Hyperandrogenämie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheiten Hyperandrogenämie
Eine Hyperandrogenämie beschreibt eine Funktionsstörung der Eierstöcke und/oder der Nebennieren, die durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann und in unterschiedlichen Ausprägungen auftritt. Die Erkrankung resultiert aus einer übermäßigen Ausschüttung der männlichen Geschlechtshormone (Androgene). Ohne eine Behandlung mündet die Hyperandrogenämie häufig in einer Unfruchtbarkeit und einem daraus resultierenden unerfülltem Kinderwunsch.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist eine Hyperandrogenämie?
Bei einer Hyperandrogenämie handelt es sich um einen Überschuss der männlichen Geschlechtshormone bei der Frau. Diese werden von Männern, aber ebenso von Frauen produziert, genau wie auch die Männer in einigen Organen weibliche Geschlechtshormone bilden. Die Erkrankung gehört damit zu den hormonellen Störungen.
Als Androgene werden Substanzen bezeichnet, die die Entwicklung und Ausbildung der männlichen Geschlechtsmerkmale fördern. Letzten Endes spielt stets die Balance zwischen den männlichen und weiblichen Geschlechtshormonen eine entscheidende Rolle. Bei einem ungünstigen Gleichgewicht kommt es zu den entsprechenden klinischen Symptomen.
Bei den Frauen werden männliche Geschlechtshormone vorwiegend in den Eierstöcken produziert, doch auch die Nebennieren und das Fettgewebe bilden männliche Hormone. Die Hyperandrogenämie kann durch verschiedene Grunderkrankungen beziehungsweise Funktionsstörungen ausgelöst werden. Bei einem Verdacht muss daher in erster Linie die Hauptbildungsstätte der Hormone ermittelt werden.
Ursachen
Zahlreiche Betroffene leiden an einer Hormonstörung wie dem polyzystischen Ovarialsyndrom. Diese Stoffwechselkrankheit führt dazu, dass in den Eierstöcken zu viele männliche Hormone produziert werden. Die Ursachen hierfür konnten bisher noch nicht vollständig geklärt werden. Auch Übergewicht und Diabetes soll die Entstehung der Erkrankung begünstigen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Hyperandrogenämie zeigt sich durch verschiedene Symptome, die je nach Ausmaß unterschiedlich stark auftreten können. Zu den typischen Symptomen der Hyperandrogenämie bei der Frau gehören verstärktes Wachstum der Körperhaare, ausfallen der Körperhaare, Bildung einer Glatze (Geheimratsecken) sowie ein unreines Hautbild bis hin zu Akne.
Die betroffenen Frauen nehmen ein allgemein maskulineres Erscheinungsbild an mit einer tieferen Stimme, zudem entwickeln sie übermäßig viel Fett auf der Oberhaut aufgrund einer vermehrten Talgabsonderung. Es kommt zur einer Libidosteigerung, gleichzeitig tretetn Zyklusstörungen, beispielsweise das Ausbleiben der Periode, auf. Es kann zur Unfruchtbarkeit kommen.
In ausgeprägten Fällen ist es sogar möglich, dass es zur Vertiefung der Stimme und einer Vergrößerung der Klitoris kommt. Dies sind jedoch eher seltene Symptome. Hier ist eine weitere Abklärung erforderlich. Dies gilt vor allem, wenn sich die Symptome sehr schnell entwickeln.
Dann sollte geprüft werden, ob kein Tumor im Eierstock oder in der Nebenniere vorliegt, der die großen Mengen an männlichen Hormonen produziert und somit diese ungewöhnlichen Symptome verursacht. Meist äußert sich die Hyperandrogenämie allerdings nur durch leichte Anzeichen, sodass die Erkrankung oftmals erst spät oder nicht erkannt wird.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Wenn der Verdacht besteht, ob eine Hyperandrogenämie vorliegt, kann der Arzt dies ganz einfach feststellen. Er veranlasst zunächst einmal eine Blutuntersuchung. Bei dieser wird die Konzentration der männlichen Hormone im Blut überprüft. Wenn ein Überschuss vorliegt, wird anschließend nach den Ursachen geforscht.
Dies bedeutet, es wird ermittelt, welches Organ als Hauptbildungsstätte infrage kommt. Danach wird anhand dessen die entsprechende Behandlung eingeleitet. Zudem steht der so genannte ACTH-Stimulationstest zur Verfügung, mit dem die Funktion der Nebennierenrinde überprüft werden kann.
Die Hyperandrogenämie kann nicht geheilt werden, doch es gibt mittlerweile verschiedene effektive Behandlungsmethoden, die der betroffenen Patientin ein beschwerdefreies Leben und zudem die Erfüllung des Kinderwunsches ermöglichen.
Komplikationen
Weiterhin kommt es auch zu einer Unfruchtbarkeit. In den meisten Fällen kann die Betroffene damit auch keinem Kinderwunsch mehr nachkommen, wenn die Hyperandrogenämie nicht behandelt wird. Durch den unerfüllten Kinderwunsch kann es dabei nicht nur beim Patienten selbst, sondern auch beim Partner zu erheblichen psychischen Beschwerden kommen, die in der Regel von einem Psychologen untersucht und behandelt werden müssen.
