Szintigraphie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Behandlungen Szintigraphie

Bei der Szintigraphie (auch: Szintigrafie) handelt es sich um ein bildgebendes Verfahren der Medizin. Mithilfe der Injektion von schwach radioaktiven Stoffen und einer Gammakamera können dabei bestimmte Gewebestrukturen sichtbar gemacht werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Szintigraphie?

Bei einer Szintigraphie werden mithilfe einer Injektion von schwach radioaktiven Stoffen und einer Gammakamera bestimmte Gewebestrukturen sichtbar gemacht. Die Szintigraphie wird vor allem zur Erkennung von Tumoren verwendet.

Die Szintigraphie gehört in den Bereich der Nuklearmedizin, in der sich Mediziner die Eigenschaften radioaktiver Stoffe zu Nutzen machen – zum Beispiel, um Organe oder anderes Gewebe innerhalb des menschlichen Körpers ohne eine Operation untersuchen zu können.

Hierfür injiziert der Untersucher ein Medikament, das radioaktiv markiert ist: ein sogenanntes Radiopharmakon. Da unterschiedliche Gewebearten unterschiedliche Nährstoffe benötigen, werden auch bei den Radiopharmaka verschiedene Stoffe verwendet und radioaktiv markiert – je nachdem, welches Gewebe untersucht werden soll. Eine Gammakamera misst die radioaktive Strahlung, die vom Marker ausgeht, und kann dadurch das entsprechende Gewebe sichtbar machen.

Dabei können zwei Arten von Szintigraphie unterschieden werden: Die funktionelle Szintigraphie bildet die Aktivität des Gewebes ab, während die statische Szintigraphie in erster Linie Strukturen abbildet, ohne die darin ablaufenden Prozesse zu berücksichtigen.

Geschichte & Entwicklung

Die Szintigraphie, auch bekannt als nuklearmedizinische Bildgebung, hat ihre Wurzeln in den frühen Entdeckungen der Radioaktivität. Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte Henri Becquerel 1896 die natürliche Radioaktivität, was den Weg für die spätere Nutzung von Radionukliden in der Medizin ebnete. Marie und Pierre Curie erweiterten diese Forschung und entdeckten 1898 die Elemente Radium und Polonium, was das Interesse an radioaktiven Substanzen weiter steigerte.

Die eigentliche Anwendung der Radioisotope in der Medizin begann in den 1930er Jahren, als George de Hevesy, ein ungarischer Chemiker, die Tracer-Technik entwickelte. Diese Methode nutzte radioaktive Isotope, um biochemische Prozesse im Körper zu verfolgen, und legte den Grundstein für die Szintigraphie.

In den 1950er Jahren wurde die Szintillationskamera, auch als Anger-Kamera bekannt, von Hal Anger am Lawrence Berkeley National Laboratory entwickelt. Diese Erfindung revolutionierte die nuklearmedizinische Bildgebung, da sie die Möglichkeit bot, Bilder von radioaktiven Verteilungen im Körper in Echtzeit zu erstellen.

In den 1960er und 1970er Jahren wurde die Szintigraphie weiter verfeinert und in der klinischen Praxis etabliert. Die Einführung von Technetium-99m (Tc-99m), einem radioaktiven Isotop mit idealen physikalischen Eigenschaften für die medizinische Bildgebung, ermöglichte detailliertere und sicherere Untersuchungen. Tc-99m wurde zum am häufigsten verwendeten Radionuklid in der Szintigraphie.

Seit den 1980er Jahren haben technologische Fortschritte wie die Entwicklung von Single-Photonen-Emissions-Computertomographie (SPECT) und Positronen-Emissions-Tomographie (PET) die Möglichkeiten der Szintigraphie erheblich erweitert. Diese Methoden bieten hochauflösende Bilder und präzisere diagnostische Informationen, was die Rolle der Szintigraphie in der modernen Medizin festigte.

Einsatz & Indikation

Eine Szintigraphie wird durchgeführt, um detaillierte Informationen über die Funktion verschiedener Organe und Gewebe im Körper zu erhalten. Sie wird häufig in der Nuklearmedizin verwendet, um verschiedene Erkrankungen zu diagnostizieren und den Verlauf von Therapien zu überwachen.

