Belastungs-EKG
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Altersdurchschnitt unserer Bevölkerung steigt immer mehr und damit auch die Anzahl von Menschen mit erhöhtem Risiko, von Herzkrankheiten betroffen zu werden. Damit wächst auch der Bedarf nach Untersuchungen, welche das Herz-Kreislauf-System betreffen. Eine wichtige Stellung nimmt in diesem Bereich der Medizin das Belastungs-EKG ein, bei welchem eine intensive Untersuchung der Belastbarkeit des jeweils betroffenen Patienten erfolgt.
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Was ist ein Belastungs-EKG?
Beim Belastungs-EKG handelt es sich im Allgemeinen um einen Prozess, bei dem Patienten in Bezug auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit getestet werden. Dabei kommen verschiedene Ergometer zum Einsatz, die auf Quer- oder Längsschnittuntersuchungen, Stufen- oder Dauertests basieren.
Es handelt sich dabei um Prozeduren, mit deren Hilfe die individuelle Leistungsfähigkeit einer Person diagnostiziert wird. Die Dokumentation erfolgt dabei im Rahmen einer sogenannten Leistungsdiagnostik. Während der Ausführung des Belastungs-EKG erfolgt die Aufzeichnung des entsprechenden Elektrokardiogramms. Das Belastungs-EKG umfasst im Allgemeinen den Bereich in der Medizin, welcher als Ergometrie bezeichnet wird.
Die Bedeutung und Funktion von einem Belastungs-EKG lässt sich bei genauer Betrachtung bereits von dem Begriff ableiten. Das Wort Ergometrie setzt sich aus den griechischen Worten ergon und metron zusammen, wobei sich das Erste mit Arbeit und das Zweite mit Maßstab übersetzen lässt.
Geschichte & Entwicklung
Das Belastungs-EKG, auch Ergometrie genannt, hat seine Wurzeln in den frühen Studien zur Messung der Herzfunktion unter Belastung. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begannen Forscher, die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf das Herz zu untersuchen. Die erste Methode, bei der die Herzfunktion während körperlicher Anstrengung gemessen wurde, war jedoch noch recht rudimentär.
Einen großen Durchbruch gab es in den 1920er Jahren, als das Elektrokardiogramm (EKG) erstmals zur Messung der elektrischen Aktivität des Herzens verwendet wurde. Der niederländische Arzt Willem Einthoven entwickelte das erste EKG-Gerät, das zunächst für Ruhe-EKGs verwendet wurde. In den folgenden Jahrzehnten erkannte man jedoch, dass einige Herzprobleme, wie die koronare Herzkrankheit, unter Belastung stärker sichtbar wurden als in Ruhe.
In den 1950er Jahren wurde das Belastungs-EKG schließlich systematisch zur Diagnose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt. Forscher wie Robert Bruce trugen wesentlich zur Standardisierung des Tests bei. Bruce entwickelte das „Bruce-Protokoll“, eine schrittweise Steigerung der Belastung auf einem Laufband, während die Herzaktivität mittels EKG überwacht wurde. Dieses Protokoll ist bis heute eine der gebräuchlichsten Methoden für Belastungstests und hat zur Diagnostik und Prävention von Herzerkrankungen wesentlich beigetragen.
Einsatz & Indikation
Ein Belastungs-EKG wird durchgeführt, um die Funktion des Herzens unter körperlicher Anstrengung zu beurteilen. Es kommt häufig zum Einsatz, wenn bei einem Patienten Symptome wie Brustschmerzen, Atemnot oder Herzrasen auftreten, die auf eine koronare Herzkrankheit hinweisen könnten.
Durch die Belastung wird das Herz stärker beansprucht, und potenzielle Durchblutungsstörungen, die in Ruhe nicht erkennbar sind, können im EKG sichtbar werden. Besonders bei Verdacht auf Angina pectoris oder nach einem Herzinfarkt ist der Test nützlich, um die Belastbarkeit des Herzens und das Risiko einer weiteren Schädigung abzuschätzen.
Das Belastungs-EKG wird auch präventiv eingesetzt, um das kardiovaskuläre Risiko bei Menschen mit bestimmten Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht oder familiärer Vorbelastung für Herzkrankheiten zu bewerten. Darüber hinaus wird es genutzt, um die Wirkung von Medikamenten zu überprüfen oder nach einer Herzoperation bzw. einer Stent-Implantation den Behandlungserfolg zu kontrollieren.
Bei Sportlern kann ein Belastungs-EKG Teil einer sportmedizinischen Untersuchung sein, um sicherzustellen, dass das Herz hohen Belastungen gewachsen ist. Auch bei der Abklärung von Herzrhythmusstörungen, die nur unter Belastung auftreten, wird ein Belastungs-EKG durchgeführt.
