Elektrokardiogramm
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Das Elektrokardiogramm, kurz EKG, ist ein medizinisches Gerät zur Messung und Aufzeichnung der verschiedenen elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist ein Elektrokardiogramm (EKG)?
Das EKG wird meist im Rahmen der kardiologischen Diagnostik sowie in der Notfallmedizin und im intensivmedizinischen Bereich eingesetzt.
Den Kontraktionen des Herzmuskels gehen schwache elektrische Impulse voraus. Diese werden durch den Sinusknoten erzeugt und über die verschiedenen Zellen an den AV-Knoten weitergeleitet. Es entsteht eine fortlaufende elektrische Aktivität des Herzens.
Durch das EKG lassen sich diese elektrischen Spannungsänderungen in einer genau festgelegten Geschwindigkeit aufzeichnen. Für die Messung werden Elektroden auf verschiedene Stellen des Körpers aufgebracht. Mithilfe des EKG-Gerätes werden die schwachen Impulse des Herzens so verstärkt, dass sie aufgezeichnet werden können.
Da die Abbildungen kurvenförmig verlaufen, werden sie auch Herzstromkurve genannt. Die genaue Aufzeichnung der Summe aller Herzaktivitäten erlaubt einen sehr hohen und genauen Aussagewert.
Geschichte & Entwicklung
Die Entdeckung und Entwicklung des Elektrokardiogramms (EKG) haben eine bedeutende Rolle in der Geschichte der Medizin gespielt. Die Grundlagen des EKG reichen zurück ins späte 19. Jahrhundert, als der italienische Wissenschaftler Luigi Galvani entdeckte, dass elektrische Impulse die Muskeln von Froschschenkeln kontrahieren lassen können. Diese Entdeckung legte den Grundstein für das Verständnis der Bioelektrizität im menschlichen Körper.
Im Jahr 1887 führte der britische Physiologe Augustus Waller die erste Aufzeichnung elektrischer Aktivität des Herzens mithilfe eines Kapillar-Elektrometers durch. Obwohl diese frühen Aufnahmen rudimentär waren, zeigten sie das Potenzial zur Untersuchung des Herzrhythmus.
Der Durchbruch in der EKG-Technologie kam durch den niederländischen Physiologen Willem Einthoven. 1901 entwickelte Einthoven das erste praktikable Elektrokardiogramm-Gerät, das sogenannte "String-Galvanometer". Dieses Gerät war in der Lage, die elektrischen Signale des Herzens präzise aufzuzeichnen. Einthoven führte die Bezeichnungen P, Q, R, S und T für die verschiedenen Wellenformen ein, die heute noch verwendet werden. Für seine Arbeit erhielt er 1924 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.
In den folgenden Jahrzehnten wurden die Geräte kontinuierlich verbessert und miniaturisiert, was die EKG-Diagnostik in Krankenhäusern und Arztpraxen weltweit etablierte. Die Einführung des tragbaren EKGs und die Weiterentwicklung digitaler Technologien haben die Anwendungsmöglichkeiten weiter erweitert, sodass das EKG heute ein unverzichtbares Werkzeug in der Herzdiagnostik ist.
Einsatz & Indikation
Ein Elektrokardiogramm (EKG) wird durchgeführt, um die elektrische Aktivität des Herzens zu messen und aufzuzeichnen. Es wird häufig verwendet, um Herzprobleme zu diagnostizieren, zu überwachen und zu bewerten. Ein EKG wird notwendig, wenn Symptome wie Brustschmerzen, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Ohnmacht oder Atemnot auftreten, da diese auf Herzprobleme hinweisen können.
Ärzte verordnen ein EKG, um Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien) zu diagnostizieren, wie Vorhofflimmern oder ventrikuläre Tachykardie. Es kann auch verwendet werden, um die Herzfrequenz und den Herzrhythmus zu beurteilen und Anzeichen von Herzinfarkten oder Durchblutungsstörungen des Herzmuskels zu erkennen. Darüber hinaus hilft das EKG bei der Überwachung von Patienten mit bekannten Herzerkrankungen, um den Verlauf der Krankheit zu verfolgen und die Wirksamkeit von Behandlungen zu bewerten.
