Herzkatheteruntersuchung
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Seit Etienne-Jules Marey und Auguste Chauveau in der Zeit zwischen 1861 und 1863 die Herzkatheteruntersuchung entwickelt haben, sind viele riskante Herzoperationen überflüssig geworden, was für den Patienten nicht nur schonender ist, sondern unter gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten viele Vorteile bietet.
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Was ist eine Herzkatheteruntersuchung?
Ziel der Herzkatheteruntersuchung ist primär, das Herz und die umliegenden Gefäße zu untersuchen. Der Vorteil dieser Methode ist im Vergleich zu einer konventionellen Operation, dass sie für den Patienten schonender ist, da die Öffnung des Brustkorbes nicht mehr erforderlich ist.
Vielmehr erfolgt die Herzkatheteruntersuchung minimalinvasiv, das heißt, die gesamte Operation begnügt sich mit einer kleinen Öffnung, über die der Katheter - ein röhrenförmiges medizinisches Instrument - eingeführt wird. Durch Bestrahlung des Patienten mit Röntgenstrahlen kann der behandelnde Arzt am Monitor die Operation verfolgen. Die Herzkatheteruntersuchung dient allerdings nicht ausschließlich der Darstellung des Herzes oder der Herzkranzgefäße, sondern bietet die Möglichkeit, weitere Behandlungsmaßnahmen vorzunehmen.
Beispielsweise lassen sich im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung verstopfte Gefäße durch eine Ballondilatation wieder öffnen. Ebenso möglich ist, verletzte Gefäße mit einem Stent - ein metallisches Geflecht - von innen zu stabilisieren. Ferner können erkrankte bzw. funktionsunfähige Herzklappen ersetzt werden, ohne dass hierfür eine große Herzoperation erforderlich wäre.
Hauptwerkzeug der Herzkatheteruntersuchung ist der Katheter, ein röhrenförmiges Gerät, das zur eigenen Stabilisierung ein Führungsdraht umwickelt. Je nachdem, welche Teile des Herzes untersucht werden sollen, entscheidet sich, von wo der Katheter eingeführt wird. Möglich sind dabei als Einführungspunkte der Herzkatheteruntersuchung venöse und arterielle Adern, die am Handgelenk, an der Leiste und am Ellenbogen verlaufen.
Geschichte & Entwicklung
Die Herzkatheteruntersuchung hat eine lange und faszinierende Entwicklungsgeschichte. Der erste Meilenstein wurde 1929 von dem deutschen Arzt Werner Forssmann gesetzt. In einem bahnbrechenden Selbstversuch führte er einen Katheter durch seine eigene Armvene bis zum rechten Vorhof seines Herzens ein und bewies damit die Machbarkeit des Verfahrens. Seine Arbeit legte den Grundstein für die spätere klinische Anwendung und brachte ihm 1956 den Nobelpreis für Medizin ein.
In den 1940er Jahren wurden die ersten diagnostischen Anwendungen des Herzkatheters durch André Cournand und Dickinson Richards weiterentwickelt, die die Technik zur Messung des Herzzeitvolumens und des Blutdrucks im Herzen nutzten. Sie standardisierten die Technik und machten sie in der Kardiologie weit verbreitet. Ebenfalls 1956 erhielten sie gemeinsam mit Forssmann den Nobelpreis für ihre Arbeit.
Die Entwicklung des Koronarangiogramms in den 1960er Jahren durch den amerikanischen Kardiologen Mason Sones revolutionierte die Herzkatheteruntersuchung. Er erkannte zufällig, dass es möglich war, Kontrastmittel direkt in die Koronararterien zu injizieren, um die Herzkranzgefäße sichtbar zu machen. Diese Technik ermöglichte es, verengte oder blockierte Arterien genau zu diagnostizieren.
Seitdem hat sich der Herzkatheter zu einem unverzichtbaren diagnostischen und therapeutischen Werkzeug entwickelt. In den 1970er Jahren wurde die perkutane transluminale Koronarangioplastie (PTCA) eingeführt, die es ermöglichte, verengte Arterien mithilfe von Ballonkathetern zu erweitern.
Einsatz & Indikation
Eine Herzkatheteruntersuchung wird durchgeführt, um verschiedene Herzerkrankungen zu diagnostizieren und zu behandeln. Sie wird besonders dann notwendig, wenn der Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit (KHK) besteht, bei der die Herzkranzgefäße verengt oder blockiert sind. Dies führt zu einer verminderten Sauerstoffversorgung des Herzmuskels und kann Brustschmerzen (Angina pectoris) oder sogar einen Herzinfarkt verursachen. Bei Patienten mit solchen Symptomen ist die Untersuchung notwendig, um die genaue Ursache und das Ausmaß der Gefäßverengungen zu ermitteln.
