Dyschezie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der Dyschezie handelt es sich um eine Störung der Defäkation, die auf eine Koordinationsstörung des Analschließmuskels zurückzuführen ist. Die Patienten empfinden zwar Stuhldrang, aber haben Probleme mit der Stuhlentleerung. Über die Behandlung entscheidet die primäre Ursache der muskulären Koordinationsstörung.
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Was ist Dyschezie?
Der Analschließmuskel oder Sphinkter ist ein ringförmiger Muskel den Darm völlig abdichtet. Der Vorwärts- und Rückwärtsfluss von verdauter Nahrung wird durch den Muskel verhindert. Der Schließmuskel ist aus glatter Muskulatur aufgebaut und damit nur in kleinen Teilen der willkürlichen Betätigung zugänglich.
Trotzdem kann der Analschließmuskels wie jeder andere Muskel von Koordinationsstörungen betroffen sein. In den meisten Fällen gehen Koordinationsstörungen des Muskels mit einer koordinativen Schwäche der gesamten Beckenbodenmuskulatur einher. Unter der sogenannten Dyschezie wird eine Koordinationsstörung des Analschließmuskels verstanden, die zu Schwierigkeiten bei der Defäkation führt.
Die Betroffenen spüren zwar den Stuhldrang, können sich wegen der koordinativen Störung des Muskels aber nicht regulär entleeren. Die primäre Ursache für das Unvermögen zur Stuhlabsetzung kann im Rahmen der Dyschezie mit verschiedenen Erkrankungen in Zusammenhang stehen. Die Dyschezie ist somit lediglich ein Symptom, nicht aber die Primärerkrankung selbst.
Ursachen
Bei der Defäkation erhöht sich der Druck innerhalb des Enddarms und es kommt zu einer gleichzeitigen Erschlaffung des äußeren Schließmuskels. Eine verminderte Rektalkontraktion oder eine Tonuserhöhung des Schließmuskels stören diesen Prozess und verursachen eine Dyschezie. Das Phänomen beruht häufig auf einem durchlebten Rektumprolaps, also einer in der Vergangenheit stattgefundenen Invagination der Mastdarmwand.
Das Phänomen kann aber auch auf einen größeren Erkrankungsrahmen hinweisen, so beispielsweise auf einen Morbus Hirschsprung oder ein Reizdarmsyndrom. Ebenso oft kommt es im Rahmen von Hämorrhoiden-Erkrankungen, Analfissuren oder Klysmen zu einer Dyschezie. In Einzelfällen tritt treten die Symptome der Dyschezie für Frauen auch zyklusabhängig auf.
In diesem Fall liegt meist eine Endometriose zwischen der Vagina und dem Rektum als Ursache vor. Allgemeine Beckenbodenproblematiken sind in der Regel nicht als Ursache einer Dyschezie, können das Phänomen aber begleiten. In vielen Fällen handelt es sich bei Patienten mit Dyschezie auch um Personen, die häufig ihren Entleerungsreflex unterdrücken. Darüber wurde die Entleerungsstörung oft an Patienten beobachtet, die in der Vergangenheit regelmäßig einen Einlauf erhalten haben.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Patienten mit Dyschezie verspüren beim Stuhlgang mehr oder weniger starke Schmerzen. Die Qualität des abgesetzten Stuhls wechselt zwischen Durchfall und Obstipation. Die Betroffenen erleben oft starke Blähungen. Am Schließmuskel treten zum Teil Spasmen auf. In besonders schweren Fällen verursacht schon der Stuhldrang selbst Schmerzen, die dann als Tenesmen bezeichnet werden.
In Einzelfällen liegt außerdem Nausea vor, also ein Übelkeitsgefühl aus dem Magen-Darm-Trakt, das mit Brechreiz einhergeht. In fast allen Fällen ist die Beckenbodenmuskulatur von der Koordinationsstörung des Analschließmuskels mit betroffen. Alle weiteren Begleitsymptome der Dyschezie hängen von der primären Ursache im Einzelfall ab. Das gilt auch für den Verlauf der Symptome.
Bei einer ursächlichen Endometriose zwischen der Vagina und dem Rektum treten die Beschwerden zum Beispiel nicht anhaltend auf, sondern verlaufen zyklisch und verändern sich während des weiblichen Zyklus. In Einzelfällen leiden Patienten mit Dyschezie zusätzlich an einer Rektozele oder Enterozele. Dieses Phänomen ist aber weder ein verbindliches Diagnosekriterium, noch ursächlich von Bedeutung.
Diagnose
Zur Diagnostik einer Dyschezie wird eine Untersuchung des Beckenbereichs und des Rektums veranlasst, die Hypertonien der Beckenmuskulatur und der Analmuskeln abklärt. Meist findet der Arzt bereits in der Anamnese erste Hinweise auf eine Dyschezie, so zum Beispiel einen zurückgelegenen Rektumkolps oder eine Erkrankung wie Morbus Hirschsprung.