Ein EKG wird oft auch bei Routineuntersuchungen durchgeführt, insbesondere bei Menschen mit Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen oder eine familiäre Vorgeschichte von Herzerkrankungen. Vor Operationen kann ein EKG Teil der präoperativen Vorbereitung sein, um sicherzustellen, dass keine unentdeckten Herzprobleme bestehen, die das Risiko der Operation erhöhen könnten.
Bei Sportlern und Menschen, die sich einer intensiven körperlichen Belastung unterziehen, kann ein EKG zur Beurteilung der Herzgesundheit durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass keine zugrunde liegenden Herzerkrankungen vorliegen, die durch die körperliche Belastung verschlimmert werden könnten.
Vorteile & Nutzen
Ein Elektrokardiogramm bietet zahlreiche Vorteile gegenüber anderen Untersuchungsmethoden, insbesondere in der Diagnostik und Überwachung von Herzerkrankungen. Einer der größten Vorteile ist die Nicht-Invasivität. Ein EKG erfordert keine Operationen oder Eingriffe in den Körper, wodurch das Risiko von Komplikationen und Nebenwirkungen minimiert wird.
Das EKG ist auch schnell und einfach durchzuführen. Die Untersuchung dauert nur wenige Minuten und kann in der Praxis eines Allgemeinarztes, in Krankenhäusern oder sogar zu Hause mit tragbaren Geräten durchgeführt werden. Dies ermöglicht eine schnelle Diagnose und Behandlung von akuten Herzproblemen wie Herzinfarkten oder Arrhythmien.
Ein weiterer Vorteil des EKGs ist seine Fähigkeit, eine Vielzahl von Herzproblemen zu erkennen. Es kann Anomalien im Herzrhythmus, Hinweise auf einen Herzinfarkt, vergrößerte Herzkammern und andere strukturelle Probleme des Herzens identifizieren. Dies macht das EKG zu einem vielseitigen diagnostischen Werkzeug.
Das EKG ist auch kostengünstig im Vergleich zu vielen anderen diagnostischen Verfahren. Da keine teure Ausrüstung oder spezialisierte Fachkräfte erforderlich sind, ist es eine zugängliche Option für viele Patienten und Gesundheitseinrichtungen.
Die Ergebnisse eines EKGs sind objektiv und können digital gespeichert und analysiert werden. Dies ermöglicht eine genaue Dokumentation und Vergleichbarkeit der Herzfunktion über die Zeit, was besonders wichtig für die langfristige Überwachung von Patienten mit chronischen Herzerkrankungen ist.
Insgesamt bietet das EKG eine schnelle, sichere, kostengünstige und vielseitige Methode zur Diagnose und Überwachung von Herzproblemen, was es zu einem unverzichtbaren Werkzeug in der kardiologischen Praxis macht.
Funktion, Wirkung & Ziele
Das EKG findet vor allem im kardiologischen Bereich Anwendung. Es ist wesentlicher Bestandteil der kardiologischen Diagnostik, aber auch in der intensivmedizinischen Überwachung von kritischen Patienten. Beispielsweise werden während Operationen die Patienten mittels EKG überwacht.
In der Notfallmedizin ist das EKG eines der wichtigsten Hilfsmittel, gerade bei schwerstverletzten Patienten und Patienten mit akuten Herzbeschwerden. Reanimationen werden hier ebenfalls unter Anwendung eines EKG durchgeführt. Mit einem EKG lässt sich neben Herzfrequenz und Herzrhythmus auch der Lagetyp des Herzens bestimmen.
