Osteopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 3. April 2025
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Aufgrund einer modernen Lebensweise, die gekennzeichnet ist durch Bewegungsarmut und häufiges Sitzen, leiden viele Menschen unter Rückenbeschwerden, Kopfschmerzen und damit einhergehenden unklaren Beschwerden. Gerade weil sich kein isoliertes Symptom lokalisieren lässt, gelangen dann ganzheitliche Heilmethoden wie die Osteopathie ins Blickfeld der Hilfesuchenden. Auch Ärzte betrachten diese Behandlungsansätze häufig als wertvolle Ergänzung zu den Methoden der naturwissenschaftlich ausgerichteten Medizin.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Osteopathie?

Osteopathie im Rahmen einer Kniegelenksarthrose. Klicken, um zu vergrößern.

Die Osteopathie ist eine manuelle Therapie, die den ganzheitlichen alternativen Heilverfahren zugerechnet wird. Manchmal werden die Begriffe Chiropraktik, manuelle Therapie, craniosacrale Therapie und Osteopathie synonym verwendet.

Ein Therapeut, der qualifizierte Osteopathie anbietet, muss aber als Arzt, Physiotherapeut oder Heilpraktiker eine spezielle Weiterbildung durchlaufen. Damit erwirbt er die Befähigung als Osteopath. Als Therapie- und Diagnosemethode ist die Osteopathie zunächst auf Störungen im Bereich des Bewegungsapparates ausgerichtet.

Historisch ist Methode der Osteopathie auf einen amerikanischen Arzt zurückzuführen, der während seiner Erfahrungen als Landarzt Grifftechniken entwickelte, die Verspannungen und Blockierungen im Bereich des Skeletts und der Muskeln lösen sollten.

Damit wurden auch die durch Verspannungen hervorgerufenen Beschwerden in anderen Körperbereichen positiv beeinflusst und Schmerzen gelindert. Die moderne Osteopathie hat sich auf der Basis dieser Grundannahmen entwickelt. Private Krankenkassen übernahmen schon immer die Kosten für manuelle Therapie. Mittlerweile haben auch einige gesetzliche Kassen die Osteopathie in ihr Leistungsspektrum aufgenommen.

Geschichte & Entwicklung

Die Osteopathie wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still (1828–1917) begründet. Still war überzeugt, dass viele Krankheiten auf Störungen im Bewegungsapparat und in der Körperstruktur zurückzuführen seien. Nach dem Tod mehrerer seiner Kinder an Krankheiten, die mit den damaligen medizinischen Mitteln nicht erfolgreich behandelt werden konnten, wandte sich Still von der Schulmedizin ab und entwickelte ein neues, ganzheitliches Verständnis von Gesundheit. 1874 stellte er seine osteopathischen Prinzipien erstmals öffentlich vor.

1892 gründete Still in Kirksville, Missouri, die erste osteopathische Schule, das American School of Osteopathy. Die Ausbildung umfasste anatomisches Wissen, manuelle Techniken und medizinische Grundlagen. In den USA wurde die Osteopathie im Laufe des 20. Jahrhunderts zunehmend in die reguläre medizinische Versorgung integriert. Osteopathische Ärzte (DOs) erhielten eine umfassende medizinische Ausbildung mit zusätzlichem Fokus auf manuelle Therapie.

In Europa wurde die Osteopathie erst ab den 1950er-Jahren bekannter, insbesondere in Großbritannien und später auch in Frankreich und Deutschland. Dort entwickelte sich die Osteopathie stärker als komplementäre Therapieform außerhalb der klassischen Medizin. Heute ist sie in vielen Ländern reguliert und Teil integrativer Gesundheitskonzepte.

Einsatz & Indikation

Eine Studie aus dem Jahr 2014 versucht zu belegen, dass Osteopathie bei Rückenschmerzen hilfreich sein kann. Sie kam zu dem Schluss, dass osteopathische Behandlungen nicht nur den Rückenschmerz effektiv verringern, sondern auch die körperlichen Fähigkeiten verbessern.

Eine osteopathische Behandlung wird durchgeführt, wenn funktionelle Störungen im Körper vorliegen, die sich beispielsweise durch Schmerzen, Bewegungseinschränkungen oder chronische Beschwerden äußern. Sie kommt häufig zum Einsatz bei Rücken-, Nacken- und Gelenkbeschwerden, Spannungskopfschmerzen, Verdauungsproblemen, Tinnitus oder auch bei stressbedingten Symptomen. Die Behandlung zielt darauf ab, Blockaden, Verspannungen und Bewegungseinschränkungen zu lösen und die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren.