Neben der Tonusprüfung der Muskeln im Beckenbereich ordnet der Arzt zur Diagnosesicherung einer Dyschezie meist eine Defäkationsproktographie an. Auch anorektale Manometrie oder Ballonexpulsion können diagnosesichernd wirken. Die Dyschezie wird im Rahmen der Diagnostik auf eine primäre Erkrankung zurückgeführt. Die Prognose hängt für die Patienten von dieser Primärursache ab.
Komplikationen
Bei der Dyschezie kommt es in der Regel zu sehr unangenehmen Beschwerden und Komplikationen. Auch wenn der Betroffene dabei den Drang verspürt, den Darm zu entleeren, kann es aufgrund der Störung den Schließmuskel nicht direkt bewegen. Diese Störung kann nicht nur zu physischen, sondern auch zu starken psychischen Depressionen führen. Meistens treten auch Blähungen und Durchfall auf.
Der Schließmuskel schmerzt nach jedem Stuhlgang. Diese Schmerzen verstärken sich in der Regel, wenn der Betroffene aufgrund des Durchfalls erhöht die Toilette aufsuchen muss. Komplikationen treten vor allem dann auf, wenn die Betroffenen häufiger Abführmittel benutzen.
Diese Mittel können ein Suchtverhalten auslösen und sind relativ ungesund für den menschlichen Körper. Sie sollten nur in Notfällen eingesetzt werden. In der Regel erfolgt die Behandlung nach der Grunderkrankung. Es kann dabei auch ein operativer Eingriff erfolgen, um die Komplikationen des Schließmuskels zu beseitigen.
Sollte es aufgrund der Dyschezie zu psychischen Beschwerden kommen, so kann parallel auch ein Psychologe aufgesucht werden. Oft kommt es zu Angstzuständen oder Panikattacken. Diese können meistens relativ gut behandelt werden. Die Lebenserwartung wird durch die Krankheit nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn beim Stuhlgang immer wieder Beschwerden auftreten, sollte der Hausarzt oder ein Gastroenterologe konsultiert werden. Die typischen Anzeichen einer Dyschezie – unter anderem starke Blähungen, Durchfall, Obstipation und Schmerzen – bedürfen in jedem Fall einer medizinischen Abklärung. Andernfalls können weitere Komplikationen auftreten, die für den Betroffenen meist mit einer raschen Abnahme der Lebensqualität verbunden sind. Darum sollten bereits erste Anzeichen einer Dyschezie zum Arzt führen.
Sollten sich durch den Durchfall zunehmende Schmerzen beim Stuhlgang einstellen, muss dies sofort von einem Gastroenterologen behandelt werden. Patienten mit einer bestehenden Magen-Darm-Erkrankung sowie ältere Menschen und Säuglinge sollten mit einer Dyschezie umgehend beim Arzt bzw. Kinderarzt vorstellig werden.
Um einen schweren Krankheitsverlauf auszuschließen, muss die Störung der Defäkation umfassend behandelt werden. Anschließend ist eine gute Nachsorge angezeigt. Sollte die Dyschezie mit psychischen Problemen einhergehen, so kann begleitend dazu ein Psychologe aufgesucht werden. Die oftmals auftretenden Angstzustände und Panikattacken sind bei rascher Behandlung ebenso unproblematisch wie die Erkrankung selbst.
Behandlung & Therapie
Zur symptomatischen Behandlung einer Dyschezie nutzen die Patienten häufig Abführmittel. Nicht nur machen Abführmittel aber süchtig, außerdem ist der Gebrauch im Rahmen der Dyschezie nur unbefriedigend und beseitigt keineswegs die primäre Ursache. Um die Dyschezie auf Dauer zu heilen, muss die Ursache der Symptome beseitigt werden. Eine ursächliche Behandlung wird der symptomatischen Therapie also klar und deutlich vorgezogen.
Die Behandlung von Patienten mit Dyschezie hängt damit wesentlich von der Primärursache ab. Bei einer ausgedehnt rekto-vaginalen Endometriose stehen zum Beispiel invasive Verfahren zur Beseitigung der Ursache zur Verfügung. Operationen sollten in diesem Fall immer in Betracht gezogen werden, um auf Dauer Abhilfe zu schaffen. Auch bei Patienten des Morbus Hirschsprung sind Operationen meist die Therapie der Wahl.
Symptomatische Behandlungsmöglichkeiten laufen sich für Patienten mit Dyschezie in der Regel krankheitsunabhängig auf Biofeedback hinaus. Durch dieses Verfahren können zumindest kurzfristige Verbesserungen des Beschwerdebilds erreicht werden. In der Vergangenheit wurde zur symptomatischen Therapie auch die versuchsweise Gabe von Laxantien ausprobiert. Dieses Vorgehen konnte allerdings wesentlich weniger Verbesserungen erzielen als die Biofeedback-Methode.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Dyschezie richtet sich nach der ursächlichen Erkrankung. Sind die Beschwerden an den weiblichen Zyklus gebunden, kommt es stets innerhalb weniger Tage zu einer Spontanheilung. Mit dem Ausbleiben der Regelblutung in der Menopause stellt sich im weiteren Verlauf eine dauerhafte Heilung und Beschwerdefreiheit ein.
