Halswirbelsäulenbruch
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Unter einem Halswirbelsäulenbruch oder einer Halswirbelsäulenfraktur versteht der Mediziner den vollständigen oder teilweisen Wirbelbruch der Halswirbelsäule. Umgangssprachlich wird der Halswirbelbruch oftmals auch als Genickbruch bezeichnet. Diese Verletzung birgt die Gefahr einer Querschnittslähmung, wenn das Rückenmark der Halswirbelsäule mitbetroffen ist. Die Therapie richtet sich nach Schweregrad und Bruchart.
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Was ist ein Halswirbelsäulenbruch?
Als Halswirbelsäule, kurz HWS, sind die sieben Wirbel von Menschen und Säugetieren definiert, die zwischen Kopf und Brustwirbelsäule liegen. Verletzungen und Frakturen der Halswirbelsäule treten gehäuft bei Kindern und Senioren auf.
Durch die HWS verlaufen alle Nervenbahnen, die Körper und Gehirn verbinden, sodass eine Fraktur dieses Bereiches zahlreiche Folgen und Symptome aufweisen kann. Die typischerweise auftretenden Beschwerden einer HWS-Fraktur sind Schmerzen im betroffenen Bereich, sowohl in Ruhe als auch bei Bewegung, eine Fehlhaltung des Kopfes und das subjektive Gefühl des Betroffenen, den Kopf nicht mehr halten zu können.
Wurden durch den Wirbelbruch Nervenbahnen beschädigt, so treten zusätzlich Gefühlsausfälle und Lähmungserscheinungen auf, beispielsweise kommt es zum Atem- oder Kreislaufstillstand oder zur Querschnittslähmung.
Ursachen
Die möglichen Ursachen der HWS-Fraktur müssen danach unterschieden werden, ob der Betroffene zu einer besonderen Risikogruppe zählt. Bei älteren Menschen können schon kleine Gewalteinwirkungen wie Stürze zu einem Halswirbelsäulenbruch führen.
Bei Kleinkindern und Säuglingen ist die Halsmuskulatur zu schwach, um den großen Kopf stabil zu halten, sodass ebenfalls leichte Gewalteinwirkungen zu Frakturen der Halswirbelsäule führen können. Auch schwere Verkehrsunfälle mit Frontal- oder Heckkollisionen führen bei älteren Menschen und Kindern häufiger zu einer Halswirbelsäulenverletzung.
Gehört der Betroffene nicht zu einer Risikogruppe, so liegen die Ursachen einer HWS-Fraktur in einer Überdehnung oder Überstreckung der Halswirbelsäule, wie sie bei direkter oder indirekter Gewalteinwirkung vorkommen kann. Häufig sind Fahrrad- und Motorradunfälle, Unfälle bei Kontaktsportarten und beim Pferdesport und unvorsichtige Kopfsprünge in unbekannte Gewässer oder aus zu großen Höhen die Ursache einer HWS-Fraktur.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein Halswirbelsäulenbruch stellt eine gefährliche Verletzung dar, die unter Umständen auch tödlich enden kann. Als typische Symptome werden Kopfschmerzen und Nackenschmerzen beobachtet. Außerdem ist das Drehen des Kopfes erschwert. Dabei kommt es zu unerträglichen Schmerzen und Schwindelgefühlen.
Des Weiteren sind Lähmungen in beiden Armen oder auch nur in einem Arm möglich. Oft kann der Kopf nicht mehr aufrecht gehalten werden, sodass einige Patienten sogar versuchen, ihn mit den Händen abzustützen. Die Halswirbel können sich unter Umständen gegeneinander verschieben. Das passiert besonders häufig bei instabilen Brüchen. Wenn außerdem Knochensplitter in den Wirbelkanal gelangen, kann es zur weiteren Beschädigung von Wirbelkörpern kommen.
Zusätzlich werden dabei häufig auch Einblutungen in den Wirbelkanal oder in das Rückenmark beobachtet. Begleitet wird ein Halswirbelsäulenbruch häufig von Schluckbeschwerden und Blutergüssen. Auch die Atemfunktion ist mitunter beeinträchtigt. Das gilt besonders, wenn der vierte Halswirbel betroffen ist. Zu den schlimmsten Folgen eines Halswirbelsäulenbruchs zählt die Querschnittslähmung.
