nicht mit weiteren Antiarrhythmika dieser Klasse kombiniert werden. Ansonsten drohen schwere Nebenwirkungen. Auch eine Kombination mit Medikamenten wie Betablockern oder Calciumkanalblockern verstärkt die Wirkung auf die AV-Überleitung des Erregungsleitungssystems des Herzens und reduziert dessen Pumpleistung.
Gerade wenn Ajmalin per Dauertropf-Infusion verabreicht wird, ist zu bedenken, dass es die Wirkung von Arzneimitteln wie Betablocker, Antidepressiva und Neuroleptika erhöht, da es ihren Abbau im Organismus behindert.
Eine Therapie mit Ajmalin ist ausgeschlossen bei:
- Ajmalin-Überempfindlichkeit
- AV-Block II. sowie III. Grades
- bereits vorhandenen Erregungsleitungsstörungen in den Herzkammern
- bestehender Herzmuskelschwäche, denn Ajmalin würde diese verschlimmern deutlicher Zunahme der Erregungsausbreitung innerhalb der Herzkammern oder bei einer Verlängerung der kompletten elektrischen Herzkammerfunktion, da diese zusätzlich verzögert werden könnte
- Adam-Stokes-Anfällen
- Intoxikation mit Herzglykosiden
- krankhafter Herzmuskelvergrößerung
- innerhalb der ersten 3 Monate nach Myokardinfarkt
- Linksherzinsuffizienz mit unter 35 % der normalen Leistung
Verabreichung & Dosierung
Ajmalin ist ein Antiarrhythmikum, das hauptsächlich zur Behandlung und Vorbeugung von Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Ajmalin sind mehrere wichtige Punkte zu beachten, um eine sichere und effektive Anwendung zu gewährleisten.
Zunächst erfolgt die Verabreichung meist intravenös, da Ajmalin eine schnelle Wirkung erfordert, besonders in Notfallsituationen wie bei akut auftretenden Herzrhythmusstörungen. Die Dosierung wird dabei individuell angepasst, abhängig von der Schwere der Arrhythmie und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Üblicherweise liegt die Initialdosis zwischen 50 und 100 mg, verabreicht über 5 bis 10 Minuten. In bestimmten Fällen kann eine orale Gabe erforderlich sein, etwa zur Langzeittherapie, wobei die Dosierung ebenfalls individuell abgestimmt wird.
Besondere Vorsicht ist bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion geboten, da Ajmalin über diese Organe abgebaut wird. In diesen Fällen muss die Dosis häufig reduziert werden, um eine Überdosierung zu vermeiden. Zudem ist eine kontinuierliche Überwachung der Herzfunktion (EKG) während und nach der Verabreichung unerlässlich, um mögliche Nebenwirkungen wie Bradykardie, Hypotonie oder proarrhythmische Effekte frühzeitig zu erkennen.
Das Medikament sollte nicht bei Patienten mit bestimmten Herzkrankheiten wie schwerer Herzinsuffizienz oder einem AV-Block ohne Herzschrittmacher eingesetzt werden.
Risiken & Nebenwirkungen
Eine gefürchtete Nebenwirkung von Ajmalin sind paradox proarrhythmische Reaktionen des Herzens. Sie können vor allem bei Personen mit einer KHK auftreten. Selten treten Krampfanfälle und noch seltener Blutbildveränderungen auf.
Neben den zur medizinischen Anwendung aufgeführten Ausschlusskriterien ist Ajmalin noch bei ausgeprägter Hypotonie und starker Elektrolytstörung nicht anzuwenden. Eine Ausnahme kann bei SA-Blockierungen, AV-Blockierungen höheren Grades, Sinusknotensyndrom und schwerer Bradykardie erfolgen, wenn der Patient einen Herzschrittmacher trägt.
Da Ajmalin über Leber und Nieren ausgeschieden wird, ist bei einer Einschränkung der Leber- oder Nierenfunktion die Dosierung anzupassen.
Kontraindikationen
Ajmalin ist ein Antiarrhythmikum, das bei bestimmten Patienten nicht angewendet werden darf, da es das Risiko von schwerwiegenden Nebenwirkungen erhöht. Zu den typischen Kontraindikationen gehören vor allem schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz oder kardiogenem Schock sollten Ajmalin nicht erhalten, da das Medikament die Herzleistung weiter verschlechtern kann. Ebenso ist Ajmalin bei Patienten mit AV-Block II. oder III. Grades ohne Herzschrittmacher kontraindiziert, da es die Reizweiterleitung im Herzen zusätzlich hemmen kann.
