DOOR-Syndrom

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten DOOR-Syndrom

Unter dem DOOR-Syndrom versteht der Mediziner eine der seltensten Erberkrankungen weltweit. Bisher sind von dem Syndrom nur 50 Fälle dokumentiert, denen scheinbar eine genetische Basis und ein autosomal-rezessiver Erbgang zugrunde liegen. Die Behandlung der Deformitäten und Retardierung erfolgt zum aktuellen Zeitpunkt symptomatisch.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das DOOR-Syndrom?

Patienten des DOOR-Syndroms leiden neben den namensgebenden Symptomen an zusätzlich optionalen Symptomen. Die Mütter der Betroffenen leiden in der Schwangerschaft zum Beispiel oft am Polyhydramnion, also einem erhöhten Fruchtwasser.
© underdogstudios – stock.adobe.com

Das DOOR-Syndrom ist eine Erberkrankung mit geringer Prävalenz. Der Name DOOR-Syndrom ist ein Akronym, das sich auf die charakteristischen Symptome der Krankheit bezieht. Das D steht für deafness und damit Gehörlosigkeit. O steht in dem Akronym für osteodystrophy, also Knochendeformitäten. Das zweite O steht für Onychdystrophy und damit eine Nageldystrophie. Das R verweist auf das letzte Leitsymptom der Retardierung.

Da zusätzlich eine therapieresistente Epilepsie den Symptomenkreis des Syndroms charakterisiert, ist manchmal auch vom DOORS-Syndrom die Rede. Das S steht darin für Seizures, was so viel wie epileptische Anfälle bedeutet. Die Erstbeschreibung fand im Jahr 1970 statt. Der französische Genetiker R. Walbaum gilt als Erstbeschreiber. Den DOOR-Begriff prägte Cantwell etwa fünf Jahre später. Als Erberkrankung hat das Syndrom hereditäre Basis. Bisher sind seit der Erstbeschreibung nur 50 Fälle dokumentiert.

Ursachen

Die 50 dokumentierten Fälle des DOOR-Syndroms legen eine hereditäre Basis nahe, da sie für eine familiäre Häufung sprechen. Das DOOR-Syndrom wurde demzufolge besonders häufig an Geschwistern und anderweitig Blutsverwandten beobachtet. Die Vererbung scheint am ehesten autosomal-rezessiv zu erfolgen. Aufgrund der geringen Anzahl an dokumentierten Fällen ist die Ursache nicht abschließend geklärt und bleibt Gegenstand der Spekulation.

Viele Wissenschaftler gehen von einem metabolischen Hintergrund aus. So wurde im Urin und Blut der Betroffenen eine erhöhte Konzentration an 2-Oxoglutarsäure entdeckt. Zusätzlich konnte mittlerweile eine verminderte Aktivität von 2-Oxoglutarsäure-Dehydrogenase erwiesen werden. Dieses Enzym übernimmt insbesondere im Energiestoffwechsel eine Schlüsselfunktion. Auch die Biosynthese ist auf das Enzym angewiesen. Die exakte Ursache für die verminderte Aktivität könnte in einer genetischen Mutation liegen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten des DOOR-Syndroms leiden neben den namensgebenden Symptomen an zusätzlich optionalen Symptomen. Die Mütter der Betroffenen leiden in der Schwangerschaft zum Beispiel oft am Polyhydramnion, also einem erhöhten Fruchtwasser. Die Patienten selbst können begleitsymptomatisch an abnormen Gesichtszügen leiden, so zum Beispiel an einer extrem großen Nase.

Nachweisbare Veränderungen der Organe können zusätzlich vorliegen. Auch fingerartig veränderte Daumen finden sich häufig an den Betroffenen. Dasselbe gilt für verschiedene Sehbehinderungen und die periphere Neuropathie. Mit letzterem Symptom werden etwaige Störungen der afferenten Nervenleitungen im peripheren Nervensystem zusammengefasst.

