Chiropraktik

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. April 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Chiropraktik wurde erfunden von dem Kanadier David Palmer, der schon im 19. Jahrhundert versuchte, Verschiebungen an den Gelenken mittels einer speziellen Grifftechnik zu beheben. Die Chiropraktik ist eine Form der Manuellen Therapie, die heutzutage von Ärzten, wie auch Heilpraktikern, in einer Zusatzausbildung erlernt werden kann. Viele Orthopäden haben eine Zusatzausbildung in der Chirotherapie, welche die gängige manuelle Therapie der Orthopädie, ergänzt, obwohl bis heute wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt werden konnte, ob die Behauptung der Chiropraktik, Fehlstellungen der Gelenke und der Wirbelsäule hätten einen Rückkopplungseffekt auf die Organe, tatsächlich der Wahrheit entspricht.
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Was ist die Chiropraktik?
Manuelle Behandlungen der Wirbelsäule und der Gelenke wurden bereits im alten Ägypten und in der Antike in Griechenland ausgeführt. Die Chiropraktik erhielt ihren Namen vom Kanadier David Palmer (1845-1913), der die Methodik ursprünglich wahrscheinlich von Jim Atkinson aus Davenport in Iowa erlernte.
Der Begriff Chiropraktik ist abgeleitet aus dem Griechischen und hat die ursprüngliche Bedeutung „mit der Hand tun“. In der Orthopädie wurden schon seit jeher manuelle Therapien eingesetzt, die versuchten Fehlstellungen des Bewegungs- und Halteapparates mittels spezieller Grifftechniken wieder auszugleichen.
David Palmer war hingegen der erste, der die Chiropraktik in einer Form vermarktete, die behauptete, dass auch nicht-othopädische Erkrankungen durch diese Fehlstellungen verursacht sein könnten und durch eine chiropraktische Behandlung wieder ausgeglichen werden könnten.
In Deutschland darf die Chiropraktik ausgeführt werden von Heilpraktikern und Ärzten mit der Zusatzausbildung Chirotherapie.
Geschichte & Entwicklung
Die Chiropraktik hat ihren Ursprung Ende des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten. Als Begründer gilt Daniel David Palmer, der 1895 in Davenport, Iowa, die erste chiropraktische Justierung durchführte. Palmer ging davon aus, dass viele Krankheiten auf Fehlstellungen der Wirbel zurückzuführen seien, die das Nervensystem beeinträchtigen. 1897 gründete er das Palmer College of Chiropractic, das bis heute eine zentrale Ausbildungsstätte ist.
In den folgenden Jahrzehnten verbreitete sich die Chiropraktik vor allem in Nordamerika, obwohl sie zunächst stark umstritten war. Die medizinische Fachwelt begegnete ihr mit Skepsis, da viele ihrer Grundannahmen nicht dem wissenschaftlichen Standard entsprachen. Dennoch gewann die Chiropraktik an Popularität, vor allem durch ihre nichtinvasive Herangehensweise an Rückenschmerzen und andere muskuloskelettale Beschwerden.
Im 20. Jahrhundert wurde die Chiropraktik in mehreren Ländern rechtlich anerkannt, darunter Kanada, Australien und später auch einige europäische Staaten. In Deutschland wurde sie zunächst unter dem Begriff „Chirotherapie“ von Ärzten praktiziert. Erst allmählich fand die eigenständige Chiropraktik auch hier mehr Anerkennung. Inzwischen wird sie weltweit ausgeübt und ist in vielen Ländern als Heilberuf etabliert, wenn auch mit unterschiedlichen Regelungen hinsichtlich Ausbildung und Ausübung.
Funktion, Wirkung, Behandlungen & Ziele
Anwendung findet die Chiropraktik in erster Linie bei funktionellen Gelenkbeschwerden im Bereich der Wirbelsäule. Verschobene Wirbel durch Verspannungen oder Muskelverkrampfungen können zum einen die Beweglichkeit der Wirbelsäule einschränken und zum anderen auch für Rückenschmerzen verantwortlich sein, indem sie auf Nerven drücken oder diese sogar einklemmen. Ursache für diese Verspannungen sind oft falsche Bewegungsabläufe oder auch Schwellungen und Entzündungen im Bereich des Bindegewebes.
Vor der eigentlichen manuellen Behandlung wird vom Therapeuten eine Anamnese durchgeführt. Der Patient wird ausführlich befragt und anschließend auch einer körperlichen Untersuchung unterzogen, für welche sich der Patient in der Regel entkleiden muss. Der gesamte Bewegungs- und Halteapparat wird beim Stehen, beim Gehen und im Liegen beobachtet und untersucht, da Fehlstellungen einzelner Gelenke ihre Ursache auch oft in anderen Körperregionen haben können.