Das Grundprinzip eines EKG ist stets gleich. Es gibt jedoch verschiedene Methoden und Arten der Aufzeichnung. Die Wahl der passenden Methode hängt vom Ziel der Untersuchung ab. Ein EKG kann in Ruhe, unter Belastung oder in Langzeit erfolgen. Neben diesen meist ambulanten Untersuchungen gibt es das sogenannten Monitoring, also die stetige Überwachung von kritischen Patienten oder in Form von Telemetrie. Hier werden die Daten per Funk an einen Empfänger gesendet.
Darüber hinaus kann ein EKG in verschiedenen Messformen, den Ableitungen, erfolgen. Hierbei werden je nach Ableitungszahl unterschiedlich viele Elektroden angebracht. Mindestens sind jedoch drei Elektroden notwendig, ein Standard-EKG umfasst in der Regel zwölf (12-Kanal-EKG).
Je mehr Ableitungen aufgezeichnet werden, umso aussagekräftiger ist das EKG, da die Ableitungen in verschiedene Richtungen gemessen werden. So entsteht ein umfassendes Bild, welches die Grundlage für weitere diagnostische oder therapeutische Maßnahmen bildet.
Das EKG dient jedoch nicht nur diagnostischen Zwecken. Vielmehr ist es eine unverzichtbare Methode, akute Gefährdungen wie einen Herzinfarkt zu erkennen. Durch die verschiedenen Messmöglichkeiten kann zudem der Ort des Infarktes festgestellt werden, da im Bereich des Infarktes keine elektrische Aktivität mehr stattfindet. Dies ist für Operationen oder minimalinvasive Eingriffe wie beispielsweise Herzkatheter wichtig.
Herzmuskel- oder Herzbeutelerkrankungen können mithilfe eines EKG ebenso erkannt werden wie die Überdosierung einiger Medikamente oder ein Mineralstoffmangel beziehungsweise Überschuss, da sie sich auf die Reizleitung auswirken. Über die Mehrbelastung einer Herzseite kann ebenfalls ein EKG Aufschluss geben.
Durchführung & Ablauf
Der Ablauf eines EKGs umfasst mehrere Schritte:
Zunächst wird der Patient gebeten, sich auf eine Liege zu legen und den Oberkörper freizumachen, damit die Elektroden angebracht werden können. Diese Elektroden sind kleine, klebende Sensoren, die an bestimmten Stellen des Körpers platziert werden. Üblicherweise werden zehn Elektroden verwendet: eine an jedem Arm und Bein sowie sechs auf der Brust, um die verschiedenen elektrischen Aktivitäten des Herzens aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufzuzeichnen.
Die Haut wird an den Stellen, an denen die Elektroden angebracht werden, gereinigt, um eine gute Leitfähigkeit zu gewährleisten. Manchmal wird auch etwas Rasiercreme verwendet, um die Haare zu entfernen und die Kontaktfläche zu verbessern.
Sobald die Elektroden angebracht sind, werden sie mit Kabeln an das EKG-Gerät angeschlossen. Dieses Gerät erfasst die elektrischen Signale des Herzens und wandelt sie in eine grafische Darstellung um, die als EKG-Streifen bekannt ist. Der Patient sollte während der Aufzeichnung ruhig und entspannt liegen bleiben, um Bewegungsartefakte zu vermeiden, die die Ergebnisse verfälschen könnten.
Die Aufzeichnung dauert in der Regel nur wenige Minuten. Nachdem die Daten erfasst wurden, entfernt der Techniker die Elektroden und der Patient kann sich wieder anziehen.
Die aufgezeichneten Daten werden dann vom Arzt analysiert, der nach Anomalien im Herzrhythmus, Hinweisen auf Herzinfarkte, Vergrößerungen der Herzkammern oder anderen Auffälligkeiten sucht. Ein EKG liefert wertvolle Informationen über den Gesundheitszustand des Herzens und kann helfen, verschiedene Herzprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Risiken & Gefahren
Das Schwierigste an einem EKG ist die Auswertung. Diese sollte immer durch einen Facharzt geschehen. Moderne Geräte zeigen zwar mittlerweile schon erste Diagnoseoptionen, sie ersetzen jedoch nicht das analytische und erfahrene Auge eines Facharztes. Da die Geräte strengen Qualitätskontrollen unterliegen, kommen hier nur selten Fehler oder Ausfälle vor.