Viele der Patienten leiden außerdem an einer Analgesie und sind gegen Schmerzen daher völlig unempfindlich. Die einzelnen Symptome variieren von Fall zu Fall in ihrem Schwergrad. Falls begleitsymptomatisch Epilepsie vorliegt, handelt es sich dabei meist um die behandlungsresistente Form der Erkrankung. Wahrscheinlich sind noch viele Begleitsymptome mehr denkbar, aber aufgrund der wenigen Fälle bisher nicht erfasst.

Diagnose & Verlauf

Der Arzt stellt die Diagnose auf das DOOR-Syndrom ausschließlich anhand der klinischen Merkmale. Vor allem die zwingenden Merkmale Gehörverlust, Knochendeformitäten, Nageldystrophie und Retardierung verleiten ihn zur Diagnose. Das Krankheitsbild ist relativ charakteristisch und erfordert daher meist keine aufwändige Differentialdiagnostik. Nur Feinmesser und Zelig haben 1961 ein autosomal-rezessives Syndrom mit ähnlichen Symptomen beschrieben.

Einzig die geistige Behinderung fehlt bei diesem Syndrom, sodass sich das DOOR-Syndrom über einen Nachweis der akronymisch erwähnten Symptome auch davon abgrenzen lässt. Zum Nachweis der Knochendeformitäten dient dem Arzt die Röntgenbildgebung. Die Prognose der Patienten variiert stark.

Die Lebenserwartung kann sich auf das Kleinkindesalter beschränken, aber ebenso gut relativ uneingeschränkt bleiben. Vor allem organische Manifestationen beeinflussen die Prognose ungünstig. Auch die behandlungsresistente Epilepsie kann sich im Einzelfall negativ auf die Prognose auswirken.

Komplikationen

Beim DOOR-Syndrom kommt es zu vielen verschiedenen Komplikationen, die nicht vorausgesagt werden können. Dies ist vor allem dadurch der Fall, da das DOOR-Syndrom eine der seltensten Krankheiten auf der Welt darstellt. In den meisten Fällen kommt es allerdings zu einer psychischen Retardierung.

Der Betroffene kann nicht klar denken und sprechen. Auch sind Gedankengänge nicht nachvollziehbar, sodass eine geistliche Behinderung eintritt. Diese wirkt sich negativ auf das Leben und den Alltag des Patienten aus und kann zu Depressionen führen. Ebenso werden diese Symptome durch den Hörverlust verstärkt, welcher den Alltag ebenso erschwert.

Die meisten Patienten sind dabei auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen. Beim DOOR-Syndrom kann es zu ungewöhnlichen Gesichtszügen kommen, weswegen vor allem Kinder gehänselt und gemobbt werden. Auch hierbei kommt es zu psychischen Beschwerden. Es ist zur Zeit leider keine Behandlung des DOOR-Syndroms möglich.

Allerdings können die Symptome behandelt werden, sodass zum Beispiel die abnormalen Gesichtszüge operiert werden können. Bei epileptischen Anfällen können entsprechende Medikamente eingesetzt werden. Sollte es durch das DOOR-Syndrom zu Fehlbildungen an den Organen kommen, so können Transplantationen vorgenommen werden. Ob es dabei zu Komplikationen kommt, hängt stark von der Behandlungsmethode ab. Allerdings muss der Betroffene sein ganzes Leben lang mit dem DOOR-Syndrom leben.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

In der Regel ist beim DOOR-Syndrom nur eine symptomatische Behandlung möglich. Aus diesem Grund sollte der Arzt immer dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an Beschwerden aufgrund des DOOR-Syndroms leidet, die in den meisten Fällen schon angeboren sind. Die Kinder leiden dabei an deutlichen Sehstörungen und möglicherweise auch an Schäden am Gehör. Um eine gewöhnliche Entwicklung des Kindes zu garantieren, sollten diese Einschränkungen schon in einem frühen Alter behoben werden.