Eine Herzszintigraphie, auch Myokardszintigraphie genannt, wird verwendet, um die Durchblutung des Herzmuskels zu beurteilen und koronare Herzkrankheiten zu diagnostizieren. Diese Untersuchung hilft, Bereiche mit verminderter Durchblutung zu identifizieren, die auf verengte oder blockierte Herzkranzgefäße hinweisen können.

Eine Knochenszintigraphie wird durchgeführt, um Knochenerkrankungen wie Frakturen, Infektionen, Tumore oder Metastasen zu erkennen. Sie ist besonders nützlich bei der Früherkennung von Knochenmetastasen bei Krebspatienten.

Die Schilddrüsenszintigraphie wird verwendet, um Funktionsstörungen der Schilddrüse, wie Hyperthyreose oder Hypothyreose, zu diagnostizieren. Sie kann auch bei der Beurteilung von Schilddrüsenknoten oder Schilddrüsenkrebs eingesetzt werden.

Eine Nierenszintigraphie hilft bei der Beurteilung der Nierenfunktion und der Durchblutung der Nieren. Sie wird häufig bei Patienten mit Niereninsuffizienz, Harnwegsobstruktionen oder zur Bewertung der Funktion nach einer Nierentransplantation durchgeführt.

Die Lungenszintigraphie wird verwendet, um Lungenembolie oder andere Lungenkrankheiten zu diagnostizieren. Sie kann Unterschiede in der Belüftung und Durchblutung der Lunge aufzeigen.

In der Onkologie wird die Szintigraphie eingesetzt, um Tumore und deren Metastasen im Körper zu lokalisieren und den Therapieerfolg zu überwachen. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Früherkennung, Stadieneinteilung und Nachsorge von Krebserkrankungen.

Insgesamt wird eine Szintigraphie notwendig, wenn eine genaue Funktionsbewertung von Organen und Geweben erforderlich ist, um eine präzise Diagnose zu stellen und eine gezielte Behandlung zu planen.

Vorteile & Nutzen

Die Szintigraphie bietet mehrere Vorteile gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden, insbesondere durch ihre Fähigkeit, funktionelle Informationen über Organe und Gewebe zu liefern. Ein wesentlicher Vorteil ist die frühzeitige Erkennung von Krankheiten. Durch die Verwendung von radioaktiven Tracern können Stoffwechselprozesse und Durchblutungsmuster sichtbar gemacht werden, bevor strukturelle Veränderungen auftreten, was eine frühere Diagnose ermöglicht.

Ein weiterer Vorteil der Szintigraphie ist ihre hohe Empfindlichkeit und Spezifität. Sie kann kleinste Veränderungen in der Organfunktion erkennen, die mit anderen bildgebenden Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT nicht sichtbar sind. Dies ist besonders nützlich bei der Diagnose von Knochenmetastasen, Schilddrüsenstörungen und Herzerkrankungen.

Die Szintigraphie ist auch weniger invasiv und sicherer als viele alternative Methoden. Die Strahlenbelastung ist relativ gering und gut kontrollierbar. Zudem sind die verwendeten Radiopharmaka in der Regel gut verträglich und verursachen selten Nebenwirkungen. Dies macht die Szintigraphie für eine breite Patientenpopulation geeignet, einschließlich Kindern und älteren Menschen.

Darüber hinaus ermöglicht die Szintigraphie eine Ganzkörperuntersuchung in einer einzigen Sitzung. Dies ist besonders vorteilhaft für die Onkologie, da sie eine umfassende Beurteilung des gesamten Körpers auf Tumore und Metastasen ermöglicht. Dies kann die Planung und Überwachung von Krebsbehandlungen erheblich verbessern.

Schließlich bietet die Szintigraphie eine dynamische Bildgebung. Sie kann Veränderungen im Zeitverlauf verfolgen, was besonders nützlich für die Überwachung des Therapieerfolgs und die Anpassung von Behandlungsstrategien ist. Diese dynamischen Aspekte sind in vielen anderen bildgebenden Verfahren nur eingeschränkt möglich.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die Radiopharmaka, die bei der Szintigraphie Verwendung finden, reichern sich im Gewebe unterschiedlich stark an: Gewebe, dessen Stoffwechsel sehr aktiv ist, wird vom Organismus mit entsprechend vielen Nährstoffen versorgt und nimmt so auch den radioaktiven Marker verstärkt auf.

