Desmin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Desmin ist ein Protein, das als Intermediärfilament im Zellskelett sowie in quergestreifter und glatter Muskulatur zu finden ist. Seine Aufgabe besteht in der Stabilisierung der Zellen sowie in der Verbindung von muskulären Strukturen. Genetische Veränderungen (Mutationen), die Störungen in der Desminsynthese verursachen, stehen im Zusammenhang mit verschiedenen Muskelerkrankungen wie Desminopathie oder Kardiomyopathie.
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Was ist Desmin?
Bei Desmin handelt es sich um einen Baustein des Zellskeletts (Cytoskelett) aus Protein. Das Eiweiß stabilisiert darüber hinaus die feinen Fibrillen der Muskeln und kommt in quergestreifter und in glatter Muskulatur vor. Desminfilamente gehören zu den Intermediärfilamenten (Filamenta intermedialia), welche die Biologie in fünf verschiedene Typen unterteilt.
Nach dieser Klassifikation gehört Desmin zusammen mit Vimentin, Peripherin und Gliafilamentprotein (GFAP) zum Typ III. Erkenntnisse aus Tierversuchen legen nahe, dass Vimentin fehlendes Desmin in frühen Entwicklungsphasen möglicherweise ersetzen kann bzw. in der Lage ist, seine Funktionen teilweise zu übernehmen. Gene, die Desmin kodieren, liegen im Erbgut des Menschen auf dem zweiten Chromosom im Abschnitt 219.99 bis 220 Mb. Die Biologie bezeichnete Desmin früher wegen seiner stabilisierenden Funktion im Zellskelett auch als Skeletin. Die Wissenschaftler Lazarides und Hubbard beschrieben es 1976 als Erste.
Anatomie & Aufbau
Die Proteinsynthese verbindet einzelne Aminosäuren mit Peptidbindungen; dabei hängt die Abfolge der einzelnen Bausteine von der Sequenz ab, welche die Gene durch ihre Basensequenz vorgeben. Desmin besteht aus insgesamt 470 Aminosäuren. Die fertige Peptidkette stellt die Primärstruktur des Desmins dar, das erst in seiner räumlichen Gestalt zum fertigen Protein wird. Nach der Herstellung der Peptidkette bilden sich spontan oder mithilfe von Enzymen weitere Verbindungen, die auch als Wasserstoffbrücken bekannt sind und die Kette entweder zu einer Helix anordnen (Alpha-Struktur) oder zu einem Faltblatt formatieren (Beta-Struktur).
Desmin besteht aus längeren gestreckten Abschnitten und Helix-Formationen. Über diese Sekundärstruktur hinaus nimmt das Protein eine komplexere Tertiärstruktur an, die für die spätere Funktion des Eiweißes ebenfalls bedeutsam ist. Darüber hinaus schließen sich in einigen Fällen verschiedene gefaltete Aminosäureketten zu einer Quartärstruktur zusammen, innerhalb derer grundsätzlich auch weitere Biomoleküle vorkommen können. Desmin liegt in der Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur als Homopolymer vor: Der Polymer ist eine Struktur, die aus mehreren Makromolekülen besteht. Im Fall eines Homopolymers wie Desmin handelt es sich bei diesen Makromolekülen oder Monomeren ausschließlich um Teile derselben Art. Ein einzelnes vollendetes Desminfilament besitzt einen Durchmesser von 8–11 nm.
Funktion & Aufgaben
Die Hauptaufgabe von Desmin besteht darin, das Zellskelett und die Muskulatur zu festigen, wobei es in glatter und quergestreifter Muskulatur gleichermaßen vorkommt. Als Zellskelett bezeichnet die Biologie eine Struktur innerhalb von Zellen, die aus Eiweißen (Proteinen) besteht und ihnen Form und Stabilität verleiht. Außerdem beteiligt sich das Zellskelett am Transport von Stoffen innerhalb der Zelle und an ihren Bewegungen.
Im Gegensatz zum knöchernen Skelett des menschlichen Körpers bildet das Zellskelett keine feste Einheit, sondern kann sich flexibel an die Bedürfnisse der Zelle anpassen. Quergestreifte Muskeln benötigen Desmin auch als Verbindungsstück zwischen Z-Scheiben und Myofibrillen. Z-Scheiben markieren die Grenzen zwischen aneinandergrenzenden Muskelabschnitten (Sarkomeren) in der quergestreiften Muskulatur. An den Z-Scheiben sind fadenähnliche Strukturen befestigt, die aus einem Komplex von Aktin und Tropomyosin bestehen. Bei Kontraktion schieben sich diese Fasern und Filamente aus Myosin ineinander, wodurch sich das Gewebe als Ganzes vorübergehend verkürzt.
Glatte Muskulatur besitzt eine andere Struktur als quergestreifte: Die Fasern bilden in ihr keine klar abgrenzbaren Fäden und Bündel mit deutlich sichtbarem Streifenmuster im Querschnitt, sondern erscheinen auf den ersten Blick glatt und unstrukturiert. Dennoch erfolgt die Kontraktion weitestgehend ähnlich. Zusammen mit den nicht-muskulären Aktinfilamenten der glatten Muskulatur nimmt Desmin außerdem eine stabilisierende Funktion im Muskelgewebe wahr, indem es in sogenannten Verdichtungszonen festigende Verbindungen schafft.
Krankheiten
Auch wenn eine solche Krankheit angeboren ist, muss sie sich nicht unmittelbar in sichtbaren Symptomen manifestieren. Desminmutationen führen in vielen Fällen zu Muskeldystrophien, die durch fortschreitende Verschlechterung des muskulären Gewebes gekennzeichnet ist. Das Erscheinungsbild der Dystrophien ist sehr heterogen. Ein spezielleres Krankheitsbild ist die Desminopathie. Dabei handelt es sich um eine seltene Erberkrankung, die zur allmählichen Schwächung der Muskeln führt und typischerweise erst im Erwachsenenalter zu Beschwerden führt. Fehler in der körpereigenen Bildung von Desmin beeinträchtigen bei der Desminopathie sowohl das Zellskelett der Muskelzellen als auch die Z-Scheiben.
Darüber hinaus stehen Desminmutationen im Zusammenhang mit der Kardiomyopathie, die auch Rahmen der Desminopathie auftreten kann. Die Kardiomyopathie äußert sich in funktionellen Herzproblemen und geht nicht in jedem Fall auf Störungen in der Desminsynthese zurück; stattdessen kommt eine Vielzahl von möglichen Ursachen in Betracht. Typische Krankheitszeichen sind unter anderem Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien), Kreislaufzusammenbrüche (Synkopen), Angina pectoris und Embolien.
Des Weiteren hilft der Nachweis von Desmin-Antikörpern Medizinern, zwischen verschiedenen Tumoren zu unterscheiden – zum Beispiel bei Rhabdomyosarkomen (bösartigen Tumoren im Weichteilgewebe mit hoher Mortalitätsrate) und Leiomyosarkomen (bösartigen Tumoren in der glatten Muskulatur).
Quellen
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013
- Tortora, G.J., Derrickson, B.H.: Anatomie und Physiologie. Wiley-Blackwell, Oxford 2006
- Zilles, K. et al.: Anatomie. Springer Medizin Verlag Heidelberg 2010