Syringomyelie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Syringomyelie ist eine Erkrankung des Rückenmarks. Hierbei treten entlang des Rückenmarkkanals Hohlräume (Syringen) auf, die mit Flüssigkeit gefüllt sind. Durch die Hohlraumbildung werden Nerven verdrängt und gequetscht, was neben Empfindungsstörungen und Schmerzen auch Lähmungen zur Folge haben kann. Die Syringomyelie ist nicht heilbar, da sie trotz Behandlung immer wieder auftreten kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Syringomyelie?

Schulterschmerzen oder Nackenschmerzen sind bei Syringomyelie besonders ausgeprägte Beschwerdebilder.

Die Syringomyelie ist eine Rückenmarkserkrankung. Das Rückenmark befindet sich in einem knöchernen Kanal, wo es mit Liquor umspült wird. Kann der Liquor nicht frei zirkulieren, staut sich die Rückenmarksflüssigkeit. Aufgrund des vorherrschenden Drucks sucht sich der Liquor einen neuen Weg und bildet Hohlräume, wo sich die Flüssigkeit ansammelt. Diese Hohlräume können sich entlang des Rückenmarks bilden als auch in den unteren Bereichen des Gehirns.

Liegen die Syringen im Gehirn spricht man von einer Syringobulbie. Man unterscheidet zwischen einer primären und einer sekundären Syringomyelie. Die primäre Syringomyelie ist angeboren und entwickelt sich im Laufe der Jahre. Bei der angeborenen Variante sind die Hohlräume mit Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) gefüllt. Bei der sekundären (erworbenen) Syringomyelie sind die Hohlräume auch mit Liquor gefüllt, wobei hier jedoch die Eiweißkonzentration deutlich erhöht ist.

Durch die Höhlenbildung wird das Nervengewebe verdrängt, was je nach Ausprägung zu mehr oder weniger starken neurologischen Ausfallerscheinungen führt. Empfindungsstörungen, Schmerzen, Taubheitsgefühle und Lähmungen können die Folge sein. Wird die Syringomyelie nicht adäquat behandelt, kommt es unweigerlich im weiteren Verlauf zu einem Querschnittsyndrom.

Ursachen

Die Syringomyelie hat mehrere Ursachen, je nachdem ob es sich um eine primäre oder sekundäre Variante handelt.

Bei der primären (angeborenen) Syringomyelie liegt meistens eine sog. Chiari-Malformation vor. Dies ist eine Fehlbildung, die sich im Übergangsbereich von Gehirn und Rückenmark befindet. Hierbei ist das Kleinhirn - auch als Medulla oblongata bekannt - in den Rückenmarkskanal verlagert. Ursache ist eine Entwicklungsstörung der embryonalen Anlage zwischen der vierten und sechsten Schwangerschaftswoche.

Da das Kleinhirn verschoben ist und somit den Rückenmarkskanal blockiert, wird auch die Zirkulation des Liquors gestört. Bevor sich im Laufe der Zeit ein Hohlraum (Syringe) bildet, können viele Jahre vergehen. In der Regel ist der Bereich zwischen Hals- und Brustwirbelsäule betroffen.

Die sekundäre Syringomyelie wird meist als Folge eines Unfalls oder einer Verletzung erworben. Dies sind i. d. R. Verletzungen der Wirbelsäule mit Beteiligung des Rückenmarks. Klinische Auswertungen ergaben, dass ca. sechs Prozent dieser Fälle in den darauf folgenden Jahren eine Syringomyelie entwickeln.

Eine weitere Ursache für eine Syringomyelie ist eine Entzündung der Gehirn- oder Rückenmarkshaut, die auch als Spinnenhaut bezeichnet wird. Diese Entzündung ist oftmals Folge einer Gehirnhautentzündung. Ist die Rückenmarkshaut entzündet, können sog. Verklebungen mit dem umliegenden Gewebe auftreten, was den Liquorfluss beeinträchtigt.