Deshalb wird die Szintigraphie vor allem zur Erkennung von Tumoren verwendet; denn ein Tumor ist ein solches Gewebe, das einen erhöhten Stoffwechsel aufweist. Auch Metastasen, Zysten oder Entzündungen können nach dem selben Prinzip detektiert werden: Die höhere Konzentration des Markers führt zu einer erhöhten radioaktiven Strahlung in diesem Bereich – die letztlich auf einem Bild (dem Szintigramm) meist als rote oder gelbe Flächen erscheint.

Auch Verformungen und andere Anomalien offenbaren sich im Szintigramm. Zudem zeigt die Szintigraphie, ob Gefäße verstopft sind oder bestimmtes Gewebe unterversorgt ist. Solche Zustände machen sich im entstehenden Bild dadurch bemerkbar, dass die entsprechenden Stellen weniger stark eingefärbt sind, als es von gesundem Gewebe zu erwarten wäre.

Bei diesen Anwendungen eignet sich sowohl die statische als auch die funktionelle Szintigraphie. In der Regel reicht die Aufnahme eines statischen Bildes jedoch bereits aus. Grundsätzlich kann die Szintigraphie bei allen Organen zum Einsatz kommen. Aufgrund ihrer Lage im Körper und ihrer Stoffwechselprozesse sind jedoch vor allem die Lungen, die Schilddrüse, das Herz und die Nieren für eine Untersuchung mit diesem Verfahren prädestiniert. Außerdem kommt die Szintigraphie häufig zum Einsatz, um das Skelett oder einzelne Knochen zu untersuchen. Hier können bereits Prellungen erkannt werden – auch dann, wenn äußerlich keine Verletzung sichtbar ist.

Die Szintigraphie wird vor allem im klinisch-medzinischen Bereich verwendet und seltener in der Forschung mit gesunden Probanden. Dies liegt vor allem daran, dass der Verdacht auf eine schwere Erkrankung den Einsatz von (potentiell schädlichen) radioaktiven Stoffen rechtfertigt und dies auch im Sinne des Patienten ist; bei reinem Forschungsinteresse werden tendenziell andere Methoden angewandt, die weniger invasiv sind. Wie alle medizinischen Untersuchungen verlangt die Szintigraphie eine Kosten-Nutzen-Abwägung.


Durchführung & Ablauf

Der Ablauf einer Szintigraphie beginnt mit der Verabreichung eines Radiopharmakons, das eine geringe Menge radioaktiver Substanz enthält. Diese Substanz wird in der Regel intravenös injiziert, kann aber je nach Untersuchungszweck auch oral oder durch Inhalation verabreicht werden. Das Radiopharmakon verteilt sich im Körper und reichert sich in dem zu untersuchenden Organ oder Gewebe an.

Nach einer bestimmten Einwirkzeit, die von Minuten bis zu mehreren Stunden variieren kann, wird die Bildgebung durchgeführt. Diese Einwirkzeit ermöglicht es dem Radiopharmakon, sich ausreichend im Zielgewebe anzureichern. Während dieser Zeit kann der Patient normalerweise die Klinik verlassen und wird später zur Bildgebung zurückkehren.

Die eigentliche Szintigraphie erfolgt mittels einer Gammakamera, die die von der radioaktiven Substanz ausgesandte Gammastrahlung detektiert. Der Patient liegt dabei auf einer Untersuchungsliege, und die Kamera wird über oder um den Körper bewegt, um Bilder aus verschiedenen Blickwinkeln zu erstellen. Die Kamera kann statische Bilder aufnehmen oder, bei dynamischen Untersuchungen, kontinuierlich Bilder über einen bestimmten Zeitraum hinweg erstellen.

Die gesamte Bildgebung dauert in der Regel zwischen 30 Minuten und einer Stunde, abhängig vom zu untersuchenden Bereich und der Art der Szintigraphie. Während der Untersuchung muss der Patient stillliegen, um eine klare Bildqualität zu gewährleisten.

