Elektrostimulation

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Elektrostimulation wird ein motorischer Nerv mittels angelegter Spannung kontaktiert. Durch diese Kontaktierung erreicht den Muskel ein Aktionspotenzial, das ihn zur Kontraktion bringt. Therapeutische Elektrostimulation kommt vor allem bei peripheren Lähmungen zum Einsatz und soll Atrophien der Muskeln verhindern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Elektrostimulation?

Die Elektrostimulation ist eine therapeutische Reizung durch eine angelegte Spannungsquelle. Elektrostimulative Verfahren kommen vor allem bei Nervenausfällen zum Einsatz.

Die Elektrostimulation ist eine therapeutische Reizung durch eine angelegte Spannungsquelle. Elektrostimulative Verfahren kommen vor allem bei Nervenausfällen zum Einsatz. Wenn periphere Nerven des Körpers ausfallen, kommt es insbesondere an Armen und Beinen oft zum Abbau der Muskelzellen im Versorgungsgebiet des gelähmten Nervs.

Dieser Abbau hängt damit zusammen, dass die Muskeln keine elektrischen Signale durch den Nerv erreichen, Die Signale des Nervs können durch elektrostimulierende Therapien ersetzt werden. In einer solchen Therapiesitzung senden angebrachte Elektroden geringe Stromstöße ins Gewebe aus und steuern damit den betroffenen Nerv an. Durch die Ansteuerung erreichen den bedrohten Muskel stimulierende Signale, die eine Muskelkontraktion zur Folge haben. Aufgrund der so herbeigeführten Kontraktionen stellen sich idealerweise keine Atrophien des gelähmten Muskels ein.

Menschliche Muskeln zeigen auf verschiedene Arten der Strommodulation unterschiedlich gute Ansprache. In den meisten Fällen eignen sich Spannungsverläufe mit exponentiellem Verlauf am besten zur Elektrostimulation. Neben diesem Einsatzbereich kommt die therapeutische Maßnahmen auch an Männern mit Anejakulation zum Einsatz, um eine Ejakulation zu stimulieren.

Funktion, Wirkung & Ziele

Die funktionelle Elektrostimulation entspricht der elektrischen Stimulation eines bestimmten Muskels oder einer Muskelgruppe. Das Verfahren kann direkt oder indirekt stattfinden. Durch das elektrische Signal werden Motornerven stimuliert, die eine Muskelkontraktion auslösen.

Eine implantiert funktionelle Elektrostimulation findet zum Beispiel mit dem Herzschrittmacher statt. Abhängig von der jeweiligen Schädigung erregt das regelmäßig stimulierende Signal des Herzschrittmachers den Herzmuskel im Bereich des rechten Vorhofs oder in der Region der rechten Kammer. Auch der Atemschrittmacher beruht auf implantiert funktioneller Elektrostimulation und stimuliert vorwiegend den Phrenikus. Andere Einsatzbereiche der implantierten Form sind der Darmschrittmacher und der Blasenschrittmacher, die die ausscheidungsbeteiligten Muskeln zur Kontraktion stimulieren. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Elektrostimulation eröffnet sich mit dem Cochlea-Implantat von Hörgeschädigten.

Das Implantat stimuliert den Hörnerv elektrisch und ermöglicht so das Hören auch nach starkem Hörverlust. Diese Art der Elektrostimulation reizt verschiedene Regionen der Basilarmembran und stimuliert so die Ganglienzellen im Hörorgan. Jede Nervenstimulation benötigt eine angelegte Feldstärke mit einer gewissen Gradientenstärke, die im kontaktierten Nerv ein Aktionspotential auslösen kann. Das so ausgelöste Potenzial wandert den motorischen Nerv entlang bis zur motorischen Endplatte eines Muskels. Am Muskel löst die Stimulation abermals ein Aktionspotential aus und bewegt den angesteuerten Muskel damit zur Kontraktion. Muskelzellen können allerdings auch direkt stimuliert werden.