Auch bei anderen Lähmungserscheinungen sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Verschiedene Fehlbildungen oder Missbildungen sollten ebenso untersucht werden. Diese können dann durch einen operativen Eingriff in vielen Fällen behandelt werden. Da die Symptome selbst sehr stark variieren können, sollten vor allem Kinder an regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen teilnehmen.

In der Regel kann die Diagnose des DOOR-Syndroms durch einen Kinderarzt oder durch einen Allgemeinarzt erfolgen. Weiterhin sind auch während der Schwangerschaft bestimmte Untersuchungen möglich, die auf das DOOR-Syndrom hindeuten könnten. Es ist allerdings nicht möglich, dem DOOR-Syndrom vorzubeugen.

Behandlung & Therapie

Da bislang nur 50 Fälle des DOOR-Syndroms dokumentiert wurden und das Syndrom zu einer der seltensten Erkrankungen überhaupt zählt, steckt die Erforschung der geeigneten Therapieoptionen noch in den Kinderschuhen. Problematisch ist auch, dass die primäre Ursache für den Komplex aus Symptomen bisher nicht feststeht. Da keine Ursache festgelegt ist, kann auch keine ursächliche Behandlung existieren.

Das Syndrom gilt aus diesen Gründen bislang als unheilbare Erberkrankung und wird ausschließlich symptomatisch behandelt. Der Gehörverlust lässt sich in einigen Fällen mit Implantaten kompensieren. Einige Knochendeformitäten können chirurgisch behandelt werden. Gegen epileptische Anfälle steht eine Reihe von Antiepileptika zur Verfügung. Allerdings sprechen die meisten Patienten auf die konservative Therapie mit diesen Medikamenten kaum bis gar nicht an.

Organische Fehlbildungen müssen operativ behandelt werden und erfordern bei schwerer Ausprägung unter Umständen eine Transplantation. Der geistigen Retardierung kann über Frühförderung entgegengewirkt werden. Die enzymatische Aktivität kann in der heutigen Zeit über die Gabe des Enzyms beeinflusst werden.

Ob dieses Vorgehen für Patienten des DOOR-Syndrom allerdings Erfolge verspricht, bleibt eine weitestgehend ungeklärte Frage und lässt sich auf Basis der wenigen Falldokumentationen nicht ohne Weiteres beantworten. Falls in Zukunft eine genetische Mutation als Ursache des Syndroms erkannt wird und die gentherapeutischen Ansätze bis dahin die klinische Phase erreichen, kann die Erkrankung durch Gentherapie unter Umständen ursächlich behandelt und damit geheilt werden.

Aussicht & Prognose

Das DOOR-Syndrom kann nur symptomatisch behandelt werden, da es sich hierbei um eine genetische Erkrankung handelt. Eine kausale Therapie ist daher nicht möglich.

Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, so leiden die Betroffenen an erheblichen Sehbeschwerden und an verschiedenen Fehlbildungen am gesamten Körper. Die Fehlbildungen können dabei sehr unterschiedlich ausfallen und schränken den Alltag des Patienten in jedem Fall ein. Ebenso können die Patienten keine Schmerzen empfinden, was zu starken Verletzungen oder zu Fehleinschätzungen von Gefahren führen kann. Weiterhin sind einige Nervenbahnen geschädigt, sodass es zu Störungen der Sensibilität kommen kann. Durch die Beschwerden wird auch die kindliche Entwicklung erheblich verzögert und eingeschränkt.

