Desmoid-Tumor

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Ein Desmoid-Tumor ist ein Tumor, der sich an den Muskelfaszien bildet. Er gehört zur Gruppe der Fibromatosen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Desmoid-Tumor?

Die Tumore können in jedem Lebensalter auftreten und jeden Muskel betreffen. Sie fallen durch tastbare Schwellungen in unterschiedlichen Größen auf und verursachen muskuläre, abdominelle oder neurale Schmerzen.
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Fibromatosen sind gutartige Wucherungen des Bindegewebes, die häufig sehr aggressiv wachsen. Sie infiltrieren ihre Umgebung und auch nach einer chirurgischen Entfernung rezidivieren sie häufig. Der Desmoid-Tumor entwickelt sich ausgehend von den Umhüllungen der Muskeln. Diese werden auch als Muskelfaszien bezeichnet.

Der Desmoid-Tumor ist zwar eigentlich gutartig, da er aber häufig in das umliegende Gewebe infiltrierend einwächst, wird er klinisch den niedrigmalignen Sarkomen zugerechnet. Die Erkrankung ist sehr selten. Nur 0,1 Prozent aller Tumore sind Desmoid-Tumore. Die Inzidenz liegt bei eins zu vier Millionen. Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer. Häufig tritt der Tumor nach der Schwangerschaft im Bauchraum auf.

Bei Kindern und Jugendlichen entsteht der Tumor eher in Armen, Beinen, am Kopf oder im Nackenbereich. Männliche Kinder und Jugendliche erkranken häufiger als Mädchen. Die Tumore können sich spontan zurückbilden oder aber langsam weiterwachsen. Die benachbarten Organe werden durch das Wachstum beeinträchtigt, sodass es zu Entzündungen und Funktionseinschränkungen kommt.

Ursachen

Die Ursachen des Desmoid-Tumors sind weitgehend unbekannt. Lange Zeit wurde eine genetische Veranlagung vermutet. Jedoch treten die Tumore in den meisten Fällen ohne familiären Zusammenhang auf. Scheinbar besteht aber ein Zusammenhang zwischen Desmoid-Tumoren und der familiären adenomatösen Polyposis (FAP).

Diese seltene Erkrankung ist durch multiple Polypen in der Schleimhaut des Dickdarms und des Mastdarms gekennzeichnet. Die Polypen treten zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr auf und entarten häufig. In Zusammenhang mit der Erkrankung treten regelmäßig Desmoid-Tumore auf. 10 bis 15 Prozent aller Patienten mit FAP sind von den Tumoren betroffen.

Es wird zudem vermutet, dass es hormonelle Einflüsse gibt. Dafür spricht, dass die Tumore während der Schwangerschaft oder kurz vor den Wechseljahren auftreten. Zum Zeitpunkt der Menopause bilden sich viele Tumore spontan zurück. In den Tumorzellen sind Hormonrezeptoren vorhanden. Das spricht dafür, dass vor allem Östrogene die Entwicklung der Tumore begünstigen können.

Möglicherweise begünstigen auch Verletzungen die Entstehung von Desmoid-Tumoren. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich Hinweise, dass die Tumore aus Narben entstehen können. Viele Patienten berichten darüber, dass die Tumore nach einer körperlichen Verletzung erstmalig aufgetreten sind. Der genaue Entstehungsmechanismus ist hier aber noch unklar. Eventuell kommt es während der Wundheilung zu einer zellulären Dysfunktion.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Tumore können in jedem Lebensalter auftreten und jeden Muskel betreffen. Sie fallen durch tastbare Schwellungen in unterschiedlichen Größen auf und verursachen muskuläre, abdominelle oder neurale Schmerzen. Bei einigen Patienten können die Schmerzen so stark sein, dass starke Schmerzmittel erforderlich werden. Durch die Kompression von Organen oder Nerven können funktionelle Störungen und Entzündungen entstehen.

Je nach Lage des Tumors kann die Beweglichkeit des Körpers eingeschränkt sein. Wenn die Tumore zusammen mit Polypen oder Talgzysten auftreten, lässt dies auf eine familiäre adenomatöse Polyposis schließen. Die Erkrankung schreitet normalerweise eher langsam fort. Es können aber auch plötzliche Wachstumsschübe auftreten.

Im Verlauf der Erkrankung können weitere Tumore entstehen. Diese sind häufig in der Umgebung des ursprünglichen Tumors lokalisiert, können aber auch in anderen Körperregionen erscheinen. Da die Tumore keinen malignen Veränderungen unterliegen, metastasieren sie nicht.

Diagnose

Bei Verdacht auf einen Desmoid-Tumor werden MRT- und CT-Untersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungen ermöglichen zwar eine grobe Darstellung der Tumore, eine genaue Grenzerfassung ist allerdings nicht möglich. Insbesondere wenn sich die Tumore im Bauchraum befinden, ist eine genaue Bestimmung schwierig. Somit dienen CT und MRT der Erstdiagnosestellung.