Des Weiteren ist auch ein Atem-und Kreislaufstillstand möglich, der zum Tod führt. Auch bei einem Schleudertrauma kann ein Halswirbelsäulenbruch vorliegen. Neben Kopf- und Nackenschmerzen zeichnet es sich häufig durch Missempfindungen in den Extremitäten, Abschwächung der Reflexe, Schwindelgefühlen und Hörstörungen aus. Ohne Behandlung führt ein Halswirbelsäulenbruch oft zu einer schweren Behinderung oder gar zum Tod. Je nach Art der Verletzung kann bei einer rechtzeitigen Behandlung eine vollständige Heilung erfolgen.
Diagnose & Verlauf
Besteht nach einer Gewalteinwirkung auf die Halswirbelsäule der Verdacht auf eine HWS-Fraktur, so führt der Arzt zunächst eine körperliche Untersuchung durch. Im Rahmen dieser vorsichtigen Diagnostik von Beweglichkeit und Schmerzhaftigkeit der Halswirbel wird auch die Nervenfunktion überprüft.
Die Untersuchung erfolgt unter Vermeidung größerer Belastungen für die HWS. Da eine manuelle Untersuchung den Verdacht auf Halswirbelsäulenbruch nur erhärten, nicht bestätigen oder ausschließen, kann, muss im Anschluss eine radiologische Diagnostik erfolgen. In der Regel reicht hierfür die Röntgenuntersuchung von vorne und von der Seite. Das Röntgenbild ist aussagekräftig und kann schnell erstellt werden, sodass Röntgen die Diagnosemethode erster Wahl ist.
Um Zweifel an der Diagnose auszuräumen oder weitere Fragestellungen, wie den genauen Verlauf des Bruches oder Verletzungen der Nervenbahnen, zu klären, können zusätzlich Aufnahmen im Computertomografen (CT) oder im Magnetresonanztomografen (MRT) erfolgen. Prognose und Verlauf eines Halswirbelsäulenbruches müssen individuell anhand der genauen Verletzungsform und mitbetroffener Nervenbahnen beurteilt werden.
Komplikationen
Die Beschwerden bei einem Halswirbelsäulenbruch hängen in der Regel von der Ausprägung des Bruches ab. Im schlimmsten Falle erleidet der Betroffene eine sogenannte Querschnittslähmung und ist dabei in seinem Alltag extrem eingeschränkt. Es kommt dabei zu erheblichen Einschränkungen der Bewegung, sodass der Patient eventuell auf einen Rollstuhl und auf andere Menschen in seinem Alltag angewiesen ist.
Die Lebensqualität wird durch den Halswirbelsäulenbruch extrem verringert. Weiterhin kommt es zu verschiedenen Lähmungen am Körper und zu Schmerzen in den betroffenen Regionen. Durch die plötzlichen Lähmungen und Schmerzen bilden sich nicht selten psychische Beschwerden oder Depressionen aus. Ebenso leiden die Patienten an Schlafstörungen und können dadurch nur erschwert Flüssigkeiten und Nahrung aufnehmen.
In der Regel erschweren auch starke Schmerzen den Alltag, welche auch nachts in Form von Ruheschmerzen zu Schlafbeschwerden führen können. Nicht selten treten auch Selbstmordgedanken auf. Ob bei einem Halswirbelsäulenbruch eine Behandlung möglich ist, hängt dabei stark von der Ausprägung des Bruches ab.
Es kann allerdings kein positiver Krankheitsverlauf garantiert werden. In einigen Fällen sind die Betroffenen ihr Leben lang auf einen Rollstuhl und andere Hilfen im Alltag angewiesen. Die Lebenserwartung wird durch den Halswirbelsäulenbruch allerdings nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es durch einen Halswirbelsäulenbruch im schlimmsten Falle zu einer Querschnittslähmung kommen kann, die nicht mehr behandelt werden kann, sollte immer ein Arzt aufgesucht werden. Da der Halswirbelsäulenbruch in der Regel durch einen Unfall zustande kommt, wird der Betroffene in ein Krankenhaus eingeliefert. Einen Arzt sollte der Patient andernfalls dann aufsuchen, wenn es zu starken Schmerzen an den Halswirbeln oder an der Wirbelsäule kommt.