Durch spezielle Handgrifftechniken versucht der Chiropraktiker anschließend die Blockierungen im Bereich der Gelenke wieder zu lösen. Oft geschieht dies mit einer ruckartigen Bewegung, die zu dem typischen Knackgeräusch führt, das allerdings oft falsch interpretiert wird. Das Knacken entsteht durch das Zusammenfallen von kleinen Gasbläschen, die sich aufgrund der Fehlstellung in der Gelenkflüssigkeit gebildet haben und ist vollkommen harmlos.
Die Techniken der Anwender der Chiropraktik variieren und sind oft auch abhängig vom Einfühlungsvermögen des Chiropraktikers und seiner Fähigkeit die Flächen der Gelenke so zueinander in Stellung zu bringen, dass diese wieder in die richtige Stellung gleiten können.
Die Behandlung wird nicht immer ruckartig ausgeführt, sondern kann auch sanft und durch ein wiederholtes Dehnen erfolgen. Grundsätzlich werden diese beiden Techniken in der Chiropraktik voneinander unterschieden. Die langsame Methodik wird als mobilisierend bezeichnet, die ruckartige Methodik ist die manipulative.
Der manipulativen Technik wird nachgesagt, dass sie die Beweglichkeit von Gelenken schneller und in vollständigerem Maße wieder herstellen kann. Welche der Techniken zum Einsatz kommt ist dem Anwender der Chiropraktik überlassen.
Zusätzlich kommen noch weitere Techniken zum Einsatz, die alle darauf abzielen die Gelenke und Bänder, wie auch die Spinalnerven, zu entlasten und dadurch das Gelenk wieder in seine ursprüngliche Stellung zu bekommen.
Einsatz & Indikation
Eine chiropraktische Behandlung wird in der Regel dann durchgeführt, wenn funktionelle Störungen des Bewegungsapparates vorliegen, insbesondere an der Wirbelsäule. Häufige Gründe für eine chiropraktische Konsultation sind Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Spannungskopfschmerzen, Ischiasbeschwerden sowie Bewegungseinschränkungen in Gelenken. Auch Beschwerden wie Schwindel, Kiefergelenksprobleme oder Schmerzen in Schultern und Armen können mit Blockaden der Wirbelsäule zusammenhängen und somit ein Anlass für eine Behandlung sein.
Notwendig wird eine chiropraktische Intervention meist dann, wenn herkömmliche Maßnahmen wie Physiotherapie, Medikamente oder Ruhe keine ausreichende Linderung bringen oder wenn eine Fehlstellung bzw. Blockade der Gelenke vermutet wird, die die Nervenfunktion beeinträchtigt. Vor jeder Behandlung erfolgt eine gründliche Anamnese und in vielen Fällen eine bildgebende Diagnostik, um schwerwiegende Ursachen wie Frakturen, Tumoren oder Infektionen auszuschließen.
Die Chiropraktik zielt darauf ab, durch gezielte Handgriffe sogenannte Subluxationen – also funktionelle Gelenkblockaden – zu lösen, um die natürliche Beweglichkeit wiederherzustellen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu fördern. Die Behandlung ist in der Regel schonend, setzt aber Erfahrung und anatomisches Wissen voraus, um Risiken zu vermeiden.
Vorteile & Nutzen
Die Chiropraktik bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere spezifische Vorteile, insbesondere bei Beschwerden des Bewegungsapparates. Einer der größten Vorteile ist der ganzheitliche Ansatz: Chiropraktiker betrachten den Körper als funktionelle Einheit und konzentrieren sich nicht nur auf die Symptome, sondern auf deren mögliche Ursachen im Zusammenspiel von Gelenken, Muskeln und Nervensystem.
Ein weiterer Vorteil ist die nichtinvasive Natur der Behandlung. Im Gegensatz zu operativen Eingriffen oder medikamentöser Therapie verzichtet die Chiropraktik auf pharmakologische Mittel und setzt stattdessen auf manuelle Techniken, die häufig schnelle Linderung verschaffen können. Dies macht sie auch für Patienten attraktiv, die Nebenwirkungen von Medikamenten vermeiden möchten oder bereits unter chronischen Beschwerden leiden.
Zudem kann eine chiropraktische Behandlung direkt an der vermuteten Ursache ansetzen, etwa bei Gelenkblockaden oder muskulären Dysbalancen. Viele Patienten berichten von einer sofortigen Verbesserung der Beweglichkeit und Schmerzreduktion nach einer Justierung. Auch präventiv kann die Chiropraktik eingesetzt werden, um Fehlhaltungen frühzeitig zu korrigieren und damit zukünftige Beschwerden zu vermeiden. Die direkte, händische Untersuchung des Bewegungsapparates ermöglicht darüber hinaus eine sehr individuelle und dynamische Diagnostik im Vergleich zu standardisierten Verfahren.
