Manuelle Lymphdrainage
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. November 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Im menschlichen Körper werden abgestorbene Zellen, Schlacken und ähnliche Stoffe mit der Lymphflüssigkeit aus dem Körper transportiert. Dabei stellt das Lymphsystem ein weit verzweigtes Netz dar, welches dem Herz-Kreislauf-System nicht unähnlich ist. Kommt es jedoch zu einer Störung in diesem System, kann es zu unangenehmen und scherzhaften Schwellungen kommen, welche jedoch häufig durch eine manuelle Lymphdrainage behoben werden können.
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Was ist die Manuelle Lymphdrainage?
Die manuelle Lymphdrainage ist eine besondere Therapieform aus dem Bereich der physikalischen Anwendungsgebiete. Der Schwerpunkt der manuellen Lymphdrainage liegt auf der Entstauung geschwollener Körperbereiche, insbesondere in den Extremitäten. Diese können nach einer Tumorentfernung, Operation oder Verletzung zu Schwellungen neigen, welche zu Spannungen und Schmerzen führen.
Die Manuelle Lymphdrainage setzt sich aus verschiedenen Handgriffen in Form von Griff- und Massagetechniken zusammen. Diese Techniken sollen nicht nur die Lymphflüssigkeit in Richtung Hals verschieben, sondern auch zu einer Aktivierung des gesamten Lymphsystems führen.
Eine manuelle Lymphdrainage darf nur durch ausgebildete Fachkräfte, zumeist Physiotherapeuten oder Masseure, angewandt und abgerechnet werden, die eine zusätzlich Ausbildung in diesem Bereich absolviert haben. Die Therapeuten greifen dabei auf verschiedene Techniken, wie Kreisbewegungen, Pump-, Zupf-, Schröpf- und Drehgriffe zurück.
Geschichte & Entwicklung
Die Manuelle Lymphdrainage (MLD) wurde in den 1930er Jahren von dem dänischen Physiotherapeuten Dr. Emil Vodder und seiner Frau Estrid Vodder entwickelt. Während ihrer Arbeit mit Patienten an der französischen Riviera beobachteten die Vodders, dass viele Menschen mit chronischen Erkältungen geschwollene Lymphknoten hatten. Sie entwickelten daraufhin spezielle Massagegriffe, die das Lymphsystem anregen und den Abtransport von Gewebeflüssigkeit fördern sollten.
1940 präsentierten die Vodders ihre Methode erstmals in Paris. In den folgenden Jahren erweiterten und systematisierten sie die Technik, die auf sanften, rhythmischen und kreisenden Bewegungen basiert. Ziel war es, den Lymphfluss zu verbessern und Stauungen, wie sie etwa bei Lymphödemen auftreten, zu reduzieren.
Die Methode gewann ab den 1960er Jahren international an Bedeutung, vor allem durch die Integration in die physikalische Therapie. In Deutschland spielte Dr. Johannes Asdonk eine Schlüsselrolle bei der Etablierung der MLD in der medizinischen Praxis. Er gründete 1972 die Deutsche Gesellschaft für Lymphologie, die zur Weiterentwicklung und Standardisierung der Methode beitrug.
Heute ist die Manuelle Lymphdrainage ein wesentlicher Bestandteil der komplexen physikalischen Entstauungstherapie und wird weltweit in der Behandlung von Lymphödemen und anderen Erkrankungen eingesetzt.
Einsatz & Indikation
Die Manuelle Lymphdrainage (MLD) wird durchgeführt, um den Lymphfluss zu fördern und Schwellungen durch Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe zu reduzieren. Sie ist besonders bei Lymphödemen angezeigt, die häufig nach operativen Eingriffen, wie der Entfernung von Lymphknoten bei Krebsbehandlungen, auftreten. Auch bei chronischen venösen Erkrankungen, wie Venenschwäche, kann die Lymphdrainage unterstützend wirken.
Ein weiteres Einsatzgebiet sind posttraumatische oder postoperative Schwellungen, etwa nach Verletzungen, Operationen oder Verbrennungen. In solchen Fällen hilft die MLD, die Heilung zu beschleunigen und Schmerzen zu lindern, indem sie die Gewebespannung verringert. Sie wird auch bei Lipödemen eingesetzt, einer chronischen Fettverteilungsstörung, die oft mit Schwellungen und Schmerzen einhergeht.
MLD kann außerdem bei bestimmten Hauterkrankungen, wie Sklerodermie oder Rosacea, sowie bei rheumatischen Erkrankungen angewendet werden, um Entzündungen und Schwellungen zu mindern. In der Schmerztherapie wird sie zur Entspannung und Verbesserung der Durchblutung genutzt.
Nicht zuletzt findet die Lymphdrainage auch in der Prävention Anwendung, etwa bei Personen mit Neigung zu geschwollenen Beinen durch langes Stehen oder Sitzen. Wichtig ist, dass die MLD bei bestimmten Kontraindikationen wie akuten Infektionen, Herzinsuffizienz oder Thrombosen nicht angewendet wird.
Vorteile & Nutzen
Die Manuelle Lymphdrainage (MLD) bietet spezifische Vorteile, die sie von anderen Behandlungsmethoden abheben. Sie ist eine sanfte, nicht-invasive Technik, die ohne den Einsatz von Medikamenten auskommt, wodurch Nebenwirkungen minimiert werden. Im Gegensatz zu chirurgischen oder medikamentösen Ansätzen wirkt die MLD direkt auf das Lymphsystem und fördert den natürlichen Abfluss von Gewebeflüssigkeit, was besonders bei Lymphödemen effektiv ist.
Ein weiterer Vorteil ist ihre schmerzlindernde Wirkung. Die sanften, rhythmischen Bewegungen beruhigen die Haut und das darunterliegende Gewebe, was Spannungsgefühle und Schmerzen reduziert. Im Vergleich zu herkömmlichen Massagetechniken wirkt die MLD nicht mechanisch tief ins Gewebe ein, sondern konzentriert sich auf oberflächliche Strukturen, wodurch sie auch bei empfindlichen oder geschädigten Körperstellen angewendet werden kann.
Die MLD unterstützt zudem die Heilung nach Operationen oder Verletzungen, indem sie Schwellungen mindert und die Durchblutung fördert. Dadurch können Genesungszeiten verkürzt werden. Auch im Vergleich zu reinen physikalischen Maßnahmen, wie Bandagierungen, bietet sie den Vorteil einer unmittelbaren Wirkung auf das Lymphsystem.
Darüber hinaus wird die MLD oft als wohltuend und entspannend empfunden, was sie bei Patienten beliebt macht. Sie kann zudem individuell angepasst werden und eignet sich für eine Vielzahl von Indikationen, von Lymphödemen bis zu Haut- und Schmerzproblemen.
Funktion, Wirkung, Anwendung & Ziele
Die manuelle Lymphdrainage wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Insbesondere nach einer Lymphnotenentfernung in Folge einer Tumorerkrankung, kann sie dem Patienten Abhilfe schaffen. Denn entfernte Lymphknoten können zu Schwellungen, den sogenannten Lymphödemen, führen.
Im Rahmen der manuellen Lymphdrainage wird in einem ersten Schritt versucht, die übrig gebliebenen Lymphgefäße zu stimulieren, sodass die Lymphflüssigkeit besser abtransportiert werden kann. Im Anschluss wird durch das Anlegen von Kompressionsverbänden das Zurückfließen der Lymphe verhindert. Dieser erste Schritt der Entstauung und Erweichung der betroffenen Gebiete sollte täglich oder zumindest mehrmals in der Woche durchgeführt werden.
In der zweiten Phase der manuellen Lymphdrainage bei Tumorpatienten, wird die Lymphflüssigkeit lediglich nur noch am Rückfluss gehindert, um das erreichte Ziel der Entstauung aufrecht zu erhalten. Aber auch nach Operationen oder Verletzungen kann es zu einer Flüssigkeitseinlagerung im Bindegewebe kommen. Diese setzt sich in diesem Fall aus Blut- und Wassereinlagerungen zusammen.
Bei solchen Verletzung soll durch die manuelle Lymphdrainage die Flüssigkeit aus dem Bindegewebe in die Lymphbahnen verschoben werden, damit es abtransportiert werden kann. Es werden zumeist Verschiebetechniken angewandt, die kreisförmig ausgeführt werden.
Aber auch im Wellnessbereich kommt es zur Anwendung von manueller Lymphdrainage zur Entspannung oder bei speziellen Hautproblemen, wie Akne oder Cellulite. Bei der Aknebehandlung kann die manuelle Lymphdrainage helfen, Gifte und andere Stoffe abzutransportieren, bevor diese zu Entzündungen in Form von Pickeln führen. Das Hautbild kann dadurch enorm verbessert werden.
Bei Cellulite sollen vorhandene Stauungen gelöst werden und die überflüssigen Flüssigkeitsablagerungen aus dem Bindegewebe entfernt werden. Eine manuelle Lymphdrainage kann die Cellulite-Behandlung zwar unterstützen, jedoch diese nie alleine wirksam bekämpfen. Für eine wirksame Bekämpfung der Cellulite kommt es zusätzlich auf regelmäßigen Sport, gesunde Ernährung und Wechselduschen an.
Weitere Anwendungsgebiete der manuellen Lymphdrainage können Nervenschmerzen, einige Migräneformen oder starke Verschleimungen im Rahmen einer Atemwegserkrankung sein.
Durchführung & Ablauf
Die Manuelle Lymphdrainage ist eine spezielle Massagetechnik, die in mehreren systematischen Schritten durchgeführt wird. Der Therapeut beginnt mit sanften, kreisenden Bewegungen an den sogenannten Lymphknotenstationen, meist im Hals- oder Schlüsselbeinbereich. Dies dient dazu, die zentralen Lymphknoten zu "entleeren" und den Weg für die nachfolgende Behandlung vorzubereiten.
Im nächsten Schritt arbeitet sich der Therapeut in Richtung der Schwellung oder des betroffenen Bereichs vor. Dabei werden spezielle Griffe wie stehende Kreise, Pumpgriffe, Schöpfgriffe und Drehgriffe verwendet. Diese Bewegungen sind sanft und rhythmisch, um die Lymphgefäße nicht zu überlasten und die natürliche Fließrichtung der Lymphe zu unterstützen.
Ein zentraler Bestandteil ist das Prinzip „zentripetal arbeiten“, das heißt, die Massage erfolgt immer in Richtung des Lymphflusses hin zu den großen Lymphknoten. Besonders bei Lymphödemen wird darauf geachtet, zuerst die angrenzenden, weniger betroffenen Gebiete zu behandeln, bevor der gestauteste Bereich bearbeitet wird.
Die Dauer und Intensität der Behandlung hängen von der Diagnose und dem Schweregrad des Ödems ab. Eine Sitzung dauert in der Regel 30 bis 60 Minuten. Zum Abschluss kann die Behandlung durch Kompressionsbandagen oder -strümpfe ergänzt werden, um die Wirkung der MLD zu unterstützen und die Flüssigkeitsansammlung nachhaltig zu verhindern.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Normalerweise birgt eine professionelle Lymphdrainage keinerlei Risiken oder Nebenwirkungen. Allerdings gibt es bestimmte Kontraindikationen, welche die Anwendungsmöglichkeiten einer manuellen Lymphdrainage einschränken.
Bei einer Herzschwäche oder Wasseransammlung in den Beinen aufgrund einer Herzerkrankung, kann die manuelle Lymphdrainage den Gesundheitszustand des Patienten verschlechtern, da das Herz zusätzlich überlastet wird.
Das gleiche gilt für Organstörungen der Nieren, Leber oder des Kreislaufs. Hier kann eine manuelle Lymphdrainage zu einer weiteren Schädigung der betroffenen Organe führen.
Des Weiteren hat diese Form der physikalischen Therapie bei Blutgerinnungsstörungen oder Thrombosen zu unterbleiben. Auch bei entzündlichen Prozessen, erhöhter Körpertemperatur oder akuten allergischen Reaktionen kann der Einsatz der manuellen Lymphdrainage mehr Schaden als Nutzen bringen und sollte daher sorgfältig abgewogen werden.
Bei einer unprofessionell durchgeführten Lymphdrainage kann es jedoch zu einer zusätzlichen Zerstörung der Lymphgefäße oder einer weiteren Erhöhung der Lymphmenge kommen. Aufgrund der guten Fachausbildung ist mit solchen Nebenwirkungen der manuellen Lymphdrainage jedoch nicht bei ausgebildeten Therapeuten zu rechnen.
Alternativen
Es gibt verschiedene Alternativen zur Manuellen Lymphdrainage, die eingesetzt werden können, wenn diese nicht möglich ist oder ergänzende Maßnahmen erforderlich sind. Eine der wichtigsten Alternativen ist die apparative intermittierende Kompressionstherapie (AIK). Dabei werden Manschetten verwendet, die mechanischen Druck auf das Gewebe ausüben und den Lymphfluss unterstützen. Diese Methode ist besonders geeignet, wenn eine regelmäßige manuelle Behandlung nicht verfügbar ist, sollte jedoch individuell angepasst werden, um Druckschäden zu vermeiden.
Kompressionstherapie mit Bandagen oder Kompressionsstrümpfen stellt eine weitere wichtige Option dar. Sie hilft, die Lymphflüssigkeit im Gewebe zu reduzieren und ein erneutes Ansammeln zu verhindern. Diese Methode ist oft ein wesentlicher Bestandteil der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE).
Zusätzlich können physikalische Maßnahmen wie Bewegungstherapie oder spezielle Gymnastikübungen eingesetzt werden. Diese fördern den Lymphfluss durch die Aktivierung der Muskelpumpe, insbesondere wenn sie mit Kompressionskleidung kombiniert werden.
Medikamentöse Ansätze spielen eine untergeordnete Rolle, da es keine Medikamente gibt, die den Lymphfluss direkt verbessern. Allerdings können Entwässerungsmittel in speziellen Fällen bei Begleiterkrankungen sinnvoll sein.
In der Naturheilkunde werden auch manuelle Methoden wie Osteopathie oder Reflexzonentherapie angewandt, die indirekt auf das Lymphsystem einwirken. Wichtig ist, dass jede alternative Methode individuell auf den Patienten abgestimmt und bei Kontraindikationen wie Herzinsuffizienz mit Vorsicht angewandt wird.
Quellen
- Ernst, E.: Praxis Naturheilverfahren. Springer, Berlin 2005
- Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physiotherapie in der Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2015
- Rost, R.: Sport- und Bewegungstherapie bei Inneren Krankheiten. Deutscher Ärzteverlag, Köln 2005