Es treten weiterhin Zyklusstörungen auf und die Haare der Patientin fallen aus. Das Hautbild wird sehr unrein und es kommt dabei nicht selten zur Akne. Durch die verringerte Ästhetik entwickeln sich oft Minderwertigkeitskomplexe oder eine allgemeine Unzufriedenheit und Reizbarkeit.
Die Behandlung der Hyperandrogenämie erfolgt immer kausal und richtet sich nach der Grunderkrankung. Im Falle eines Tumors kann es dabei zu weiteren Komplikationen kommen, die allerdings von der Art und Ausprägung des Tumors abhängen. In den meisten Fällen wird die Lebenserwartung durch die Hyperandrogenämie allerdings nicht beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Störungen des weiblichen Menstruationszyklus sollten grundsätzlich ärztlich abgeklärt werden, sobald sie über mehrere Monate auftreten. Kommt es zu einem Aussetzen der Monatsblutung, einer verkürzten Blutungsphase oder starken Blutungen, ist ein Arztbesuch anzuraten. Frauen, die nicht hormonell verhüten, sollten bei Ausbleiben des Eisprungs eine erhöhte Wachsamkeit zeigen. Bleibt der Eissprung mehrere Monate hintereinander aus, ist ein Arztbesuch anzuraten.
Besteht ein Schwangerschaftswunsch, der trotz aller Bemühungen unerfüllt bleibt, ist ein Arzt zu konsultieren. Erkrankte einer Diabetes oder Frauen mit starkem Übergewicht, sollten ein Arzt aufsuchen, sobald sie ein Gefühl für Unstimmigkeiten entwickeln. Veränderungen des Gewichts, Hautunreinheiten oder Haarausfall gelten als ungewöhnlich und sollten untersucht werden. In vielen Fällen sind dies Warnhinweise des Körpers, die einer Behandlung bedürfen.
Tritt plötzlich ein fettiges Hautbild auf, kommt es zu einer Entstehung von Akne im Gesicht oder setzen Stimmungsschwankungen ein, ist ein Arzt zu konsultieren. Bei Verhaltensauffälligkeiten, einem depressiven oder hyperaktiven Auftreten sowie melancholischen Verhaltenszügen wird ein Arzt benötigt. Eine besonders euphorische Stimmung, plötzliche Aggressivität, erhöhte Reizbarkeit und eine permanente Meinungsänderung müssen mit einem Arzt besprochen werden. In seltenen Fällen stellt sich eine Veränderung der Stimmhöhe ein. Bei diesem Symptom sollte schnellstmöglich ein Arztbesuch erfolgen.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Hyperandrogenämie hängt von zwei Faktoren ab: Dies ist einerseits das Ausmaß der Erkrankung und andererseits die Ursache. Daher ist es wichtig, den Auslöser hinreichend zu ermitteln. Tritt die Hyperandrogenämie aufgrund einer Stoffwechselerkrankung auf, beispielsweise das polyzystische Ovarialsyndrom, kommt gewöhnlich die Antibabypille zum Einsatz, denn diese bringt den Hormonhaushalt der Frau ins Gleichgewicht.
Auch bei einer Betroffenen mit Kinderwunsch wird diese Behandlung eingesetzt und dauert so lange, bis sich der Hormonhaushalt wieder normalisiert hat. Der Überschuss an Androgenen geht dadurch immer mehr auf den Normalwert zurück. Die Dosierung der Hormone durch die Pille richtet sich nach dem Ausmaß der Hyperandrogenämie.
Sie muss demzufolge individuell auf die Frau zugeschnitten werden. Die Antibabypille wird bei Frauen mit einem Kinderwunsch nach der Normalisierung des Androgenhaushalts wieder abgesetzt. Im Anschluss wird sie mit Clomifien, einem Wirkstoff, ersetzt, welcher den Eisprung auslöst und somit die Basis für eine gesunde Schwangerschaft bildet.
Kommt es aufgrund einer Überfunktion der Nebenniere zu einer verstärkten Bildung der männlichen Hormone, kann durch die Verabreichung niedriger Dosierungen der Glucocorticoide, wozu auch Cortison gehört, die Bildung der Hormone gebremst werden. Die Hyperandrogenämie wird in seltenen Fällen zudem durch einen hormonproduzierenden Tumor verursacht, der operativ entfernt werden sollte.
Aussicht & Prognose
Die Prognose wird anhand der Ursache der Erkrankung sowie des Krankheitsfortschritts gestellt. Je eher eine Diagnosestellung erfolgt und der Therapiebeginn ist, desto besser sind im Normalfall die Heilungsaussichten. Bei einer bestehenden Stoffwechselerkrankung kommt es meist zu einer Gabe von Hormonpräparaten. Diese bringen den Hormonhaushalt wieder in ein Gleichgewicht und eine Linderung der Symptome tritt ein. Es wird eine Langzeittherapie eingeleitet, da mit einem Absetzen der Arznei ein Rückfall zu erwarten ist. Kommt es im späteren Entwicklungsverlauf zu natürlich bedingten hormonellen Änderungen, wird oftmals eine Beschwerdefreiheit dokumentiert und die Behandlung beendet.