Diese Erstdiagnose muss durch pathologische Untersuchungen einer Gewebebiopsie bestätigt werden. Das Gewebe, das bei der Tumorbiopsie gewonnen wird, wird durch einen Pathologen histologisch untersucht. Dadurch können die Charakteristika des Tumors erfasst werden. In der histologischen Untersuchung fallen spindelförmige Zellen auf, die durch Kollagengewebe getrennt werden. Der Tumor ist grauweiß und hat eine derbe Konsistenz. Selten wird er größer als fünf Zentimeter.

Komplikationen

Aufgrund des Desmoid-Tumors kommt es in der Regel zu starken Schmerzen. Oft sind diese Schmerzen für die Patienten so stark, dass Schmerzmittel verabreicht werden müssen. Es kann auch zu einem Ruheschmerz kommen, der auch ohne Belastung der Muskeln auftritt. Da es sich hierbei um eine Krebserkrankung handelt, sind die weiteren Komplikationen und Beschwerden stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängig.

Meistens kommt es zu einer Kompression der Nerven oder der Organe, woraus sich Entzündungen ausbilden können. Es kann auch nicht vorausgesagt werden, ob das Symptom langsam oder schnell voranschreitet, sodass der Patient auf regelmäßige Untersuchungen angewiesen ist. Die Diagnose erfolgt dabei mit Hilfe einer MRT. Ob eine Entfernung des Desmoid-Tumors notwendig ist, hängt vom Status und von der Ausbreitung der Krebserkrankung ab.

Nicht in allen Fällen ist es notwendig, den Tumor zu entfernen. Leider führt die Entfernung in vielen Fällen zur Verstümmelung, sodass der Patient in seinem Alltag extrem stark eingeschränkt wird. Es treten oft Bewegungseinschränkungen auf und die Betroffenen leiden nicht selten an psychischen Beschwerden. Nach der operativen Entfernung wird in der Regel auch eine Chemotherapie durchgeführt. Falls die Tumore erfolgreich entfernt werden, treten keine weiteren Komplikationen auf und die Lebenserwartung wird nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei ungewöhnlichen Schwellungen, die Muskelschmerzen oder Nervenstörungen hervorrufen, sollte zügig ein Arzt konsultiert werden. Diese Anzeichen deuten auf einen Desmoid-Tumor hin, der in jedem Fall abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden muss. Weitere Warnzeichen, die einer Abklärung bedürfen, sind funktionelle Störungen und Entzündungen der Muskeln. Ebenso kann es zu Bewegungseinschränkungen und einer Reihe weiterer Beschwerden kommen. Aufgrund der Vielfalt der möglichen Symptome sollte vor allem bei einer Prädisposition ein Arzt aufgesucht werden.

Besonders gefährdet sind Frauen während der Schwangerschaft oder kurz vor den Wechseljahren. Auch Menschen mit einer familiären adenomatösen Polyposis sind anfällig für Desmoid-Tumore und sollten die genannten Warnzeichen frühzeitig abklären lassen. Wenn ein plötzlicher Wachstumsschub eintritt, muss sofort ein Arzt zurate gezogen werden. Selbiges gilt, wenn starke Schmerzen auftreten oder generell ein wachsendes Unwohlsein bemerkt wird. Ein Desmoid-Tumor kann gut behandelt werden, bedarf jedoch einer regelmäßigen Beobachtung. Einige Tumore bilden sich zwar spontan zurück, eine ärztliche Abklärung ist dennoch nötig.

Behandlung & Therapie

Lange Zeit wurden Desmoid-Tumore ausschließlich chirurgisch behandelt. Mittlerweile sind jedoch einige Chirurgen und auch Onkologen der Meinung, dass die Entfernung eines Desmoid-Tumors nicht immer zwingend nötig ist. Je nach Lage des Tumors kann eine Operation mit kompletter Entfernung des Tumors Verstümmelungen zur Folge haben.

Deshalb raten einige Ärzte nach bestätigter Diagose dazu, abzuwarten und zu schauen, ob sich der Tumor weiter entwickelt. Einige Tumore bilden sich spontan zurück oder stellen das Wachstum ein. Eine chirurgische Behandlung ist vor allem dann indiziert, wenn der Tumor lokal begrenzt ist. Eingebettete Arterien, Nerven und Venen stellen hingegen ein Risiko dar. Insbesondere bei mesenterialen Tumoren sollte eine Operation vermieden werden.

Es besteht ein großes Komplikationsrisiko, sodass diese Tumore meist medikamentös behandelt werden. In der Regel erfolgt eine antihormonelle Behandlung mit Antiöstrogenen wie Tamoxifen. Die antihormonellen Präparate werden zusammen mit nicht-steroidalen Antirheumatika verabreicht. So kann häufig eine Schmerz- und Symptomfreiheit erreicht werden.

