Charcot-Fuß
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Charcot-Fuß stellt eine seltene Sonderform des diabetischen Fußes dar. Dabei kommt es zu einer Aufweichung des Knochens, der schließlich schon bei normalen Belastungen bricht.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist ein Charcot-Fuß?
Unter einem Charcot-Fuß oder einer Charcot-Arthropathie leiden in erster Linie Diabetiker. So handelt es sich bei 95 Prozent aller Patienten um Menschen, bei denen die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) vorliegt.
Der Charcot-Fuß gilt als selten auftretende Sonderform des diabetischen Fußes. Ein oder mehrere Knochen des Fußes werden bei dieser Erkrankung zunehmend aufgeweicht, was schließlich zur Knochenfraktur führt, obwohl der Fuß lediglich normalen Belastungen ausgesetzt ist.
Als Namensgeber des Charcot-Fußes diente der französische Neurologe und Pathologe Jean-Martin Charcot (1825-1893). Erstmaliger Beschreiber der Erkrankung war allerdings der britische Mediziner Herbert William Page im Jahr 1881. Weitere Bezeichnungen für den Charcot-Fuß lauten Neuroarthropathie oder Diabetische Neuropathische Osteo-Arthropathie (DNOAP).
Ursachen
Auf welche Weise ein Charcot-Fuß entsteht, konnte noch nicht genau ermittelt werden. Als Voraussetzung für die Neuroarthropathie gilt die Einbuße der Schmerzsensibilität an den Füßen. Auslöser der Krankheit ist in der Regel eine traumatische Verletzung des Skeletts.
Zur Entstehung des Charcot-Fußes gibt es zwei Theorien. Dabei handelt es sich um die neurovaskuläre sowie die neurotraumatische Theorie. Nach Auffassung der neurovaskulären Theorie kommt es aufgrund von nervlichen Fehlsteuerungen zu einer stärkeren Durchblutung sowie einen umfangreicheren Knochenabbau.
In der neurotraumatischen Theorie wird hingegen die Auffassung vertreten, dass sich wiederholende kleinere Verletzungen an den Gelenkflächen durch Überlastung bilden, weil es an der Wahrnehmung von Schmerzen mangelt. Dies führt zu einer zunehmenden Knochenzerstörung.
Fast immer handelt es sich bei den Betroffenen des Charcot-Fußes um Diabetiker. In seltenen Fällen kann das Leiden aber auch andere Ursachen haben. Dazu gehören angeborene oder erworbene Neuropathien, bei denen eine gestörte Schmerzwahrnehmung besteht, sowie Erkrankungen wie eine Syringomyelie, Lepra, Syphilis oder Spina bifida.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptomatik des Charcot-Fußes umfasst mehrere Stadien. Zunächst kommt es im Fuß zu einer Ansammlung von Flüssigkeit. Dieses Ödem macht sich als Schwellung oder gerötete Stelle bemerkbar. Schmerzen verspürt der Patient jedoch nur selten, was auf die Schädigung der Nerven zurückzuführen ist.
Gelingt es, den Charcot-Fuß in diesem Stadium zu entlasten, erfolgt eine Rückbildung der Knochenerweichung, was einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten in Anspruch nimmt. Nach sechs bis zwölf Monaten hat sich der Charcot-Fuß wieder komplett zurückgebildet. Dauert jedoch die normale Belastung des Fußes an, führt dies zur Fortsetzung des Knochenabbaus. Schließlich bricht der Knochen vollständig zusammen.
Zeigt sich der Knochenbruch im Mittelfuß, führt dies zunächst zur Entstehung eines Plattfußes. Im weiteren Verlauf bildet sich ein Schaukelfuß. Ist das Sprunggelenk betroffen, besteht das Risiko, dass sich die Führung komplett aufhebt. Der Patient bewegt sich dann auf seinem Innen- oder Außenknöchel fort. Aus den Fehlstellungen gehen wiederum Druckstellen hervor, die dann Blasen oder offene Stellen zur Folge haben.