Nach der Bildgebung werden die gesammelten Daten von einem Nuklearmediziner ausgewertet. Die Ergebnisse liefern detaillierte Informationen über die Funktion des untersuchten Organs oder Gewebes und helfen bei der Diagnose und Planung weiterer Behandlungsmaßnahmen. Der Patient kann in der Regel sofort nach der Untersuchung nach Hause gehen und seinen normalen Aktivitäten nachgehen, da die verabreichte Radioaktivität schnell abklingt und die Strahlendosis niedrig ist.

Risiken & Gefahren

Obwohl bei der Szintigraphie radioaktive Stoffe zum Einsatz kommen, gilt sie als weitgehend risikolos. Lediglich Schwangere sollten mit dieser Methode nicht untersucht werden, da auch geringe Strahlenkonzentrationen für ein ungeborenes Kind riskant sein können.

Aus dem gleichen Grund gilt die Empfehlung, sich nach einer Szintigraphie nicht in unmittelbarer Nähe von Schwangeren aufzuhalten, solange die Strahlung noch nicht abgeklungen ist. Dies ist jedoch oft schon nach ein bis zwei Tagen der Fall. Vorsicht ist auch bei stillenden Frauen sowie Kindern und Jugendlichen geboten. Darum werden Angehörige dieser Personengruppe nur in gut begründeten Ausnahmefällen mittels Szintigraphie untersucht.

Dennoch: Die Dosis der radioaktiven Strahlung ist bei der Szintigraphie nicht höher als bei vergleichbaren Verfahren, zum Beispiel dem Röntgen – und sogar deutlich niedriger als bei einer Computertomografie. Vor der Untersuchung erhalten Patienten zudem die Möglichkeit, in einem Aufklärungsgespräch Fragen zu stellen und Bedenken zu äußern.

Alternativen

Es gibt mehrere alternative Verfahren zur Szintigraphie, die eingesetzt werden können, wenn eine Szintigraphie nicht möglich ist oder wenn andere diagnostische Informationen benötigt werden. Eine häufige Alternative ist die Computertomographie (CT), die detaillierte Querschnittsbilder des Körpers liefert. CT-Scans sind besonders nützlich zur Erkennung von Tumoren, Knochenanomalien und vaskulären Erkrankungen.

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist ein weiteres alternatives Verfahren, das ohne ionisierende Strahlung arbeitet und hochauflösende Bilder von Weichteilen, Gehirn und Gelenken liefert. MRT ist besonders vorteilhaft bei der Untersuchung von neurologischen Erkrankungen, Muskel-Skelett-Verletzungen und Weichteiltumoren.

Ultraschall ist eine nicht-invasive und strahlungsfreie Methode, die häufig zur Untersuchung von Weichteilen, Blutgefäßen und Organen wie der Leber, den Nieren und dem Herzen verwendet wird. Ultraschall eignet sich gut für die Diagnose von Gallensteinen, Nierenerkrankungen und zur Überwachung der fetalen Entwicklung während der Schwangerschaft.

Für die spezifische Untersuchung der Herzfunktion kann die Echokardiographie, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens, verwendet werden. Sie liefert detaillierte Informationen über die Herzstruktur und -funktion und kann Herzklappenfehler und Herzinsuffizienz diagnostizieren.

Für die Untersuchung von Durchblutungsstörungen und Tumoren kann auch die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) eingesetzt werden. PET-Scans verwenden radioaktive Tracer, ähnlich wie die Szintigraphie, bieten jedoch eine höhere Auflösung und können oft mit CT oder MRT kombiniert werden, um präzisere Diagnosen zu ermöglichen.

In Fällen, in denen die Untersuchung der Knochen erforderlich ist und eine Szintigraphie nicht durchgeführt werden kann, kann eine konventionelle Röntgenaufnahme oder ein CT-Scan des betroffenen Bereichs hilfreiche Informationen liefern.

Diese alternativen Verfahren bieten vielfältige diagnostische Möglichkeiten und können je nach klinischer Fragestellung und Patientenkontraindikationen anstelle der Szintigraphie eingesetzt werden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Wetzke, M. et. al.: Bildgebende Verfahren. Urban & Fischer, München 2012

Das könnte Sie auch interessieren