Auch nach einem Herzinfarkt wird die Herzkatheteruntersuchung oft eingesetzt, um den Schweregrad der Schäden zu beurteilen und eventuell eine perkutane Koronarintervention (PCI) durchzuführen, bei der ein Ballonkatheter oder ein Stent verwendet wird, um verengte Arterien zu erweitern und den Blutfluss wiederherzustellen.
Zudem kann die Untersuchung notwendig sein bei unklaren Herzrhythmusstörungen, Herzklappenfehlern oder Herzinsuffizienz, um genauere Informationen über die Funktion des Herzens zu erhalten. Sie wird auch bei angeborenen Herzfehlern verwendet, um strukturelle Anomalien zu diagnostizieren.
In bestimmten Fällen wird die Herzkatheteruntersuchung auch zur Druckmessung im Herzen durchgeführt, beispielsweise bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie oder zur Beurteilung der Pumpfunktion des Herzens.
Vorteile & Nutzen
Die Herzkatheteruntersuchung bietet gegenüber anderen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden mehrere entscheidende Vorteile. Einer der größten Vorteile ist ihre Präzision. Sie ermöglicht eine direkte Visualisierung der Herzkranzgefäße und liefert exakte Informationen über mögliche Verengungen oder Blockaden, die mit nicht-invasiven Methoden wie EKG oder Ultraschall nicht immer genau erkannt werden können.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Herzkatheteruntersuchung sowohl diagnostisch als auch therapeutisch eingesetzt werden kann. Während der Untersuchung können verengte Gefäße sofort behandelt werden, beispielsweise durch eine Ballondilatation oder das Einsetzen eines Stents. Diese unmittelbare Möglichkeit der Intervention kann lebensrettend sein, insbesondere bei akuten Koronarsyndromen oder Herzinfarkten.
Die Untersuchung ermöglicht zudem die Druckmessung innerhalb des Herzens und in den Lungengefäßen, was zur Beurteilung von Herzklappenerkrankungen oder pulmonaler Hypertonie wichtig ist. Dies ist mit anderen bildgebenden Verfahren nicht so präzise möglich.
Zudem bietet die Herzkatheteruntersuchung eine minimale Invasivität im Vergleich zu chirurgischen Eingriffen wie der Bypass-Operation. Die Patienten profitieren von kürzeren Erholungszeiten, weniger Komplikationen und einer geringeren Belastung. Die Prozedur kann oft ambulant durchgeführt werden, und die Patienten können in vielen Fällen am selben Tag entlassen werden. Dies macht die Untersuchung besonders vorteilhaft für ältere oder gesundheitlich geschwächte Personen.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Herzkatheteruntersuchung beginnt mit der Betäubung der Stelle, an der der Katheter eingeführt werden soll. Narkosemittel werden nur auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten verabreicht, andernfalls bleibt es bei Beruhigungsmitteln.
Anschließend wird, sofern ein Wechsel der Katheter zu erwarten ist, eine Schleuse als vereinfachte Führungsschiene an der Einstichstelle gesetzt. Anschließend wird der Katheter eingeführt. Der Kopfteil des Katheters ist dabei besonders weich ausgestaltet, um so Verletzungen an den Gefäßen vorzubeugen. Damit beim Zurückziehen des Katheters ebenso wenig Verletzungen entstehen, verformt sich der Katheter bei Richtungswechsel. Zusätzlich ist er manövrierbar. Dies ist insoweit wichtig, als dass es dem Arzt ermöglicht, an der "richtigen" Abzweigung das Katheter zu weiterführen.
Da der Führungsdraht, der vom eigentlichen Katheter umwickelt ist, aus Metall besteht, ist der Katheter bei gleichzeitiger Bestrahlung des Patienten mit Röntgenstrahlen sichtbar. Der Arzt kann somit auf dem Monitor stets erkennen, wo sich der Katheter gerade befindet. Allerdings sind die Gefäße und das Herz selbst nicht unter Röntgenstrahlen sichtbar. Deshalb wird dem Patienten ein Kontrastmittel verabreicht.
Dies geschieht allerdings nicht, wie es beispielsweise bei der Computertomographie der Fall ist, indem das Mittel dem Patienten venös injiziert wird, sondern wird durch das Katheter selbst in die Gefäße gespritzt.
Sobald der Katheter an seinem Ziel angekommen ist, können im Rahmen der Herzkatheteruntersuchung, soweit dies überhaupt notwendig sein sollte, weitere Behandlungen vorgenommen werden, wie zum Beispiel die bereits genannte Ballondilatation. Ist die Herzkatheteruntersuchung erfolgreich beendet, kann der Patient nicht unmittelbar danach entlassen werden. Weil auch bei höchster Sorgfalt des Arztes Beschädigungen an den Gefäßen nicht ausgeschlossen werden können und dies unvorhersehbare Folgen haben kann, muss der Patient einige Stunden, wenn nicht sogar einen ganzen Tag nach der Herzkatheteruntersuchung in ärztlicher Obhut verbleiben, ehe er entlassen werden kann.