Der Tumor bildet sich durch die medikamentöse Therapie allerdings nur selten vollständig zurück. Derzeit wird untersucht, ob die Strahlentherapie eine Alternative zur Chirurgie sein kann. Insbesondere wenn der Tumor durch die Operation nicht komplett entfernt werden konnte, könnte die Strahlentherapie von Nutzen sein.

Aussicht & Prognose

Die Prognose des Desmoid-Tumors ist gebunden an den Typus der Tumorerkrankung und die Größe des Tumors. Je größer die Gewebeveränderung, desto ungünstiger sind der weitere Krankheitsverlauf und die Aussicht auf eine Heilung.

Befindet sich der Desmoid-Tumor innerhalb des Bauchraums, kommt es häufig zu bedrohlichen Folgeerkrankungen. Das Risiko eines Darmverschlusses ist erhöht. Damit besteht ein lebensgefährlicher Zustand. In schweren Fällen droht eine Sepsis oder eine Hydronephrose. Die allgemeine Lebenserwartung des Patienten ist bei diesen Komplikationen verkürzt. Müssen wiederholt chirurgische Eingriffe zur Entfernung des Tumors durchgeführt werden, steigt ebenfalls das Morbiditätsrisiko für den Patienten.

Befindet sich der Desmoid-Tumor außerhalb des Bauchraums, verbessert sich die Prognose. In einem operativen Eingriff wird im Normalfall der Tumor entfernt und der Patient anschließend aus der Behandlung entlassen. In etwa 70% der beobachteten Fälle kommt es zu einem Rezidiv. Da die Wiederkehrrate bei dieser Erkrankung ausgesprochen hoch ist, sollten in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden.

Zudem bilden sich oftmals um einen bestehenden Tumor weitere kleinere Desmoid-Tumore. In nicht allen Fällen wird ein chirurgischer Eingriff vorgenommen. Je nach Lage des Tumors können die Folgeerscheinungen zu drastisch sein. Besteht die Gefahr einer Lähmung, entscheiden sich die Ärzte oftmals gegen eine Operation.


Vorbeugung

Da die genaue Ursache der Desmoid-Tumore unbekannt ist, ist eine Vorbeugung nicht möglich.

Nachsorge

Beim Desmoid-Tumor ist der Betroffene in erster Linie auf eine frühzeitige Diagnose und Erkennung dieses Tumors angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder Beschwerden kommt. Je früher der Tumor erkannt wird, desto besser ist meistens auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung, da es dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen kann.

Allerdings sind die Maßnahmen und Möglichkeiten einer Nachsorge beim Desmoid-Tumor sehr stark eingeschränkt, sodass der Betroffene immer zuerst auf eine umfassende Behandlung durch einen Arzt angewiesen ist. In den meisten Fällen ist beim Desmoid-Tumor ein operativer Eingriff notwendig. Danach sollte sich der Betroffene auf jeden Fall ausruhen und seinen Körper schonen. Von Anstrengungen oder von anderen stressigen Betätigungen ist abzusehen, um den Körper nicht unnötig zu belasten.

In den meisten Fällen sind die Betroffenen beim Desmoid-Tumor auch auf die Hilfe und die Unterstützung von Freunden und der Familie angewiesen. Dabei wirkt sich auch eine liebevolle und intensive Pflege positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Auch nach einer erfolgreichen Entfernung des Desmoid-Tumors sind regelmäßige Untersuchungen ratsam, um andere Tumore schon früh zu erkennen. Eventuell verringert diese Krankheit auch die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Eine individuell auf den Patienten abgestimmte Therapie ist sehr wichtig. Ist eine Behandlung erfolgt, kann ein weitgehend normales Leben geführt werden. Dies schließt regelmäßige Kontrolluntersuchungen und bei Bedarf entsprechende Nachbehandlungen ein.

Unter Umständen können im Zusammenhang mit der Erkrankung Schmerzen auftreten. Hier empfiehlt sich der Kontakt mit einem lokalen oder überregionalen Schmerzzentrum, um sich Rat einzuholen, was in diesem Falle zu tun ist.

Momentan sind keine konkreten Maßnahmen bekannt, mit denen es möglich wäre, das erstmalige Auftreten oder das Wiederauftreten eines Desmoid-Tumors selbst zu verhindern. Aus diesem Grunde beschränken sich die Empfehlungen zur Selbsthilfe weitgehend darauf, ein möglichst normales Leben zu führen und bei Bedarf Kontakt mit einer Patientenorganisation und/oder einer Selbsthilfegruppe aufzunehmen.

Ein guter Ansprechpartner für Betroffene ist die Organisation SOS-DESMOID. Hier können wertvolle Informationen eingeholt werden. Außerdem ist es möglich, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Dies ist gerade bei Erkrankungen, die relativ selten sind, sehr wichtig. Das Wissen, nicht allein zu sein, kann sehr gut tun und sogar einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.

Quellen

  • Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
  • Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
  • Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009

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