Als weitere Ursache kommen auch Tumore im Rückenmark in Frage. Diese können ebenfalls die Zirkulation der Rückenmarksflüssigkeit stören. Es können aber auch Kombinationen aus den genannten Ursachen auftreten, insbesondere bei der erworbenen Syringomyelie.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Abhängig von der Lage der Höhlenbildung im Rückenmark kann sich die Syringomyelie durch verschiedene Symptome äußern. Typisch sind starke Schmerzen im Kopf-, Schulter- und Armbereich, die von den Betroffenen als scharf, brennend oder dumpf beschrieben werden. Einzelne Hautpartien der Extremitäten können von Sensibilitätsstörungen betroffen sein, oft besteht eine ausgeprägte Unempfindlichkeit gegen Hitze – eine gesteigerte Kälte- oder Hitzeempfindlichkeit ist aber ebenfalls möglich.

Gelegentlich werden bereits leichte Berührungen als schmerzhaft empfunden, viele Patienten berichten über Kribbeln oder Stechen in den Extremitäten. Weiterhin können Schwindel, Koordinationsstörungen und Gangunsicherheiten auftreten, auch vorübergehende Gedächtnisstörungen kommen vor. Andere mögliche Anzeichen sind Muskelkrämpfe, unkontrollierte Muskelzuckungen und Lähmungserscheinungen:

Eine Beeinträchtigung des Schließmuskels von Blase oder Darm zieht eine Harn- oder Stuhlinkontinenz nach sich. Durch die Erkrankung können sich Störungen des Hör- und Sehvermögens entwickeln, auch das Sprachvermögen kann eingeschränkt sein. Sexuelle Funktionsstörungen sind nicht selten: Während sich diese bei Frauen vor allem durch eine abnehmende Libido bemerkbar machen, kommt es bei Männern häufig zu Potenzstörungen bis hin zur Impotenz.

Im weiteren Verlauf der Erkrankung können sich Fehlbildungen und Entzündungen im Bereich von Kopf und Wirbelsäule bilden. Unspezifische Symptome der Syringomyelie sind schnelle Ermüdbarkeit, allgemeine Schwäche, Schlaflosigkeit und depressive Verstimmungen, die sich zu einer Depression entwickeln können.

Diagnose & Verlauf

Diagnostiziert wird die Syringomyelie mithilfe bildgebender Verfahren wie z. B. MRT, CT und Röntgen. Mithilfe von Kontrastmitteln lässt sich der Rückenmarkkanal gut darstellen, so dass Hohlräume deutlich zu erkennen sind. Weiterführende Kernspin-Untersuchungen können auch den Liquorfluss darstellen. Hierbei kann man auch kleinste Veränderungen bzw. Störungen feststellen.

Um eine entzündliche Ursache auszuschließen, wird i. d. R. eine sog. Lumbalpunktion durchgeführt. Hierbei wird mithilfe einer Kanüle eine Probe des Liquors aus dem unteren Bereich der Lendenwirbelsäule entnommen. Bevor eine Operation in Erwägung gezogen wird, kommt oftmals eine sog. Myelographie zum Einsatz. Hierbei wird der Liquorraum unter Röntgenkontrolle punktiert.

Nach der Injektion eines Kontrastmittels wird mittels Röntgenaufnahmen festgestellt, wie weit sich der Rückenmarkskanal ausdehnen kann. Die Aufnahmen zeigen, ob der Hohlraum direkt mit dem Rückenmarkskanal verbunden und wie dieser aufgebaut ist.

Die Syringomyelie ist eine langsam fortschreitende Erkrankung. Speziell bei der primären (angeborenen) Variante bildet sich eine Syringomyelie nur langsam aus bzw. kann auch zum Stillstand kommen und sich zurückbilden. Bei ca. 20 Prozent aller Betroffenen kann auch eine Operation die Syringomyelie nicht aufhalten.

Die durch einen Unfall erworbene Syringomyelie zeigt einen stark degenerativen Verlauf, das heißt, sie verschlechtert sich kontinuierlich. Die Prognose bzw. der weitere Verlauf hängt von der Ursache ab, insbesondere dann, wenn Tumore die Auslöser der Syringomyelie sind. Neben der Beschädigung der Nerven, wird häufig auch die Blutversorgung zum Rückenmark beeinträchtigt. Aufgrund dessen ist meistens eine Querschnittslähmung die Folge. Eine Operation kann die Syringomyelie nicht beseitigen, jedoch kann man damit die Lebensqualität des Betroffenen steigern.