Auch deutliche Bewegungseinschränkungen treten dabei auf. Weiterhin deutet ein Bluterguss auf einen Halswirbelsäulenbruch hin, dieser wird von Schluckstörungen begleitet. Eine gewöhnliche Einnahme von Nahrung und Flüssigkeiten ist dabei für den Patienten nicht mehr möglich. Ein Arzt sollte auch dann aufgesucht werden, wenn es durch den Halswirbelsäulenbruch zu Lähmungen oder Taubheitsgefühlen kommt. Je früher diese diagnostiziert werden, desto höher sind die Chancen eines positiven Krankheitsverlaufes.
Der Halswirbelsäulenbruch sollte in der Regel immer in einem Krankenhaus oder durch einen Notarzt behandelt werden. Nach der Behandlung des Bruches sind die Patienten häufig auf verschiedene Übungen und Therapien angewiesen, um Lähmungen zu verringern und die Beweglichkeit wiederherzustellen.
Behandlung & Therapie
Wichtig ist, den Patienten so wenig wie möglich zu bewegen. Der Kopf muss gleichmäßigem Zug ausgesetzt werden, sodass er in einer leichten Rückwärtsbeugung gehalten wird. Der Verletzte sollte in Rückenlage und unter Tragen einer Halskrause (Cervicalstütze) transportiert werden.
Die Behandlung des Halswirbelsäulenbruches richtet sich ebenfalls nach der genauen Verletzungsart und besteht primär in Schonung und Ruhigstellung des betroffenen Wirbelbereiches. Neben der Ruhigstellung mit einem Gips stehen verschiedene Arten der Cervicalstütze zur Verfügung, die über acht bis zwölf Wochen getragen werden müssen. Die konservative Therapie darf nur eingeleitet werden, wenn die Bandscheibe zwischen 2. und 3. Halswirbel unverletzt ist. Dann spricht der Mediziner von einer stabilen Verletzung.
Ein instabiler Bruch, bei dem durch die Bandscheibenverletzung der zweite und der dritte Wirbel gegeneinander verschoben sind, muss operativ behandelt werden. Ebenso darf bei einer Verletzung des Rückenmarks keine konservative Therapie erfolgen. Mit der Osteosynthese, der Fixierung der Bruchstücke mit Metallimplantaten, wurden gute Erfolge erzielt.
Aussicht & Prognose
Die Prognose eines Halswirbelsäulenbruchs ist abhängig von der vorliegenden Fraktur und dem Schweregrad der Beschädigungen. Bei einem stabilen Bruch der Atlaswirbel erlebt der Patient innerhalb von sechs bis acht Wochen eine Heilung. Der Patient sollte sich ausreichend schonen und Ruhe bewahren, damit sich keine Komplikationen einstellen. Anschließend kann der Halswirbelbereich allmählich wieder belastet werden. Eine vollständige Beschwerdefreiheit wird meist nach mehreren Monaten erreicht.
Bei einer instabilen Fraktur verschlechtert sich die Prognose. Der Heilungsweg ist verlängert und umfasst meist drei Monate. Die betroffene Region muss geschont und innerhalb des Genesungsprozesses ausreichend stabilisiert werden. In seltenen Fällen wird ein operativer Eingriff zur Korrektur benötigt. Können die Beschädigungen innerhalb einer Operation korrigiert werden, hat der Patient ebenfalls gute Heilungsaussichten.
Die Heilung einer Axisfraktur dauert zwei bis drei Monate bis zu einer Genesung. Erleidet der Patient eine Densfraktur muss mit einer Heilungszeit zwischen zwei Wochen und vier Monaten gerechnet werden. Bei einer Atlanto-Okzipitale Fraktur liegt eine ungünstige Prognose vor. Dieser Halswirbelsäulenbruch hat einen tödlichen Verlauf und ist irreparabel. In den meisten Fällen kommt es zusätzlich zu dem Bruch zu einem Trauma. Dies heilt vollständig aus und hinterlässt keine Folgeschäden. Innerhalb der Genesungszeit sind jedoch plötzliche Bewegungen zu vermeiden.