Im schlimmsten Fall kann ein Patient auf dem OP-Tisch landen, ohne dass es hierfür einen Grund gäbe. Selbstverständlich kommt das sehr selten vor, doch das Risiko besteht nicht nur durch Gerätefehler, sondern insbesondere durch Interpretationsfehler. Diese stellen das größte Risiko dar.
Ein weiteres Risiko besteht beim Belastungs-EKG. Hier kann es beispielsweise bei stark verengten Gefäßen durch die Belastung im schlimmsten Fall zu einem akuten Infarkt kommen. Da dieser Test jedoch immer unter Aufsicht von Fachpersonal erfolgt, werden im Falle solcher Komplikationen sofort entsprechende Notfallmaßnahmen eingeleitet.
Das Ruhe-EKG ist hingegen ungefährlich. Trotz möglicher Risiken ist das EKG eines der zuverlässigsten Methoden zu frühzeitigen Erkennung von Herzerkrankungen. So lassen sich schwerwiegende Folgen wie ein Herzinfarkt oftmals vermeiden.
Alternativen
Es gibt mehrere alternative Verfahren zum Elektrokardiogramm (EKG), die genutzt werden können, um die Herzfunktion zu bewerten, insbesondere wenn ein EKG nicht möglich ist oder zusätzliche Informationen benötigt werden.
Ein häufig verwendetes alternatives Verfahren ist der Herzultraschall, auch Echokardiographie genannt. Dabei werden Ultraschallwellen verwendet, um Bilder des Herzens zu erstellen. Dies ermöglicht die Beurteilung der Herzstruktur, der Funktion der Herzklappen und der Blutflussdynamik. Es ist besonders nützlich zur Diagnose von strukturellen Herzfehlern und zur Überwachung der Herzleistung.
Ein weiteres Verfahren ist die Herz-Magnetresonanztomographie (Herz-MRT). Diese bildgebende Methode nutzt Magnetfelder und Radiowellen, um detaillierte Bilder des Herzens zu erzeugen. Es ist besonders hilfreich bei der Beurteilung von Herzmuskelschäden, der Herzfunktion und der Erkennung von Herzkrankheiten, die auf herkömmlichen Röntgenbildern nicht sichtbar sind.
Die Szintigraphie des Herzens, auch Myokard-Szintigraphie genannt, verwendet radioaktive Substanzen, um die Durchblutung des Herzmuskels zu beurteilen. Dies kann Hinweise auf Durchblutungsstörungen und Narbengewebe liefern, die durch Herzinfarkte verursacht wurden.
Für die kontinuierliche Überwachung der Herzaktivität gibt es das Langzeit-EKG (Holter-Monitoring). Dies ist ein tragbares Gerät, das über einen Zeitraum von 24 Stunden oder länger die Herzaktivität aufzeichnet. Es ist besonders nützlich zur Erkennung von intermittierenden Herzrhythmusstörungen, die bei einem normalen EKG möglicherweise nicht auftreten.
Ein weiteres invasives Verfahren ist die Herzkatheteruntersuchung. Dabei wird ein dünner Schlauch (Katheter) in ein Blutgefäß eingeführt und bis zum Herzen vorgeschoben. Dies ermöglicht direkte Messungen von Druck und Sauerstoffgehalt im Herzen und den Koronararterien sowie die Durchführung von therapeutischen Eingriffen wie die Erweiterung verengter Arterien.
Diese alternativen Verfahren bieten umfassende Möglichkeiten zur Diagnose und Überwachung von Herzerkrankungen, insbesondere wenn ein Standard-EKG nicht ausreichend oder nicht durchführbar ist.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2013
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013