Reizdarm

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 1. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Reizdarm bzw. Reizdarm-Syndrom (RDS) ist eine häufig auftretende Krankheit im Magen-Darm-Bereich sowie der Verdauungsorgane. Typisch dabei sind Blähungen und krampfartige Magen- bzw. Bauchschmerzen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Reizdarm?

Betroffene eines Reizdarmsyndroms klagen oftmals über Schmerzen und ein starkes Völlegefühl. Blähungen und subjektiv empfundenes Aufgeblähtsein sind für die Betroffenen sehr viel unangenehmer als für Menschen ohne Reizdarm.
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Von einem Reizdarm (Colon irritabile) spricht man, wenn eine Funktionsstörung des Verdauungstraktes vorliegt, die sich mit chronischen Beschwerden wie Bauchkrämpfen, Stuhlunregelmäßigkeiten, sowie Blähungen äußert. Typisch für einen Reizdarm ist, dass die Probleme meist tagsüber und nicht während der Nacht auftreten und der Arzt auch keine krankhaften Veränderungen der Organe oder der Biochemie des Körpers vorfindet.

Der Reizdarm ist nicht gefährlich, aber für die Betroffenen oft sehr lästig und die Lebensqualität ist eingeschränkt, da der Darm nicht nur auf manche Lebensmittel verstimmt reagiert, sondern auch auf Stress. Diese Einschränkungen, die durch den Reizdarm verursacht werden, halten meist nicht nur Tage oder Monate sondern manchmal auch viele Jahre an und der Patient muss lernen, sich damit zu arrangieren.

Ursachen

Die Ursache für diese Darmstörung ist noch nicht genau bekannt. Man vermutet, dass seelische Überbelastung, verursacht durch Stress und Ärger, den Reizdarm begünstigt. Dem Botenstoff Serotonin wird hier eine übergeordnete Schlüsselrolle zugeschrieben, er ist zuständig für einen reibungslosen Ablauf der Informationen zwischen Gehirn und Darmfunktion.

Ferner spielen natürlich Nahrungsmittelunverträglichkeiten beim Reizdarm eine große Rolle, ebenso das Essverhalten und die Ernährungsweise (z. B. hektisches Essen, unregelmäßige Mahlzeiten).

Fakt ist, dass beim Reizdarm die Bewegungsabläufe im Darm gestört sind und die Wahrnehmung des normalen Verdauungsablaufes schon als schmerzhaft empfunden wird. Forscher fanden heraus, dass Patienten, die unter einem Reizdarm leiden, eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, vorweisen. Das würde auf eine Entzündung der Darmschleimhaut hindeuten und könnte somit eine Ursache der Beschwerden sein.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome bei einem Reizdarm sind sehr vielfältig. Die genaue Symptomatik lässt eine weitere Typisierung des Leidens zu. So wird bei vorwiegend weichem Stuhlgang, der circa dreimal am Tag aufkommt, vom Durchfalltyp gesprochen. Der Verstopfungstyp zeichnet sich durch seltenen und harten Stuhlgang aus. Weiterhin gibt es noch einen gemischten Typ, wobei harter Stuhlgang und Durchfall an einem Tag stattfinden können und das Reizdarmsyndrom ohne Subtyp. Letzteres bezeichnet generalisierte Beschwerden.

Betroffene eines Reizdarmsyndroms klagen oftmals über Schmerzen und ein starkes Völlegefühl. Blähungen und subjektiv empfundenes Aufgeblähtsein sind für die Betroffenen sehr viel unangenehmer als für Menschen ohne Reizdarm. Es kommt bei einigen Betroffenen zu einem deutlich sichtbaren Blähbauch. Die Schmerzen werden als sehr stark wahrgenommen.

Sie können in Form von Bauchschmerzen und Krämpfen bestehen. Oftmals lassen sie sich als stechend oder ziehend beschreiben. Ein Gefühl des Aufgeblähtseins führt oftmals zu Druckschmerzen. Kommt es zu Schmerzen, findet zudem häufiger ein Stuhlgang statt.

Die Schmerzen lassen nach mehrmaligen Defäkieren in der Regel nach. Dennoch bleibt häufig das Gefühl einer unvollständigen Entleerung zurück. Dem Stuhl kann Schleim beigemengt sein. In der Regel sind die Betroffenen nachts dennoch beschwerdefrei. Die Symptome können sich durch Stress und nach der Nahrungsaufnahme verstärken.