Vorbeugung
Es ist nicht möglich, einem Halswirbelsäulenbruch vollständig vorzubeugen. Insbesondere Risikogruppen und ihre Angehörigen sollten sich der Verletzungsgefahr bewusst sein und entsprechend vorsichtig handeln. Mit einer rechtzeitigen Behandlung kann schweren Komplikationen vorgebeugt werden.
Nachsorge
Nach einem behandelten Halswirbelsäulenbruch wird möglichst früh mit der Nachsorge und der einhergehenden Physio- und Ergotherapie begonnen. Häufig passiert dies schon am ersten Tag nach der Operation. Durch die nur kleinen Hautschnitte ist eine besondere Versorgung der Wunde normalerweise nicht notwendig.
Langsame Bewegungen sowie zielgerichtete Übungen erlauben es, die Wirbelsäulenbeweglichkeit relativ zügig wiederherzustellen. Jedoch ist der Erfolg einer Physiotherapie maßgeblich davon abhängig, ob das Rückenmark verletzt ist und wie sich die einhergehenden Einschränkungen auswirken. Ziel von Physio- und Ergotherapie ist es, dass der Patient die täglichen Herausforderungen wieder selbst meistern kann.
Im zweiten Schritt der Rehabilitation sollte der Betroffene zügig wieder ins Berufsleben eingegliedert werden. Dabei muss immer abgewogen werden, ob eine Fortsetzung des alten Berufs noch möglich ist. Gerade eine schwere körperlicher Belastung im Arbeitsalltag kann eine Wiedereingliederung unmöglich machen. Diese Feststellung kann psychisch belastend sein und sollte psychologisch betreut werden.
Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Operation nicht den gewünschten Effekt brachte und der Patient bleibende Rückenmarksverletzungen behält. Bei Lähmungserscheinungen geht es bei der Nachsorge darum, mit den neuen Bedingungen leben zu können. Dabei liegt der Fokus der Nachsorge auf der Wiederherstellung der Eigenständigkeit. Gerade die Herausforderungen eines Rollstuhls bedürfen normalerweise einer lebenslangen Betreuung.
Das können Sie selbst tun
Der Halswirbelsäulenbruch erfordert zwingend eine ärztliche Behandlung, die durch aktive Mitarbeit des Patienten in vielen Fällen jedoch positiv unterstützt werden kann. Dies beginnt bereits in der Akutphase, in der die von den behandelnden Ärzten angeratenen Verhaltensmaßnahmen wie Schonung unbedingt zu befolgen sind. Hierzu gehört insbesondere auch das konsequente Tragen einer Halskrause über den von den Medizinern festgelegten Zeitraum.
Auch in der Phase der Regeneration gibt es, am besten in Absprache mit Arzt oder Physiotherapeut, Mittel, mit denen der Betroffene den Heilungsprozess günstig beeinflussen kann. So kann in der Teilnahme an einer speziellen Rückenschule gelernt werden, welche Bewegungen ungünstig für die Halswirbelsäule sind und wie diese vermieden werden. Selbst in der Nacht kann der Patient den Heilungsverlauf unterstützen, in dem er durch die geeignete Wahl von Kopfkissen und Matratze für die ärztliche empfohlene Lagerung der Halswirbelsäule sorgt.
Wenn die knöchernen Strukturen nach einem Halswirbelsäulenbruch wieder stabilisiert sind, sorgt ein trainiertes Muskelkorsett für zusätzlichen Halt. Die dafür geeigneten Übungen werden dem Patienten vom Physiotherapeuten gezeigt. Anschließend kann er dieses gezielte Trainingsprogramm für eine stabile Hals- und Nackenregion auch zu Hause durchführen. Ein motorisches Training ist auch für Bereiche des Körpers empfehlenswert, bei denen es aufgrund einer Schädigung von Nerven zu Funktionsausfällen gekommen ist.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Wilhelm, W. (Hrsg.): Praxis der Intensivmedizin. Springer, Berlin 2013