Dadurch besteht die Gefahr des Eindringens von Keimen in den Körper, die gravierende Infektionen nach sich ziehen. In schweren Fällen kann der Patient dadurch sogar in Lebensgefahr geraten. Im Extremfall sind schmerzlose Durchspießungen von Knochenfragmenten durch die Haut zu beobachten. An beiden Füßen tritt ein Charcot-Fuß nur selten auf.
Diagnose & Verlauf
Da die betroffenen Personen den Charcot-Fuß zunächst gar nicht bemerken, begeben sie sich erst spät zum Arzt. Der Mediziner nimmt als erstes eine gründliche Inspektion des Fußes vor, der normalerweise bereits angeschwollen und entzündet ist. Eine Infektion wie eine Wundrose liegt jedoch in der Regel nicht vor.
Oftmals ist der Fuß deformiert, gerötet und erhitzt. Nicht selten kann der Arzt auch offene Wunden an den Vorsprüngen der Knochen erkennen. Liegen eitrige Wunden vor, lassen diese sich meist schmerzlos durch chirurgische Instrumente untersuchen. Zur genauen Diagnose stehen dem Arzt mehrere Untersuchungsverfahren zur Verfügung.
Dazu zählen Röntgenaufnahmen, eine Computertomographie (CT) sowie eine Magnetresonanztomographie (MRT). Zum Ausschluss einer Osteomyelitis (Entzündung des Knochenmarks) kann auch eine Leukozytenszintigraphie erforderlich sein. Bei Verdacht auf Durchblutungsstörungen finden ergänzende Gefäßuntersuchungen statt.
Ein Charcot-Fuß kann für den Patienten gravierende Folgen haben, weil ihm die Knochenfraktur zunächst nicht auffällt. Ist der Patient nicht mehr in der Lage aufzutreten, drohen Komplikationen wie offene Geschwüre. Auch nach erfolgreicher Heilung eines Charcot-Fußes muss sich der Betroffene den Rest seines Lebens medizinischen Kontrollen unterziehen, weil jederzeit erneut die Gefahr einer Neuroarthropathie besteht.
Komplikationen
Beim Charcot-Fuß kann der Betroffene schon bei sehr leichten Belastungen einen Bruch im Fuß erleiden. Dabei kommt es zu extrem starken Schmerzen und zu Bewegungseinschränkungen. In der Regel kommt es nicht direkt zum Bruch. Der Fuß zeigt zuerst nur Schwellungen und Rötungen und kann unter Umständen auch Schmerzen.
Die Schmerzen können in einigen Fällen aufgrund der Beschädigung der Nerven komplett ausfallen. Weiterhin kommt es zum fortschreitendem Abbau des Knochens und zu steigenden Schmerzen. Ebenso kann der Patient keine starken Belastungen mehr am Fuß ausüben. Dies wirkt sich negativ auf die Lebensqualität aus.
Die Behandlung zielt in erster Linie auf die Entlastung des Fußes ab. Dabei kann es zu erheblichen Einschränkungen im Alltag kommen. In schwerwiegenden Fällen wird auch ein Gipsverband um den Fuß gelegt. Weiterhin muss eine kausale Behandlung stattfinden, die die Zuckerkrankheit behandelt.
Dabei kommt es in der Regel zu keinen besonderen Komplikationen oder Beschwerden. Ein Diabetes kann relativ gut behandelt werden. Im schlimmsten Falle muss der Charcot-Fuß kommt amputiert werden, wenn die Beschädigung nicht mehr reversibel ist. Die Lebenserwartung selbst wird durch den Charcot-Fuß nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei Schwellungen oder geröteten Stellen am Fuß liegt womöglich ein Charcot-Fuß vor. Falls diese Symptome nach spätestens einer Woche nicht zurückgegangen sein sollten, ist ärztlicher Rat gefragt. Sollte es zu Bewegungseinschränkungen oder zum Knochenbruch kommen, muss umgehend ein Arzt eingeschaltet werden. Erfolgt spätestens dann keine medizinische Behandlung, können schmerzhafte Druckstellen, Fehlstellungen und Infektionen auftreten – medizinische Notfälle, die sofort behandelt werden müssen.