Krankheitsverlauf

Der Reizdarm tritt meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr zum ersten Mal auf und ist weit verbreitet; bei Frauen doppelt so oft wie bei Männern.

Zu den Schmerzen und Krämpfen im Bauchbereich können noch folgende Symptome hinzukommen: Durchfall bzw. Verstopfung im Wechsel, ein Druckgefühl im Unterbauch, eine veränderte Stuhlzusammensetzung (von hart über breiig bis wässrig), Blähungen, hörbare Verdauungsgeräusche, Abgeschlagenheit, Konzentrationsschwäche, Angst, Depressionen, Schlafstörungen, Migräne und Rückenschmerzen.

Wer unter einem Reizdarm leidet, steht oft unter starkem Leidensdruck, da diese Beschwerden die gesamte Lebensqualität einschränken und oft ein Leben lang anhalten.

Komplikationen

Das Reizdarmsyndrom führt in der Regel selbst bei chronischem Verlauf nicht zu körperlichen Komplikationen. Bei starker Ausprägung mit Durchfall kann es aufgrund des anhaltenden Flüssigkeitsverlusts zu einer Dehydration kommen, der mit ausreichendem Trinken und eine Anpassung der Ernährung vorzubeugen ist. Das Risiko einer Dehydration kann durch ärztliche Behandlung ausgeschlossen werden. Ein erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes besteht für Reizdarmpatienten nicht.

Wenn Patienten ohne ärztliche Beratung Veränderungen an ihrer Ernährung vornehmen oder auf ausgewählte Lebensmittel verzichten, können Gewichtszunahme oder -verlust die Folge sein. Regelmäßig treten Komplikationen psychischer Natur auf. Die Erkrankung ist häufig mit Ängsten, etwa vor Darmkrebs oder Folgeschäden, verbunden.

Je nach Schwere kann das Reizdarmsyndrom zu subjektiv stark empfundenen Einschränkungen im Alltag des Patienten führen, die Unruhe, Anspannung und Ängstlichkeit erzeugen. Patienten leiden unter der Angst, bei plötzlich auftretenden Symptomen keinen Zugang zu einer Toilette zu haben oder in der Öffentlichkeit hilflos zu erscheinen. Als Folge können soziale Isolation und Depression auftreten.

Weitere Begleiterscheinungen können Schlafstörungen, Ängste und psychosomatische Symptome sein. Schamgefühle, etwa bei Blähungen, können negative Auswirkungen auf die Partnerschaft oder das Sexualleben haben.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Personen die unter einem Reizdarm leiden, sind im Alltag oftmals sehr stark eingeschränkt. Sämtliche Lebensmittel, besonders fettige würzige Speisen, können in Verbindung mit dem Reizdarmsymptom nicht richtig verdaut werden. Es kann unter Umständen zu stechenden Bauschmerzen kommen, die häufig unmittelbar nach dem Verzehr eintreten. Wenige Minuten nach den Schmerzen kommt es zum Durchfall, der mehrere Stunden andauern kann. Wer unter einen Reizdarm leidet, der sollte stets einen entsprechenden Arzt aufsuchen. Mittels Medikamente kann der Darm und die Magenschleimhaut effektiv beruhigt werden, sodass nach dem Verzehr der oben genannten Speisen keinerlei Schmerzen auftreten.

Wenn betroffene Personen allerdings darauf verzichten, dann ist mit erheblichen Konsequenzen zu rechnen. Die Schmerzen werden mit der Zeit schlimmer, sodass diese sogar im Ruhezustand bestehen bleiben. In besonders schlimmen Fällen kann es sogar zu einer dauerhaften Schädigung der Magenschleimhaut kommen, sodass ein operativer Eingriff unumgänglich ist.

Behandlung & Therapie

Da eine Heilung des Reizdarmes nach heutigem Kenntnisstand nicht möglich ist, muss versucht werden, die Symptome zu lindern, um dem Patienten ein Stück Lebensqualität zurückzubringen. Dabei kann ein ganzheitliches Konzept helfen, welches die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten, die Gabe von Medikamenten sowie eine psychotherapeutische Behandlung miteinander verbindet. Da es keine einheitliche Reizdarm-Diät gibt, muss jeder Patient herausfinden, was ihm gut bekommt und was nicht, hier kann ein Ernährungstagebuch helfen.