Durchführung & Ablauf
Eine Herzkatheteruntersuchung beginnt in der Regel mit einer lokalen Betäubung an der Einstichstelle, meist in der Leiste oder am Handgelenk. Der Arzt führt einen feinen Katheter über eine Arterie bis zum Herzen vor. Über bildgebende Verfahren, meist Röntgen, kann der Arzt die Position des Katheters genau verfolgen.
Sobald der Katheter am gewünschten Punkt, meist in den Herzkranzgefäßen, platziert ist, wird ein Kontrastmittel injiziert, das die Herzkranzgefäße auf dem Röntgenbild sichtbar macht. Dies ermöglicht dem Arzt, Engstellen oder Blockaden in den Gefäßen zu erkennen. Dieser Teil des Verfahrens nennt sich Koronarangiographie. Währenddessen können auch Druckmessungen im Inneren des Herzens oder der Lungenarterien durchgeführt werden, um die Funktion des Herzens zu überprüfen.
Falls Verengungen entdeckt werden, kann im gleichen Eingriff eine Ballondilatation durchgeführt werden, bei der ein kleiner Ballon im betroffenen Bereich aufgedehnt wird, um das Gefäß zu erweitern. Häufig wird danach ein Stent eingesetzt, ein kleines Metallgitter, das das Gefäß dauerhaft offen hält.
Nach der Untersuchung wird der Katheter vorsichtig entfernt, und die Einstichstelle wird mit Druckverbänden versorgt, um Blutungen zu verhindern. In der Regel bleiben Patienten nach dem Eingriff noch einige Stunden zur Überwachung, können aber oft am selben Tag nach Hause entlassen werden.
Risiken & Gefahren
Statistisch betrachtet ist die Herzkatheteruntersuchung ein relativ ungefährlicher Eingriff. Die Zahl der im Krankenhaus infolge einer Herzkatheteruntersuchung verstorbenen Patienten lag laut einer Qualitätsstudie aus dem Jahr 2009 bei 1 Prozent (etwa 4.000 Menschen).
Herzkatheteruntersuchungen, bei denen weitere Behandlungsmaßnahmen, wie eine Ballondilatation, vorgenommen wurden, lag die In-Hospital-Letalität doppelt so hoch, namentlich bei 2,4 Prozent. Auch hinsichtlich der Strahlenbelastung müssen sich Patienten keine Sorgen machen, da sie sich mit 2.413 cGy*cm² im unbedenklichen Bereich bewegt.
Problematisch könnten bei einer Herzkatheteruntersuchung dagegen mögliche Nebenwirkungen hinsichtlich des Kontrastmittels werden. Betroffen sind hier insbesondere Patienten mit einer chronischen Schilddrüsenüberfunktion. Hier kann das im Kontrastmittel enthaltene Jod zu Problemen mit der Schilddrüse führen.
Alternativen
Es gibt mehrere alternative Verfahren zur Herzkatheteruntersuchung, die insbesondere dann genutzt werden können, wenn ein Herzkatheter aus medizinischen Gründen nicht möglich ist oder vermieden werden soll. Eines der wichtigsten Alternativen ist die nicht-invasive Koronarangiographie mittels Computertomographie (CT), auch als Koronar-CT-Angiographie bezeichnet. Bei diesem Verfahren wird ein Kontrastmittel intravenös verabreicht, und eine CT-Aufnahme erstellt detaillierte Bilder der Herzkranzgefäße. Es eignet sich besonders zur Diagnose von koronaren Herzkrankheiten, ohne dass ein Katheter eingeführt werden muss.
Eine weitere Alternative ist die Magnetresonanztomographie (MRT) des Herzens. Die Herz-MRT liefert präzise Bilder der Herzstrukturen, der Herzfunktion und der Durchblutung, ohne Röntgenstrahlung zu verwenden. Sie eignet sich vor allem zur Beurteilung von Herzmuskel- und Herzklappenerkrankungen.
Das Stressechokardiogramm ist ein Verfahren, bei dem Ultraschallbilder des Herzens vor und nach körperlicher Belastung oder nach Verabreichung von Medikamenten gemacht werden. Es hilft dabei, Durchblutungsstörungen zu erkennen, ohne dass eine invasive Prozedur notwendig ist.
Zudem gibt es die Myokardszintigraphie, ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem radioaktive Substanzen injiziert werden, um die Durchblutung des Herzmuskels zu visualisieren. Diese Methode wird häufig verwendet, um Durchblutungsstörungen und Narbenbildung nach einem Herzinfarkt zu beurteilen.
Diese Verfahren bieten weniger Risiken als eine Herzkatheteruntersuchung und sind besonders nützlich bei Patienten, bei denen invasive Eingriffe vermieden werden müssen.
Quellen
- Erdmann, E.: Klinische Kardiologie. Springer, Heidelberg 2011
- Kramme, R.: Medizintechnik. Springer, Berlin 2011
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004