Notwendig wird eine osteopathische Therapie insbesondere dann, wenn konventionelle Maßnahmen keine ausreichende Linderung bringen oder wenn Patienten eine sanfte, ganzheitliche Alternative oder Ergänzung zur Schulmedizin suchen. Auch bei funktionellen Beschwerden ohne eindeutigen organischen Befund kann die Osteopathie hilfreich sein. Bei Babys und Kleinkindern wird sie beispielsweise bei Schlafstörungen, Koliken oder Schädelasymmetrien angewandt. Voraussetzung für eine osteopathische Behandlung ist jedoch immer, dass zuvor schwerwiegende Erkrankungen ausgeschlossen wurden.

Da Osteopathen den Körper als Einheit betrachten, versuchen sie, die Ursache der Beschwerden aufzuspüren, auch wenn diese nicht direkt am Ort der Symptome liegt. Dies macht die Methode besonders bei komplexen oder länger bestehenden Problemen interessant. Eine ausführliche Anamnese bildet die Grundlage jeder Behandlung.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die Osteopathie betrachtet nicht nur einzelne Organe oder Organsysteme. Für die Osteopathie stellt der Körper eine funktionelle Einheit dar, die zur Selbstregulation befähigt ist. Aufgabe der Osteopathie ist es, die Beweglichkeit aller Körperstrukturen zu fördern und wieder herzustellen. Das bezieht sich sowohl auf den Bewegungsapparat als auch auf die inneren Organe, das Blut- und Lymphgefäßsystem sowie die Nervenbahnen und den ganzen craniosacralen Bereich vom Schädel bis zu Rückenmark und Wirbelsäule mit den zugehörigen Strukturen und Geweben.

In der Osteopathie arbeitet der Therapeut, wie die Bezeichnung "manuelle Therapie" nahelegt, mit den Händen. Am Beginn der Behandlung stehen eine sorgfältige Anamnese und die Diagnosestellung. Der Osteopath untersucht den Patienten im Stehen, Sitzen und Liegen nach einem bestimmten Programm. Er führt dabei Bewegungstests durch und ertastet die Spannungen im Gewebe mit den Händen. Während der Osteopathie-Behandlung wird durch Druck, vorsichtiges Ziehen oder Drehen an den richtigen Stellen der Strukturen versucht, das gestörte Gleichgewicht aller Funktionen wieder herzustellen.

Die häufigsten Indikationsstellungen für die Osteopathie sind Störungen des Bewegungs- und Halteapparates. Dazu zählt die Rehabilitation nach Unfällen oder Operationen genauso wie die Behandlung von Bandscheibenproblemen, Hexenschuss, Rücken- Schulter- und Nackenschmerzen.

Da die Behandlung ganzheitlich ist, kann man das Therapiespektrum der Osteopathie allerdings wesentlich weiter fassen. Auch bei Tinnitus, Verdauungs- und Blasenbeschwerden, Schlafstörungen, Asthma oder Problemen mit dem Kiefergelenk kann ein Behandlungsversuch angezeigt sein.

Dabei gibt es keine altersmäßige Einschränkung. Auch wenn Babys Verdauungsprobleme haben, kann die Osteopathie sehr vorsichtig und behutsam korrigierend eingreifen.

Bei akuten Problemen verzeichnet die Osteopathie oftmals sehr schnelle Erfolge, während die Behandlung bei chronischen Erkrankungen meistens länger dauert. Normalerweise sollte nach drei, spätestens nach sechs halbstündigen Behandlungen im einwöchigen Abstand eine positive Veränderung zu erkennen sein. Sollte die Osteopathie bis dahin nicht gewirkt haben, wird der Therapeut weitere ärztliche Diagnosen und andere Behandlungsmethoden empfehlen.


Vorteile & Nutzen

Die Osteopathie bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere besondere Vorteile. Einer der zentralen Aspekte ist der ganzheitliche Ansatz: Der gesamte Körper wird als funktionelle Einheit betrachtet, bei der Struktur und Funktion eng miteinander verbunden sind. Osteopathen suchen nicht nur nach lokalen Symptomen, sondern auch nach deren Ursachen, die oft in entfernten Körperregionen liegen können. Dadurch lassen sich komplexe oder chronische Beschwerden oft besser verstehen und behandeln.

Ein weiterer Vorteil ist der Verzicht auf Medikamente und invasive Verfahren. Die Behandlung erfolgt ausschließlich mit den Händen durch gezielte manuelle Techniken, was sie besonders schonend macht. Sie eignet sich daher gut für Menschen, die empfindlich auf Medikamente reagieren oder nach nebenwirkungsarmen Therapien suchen. Auch für Säuglinge, Schwangere und ältere Menschen kann die Osteopathie eine geeignete Behandlungsform darstellen.

Zudem legt die Osteopathie großen Wert auf Prävention. Durch frühzeitiges Erkennen und Behandeln von Spannungen oder Bewegungseinschränkungen kann sie dazu beitragen, spätere Beschwerden zu verhindern. Die intensive manuelle Untersuchung fördert außerdem ein besseres Körperbewusstsein und stärkt die Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten für ihre Gesundheit. Das persönliche Gespräch und die individuelle Betreuung schaffen zusätzlich eine vertrauensvolle therapeutische Beziehung.