Die Nahrungsmittel, die nicht gut vertragen werden, gilt es natürlich bei einem Reizdarm rigoros zu meiden. Als hilfreich erwiesen hat sich, eine ausreichende Menge am Tag zu trinken, da sich dies auch günstig auf die Darmschleimhaut auswirkt. Als Medikamente beim Reizdarm bieten sich entkrampfende und schmerzlindernde Präparate an, jedoch nur zur Akuttherapie, oftmals hilft schon die altbewährte Wärmflasche.

Quellende Mittel bei Durchfall (z. B. Flohsamen), Ballaststoffe ( z. B. Kleie) bei Verstopfung und Entschäumer (z. B. Lefax) bei Blähungen. Als pflanzliche Helfer beim Reizdarm sind vorrangig, Pfefferminze, Kamille, Kümmel und Anis zu benennen. Abschließend kann versucht werden, mit Hilfe von progressiver Muskelentspannung, Hypnose und einer Psychotherapie den tagtäglichen Stress etwas einzudämmen, um den Reizdarm zu entlasten.

Nachsorge

Die Nachsorge im Anschluss an eine akute Reizdarm-Erkrankung sollte die verschiedene auslösende beziehungsweise verstärkende Faktoren berücksichtigen. Hierzu zählen insbesondere die Ernährung und die Vermeidung von Stress. Im Fall des chronischen Reizdarm-Syndroms sollten die Patienten die jeweils individuell auslösenden oder symptomverstärkenden Faktoren meiden.

Lebensmittel, die die Symptome auslösen oder verschlimmern können, sollten gemieden werden. Hierzu zählen zum Beispiel Produkte auf Weizenbasis, laktosehaltige Milchprodukte, Lebensmittel mit einem hohen Fruktosegehalt sowie Lebensmittel mit hohem Fettgehalt. Eine günstige Ernährung für Menschen mit Reizdarm beinhaltet Getreideprodukte, zum Beispiel auf Basis von Dinkel, Hafer oder Reis, laktosefreie Milchprodukte, Obst mit geringem Fruktoseanteil sowie Süßungsmittel mit geringem Fruktoseanteil.

Wenn Fette bei der Speisenzubereitung verwendet werden, sollten pflanzliche Öle zum Einsatz kommen. Ein Ernährungs- beziehungsweise Symptomtagebuch kann zusätzlich helfen, die Ernährung so zu gestalten, dass die Symptome des Reizdarms langfristig eingedämmt werden.

Die Patienten sollten zudem in regelmäßigen Abständen Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Hierzu zählen beispielsweise die Vorsorgeuntersuchungen im Rahmen der Darmkrebsvorsorge. Bei Personen mit einem Alter über 55 Jahre werden die Kosten für Darmspiegelungen weitesgehend von den Krankenkassen übernommen.


Das können Sie selbst tun

Der Reizdarm gehört zu den Krankheitsbildern, die für die Selbsthilfe im Alltag besonders empfänglich sind. Mitarbeit des Patienten ist hier nicht nur möglich, sondern auch ausdrücklich erwünscht. Ernährung, Bewegung, Stressabbau und andere Faktoren sind für die optimale Beherrschung des Reizdarm-Syndroms wichtig.

Im Bereich der Ernährung muss der Patient herausfinden, was ihm tatsächlich guttut. Natürlich sind Empfehlungen wie der Verzicht auf scharfe, fette oder blähende Speisen ein wichtiger erster Schritt. Was im Einzelfall jedoch auch wirklich vertragen wird, können Patienten durch gezielte Beobachtung wie etwa das Führen eines Ernährungstagebuches herausfinden. Die ist die Grundlage für die allmähliche Umstellung der Ernährung im Hinblick auf die Reizdarmsymptomatik der Betroffenen. Auch eine ausreichende Ernährung und der Verzicht auf Alkohol und Nikotin sind in diesem Zusammenhang oft hilfreich.

Bewegung ist ein wichtiger Faktor beim Reizdarm. Dies auf zweierlei Weise. Zum einen regt Aktivsein die natürliche Darmtätigkeit effizient an und ist als Selbsthilfe im Alltag nahezu immer empfehlenswert. Zudem ist auch der Stressabbau ein wichtiger Faktor, wenn es um den Alltag mit dem Reizdarmsysndrom geht. Denn der Darm reagiert nicht nur auf Nahrungseinflüsse. Auch psychologische Komponenten spielen eine Rolle im Hinblick auf den akuten Zustand. Daher ist Reizdarmtherapie und die Bewältigung im Alltag immer als ganzheitliches Konzept zu gestalten.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013

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