Komplikationen

Im schlimmsten Fall kann es aufgrund der Syringomyelie zu Lähmungen und zu verschiedenen Gefühlsstörungen kommen. Dabei sind diese Lähmungen irreversibel und können somit nicht mehr rückgängig gemacht werden. Auch bei einer Behandlung können in der Regel nicht alle Beschwerden eingeschränkt werden. Die Patienten leiden krankheitsbedingt an starken Schmerzen.

Diese können im Rücken, im Nacken und in den Armen auftreten. Weiterhin breiten sich die Schmerzen auch in andere Regionen aus. Aufgrund der Empfindungsstörungen kann es auch zu Einschränkungen im Alltag kommen. Vor allem junge Menschen können aufgrund der Syringomyelie Spastiken und Zuckungen in den Muskeln zeigen.

In vielen Fällen werden sie dabei vor allem im Kindergarten oder in der Schule gehänselt und gemobbt, sodass es zu psychischen Komplikationen oder zu Depressionen kommen kann. Dabei wird auch die kindliche Entwicklung erheblich eingeschränkt. Mit Hilfe verschiedener Therapien können die Lähmungen eingeschränkt werden.

Allerdings stellt sich dabei nur selten ein vollständig positiver Krankheitsverlauf ein. Die Lebenserwartung selbst wird allerdings nicht negativ beeinflusst. Sollte sich ein Tumor gebildet haben, muss dieser entfernt werden. Der weitere Verlauf der Erkrankung hängt damit stark vom Erfolg dieses Eingriffes ab.


Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei der Syringomyelie ist der Betroffene auf eine medizinische Untersuchung und Behandlung angewiesen, damit die Beschwerden gelindert werden können. Hierbei kann es auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass der Betroffene immer auf eine Untersuchung angewiesen ist. Je früher die Untersuchung und Behandlung der Syringomyelie eingeleitet wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Krankheit. Daher sollte schon bei den ersten Anzeichen und Beschwerden ein Arzt aufgesucht werden.

Der Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Betroffene plötzlich an starken Sehbeschwerden leidet. Diese treten in der Regel ohne einen besonderen Grund auf und bleiben dauerhaft. Dabei kann es im schlimmsten Fall zu einer vollständigen Erblindung kommen, wobei nicht immer beide Augen von der Syringomyelie betroffen sein müssen. Nicht selten weisen auch Pigmentstörungen oder andere Beschwerden auf der Haut auf die Krankheit hin und sollten durch einen Arzt untersucht werden. In der Regel kann die Krankheit durch einen Allgemeinarzt oder durch einen Augenarzt behandelt werden. Die Lebenserwartung des Betroffenen wird durch die Syringomyelie nicht eingeschränkt.

Behandlung & Therapie

Die Behandlung einer Syringomyelie zielt in erster Linie auf die Linderung der Symptome ab. Da die Erkrankung von Anfang an mit Schmerzen verbunden ist, sollte eine adäquate Schmerztherapie eingeleitet werden. Da die Syringomyelie eine schleichende Erkrankung ist, sollten von Beginn an physio- und ergotherapeutische Maßnahmen durchgeführt werden. Hierbei lernt man mit der Krankheit und den damit verbundenen neurologischen Ausfällen umzugehen und diese in den Alltag zu integrieren.

Um die Syringomyelie aufzuhalten bzw. in ihrem Verlauf zu verlangsamen, ist ein operativer Eingriff die einzige Möglichkeit. Hierbei wird in einem neurochirurgischen Verfahren ein sog. Shunt (Röhrchen) in den Hohlraum eingeführt, so dass die Flüssigkeit abfließen kann. Dieser Eingriff birgt jedoch einige Risiken, da der Shunt im Rückenmark verbleiben muss, um einen konstanten Abfluss zu gewährleisten. Der Shunt kann selbst auch eine Syringomyelie auslösen, da er als Fremdkörper die Liquorzirkulation stören kann. Des Weiteren können Erreger über den Shunt bzw. die Wunde eindringen und Entzündungen hervorrufen.