Da die Behandlung nur symptomatisch stattfinden kann, werden nur die einzelnen Symptome gelindert. Mit Hilfe von Medikamenten können die epileptischen Anfälle unterdrückt werden. Verschiedene Fehlbildungen benötigen dabei einen operativen Eingriff. Auch die Sehbeschwerden können dabei gelindert werden, sodass eine vollständige Erblindung vermieden wird. Dadurch wird auch die Lebenserwartung des Patienten erhöht. In vielen Fällen sind die Betroffenen und ihre Angehörigen oder Eltern auf eine zusätzliche psychologische Behandlung angewiesen, da es nicht selten zu Depressionen und zu anderen psychischen Verstimmungen kommt.


Vorbeugung

Da die Ursachen des DOOR-Syndroms nicht definitiv bekannt sind, lässt sich dem Komplex aus Symptomen bisher nicht vorbeugen. Genetische Beratung bei der Familienplanung kann in Familien mit einem bekannten Fall des Syndroms trotzdem sinnvoll sein.

Nachsorge

Beim DOOR-Syndrom stehen dem Betroffenen in der Regel keine Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung, sodass der Patient dabei immer auf eine medizinische Behandlung angewiesen ist. Da es sich bei dieser Krankheit um eine erblich bedingte Erkrankung handelt, kann diese auch nicht vollständig geheilt werden, sodass der Betroffene dabei meist auf eine lebenslange Therapie angewiesen ist. Sollte es zu einem Kinderwunsch kommen, so kann auch eine genetische Beratung durchgeführt werden, um das erneute Auftreten dieser Krankheit zu verhindern.

Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf der Erkrankung. Die Behandlung des DOOR-Syndroms erfolgt dabei durch die Einnahme von Medikamenten. Die Betroffenen sollten immer auf eine richtige Dosierung und auch auf eine regelmäßige Einnahme der Arzneimittel achten, damit die Beschwerden gelindert werden können.

Bei einem epileptischen Anfall sollte sofort ein Notarzt gerufen oder direkt ein Krankenhaus aufgesucht werden. Die Betroffenen sind durch die Krankheit häufig auf die Unterstützung durch die eigene Familie oder durch Freunde angewiesen, wobei sie auch Unterstützung in ihrem Alltag benötigen. Dabei kann auch der Kontakt zu anderen Betroffenen des Syndroms sehr sinnvoll sein, da es dadurch häufig zu einem Austausch an Informationen kommt.

Das können Sie selbst tun

Das DOOR-Syndrom stellt eine extrem seltene Erkrankung dar, die bis dato nicht ursächlich behandelt werden kann. Dennoch gibt es einige Behandlungsmöglichkeiten, durch die sich die Symptome lindern lassen.

Die Betroffenen können die ärztliche Behandlung durch eine frühzeitige Förderung und ein umsichtiges Verhalten im Alltag unterstützen. Einer geistigen Retardierung kann durch therapeutische Maßnahmen entgegengewirkt werden. Bewährt haben sich sowohl Physiotherapie und Ergotherapie als auch alternative Behandlungskonzepte. Eltern von betroffenen Kindern sollten sich in einer Fachklinik für Erbkrankheiten informieren und gemeinsam mit dem Facharzt eine individuelle Therapie erarbeiten. Bei organischen Fehlbildungen ist eine operative Behandlung erforderlich.

Nach einem Eingriff benötigt der Patient in erster Linie Schonung und Bettruhe. Der Arzt wird außerdem eine Diät empfehlen, um den Heilungsverlauf zu fördern. Diese setzt sich meist aus Schonkost und viel Flüssigkeit zusammen. Auf Genussmittel wie Alkohol, Nikotin oder Koffein sollte in den ersten Tagen nach dem Eingriff verzichtet werden. Daneben gilt es, die ärztlichen Vorgaben bezüglich der Wundpflege zu beachten. Die Wunde muss mit speziellen Salben versorgt werden, damit sie schnell abheilt und keine Wunden zurückbleiben.

Quellen

  • Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
  • Probst, R., Grevers, G., Iro, H.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008
  • Witkowski R., Prokop O., Ullrich E.: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen. Springer, Berlin 2003

Das könnte Sie auch interessieren