Patienten mit schwerer Bradykardie (extrem langsamer Herzschlag) sollten Ajmalin ebenfalls nicht verwenden, da das Risiko besteht, dass das Herz noch langsamer schlägt und eine lebensbedrohliche Situation entsteht. Weiterhin ist Ajmalin bei Patienten mit starkem Hypotonie-Risiko (niedrigem Blutdruck) kontraindiziert, da das Medikament zu einem weiteren Blutdruckabfall führen kann.
Zusätzlich sollte Ajmalin bei schweren Nieren- und Leberfunktionsstörungen nur mit Vorsicht oder gar nicht eingesetzt werden, da das Medikament in diesen Organen abgebaut wird. Eine beeinträchtigte Funktion kann zu einer Akkumulation des Medikaments führen und toxische Effekte verstärken. Auch bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Ajmalin oder verwandte Substanzen darf das Medikament nicht angewendet werden.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Ajmalin kann mit einer Reihe von Medikamenten interagieren, was sowohl die Wirkung als auch die Sicherheit beeinflussen kann. Eine wichtige Interaktion besteht mit anderen Antiarrhythmika wie Amiodaron, Flecainid oder Beta-Blockern. Diese Kombinationen können das Risiko von proarrhythmischen Effekten, wie einer Verschlimmerung der Herzrhythmusstörungen, erhöhen. Daher ist bei gleichzeitiger Anwendung Vorsicht geboten, und es sollte eine engmaschige Überwachung der Herzfunktion erfolgen.
Calciumkanalblocker wie Verapamil und Diltiazem können in Kombination mit Ajmalin die Erregungsleitung im Herzen weiter verlangsamen und zu einer verstärkten Bradykardie oder zu einem AV-Block führen. Ebenso können ACE-Hemmer und andere blutdrucksenkende Medikamente die blutdrucksenkende Wirkung von Ajmalin verstärken, was zu Hypotonie führen kann.
Ajmalin wird hauptsächlich über die Leber abgebaut, daher kann die gleichzeitige Anwendung von Leberenzymhemmern wie Cimetidin oder Makrolid-Antibiotika (z.B. Erythromycin) den Abbau von Ajmalin verzögern und zu erhöhten Blutspiegeln führen, was die Gefahr von Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen oder Hypotonie verstärkt. Enzyminduktoren wie Rifampicin oder Antiepileptika wie Phenytoin können hingegen die Ajmalin-Wirkung abschwächen, indem sie dessen Abbau beschleunigen.
Schließlich sollte Ajmalin nicht zusammen mit Medikamenten angewendet werden, die das QT-Intervall verlängern, wie bestimmte Antidepressiva oder Antipsychotika, da dies das Risiko schwerer Herzrhythmusstörungen erhöhen kann.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Ajmalin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, um Herzrhythmusstörungen zu behandeln.
Eine häufige Alternative zu Ajmalin ist Amiodaron, ein weiteres Antiarrhythmikum, das bei verschiedenen Formen von Arrhythmien eingesetzt wird. Amiodaron wirkt sowohl auf die atrialen als auch auf die ventrikulären Herzrhythmen, allerdings hat es ein anderes Nebenwirkungsprofil und kann bei langfristiger Anwendung insbesondere die Schilddrüse und die Lunge beeinträchtigen.
Flecainid ist ein weiteres Antiarrhythmikum, das zur Behandlung von supraventrikulären und ventrikulären Arrhythmien verwendet wird. Es gehört zur Klasse Ic der Antiarrhythmika und hat eine stark hemmende Wirkung auf die Reizweiterleitung im Herzen.
Sotalol, ein Beta-Blocker mit zusätzlichen antiarrhythmischen Eigenschaften, wird ebenfalls häufig eingesetzt. Es wirkt sowohl durch Blockierung der Beta-Rezeptoren als auch durch Verlängerung des Aktionspotentials, was es effektiv bei der Kontrolle von Arrhythmien macht.
Für Patienten, bei denen medikamentöse Therapien nicht ausreichend wirken oder unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, kann eine Katheterablation in Erwägung gezogen werden. Dabei wird das Gewebe, das die Arrhythmie auslöst, gezielt zerstört, um den normalen Herzrhythmus wiederherzustellen. Diese Methode ist besonders bei Vorhofflimmern und anderen supraventrikulären Arrhythmien eine wirksame Alternative.
Jede dieser Optionen wird individuell nach der Art der Arrhythmie und dem Gesundheitszustand des Patienten ausgewählt.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor