Ergotherapeut
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 23. August 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Waschen, Zähne putzen, An- und Ausziehen, Kochen, zur Arbeit oder in die Schule gehen – all dies ist verbunden mit komplexen Bewegungen und Gedankenprozessen. Erlernt werden diese Tätigkeiten über viele Jahre hinweg. Jedes Kind muss sich den Weg zum Fußgänger in jahrelanger Schwerstarbeit erst erkrabbeln. Aber was geschieht, wenn man auf einmal einen Teil oder sogar alle diese Tätigkeiten nicht mehr durchführen kann? In diesem Fall kann ein Ergotherapeut wertvolle Hilfe leisten.
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Was ist ein Ergotherapeut?
Ergotherapeuten beschäftigen sich mit alltäglich notwendigen Tätigkeiten – und wenn diese nicht oder nur schwer durchzuführen sind. In der Ergotherapie arbeitet man mit Klienten in folgenden Bereichen: Pädiatrie, Neurologie, Orthopädie/Traumatologie/Rheumatologie, Geriatrie und Psychiatrie.
Selbstversorgung: essen, anziehen, kochen, waschen, sowie Freizeit: spielen, Sport, sich mit Freunden treffen und Produktivität: lernen, putzen, arbeiten. Dies sind die drei großen Bereiche, in welche die Ergotherapie Tätigkeiten gruppiert und welche für ein gesundes Leben von Bedeutung sind.
Der Beruf des Ergotherapeuten kann direkt über eine 3-jährige Ausbildung an einer staatlich geprüften Schule oder über ein Studium erlernt werden. Medizinisches Fachwissen, anerkannte Arbeitsmodelle der Ergotherapie sowie praktisches Erarbeiten von Therapiemethoden sind nur drei der vielen Module, auf die der zukünftige Ergotherapeut aufbaut.
Sozialwissenschaft ist ein weiterer bedeutender Fachbereich in der Ausbildung. Die Arbeit des Ergotherapeuten basiert auf den Wunsch, Körper, Geist und Seele sowie sein Umfeld als Ganzes in eine Therapie einfließen zu lassen.
Ausbildung & Qualifikation
Ein Ergotherapeut benötigt in Deutschland eine staatlich anerkannte Ausbildung oder ein Studium, um in diesem Beruf arbeiten zu dürfen. Die Ausbildung erfolgt typischerweise an einer Berufsfachschule und dauert drei Jahre. Sie umfasst sowohl theoretischen Unterricht als auch praktische Einsätze in verschiedenen medizinischen und sozialen Einrichtungen.
Alternativ kann Ergotherapie auch im Rahmen eines Studiums an einer Hochschule absolviert werden, das in der Regel mit einem Bachelor of Science (B.Sc.) abschließt. Einige Hochschulen bieten auch Masterstudiengänge in Ergotherapie an, die vertiefte Kenntnisse und Spezialisierungen ermöglichen.
Das Berufsbild des Ergotherapeuten ist darauf ausgerichtet, Menschen zu helfen, ihre Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit im Alltag zu verbessern oder wiederzuerlangen. Ergotherapeuten arbeiten mit Menschen aller Altersgruppen, die aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen in ihrer Lebensführung eingeschränkt sind. Sie entwickeln individuelle Therapiepläne und setzen verschiedene therapeutische Methoden ein, um die motorischen, kognitiven und psychosozialen Fähigkeiten der Patienten zu fördern.
Die ethische Verantwortung eines Ergotherapeuten umfasst die Verpflichtung, die Würde und Autonomie des Patienten zu respektieren, die Vertraulichkeit zu wahren und stets im besten Interesse des Patienten zu handeln. Dies schließt auch eine kontinuierliche Weiterbildung und die Einhaltung beruflicher Standards ein.
Im Unterschied zu Physiotherapeuten, die vor allem auf die Verbesserung der körperlichen Beweglichkeit und Funktion fokussiert sind, konzentrieren sich Ergotherapeuten auf die Förderung der Alltagskompetenzen. Logopäden hingegen spezialisieren sich auf die Behandlung von Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen. Ergotherapeuten arbeiten häufig interdisziplinär mit diesen und anderen Berufsgruppen zusammen, um eine umfassende Betreuung der Patienten zu gewährleisten.
Aufgabenbereich
Der Aufgabenbereich eines Ergotherapeuten ist vielfältig und umfasst die Unterstützung von Menschen aller Altersgruppen, die aufgrund von körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigungen Schwierigkeiten haben, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Ziel der Ergotherapie ist es, die Handlungsfähigkeit und Selbstständigkeit der Patienten in ihrem täglichen Leben zu fördern oder wiederherzustellen. Dies geschieht durch gezielte therapeutische Maßnahmen, die auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Patienten abgestimmt sind.
Ein wesentlicher Teil der Arbeit eines Ergotherapeuten besteht darin, die Fähigkeiten der Patienten zu beurteilen und gemeinsam mit ihnen Ziele für die Therapie zu setzen. Dies erfordert eine sorgfältige Analyse der aktuellen Fähigkeiten und Einschränkungen des Patienten, die durch Tests, Beobachtungen und Gespräche ermittelt werden. Auf dieser Grundlage entwickelt der Ergotherapeut einen individuellen Behandlungsplan, der darauf abzielt, die Selbstständigkeit des Patienten in den Bereichen zu fördern, die für sein tägliches Leben am wichtigsten sind.
Ergotherapeuten arbeiten häufig mit Patienten, die unter neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfällen, Multiple Sklerose oder Parkinson leiden. In diesen Fällen zielt die Therapie darauf ab, motorische Fähigkeiten, Koordination und Gleichgewicht zu verbessern sowie kognitive Funktionen wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeiten zu stärken. Darüber hinaus helfen Ergotherapeuten Patienten, sich an Hilfsmittel zu gewöhnen, die ihnen helfen können, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
Im Bereich der Pädiatrie arbeiten Ergotherapeuten mit Kindern, die Entwicklungsstörungen, Lernschwierigkeiten oder Verhaltensprobleme haben. Hier konzentriert sich die Therapie oft auf die Förderung der Fein- und Grobmotorik, der sensorischen Integration und der sozialen Fähigkeiten. Ziel ist es, die Kinder in ihrer Entwicklung zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihre Fähigkeiten im schulischen und sozialen Umfeld zu verbessern.
In der Geriatrie arbeiten Ergotherapeuten mit älteren Menschen, die aufgrund von altersbedingten Veränderungen oder Erkrankungen wie Demenz ihre Selbstständigkeit verloren haben. Die Therapie zielt darauf ab, die vorhandenen Fähigkeiten zu erhalten und den Alltag der Betroffenen so zu gestalten, dass sie möglichst lange selbstständig leben können.
Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich der Ergotherapie ist die Rehabilitation nach Unfällen oder Operationen. Hier helfen Ergotherapeuten den Patienten, ihre verlorenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und sich an neue Lebenssituationen anzupassen. Dies kann die Wiedererlangung von Handfunktionen nach einer Handverletzung oder die Anpassung an eine Prothese nach einer Amputation umfassen.
Zusätzlich zur direkten Arbeit mit Patienten haben Ergotherapeuten auch beratende und lehrende Funktionen. Sie schulen Patienten und deren Angehörige im Umgang mit Hilfsmitteln, in der Anpassung des häuslichen Umfelds oder in der Entwicklung von Strategien, um mit den Herausforderungen des täglichen Lebens besser umgehen zu können. Ergotherapeuten arbeiten oft in interdisziplinären Teams mit anderen Gesundheitsfachkräften zusammen, um eine ganzheitliche Betreuung ihrer Patienten sicherzustellen.
Spezialisierungen
Ergotherapeuten haben zahlreiche Möglichkeiten, sich weiterzubilden und in spezifische Fachbereiche zu spezialisieren, um ihre beruflichen Kompetenzen zu erweitern und auf bestimmte Patientengruppen oder therapeutische Methoden zu fokussieren.
Eine häufige Spezialisierung ist die Neurologie, bei der sich Ergotherapeuten auf die Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfällen, Multiple Sklerose oder Parkinson konzentrieren. Hierbei erwerben sie vertiefte Kenntnisse in der Rehabilitation motorischer und kognitiver Funktionen.
Im Bereich der Pädiatrie spezialisieren sich Ergotherapeuten auf die Arbeit mit Kindern, die Entwicklungsstörungen, Lernschwierigkeiten oder Verhaltensprobleme haben. Weiterbildungen in diesem Bereich umfassen Techniken zur Förderung der Fein- und Grobmotorik, der sensorischen Integration und der sozialen Fähigkeiten.
Eine weitere Spezialisierungsmöglichkeit bietet die Handtherapie, die sich auf die Rehabilitation von Handverletzungen und -erkrankungen fokussiert. Ergotherapeuten lernen hier, spezielle Schienen anzufertigen und gezielte Übungen zur Wiederherstellung der Handfunktion anzuleiten.
In der Geriatrie können sich Ergotherapeuten auf die Betreuung älterer Menschen spezialisieren, um Altersbeschwerden wie Demenz, Arthritis oder Schlaganfälle zu behandeln und die Selbstständigkeit im Alter zu fördern.
Zusätzlich können Ergotherapeuten Weiterbildungen in Psychiatrie, Schmerztherapie oder Onkologie absolvieren, um auf spezifische Patientengruppen einzugehen. Auch Management- und Leitungsaufgaben bieten sich als Weiterbildungsmöglichkeiten an, ebenso wie die Tätigkeit in der Forschung oder Lehre.
Behandlungen & Therapien
Die Ergotherapie hat sich in den letzten Jahrzehnten von einer mechanischen zu einer holistischen Sichtweise erweitert. Alltägliche Tätigkeiten beruhen nicht nur auf gesunde motorische und kognitive Fähigkeiten.
Unser Tun und Handeln wird von unserer Umwelt beeinflusst – genauso wie jeder Mensch seine Umwelt mit seinen Tätigkeiten mitformt. Deshalb arbeiten Ergotherapeuten nicht nur in Rehabilitationszentren, Kliniken, Schulen und Privatpraxen, sondern begleiten Klienten auch nach Hause, um ihre Wohnung, ihren Arbeitsplatz, aber genauso ihre Familie und Freunde in den Prozess einzugliedern.
Depressionen, Psychosen und Essstörungen gehören zu den Krankheitsbildern, in welchem Ergotherapeuten ein psychiatrischen Team unterstützten können. Ergotherapeuten helfen durch das Erlernen von neuen Verhaltensmustern bei der Wiedereingliederung des Klienten in die Gesellschaft.
Im Bereich der Essstörungen, aber auch in der Früherkennung von potentiell gesundheitsschädlichen Verhaltensmustern, übernehmen Ergotherapeuten im angelsächsischem Raum vermehrt eine Rolle im Bereich der Prävention an Schulen.
Pädiatrie ist der Bereich, der am häufigsten mit Ergotherapie assoziiert wird. In diesem Feld geht es darum, Lösungen zu finden, um Kindern mit motorischen und geistigen Einschränkungen, aber auch Kindern mit Lernschwächen und Konzentrationsschwierigkeiten zu unterstützen. Eltern von Kindern mit ADHS und Legasthenie arbeiten vermehrt mit Ergotherapeuten zusammen. In vielen Fällen überweisen Kinderärzte Eltern mit ihren Kindern zu entsprechenden Ergotherapeuten.
In der Ergotherapie ist das Alter der Klienten nicht von Bedeutung. Die Hintergründe sind vielzählig, warum Menschen sich auf einmal nicht mehr in der Lage sehen, tägliche Tätigkeiten auszuüben. Arbeits- und Autounfälle, Schlaganfall, degenerativen Störungen der Extremitäten, Amputationen aber auch ältere Menschen, die aufgrund von Dementia Einschränkungen in ihrem gewohnten Leben erfahren, gehören zum Arbeitsbereich eines Ergotherapeuten.
Sobald eine Einschränkung aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder einer genetischen Prädisposition besteht, kann ein Ergotherapeut Hilfe beim Erlernen oder Wiedererlernen von Tätigkeiten anbieten.
Methoden & Behandlungsformen
Die Art und Weise wie ein Ergotherapeut arbeitet, hängt natürlich immer vom Klienten ab, aber einige Beispiele können die Arbeitsweise näher bringen.
Aktivitäten, die vormals als ein Ganzes gesehen wurden, werden in kleinen Teilabschnitten neu erlernt. Es wird mit Geräten und Hilfsmittel gearbeitet, welche für den Klienten notwendig sind. Kreativität, ob durch Malen, zeichnen, handwerkliches Arbeiten, sowie in Verbindung mit einem Kunsttherapeuten oder aber in der kreativen Lösung von alltäglichen Problemen ist ein zentrales Gebiet in der ergotherapeutischen Arbeit.
Der Ergotherapeut sucht nach neuen Wegen, um alte Tätigkeiten den neuen Anforderungen entsprechend, mit dem Klienten gemeinsam, auszuüben. Dies tut er in Unterstützung mit Ärzten, Physiotherapeuten, Psychologen, Logopäden, Sozialarbeitern und vielen mehr.
Moderne Technologien und Hilfsmittel
Ein Ergotherapeut verwendet eine Vielzahl von diagnostischen Geräten, Instrumenten und Ausrüstungen, um die Fähigkeiten und Einschränkungen seiner Patienten zu beurteilen und gezielte Behandlungspläne zu entwickeln.
Zu den häufig eingesetzten diagnostischen Instrumenten gehören motorische Tests wie das 9-Loch-Steckbrett oder der Purdue Pegboard Test, die die Feinmotorik, Hand-Auge-Koordination und Fingerfertigkeit bewerten. Diese Tests helfen dem Therapeuten, die motorischen Fähigkeiten der Patienten zu beurteilen und Fortschritte zu messen.
Für die kognitive Bewertung nutzen Ergotherapeuten standardisierte Tests wie das Mini-Mental-Status-Test (MMST) oder den Montreal Cognitive Assessment (MoCA), die das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit und andere kognitive Funktionen prüfen. Diese Tests sind besonders bei der Arbeit mit Patienten mit neurologischen Erkrankungen oder Demenz wichtig.
In der sensorischen Integrationstherapie werden spezifische Geräte wie Schaukeln, Bällebad und Taktile Materialien verwendet, um die sensorische Verarbeitung und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Diese Ausrüstungen helfen, sensorische Reize gezielt zu verarbeiten und motorische Reaktionen zu fördern.
Für die Handtherapie verwenden Ergotherapeuten spezielle Schienen, Thera-Bänder und Handkraftmesser (Dynamometer), um die Handfunktion zu verbessern und die Muskulatur zu stärken. Diese Geräte sind entscheidend für die Rehabilitation von Patienten mit Handverletzungen oder Erkrankungen wie Arthritis.
Ergotherapeuten setzen auch Alltagssimulationen ein, wie Übungsküchen oder Werkzeuge für den Haushalt, um die Patienten auf reale Lebenssituationen vorzubereiten und deren Selbstständigkeit zu fördern.
Worauf sollte man als Patient achten?
Bei der Wahl des richtigen Ergotherapeuten spielt das Alter des Klienten eine Rolle. Im Falle von Erwachsenen, welche durch einen Unfall oder einer Krankheit Hilfe benötigen, ist der Ergotherapeut gewöhnlich Teil eines Rehabilitationsteams oder wird über einen Arzt oder Physiotherapeuten vermittelt.
Bei Kindern sind Kinderärzte der erste Ansprechpartner. Kindergärten und Schulen arbeiten vermehrt mit Ergotherapeuten zusammen, und können Eltern deshalb bei der Auswahl zur Seite stehen.