Durchführung & Ablauf
Der Ablauf einer chiropraktischen Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese. Dabei fragt der Chiropraktiker nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Lebensgewohnheiten und eventuellen Unfällen. Es folgt eine körperliche Untersuchung, bei der Beweglichkeit, Haltung und Muskelspannung überprüft werden. Häufig wird dabei auch die Wirbelsäule abgetastet, um mögliche Blockaden oder Fehlstellungen festzustellen. Bei Bedarf kommen bildgebende Verfahren wie Röntgen oder MRT hinzu, um strukturelle Ursachen auszuschließen.
Auf Basis dieser Befunde erstellt der Chiropraktiker einen individuellen Behandlungsplan. Die eigentliche Behandlung erfolgt meist in Form gezielter manueller Techniken, insbesondere der sogenannten Justierung. Dabei handelt es sich um schnelle, kontrollierte Impulse, die an bestimmten Gelenken – häufig der Wirbelsäule – ausgeführt werden, um deren Beweglichkeit wiederherzustellen. Diese Techniken sind meist schmerzfrei und können mit einem hörbaren „Knacken“ einhergehen, das durch das Lösen von Gasblasen in den Gelenken entsteht.
Neben der Justierung können ergänzende Maßnahmen wie Dehnübungen, Mobilisationstechniken oder Empfehlungen zur Haltung und Bewegung im Alltag Teil der Therapie sein. Je nach Beschwerdebild sind mehrere Sitzungen nötig, deren Anzahl individuell angepasst wird. Die Behandlungsdauer pro Termin liegt in der Regel zwischen 15 und 30 Minuten.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Vor Anwendung einer chiropraktischen Behandlung sollte immer eine bildgebendes Verfahren, wie beispielsweise ein CT, ein MRT oder eine einfache Röntgenuntersuchung, eingesetzt werden, um abzuklären, ob etwas gegen eine Behandlung spricht.
Gegenanzeigen können sein Tumoren oder ein Bandscheibenvorfall, wie auch Probleme im Bereich der Halsschlagader, die unter Umständen zu einer Verletzung derselben führen könnten. In seltenen Fällen können auf diese Weise Blutgerinnsel entstehen, die in der Folge einen Schlaganfall auslösen könnten, indem sie im Gehirn ein Gefäß verstopfen.
Auch Nervenschädigungen können in Folge einer unsachgemäßen Anwendung der Chiropraktik auftreten, die sich ausdrücken können durch ein verändertes Gefühlsempfinden oder aber auch durch Lähmungen.
Generell ist zu sagen, dass es in der Chiropraktik nur äußerst selten zu Komplikationen kommt, wenn die Methodik von einem ausgebildeten Chiropraktiker durchgeführt wird und im Vorfeld eventuelle Risikofaktoren ausgeschlossen werden.
Alternativen
Wenn eine chiropraktische Behandlung nicht möglich oder nicht angezeigt ist, stehen verschiedene alternative Verfahren zur Verfügung, um Beschwerden des Bewegungsapparates zu behandeln. Eine häufig genutzte Alternative ist die Physiotherapie. Sie setzt auf aktive und passive Bewegungsübungen, manuelle Techniken sowie physikalische Anwendungen wie Wärme, Kälte oder Elektrotherapie, um Schmerzen zu lindern, Beweglichkeit zu verbessern und Muskelungleichgewichte auszugleichen.
Auch die Osteopathie stellt eine verwandte, jedoch umfassendere Methode dar. Sie berücksichtigt neben dem Bewegungsapparat auch das viszerale (Organe) und das craniosacrale System. Osteopathen arbeiten ebenfalls mit den Händen, allerdings meist mit sanfteren, langsameren Techniken im Vergleich zur Chiropraktik.
Eine weitere Möglichkeit ist die Manuelle Medizin bzw. Chirotherapie, die von speziell ausgebildeten Ärzten durchgeführt wird. Sie ähnelt der Chiropraktik, ist aber stärker in das schulmedizinische System eingebettet und kann auch bei komplexeren Krankheitsbildern eingesetzt werden.
Bei chronischen Schmerzen können zusätzlich multimodale Schmerztherapien, Akupunktur oder psychosomatische Ansätze sinnvoll sein. Diese zielen nicht nur auf die körperlichen Symptome, sondern auch auf emotionale und soziale Faktoren. Die Wahl des passenden Verfahrens hängt von der Ursache der Beschwerden, der gesundheitlichen Gesamtsituation des Patienten und seinen individuellen Bedürfnissen ab.
Quellen
- Augustin, M., Schmiedel, V.: Leitfaden Naturheilkunde, Urban & Fischer, München 2012
- Federspiel, F., Herbst, V.: Die andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014