Eine weniger günstige Prognose liegt bei chronischen oder psychischen Ursachen vor. Ohne eine Therapie kommt es häufig über mehrere Jahre zu anhaltenden Beschwerden, die meist wechselhaft sind und in ihrer Intensität schwanken. Wird bei einer psychischen Grunderkrankung eine Therapie in Anspruch genommen, beträgt der Heilungsweg mehrere Monate bis Jahre. In vielen Fällen wird eine Linderung der Symptome beobachtet, sobald der Patient bereit ist, an seinen emotionalen Themen zu arbeiten und Veränderungen herbei zu führen.
Unterstützend kann der Betroffene durch eine optimale und gesunde Lebensmittelzufuhr einen positiven Einfluss auf seine gesundheitliche Entwicklung nehmen. Schadstoffe wie Alkohol und Nikotin sollten ebenso vermieden werden, wie besonders fetthaltige oder belastende Nahrungsmittel.
Bei Erkrankungen wie Hämorrhoiden oder einem Prolaps ist nach einer medizinischen Versorgung oder einem operativen Eingriff eine gute Prognose der Dyschezie gegeben. Es kommt nach dem Wundheilungsprozess zu einem Abklingen der Beschwerden und die Darmtätigkeit kann ihre natürliche Tätigkeit aufnehmen.
Vorbeugung
Der Dyschezie lässt sich nur in Maßen vorbeugen. Eine Vorbeugemaßnahme besteht zum Beispiel in einer möglichst schnellen Stuhlentleerung nach Einsetzen des Stuhldrangs. Darüber hinaus sollten sämtliche Vorbeugemaßnahmen zur Prophylaxe von Primärerkrankungen wie Hämorrhoiden und Rektumprolaps beachtet werden, um in der Zukunft nicht an einer Dyschezie zu erkranken.
Nachsorge
Der Betroffene ist bei einer Dyschezie in erster Linie auf eine umfassende und vor allem auf eine frühzeitige Diagnose angewiesen, damit es nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden oder zu anderen Komplikationen kommt. Eine Selbstheilung kann dabei in der Regel nicht eintreten, sodass eine Behandlung durch einen Arzt bei dieser Krankheit unabdingbar ist. Ob die Krankheit dabei leicht behandelt werden kann, hängt meistens sehr stark von der genauen Grunderkrankung ab, sodass darüber in der Regel keine allgemeine Voraussage getroffen werden kann.
In der Regel kann die Dyschezie mit Hilfe von Abführmittel behandelt werden. Dabei sollte allerdings eine Höchstdosis beachtet werden. Treten die Beschwerden der Dyschezie weiterhin auf, so ist auf jeden Fall ein Arzt zu konsultieren, da es sonst zu Schäden durch die dauerhafte Einnahme der Abführmittel kommen kann. In einigen Fällen sind dabei auch operative Eingriffe notwendig, die die Beschwerden dauerhaft lindern können.
Der Betroffene ist nach einem solchen Eingriff auf jeden Fall auf Bettruhe angewiesen. Dabei ist von Anstrengungen oder von anderen körperlichen und stressigen Betätigungen abzusehen. In den meisten Fällen wirkt sich die Dyschezie nicht negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus.
Das können Sie selbst tun
Eine Dyschezie kann auf höchst unterschiedliche Ursachen zurückzuführen sein. Was der Patiente selbst zur Besserung seines Zustandes beitragen kann, hängt vom Auslöser der Störung ab. Wer erste Anzeichen für eine Störung der Defäkation bei sich entdeckt, sollte auf jeden Fall unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Die Krankheit sollte keinesfalls selbst behandelt werden, da sich im Fall einer inadäquaten Therapie erhebliche Komplikationen einstellen können.
Ist die Dyschezie auf ein Reizdarm-Syndrom zurückzuführen kann eine Nahrungsmittelunverträglichkeit der Auslöser hierfür sein. Der Patient sollte dann einen Allergietest machen lassen und außerdem ein Ernährungstagebuch führen. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen kann so festgestellt werden, ob die Reizdarm-Attacken in zeitlicher Nähe zum Konsum bestimmter Lebensmittel stehen.
Sofern der Reizdarm und die dadurch bedingte Dyschezie abwechselnd mit Durchfall und Verstopfung einhergehen, kann dies auch durch eine entsprechende Diät positiv beeinflusst werden. Während der Patient an Verstopfung leidet, sollte ballaststoffreiche, leicht abführende Nahrung aufgenommen werden. Dazu zählen zum Beispiel Flohsamen oder Trockenobst. Leidet der Patientn an Durchfall ist dagegen eine leicht stopfende Diät angezeigt. Diese Wirkung kann sehr gut mit Bananen erzielt werden.
Eine Dyschezie geht oft mit Blähungen und akuten Krämpfen einher. In diesen Fällen kann eine Wärmflasche, die auf den Bauch gelegt wird, helfen. Auch eine sanfte, kreisende Massage rund um den Bauchnabel verschafft vielen Patienten Linderung.
Quellen
- Brühl, W., Wienert, V., Herold, A.: Aktuelle Proktologie. Uni-Med, Bremen 2011
- Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
- Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011