Durchführung & Ablauf

Eine osteopathische Behandlung beginnt mit einem ausführlichen Anamnesegespräch. Dabei fragt der Osteopath nach aktuellen Beschwerden, Vorerkrankungen, Operationen, Lebensgewohnheiten und anderen relevanten Faktoren. Ziel ist es, ein umfassendes Bild vom Gesundheitszustand des Patienten zu bekommen und mögliche Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beschwerden zu erkennen.

Anschließend folgt eine körperliche Untersuchung. Der Osteopath ertastet mit den Händen Spannungen, Bewegungseinschränkungen und Fehlstellungen im Gewebe, in den Gelenken oder Organen. Dabei kommen verschiedene manuelle Techniken zum Einsatz, mit denen Mobilität, Spannungsverhältnisse und die Gewebebeschaffenheit beurteilt werden. Die Untersuchung umfasst oft nicht nur die betroffene Körperregion, sondern auch entferntere Bereiche, um funktionelle Zusammenhänge zu erfassen.

Auf Basis der gewonnenen Eindrücke wählt der Osteopath individuelle Behandlungstechniken aus. Dazu gehören unter anderem sanfte Mobilisationen, Dehnungen, Faszien- und Muskeltechniken sowie craniosacrale Impulse. Die Behandlung erfolgt meist im Liegen in ruhiger Atmosphäre. Eine Sitzung dauert in der Regel zwischen 45 und 60 Minuten.

Nach der Behandlung kann es kurzfristig zu Reaktionen wie Müdigkeit, Muskelkater oder leichter Erstverschlimmerung kommen – ein Zeichen dafür, dass der Körper beginnt, auf die Impulse zu reagieren. Zwischen den Sitzungen liegen häufig einige Wochen, um dem Körper Zeit zur Regulation zu geben.

Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Bewegungen von Blutgerinnseln, Nieren- und Gallensteinen oder von Fremdkörpern wie der empfängnisverhütenden Spirale können unerwünschte Nebenwirkungen von Osteopathie sein. Manche Patienten beschreiben Muskelkater oder Müdigkeit als Nebenwirkungen einer osteopathischen Behandlung. Deshalb wird von großen sportlichen Anstrengungen am Tag der Behandlung abgeraten.

Osteopathie sollte nicht angewendet werden, wenn eine schwere Osteoporose vorliegt, weil dabei der bereits stark geschwächte Knochen beschädigt werden könnte. Krebs, Infektionskrankheiten, generell fieberhafte Erkrankungen, Knochenbrüche, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie psychische Erkrankungen sind ebenfalls keine Indikationen für Osteopathie.

Diese Erkrankungen müssen vom Facharzt therapiert werden. Als begleitende Behandlung zur Linderung von krankheitsbedingten Beschwerden kann die Osteopathie nach Absprache mit dem Facharzt allerdings durchaus infrage kommen.

Alternativen

Falls eine osteopathische Behandlung nicht möglich oder nicht geeignet ist, stehen verschiedene alternative oder ergänzende Verfahren zur Verfügung. Eine häufig genutzte Methode ist die Physiotherapie. Sie konzentriert sich auf die Behandlung von Bewegungs- und Funktionsstörungen des Körpers durch aktive Übungen, manuelle Techniken und physikalische Maßnahmen wie Wärme, Kälte oder Elektrotherapie. Besonders bei orthopädischen oder neurologischen Beschwerden kann sie sehr wirksam sein.

Auch die Chiropraktik stellt eine manuelle Therapieform dar, die sich insbesondere auf die Behandlung der Wirbelsäule und deren Einfluss auf das Nervensystem konzentriert. Sie arbeitet mit gezielten Impulstechniken, ist aber oft weniger ganzheitlich ausgerichtet als die Osteopathie.

Ein weiteres alternatives Verfahren ist die Craniosacrale Therapie, eine sehr sanfte Methode, die ebenfalls mit den Händen arbeitet und sich auf das rhythmische Pulsieren der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit konzentriert. Sie wird häufig bei stressbedingten Beschwerden, Migräne oder Entwicklungsstörungen bei Kindern eingesetzt.

Zusätzlich können Methoden wie Akupunktur, Traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Kinesiologie oder naturheilkundliche Verfahren eine unterstützende Rolle spielen. Welche Methode geeignet ist, hängt stark von den individuellen Beschwerden, dem Gesundheitszustand und den persönlichen Vorlieben des Patienten ab. Eine ärztliche Beratung kann helfen, die passende Therapieform auszuwählen.

Quellen

  • De Coster, M. Pollaris, A.: Viszerale Osteopathie. Hippokrates, Stuttgart 2010
  • Federspiel, F., Herbst, V.: Die andere Medizin. Stiftung Warentest, Berlin 2005
  • Kraft, K., Stange, R. (Hrsg): Lehrbuch Naturheilverfahren. Hippokrates, Stuttgart 2010

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