Elektrische Reize zur direkten Muskelerregung sind wesentlich größer und halten ungemein länger vor als solche zur Stimulation bestimmter Nerven. Sowohl bei Nerven-, als auch Muskel-Elektrostimulation werden Oberflächenelektroden auf der Haut des Patienten angelegt. Im Normalfall finden diese Maßnahmen innerhalb einer rehabilitativen Einrichtung statt. Mittels Änderungen der Reizfrequenz werden bei der Elektrostimulation die einzelnen Bereiche der Muskelfasern in unterschiedlicher Stärke stimuliert. Frequenzen bis 200 Hz aktivieren vor allem die schnellen Muskelfasern. Solche bis 10 Hz verbessern die Ausdauerfähigkeit der langsamen Muskelfasern.

Direkte Muskel-Elektrostimulation entspricht einem Training und kann so beispielsweise auch an Spitzensportlern stattfinden. Die mittlerweile effektive Anwendung der direkten Muskel-Elektrostimulation bezieht sich auf denervierte Muskulatur nach permanent peripheren Lähmungen und nutzt Impulse von bis zu 300 MS Breite. Die Intensitäten der Stimulation reichen bis 250 mA.


Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren

Die Elektrostimulation ist als therapeutische Methode mit einigen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Der Körper eines Menschen reagiert auf elektrische Ströme empfindlich. Aus diesem Grund können kleine Spannungen unter  40 Volt bereits negative Effekte hervorrufen, wenn sie zu ungünstigen Bedingungen angelegt werden.

Zu diesen ungünstigen Bedingungen zählt zum Beispiel hochleitfähiger Schweiß. In Einzelfällen ruft Elektrostimulation so Verletzungen wie zum Beispiel leichte Verbrennungen oder Funktionsbeeinträchtigungen der peripherer Nerven hervor. Da bei unsachgemäßem Einsatz auch die Erregungsleitung der Herzmuskelzellen beeinträchtigt werden kann, entstehen in Extremfällen lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen. Im Rahmen der direkten Muskelstimulation können als Nebenwirkungen der Elektrostimulation außerdem Schmerzen auftreten. Einige Patienten empfinden niederfrequenten Reizstrom nur als unangenehmes Ziehen.

Andere klagen über äußerst schmerzhafte Empfindungen. Bei Patienten ohne entsprechende Innervation erledigen sich diese Nebenwirkungen von selbst. Alle anderen Patienten werden zur direkten Muskelstimulation mittlerweile meist mit mittelfrequentem Strom behandelt, der Frequenzen über 1000 Hz entspricht und sensibel nicht belastend ist. Der elektrische Widerstand gegenüber elektrischen Reizen ist in umgekehrter Proportionalität frequenzabhängig. Effektiv sind der Erfahrung nach vor allem Frequenzen von rund 2.000 Hz in modulierten Strömen. Modulierte Mittelfrequenz wird von bestimmten Therapiegeräten und Trainingssystemen bereits standardisiert genutzt. Sowohl bei der Elektrostimulation von Nerven, als auch der Stimulation von Muskeln können sich im Bereich der aufgelebten Elektroden Hautausschläge einstellen. In aller Regel sind solche Ausschläge reversibel und verschwinden nach wenigen Stunden.

Patienten mit Allergien gegen bestimmte Klebstoffe sollten diese Allergien allerdings an ihren Therapeuten kundtun. In absoluten Ausnahmefällen bleiben auf der Haut nach der Elektrostimulation Gefühlsstörungen zurück, die zu dauerhaften Missempfindungen führen. Solche Missempfindungen können zum Beispiel einem anhaltenden Taubheitsgefühl oder einer Störung des Warm-Kalt-Empfindens entsprechen. Trotz der möglichen Risiken vertragen die meisten Patienten die Elektrostimulation gut. Einige empfinden die Impulse sogar als entspannend.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Diener, H.-C., et al.: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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