Nach dem Krankenhausaufenthalt ist, je nach Stadium des diabetischen Fußes, eine langwierige physiotherapeutische Therapie erforderlich. Wer psychisch unter der plötzlichen Bewegungseinschränkung leidet, kann zusätzlich einen Therapeuten hinzuziehen. Am Charcot-Fuß erkranken überwiegend Diabetiker sowie Patienten mit Neuropathien, Lepra, Syphilis oder Erkrankungen des Rückenmarks.
Wer zu diesen Risikogruppen zählt, lässt genannte Warnzeichen am besten umgehend beim zuständigen Arzt abklären und direkt vor Ort behandeln. Neben dem Allgemeinmediziner kann auch ein Diabetologe oder ein Facharzt für das jeweilige Symptom aufgesucht werden. Bei einem schweren Verlauf ist in jedem Fall der Notarzt zu alarmieren.
Behandlung & Therapie
Ein akuter Charcot-Fuß wird als medizinischer Notfall eingestuft. Zur Behandlung ist daher eine stationäre Versorgung durch einen Spezialisten nötig, der eine vollständige Druckentlastung vornimmt. In der frühen Ödemphase dauert die Komplettentlastung drei Monate. Bei geringen Einbrüchen kann das Anlegen von Spezialschuhen sinnvoll sein.
Auch entlastende Gehapparate wie Zweischalenorthesen gelangen mitunter zur Anwendung, sodass sich der Knochen wieder festigt und keine Fehlstellung entsteht. Nach der Akutphase erhält der Fuß einen angepassten Gipsverband oder einen starren Verband aus Kunststoff. Anschließend wird ein spezieller Ortheseschuh getragen.
Wichtig ist zudem das Normalisieren des Zuckerstoffwechsels, indem die Zuckerkrankheit entsprechend therapiert wird. In manchen Fällen müssen ein operativer Eingriff oder sogar eine Amputation des betroffenen Fußes vorgenommen werden. Dabei erhält der Patient eine Unterschenkelorthese, die sich mit einem Ortheseschuh tragen lässt.
Aussicht & Prognose
In den meisten Fällen kann ein Charcot-Fuß gut behandelt werden, wenn die Behandlung schon frühzeitig durchgeführt wird und der Betroffene seine Lebensumstände verändert. Dies ist vor allem für die Behandlung von Diabetes notwendig, da der Charcot-Fuß durch diese Grunderkrankung ausgelöst wird.
Der Charcot-Fuß selbst wird notfallmedizinisch behandelt. Dabei sind die Patienten auf verschiedene Prothesen oder Sohlen angewiesen, um die Beschwerden zu lindern. In schwerwiegenden Fällen sind auch Amputationen oder andere chirurgische Eingriffe notwendig. Hierbei ist der Verlauf stark von der genauen Ausprägung der Krankheit abhängig. Die Therapie sollte daher schon sehr früh beginnen, damit mögliche Komplikationen vermieden werden.
Sollte der Charcot-Fuß nicht behandelt werden, so kann der Fuß vollständig absterben, wobei in der Regel auch andere Bereiche des Körpers dadurch von Entzündungen und Infekten betroffen sind. Für den Betroffenen kommt es bei dieser Erkrankung immer zu starken Bewegungseinschränkungen und zu einer deutlich verringerten Lebensqualität.
Durch regelmäßige Untersuchungen beim Arzt kann der Charcot-Fuß allerdings vermieden werden. Falls der Betroffene seine Ernährung verändert und möglicherweise das Übergewicht reduziert, kann es zu einem positiven Krankheitsverlauf kommen.
Vorbeugung
Da der Charcot-Fuß zumeist von Diabetes mellitus ausgelöst wird, ist eine Vorbeugung nicht einfach. Als wichtig gelten regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt.