Vorteile & Nutzen
Ein Belastungs-EKG bietet gegenüber anderen Untersuchungsmethoden mehrere Vorteile, insbesondere bei der Diagnose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einer der größten Vorteile ist die Möglichkeit, Herzprobleme zu erkennen, die in Ruhe nicht offensichtlich sind. Viele Herzkrankheiten, insbesondere Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße, zeigen sich erst unter körperlicher Belastung, wenn das Herz mehr Sauerstoff benötigt. Ein Ruhe-EKG könnte in solchen Fällen normale Ergebnisse liefern, während das Belastungs-EKG die zugrunde liegende Problematik aufdeckt.
Ein weiterer Vorteil des Belastungs-EKGs ist, dass es nicht invasiv ist. Im Gegensatz zu Verfahren wie der Herzkatheteruntersuchung stellt es kein körperliches Risiko für den Patienten dar und erfordert keine spezielle Vorbereitung oder Erholungszeit. Es ist auch relativ kostengünstig und einfach durchzuführen, was es zu einer zugänglichen Methode macht, um schnell Informationen über die Herzgesundheit zu erhalten.
Das Belastungs-EKG ist zudem wertvoll zur Beurteilung der allgemeinen kardiovaskulären Fitness. Es liefert Informationen darüber, wie gut das Herz unter Stress arbeitet, und hilft bei der Beurteilung der körperlichen Belastbarkeit, was für die Planung von Rehabilitationsprogrammen nach Herzinfarkten oder Operationen nützlich ist. Auch zur Überprüfung der Wirksamkeit von Medikamenten kann es herangezogen werden.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die Diagnosen, welche sich durch das Belastungs-EKG stellen lassen, umfassen ein breites Spektrum, wobei sich neben Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Patienten Feststellungen bezüglich des Blutdruckverhaltens unter Belastungsbedingungen ableiten lassen.
Weiterhin lassen sich Herzrhythmusstörungen anhand des gezeichneten Elektrokardiogrammes erkennen. Eine besondere Bedeutung hat das Belastungs-EKG dabei im Bereich der Gesundheitsvorsorge, da es sich um eine wirkungsvolle Präventivmaßnahme für die frühzeitige Erkennung von Herzinfarktrisiken handelt. Gleichzeitig kommt es bei Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, bei Nachuntersuchungen zum Einsatz.
Zu den Einsatzgebieten des Belastungs-EKG zählen weiterhin die Untersuchungen im Rahmen weiterer Krankheiten wie der Pulmunalen Insuffizienz und der Herzinsuffizienz, überschießendem Blutdruckanstieg, Durchblutungsstörungen sowie bei koronaren Herzkrankheit. Die Bedeutsamkeit dieses Untersuchungsverfahrens beruht im Allgemeinen in hohem Maße auf der Tatsache, dass in etlichen Fällen Symptome für solche Krankheiten nur unter Belastung zum Vorschein kommen und deshalb mit anderen Methoden nicht erkennbar wären.
Gemeinhin wird der Patient stets einer Belastung ausgesetzt, welche langsam zunimmt. In den meisten Fällen kommt dabei ein Standfahrrad zum Einsatz, welches auch als Ergometer bezeichnet wird. Während der Patient mit einer bestimmten Geschwindigkeit in die Pedale tritt, wird dessen Elektrokardiogramm geschrieben. Es erfolgt dabei neben der Kontrolle von Herzrhythmus und Puls auch stets eine Messung des Blutdruck]s. Nachdem die Belastungsphase auf dem Ergometer abgeschlossen ist, erfolgt über mehrere Minuten eine weitere Kontrolle der Herzfrequenz, um die Dauer für die Wiederherstellung des Ausgangszustandes festzustellen.
Die Bewertung fließt anschließend in die Beurteilung der Belastbarkeit des Patienten mit ein. Ein weiteres Anwendungsgebiet vom Belastungs-EKG ist die Sportmedizin, wo es zur Feststellung des aktuellen Leistungsstandes des jeweiligen Sportlers dient und einen wichtigen Grundbaustein für die Aufstellung beziehungsweise Aktualisierung des Trainingsplanes darstellt. Neben dem Fahrradergometer kommen beim Belastungs-EKG in manchen Ländern auch Laufbandergometer und Kletterstufen zum Einsatz.