Obgleich durch die Gabe von Medikamenten eine Linderung erzielt wird, können Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen auftreten. Neben einer Änderung der Libido treten auch Verhaltensänderungen ein. Nicht immer sind die Folgen erwünscht oder für den Betroffenen angenehm.
Bei einer bestehenden Tumorerkrankung richtet sich die Prognose der Hyperandrogenämie nach der Aussicht auf eine Heilung der Krebserkrankung. Kann der Tumor vollständig entfernt werden und ist die Nachbehandlung erfolgreich abgeschlossen, gibt es gute Aussichten auf eine Heilung der Hyperandrogenämie. Andernfalls wird eine symptomatische Behandlung zur Linderung von Schmerzen in den Vordergrund gerückt.
Liegt eine Erkrankung der Niere oder Nebenniere vor, wird ebenfalls eine medikamentöse Behandlung eingeleitet. Je nach Schwere des Nierenschadens sind die Heilungsaussichten individuell.
Vorbeugung
Einer Hyperandrogenämie kann nur bedingt vorgebeugt werden. Empfehlenswert sind der Verzicht auf Nikotin, das Erlernen von Stressbewältigungstechniken und letzten Endes auch eine konsequente Behandlung von Erkrankungen, welche dazu beitragen, das hormonelle Gleichgewicht zu beeinträchtigen.
Da auch das Fettgewebe männliche Geschlechtshormone bilden kann, sind die Gewichtsreduzierung sowie eine fettarme Ernährung bei übergewichtigen Frauen sehr wichtig. Auch eine sportliche Aktivität kann demzufolge dazu beitragen, eine Hyperandrogenämie zu vermeiden.
Nachsorge
Bei einer Hyperandrogenämie erweist sich die Nachsorge als relativ schwierig und dem Betroffenen stehen dabei in der Regel nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Verfügung. Dabei muss in erster Linie eine schnelle und vor allem eine frühzeitige Erkennung und Behandlung dieser Krankheit durchgeführt werden, damit weitere Komplikationen oder Beschwerden verhindert werden können. Je vorher die Hyperandrogenämie dabei erkannt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung.
Schon bei den ersten Symptomen und Beschwerden sollte ein Arzt aufgesucht werden. Die Krankheit kann jedoch nicht immer behandelt werden, sodass eine andere Methode zur Erfüllung des Kinderwunsches benutzt werden muss. Dabei ist in einigen Fällen auch eine psychologische Behandlung notwendig, um Depressionen oder psychische Verstimmungen zu reduzieren oder zu vermeiden. Auch die Unterstützung der eigenen Familie oder der Freunde ist dabei sehr wichtig.
Die Behandlung selbst kann durch die Einnahme von Medikamenten erfolgen, wobei der Betroffene auf eine richtige Dosierung mit einer regelmäßigen Einnahme achten muss. Bei Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen ist ebenfalls zuerst ein Arzt zu kontaktieren. Im Falle eines Tumors muss dieser zuerst entfernt werden. Nach einem solchen operativen Eingriff sollte sich der Patient ausruhen und seinen Körper schonen.
Das können Sie selbst tun
Bei der Hyperandrogenämie handelt es sich um eine hormonelle Störung, die die Patientin nicht selbst behandeln kann. Eine genaue Diagnostik ist notwendig, damit der Arzt einen individuell zugeschnittenen Therapie- und Behandlungsplan erstellen kann. Hierbei kann die Mitarbeit der Patientin sich sehr positiv auswirken, wenn sie alle Fragen aufrichtig beantwortet und Beobachtungen mitteilt. Ist die Diagnostik abgeschlossen und der Therapieplan erstellt, so kann die Patientin viel zu seiner Genesung beitragen, indem sie den Therapieplan genau einhält und zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen beim Arzt vorstellig wird. Ein vertrauensvolles Verhältnis zum Arzt erlaubt Rückfragen oder auch gemeinsame Anpassungen des Therapieplans.
Bei vielen Patientinnen tritt unter der Hyperandrogenämie eine vermehrte und starke Bildung von Akne auf. Dies ist für die Betroffenen zwar nicht gefährlich, wird aber aus kosmetischer Sicht meist als großer Mangel empfunden und führt zu weiterem Unwohlsein. Die Patientin kann durch intensive und richtige Hautpflege viel zur Verbesserung der Aknesymptome beitragen und sich bei einer Kosmetikerin Rat und Anleitung holen. Ein regelmäßiger Besuch bei der Kosmetik unterstützt den guten Verlauf der Akne.
Kommt es unter der Hyperandrogenämie zu körperlichen Symptomen wie Aggressivität oder Unruhe, so kann sich die Patientin Hilfe in einem ihrer Möglichkeiten angemessenen Sport- und Bewegungsprogramm suchen. Gesunden Patienten hilft Ausdauersport ihre Stimmungsschwankungen besser zu kontrollieren.
Quellen
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010
- Weyerstahl, T., Stauber, M.: Gynäkologie und Geburtshilfe, duale Reihe. Thieme, Stuttgart 2013