Nachsorge
Ist die primäre Behandlung durch den Arzt abgeschlossen, sollte der Patient mit einem Charcot-Fuß zur Vermeidung weiterer Komplikationen in der Zukunft nicht nur an die Verhaltensregeln seines behandelnden Diabetologen halten, sondern aktiv an der Nachsorge und auch Vorsorge seiner medizinischen Problematik mitarbeiten. Gerade die gute Blutzuckereinstellung ist zu Vermeidung von weiteren Krankheitssymptomen essentiell.
Wenn die Verformung des Fußes sehr stark ist, bietet sich die Möglichkeit, dass sich der Patient spezielle orthopädische Schuhe (maßangefertigt) zulegt. Diese schützen den Fuß vor weiteren Schädigungen (Kosten sind vorher mit der Krankenkasse abzuklären). Auch sollte unbedingt die Meinung eines Spezialisten für Charcot-Füße eingeholt werden.
Als weitere Nachsorgemaßnahme sollte der Patient stets selbst seine Füße während der täglichen Pflege genauestens in Augenschein nehmen, um gegebenenfalls Veränderungen frühzeitig bemerken und reagieren zu können. Hier sollte besonders auf Druckstellen und Verletzungen geachtet werden. Eine gute Durchblutung der Füße wird erreicht, wenn der Betroffene barfuß „Fußgymnastik“ betreibt: aufstehen, umhergehen, Füße drehen und belasten.
Weiterhin ist in Erwägung zu ziehen, die Dienste einer professionellen Fußpflege in Anspruch zu nehmen. Das hier investierte Geld lohnt sich, denn die ausgebildeten Fachkräfte pflegen die Füße nicht nur optimal, sondern erkennen auch mit geschultem Auge, ob und wenn ja was sich für Veränderungen an den Füßen ergeben haben.
Das können Sie selbst tun
Ein akuter Charcot-Fuß ist ein medizinischer Notfall und muss sofort von einem Spezialisten behandelt werden. Betroffene sollten unbedingt sofort ein Krankenhaus aufsuchen.
Eine der wichtigsten Selbsthilfemaßnahmen besteht darin, die Krankheit rechtzeitig zu entdecken und behandeln zu lassen. Zu Beginn der Krankheit kommt es meist nur zu einer harmlos anmutendem Flüssigkeitsansammlung am Fuß. Der Betroffene bemerkt oft nicht mehr als eine Rötung oder Schwellung.
Sofern die Störung bereits in dieser Phase erkannt und behandelt wird, bildet sich die Knochenerweichung über einen Zeitraum von acht bis zwölf Wochen meist wieder vollständig zurück. Angehörige von Risikogruppen sollten also immer zeitnah einen Arzt aufsuchen, wenn sie ein Ödem im Fußbereich bemerken, auch wenn dieses harmlos wirkt.
Zu den Risikogruppen zählen insbesondere Diabetiker. In seltenen Fällen bildet sich ein Charcot-Fuß aber auch nach Infektionskrankheiten wie Syphilis. Diabetiker helfen sich selbst am besten, indem sie die Grunderkrankung bekämpfen. Im Fall einer Diabetes mellitus Typ 2 bedeutet das in aller Regel eine völlige Umstellung der Lebensgewohnheiten. Wichtig ist eine Reduktion vorhandenen Übergewichts. Außerdem ist fast immer eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten sowie die Integration von Sport und regelmäßiger Bewegung in den Tagesablauf erforderlich.
Im Fall einer akuten Erkrankung müssen sämtliche Maßnahmen zur Entlastung des Fußes, die der behandelnde Arzt angeordnet hat, strikt beachtet werden. Nur so besteht eine Chance, dass die aufgeweichten Knochen sich erholen und der Fuß wieder gesundet.
Quellen
- Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
- Schmeisl, G.-W.: Schulungsbuch für Diabetiker. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2009
- Usadel, K.-H., Wahl, P.: Diabetologie und Stoffwechsel. In: Bob, A. u. K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2009