Durchführung & Ablauf
Ein Belastungs-EKG beginnt mit einer gründlichen Vorbereitung des Patienten. Zunächst wird er über den Ablauf informiert, und es erfolgt eine Kontrolle der Ruhe-Herzfrequenz sowie des Blutdrucks. Anschließend werden Elektroden auf die Brust, Arme und Beine geklebt, um die elektrische Aktivität des Herzens während der Untersuchung zu messen. Die Kabel der Elektroden sind mit dem EKG-Gerät verbunden, das die Herztätigkeit kontinuierlich aufzeichnet.
Der Patient beginnt dann, sich entweder auf einem Laufband oder einem Fahrrad-Ergometer körperlich zu belasten. Zunächst ist die Belastung gering, und sie wird in regelmäßigen Zeitintervallen schrittweise erhöht. Dies erfolgt entweder durch Erhöhung der Laufbandgeschwindigkeit und -neigung oder durch Steigerung des Widerstands am Ergometer. Der Arzt beobachtet dabei ständig das EKG sowie den Blutdruck und fragt nach möglichen Beschwerden wie Brustschmerzen, Atemnot oder Schwindel.
Während des Tests wird die Herzfrequenz überwacht, um festzustellen, wie das Herz auf die steigende Belastung reagiert. Der Test wird beendet, wenn der Patient die maximale Belastung erreicht hat, starke Symptome auftreten oder eindeutige EKG-Veränderungen erkennbar werden. Nach dem Test folgt eine Erholungsphase, in der das Herz wieder zur Ruhe kommt und weiter überwacht wird, bis sich Herzfrequenz und Blutdruck normalisieren.
Risiken & Gefahren
Beim Belastungs-EKG bestehen ebenso wie bei vielen anderen medizinischen Methoden auch gewisse Risiken. Diese erreichen jedoch in diesem Fall ein vergleichsweise geringes Ausmaß. In erster Linie gilt es zu beachten, dass in einigen Fällen auf die Anwendung des Belastungs-EKG verzichtet werden sollte.
Zu diesen gehört die Durchführung bei Patienten, welche an einer akuten Herzmuskelentzündung leiden und deren Regelblutdruck einen Wert von 200/120 mmHg überschreitet. Weiterhin wird ein Belastungs-EKG bei Personen, bei welchen eine akute Herzinfarktgefahr besteht, nicht durchgeführt.
Im Allgemeinen lässt sich jedoch festhalten, dass das Risiko nicht höher als das normale, durchschnittliche, statistische Risiko bei Herzpatienten ist. Nur in seltenen Fällen sind die zu verzeichnenden Zwischenfälle so extrem, dass der Einsatz eines Defibrillators erforderlich wird. Die Vorteile überwiegen somit beim Belastung-EKG gegenüber den Gefahren, die damit zusammenhängen können.
Alternativen
Wenn ein Belastungs-EKG nicht durchgeführt werden kann, etwa aufgrund körperlicher Einschränkungen des Patienten, gibt es mehrere alternative Verfahren zur Untersuchung der Herzfunktion. Eine häufige Alternative ist das Pharmakologische Belastungs-EKG, bei dem statt körperlicher Aktivität Medikamente wie Adenosin oder Dobutamin eingesetzt werden, um eine künstliche Belastung des Herzens zu erzeugen. Dies simuliert den Effekt einer körperlichen Anstrengung und ermöglicht die Untersuchung der Herzreaktion unter Stress.
Eine weitere Alternative ist die Stressechokardiographie, eine Kombination aus einer Belastungs- oder pharmakologischen Untersuchung und einer Ultraschalluntersuchung des Herzens. Dieses Verfahren ermöglicht nicht nur die Analyse der elektrischen Aktivität, sondern liefert auch Bilder der Herzwände und der Herzklappen, was bei der Diagnose von strukturellen Herzerkrankungen hilfreich ist.
Die Myokardszintigraphie ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, bei dem ein schwach radioaktives Kontrastmittel verwendet wird, um die Durchblutung des Herzmuskels zu untersuchen. Dieses Verfahren kann ebenfalls unter medikamentöser oder körperlicher Belastung durchgeführt werden und bietet genaue Informationen über Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße.
Schließlich bietet die Kardio-MRT eine sehr detaillierte Bildgebung des Herzens und kann unter Belastung oder medikamentöser Stimulation eingesetzt werden, um Struktur und Funktion des Herzmuskels sowie die Durchblutung der Herzkranzgefäße zu untersuchen.
Quellen
- Battegay, E.: Siegenthalers Differenzialdiagnose. Thieme, Stuttgart 2013
- Hamm, C., Willems, S.: Checkliste EKG. Thieme, Stuttgart 2014
- Roskamm, H., et al.: Herzkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004