Ein weiteres operatives Verfahren ist die FMD (Foramen-magnum-Dekompressions-Operation). Bei diesem Eingriff wird die Schädelöffnung zum Rückenmark hin erweitert. Dabei werden die beiden ersten Wirbelbögen entfernt. Ist ein Tumor die Ursache der Syringomyelie, wird dieser chirurgisch entfernt. Bei Verklebungen der Rückenmarkshaut wird die Verklebung operativ gelöst, so dass der Liquor wieder frei fließen kann.

Bei allen Behandlungsmöglichkeiten muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Syringomyelie nicht heilbar ist und immer wieder auftreten kann.

Vorbeugung

Bis heute sind keine adäquaten Maßnahmen bekannt, mit deren Hilfe man einer Syringomyelie vorbeugen kann.

Nachsorge

Betroffenen stehen bei der Syringomyelie in den meisten Fällen nur sehr wenige oder auch nur eingeschränkte Möglichkeiten einer Nachsorge zur Verfügung, da es sich dabei um eine relativ seltene Krankheit handelt. Damit es im weiteren Verlauf nicht zu anderen Komplikationen oder Beschwerden kommt, sollte der Betroffene auf jeden Fall schon frühzeitig einen Arzt aufsuchen.

Schon bei den ersten Anzeichen oder Symptomen der Erkrankung ist ein Arzt zu kontaktieren. In den meisten Fällen kommt es durch die Syringomyelie allerdings zu verschiedenen Fehlbildungen beim Kind, sodass das Kind auf eine intensive Pflege in seinem Alltag angewiesen ist. In der Regel kann die Syringomyelie während der Schwangerschaft nicht behandelt werden, sodass erst nach der Geburt des Kindes die verschiedenen Fehlbildungen und Missbildungen korrigiert werden können.

Die Betroffenen sind in vielen Fällen durch die Syringomyelie auch auf die Hilfe und Pflege der eigenen Familie angewiesen. Dadurch werden vor allem mögliche Depressionen und andere psychische Verstimmungen gelindert oder verhindert. Auch nach einem erfolgreichen Eingriff sind regelmäßige Kontrollen und Untersuchungen von einem Arzt sehr wichtig, um den aktuellen Zustand der Syringomyelie zu überwachen. In der Regel verringert diese Krankheit nicht die Lebenserwartung des Patienten.

Das können Sie selbst tun

Die Syringomyelie ist im Alltag nicht immer gleich als solche zu erkennen. Daher fällt es schwer, die richtigen Selbsthilfemaßnahmen in die Wege zu leiten. Wenn die typischen Symptome auftreten, sollten die Risikopatienten deshalb frühzeitig einen Arzt aufsuchen. Nach der Diagnose gibt es für die Betroffenen einige Möglichkeiten, ihr Leiden zu verringern.

Während körperliche Belastung und Stress den charakteristischen Grundschmerz noch verstärken, sorgen Entspannungspausen und Beruhigungsmedikamente für eine Besserung. Konventionelle Arzneimittel sowie Neuroanalgetika helfen jedoch oft nur vorübergehend. Darum sollten die Patienten mit körperlichen Aktivitäten vorsichtig sein und lediglich sanfte Sportarten betreiben. Die Anpassung der Lebens- und Arbeitsumstände ist für sie unumgänglich. Ob die Betroffenen lange Zeit auf den Beinen sind, sitzen oder liegen, sie brauchen immer wieder einen Wechsel der Körperhaltung. Das wirkt sich auf die alltäglichen Tätigkeiten ungünstig aus und schränkt die Personen stark ein. Ein geregelter Tagesablauf ist kaum möglich.

Darum ist nach der Reha eine regelmäßige Physiotherapie erforderlich. Abhängig vom Krankheitsverlauf und von der individuellen Situation kann der Arzt eine Psychotherapie verordnen. Diese hilft den Patienten einerseits, die Krankheit zu akzeptieren, und sorgt andererseits für ein stärkeres Selbstwertgefühl im Alltagsleben.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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