Hyperkapnie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Hyperkapnie kommt durch eine Übersäuerung des Blutes mit Kohlenstoffdioxid zustande. Sie sorgt dafür, dass die oberen Atemwege nicht mehr ausreichend funktionieren. Wird der Patient nicht schnellstens behandelt, kann es im schlimmsten Fall zur Kohlenstoffdioxid-Narkose und zum Tod durch Atemstillstand kommen.
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Was ist Hyperkapnie?
Unter Hyperkapnie versteht die Medizin einen zu hohen CO2-Gehalt im (arteriellen) Blut. Bei gesunden Menschen beträgt der arterielle Partialdruck maximal 40 mmHg. Patienten mit Hyperkapnie haben einen Wert von über 45 mmHg. Bei der Hyperkapnie unterscheidet man zwischen einer akuten und einer chronischen Form.
Kann ein Mensch das als Stoffwechsel-Nebenprodukt entstehende oder eingeatmete Kohlendioxid aus bestimmten Gründen nicht abatmen, wird es im Blut angereichert. Dann steigt der CO2-Partialdruck in den Lungenbläschen (Alveolen) an. Je größer die Übersäuerung (Azidose) des Blutes mit dem Gas ist, desto stärker wird die Atemtätigkeit der Lunge behindert.
Es kommt zur respiratorischen Insuffizienz (Atemnot). Die Hyperkapnie kann auch als Symptom einer anderen Erkrankung auftreten, beispielsweise des Pickwick-Syndroms bei Patienten mit hochgradiger Fettleibigkeit. Wird die respiratorische Insuffizienz nicht rechtzeitig behandelt, kommt es zu gravierenden Schäden an Gehirn und Herz. Im schlimmsten Fall tritt die CO2-Narkose mit nachfolgendem Tod durch Atemstillstand ein.
Ursachen
Eine unzureichende Atemfunktion (respiratorische Insuffizienz) durch Schädigung der Lungenbläschen (Quetschung des Brustkorbs durch Unfall) oder durch ein Hindernis in den Atemwegen sind ebenfalls ursächlich für das Zustandekommen der Blut-Übersäuerung mit CO2. Weitere Auslöser sind: Schädigung des Atemzentrums im Gehirn durch einen Hirninfarkt, Beeinträchtigung der Nervenbahnen zur Brustkorb-Muskulatur durch eine Querschnittslähmung, Lungenembolie, Lungentumor, schwere Asthma-Anfälle, Atemnot durch schwere Erkältung, schweres Lungen-Emphysem oder auch eine Lungenentzündung.
Ebenso können ein septischer Schock, bestimmte neuromuskuläre Erkrankungen, Einnahme eines nicht geeigneten Medikaments (Steroide, entwässernde Medikamente, Beruhigungsmittel, Anästhetika) und die versehentliche Verabreichung von Sauerstoff bei Patienten mit chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen (COPD).
Sie haben wegen der dauerhaften Überbelastung ihrer Atemwege ohnehin eine starke Übersäuerung des Blutes. Letztere bedingt jedoch die Aktivierung des Atemreflexes. Wird dann versehentlich Sauerstoff zugeführt, kommt es zur Hemmung des Atem-Anreizes und schlimmstenfalls zum Atemstillstand.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Symptome einer leichten Hyperkapnie sind Hautrötungen, Kopfschmerzen, deutlich erkennbare Blutgefäße, Muskelzuckungen, erhöhter Herzschlag und leichte Verwirrtheit. Mit steigendem partiellem CO2-Druck kommt es dann zum Zittern (Tremor), zu gesteigerter Atmung als Versuch, die Atemnot zu kompensieren, Blutdruckanstieg und Schwindel.
Erhält der Betroffene dann keine Hilfe und steigt der Partialdruck auf über 50 mmHg an, treten Krampfanfälle, Schwitzen, Herz-Rasen, Panik und Hypoxie (Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff) auf. Der Herzschlag verlangsamt sich, der Blutdruck fällt stark ab. Es folgen Bewusstseinsstörungen mit zunehmender Schläfrigkeit. Der Patient fällt ins Koma (CO2-Narkose). Erfolgt in diesem Stadium der Hyperkapnie keine Beatmung, verfärben sich seine Lippen blau (Zyanose) und es kommt zum Tod durch Atemstillstand.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Hyperkapnie kann mithilfe einer arteriellen Blutgasanalyse festgestellt werden. Dabei werden auch der pH-Wert und die Sauerstoff-Sättigung des Blutes gemessen. Fällt der pH-Wert unter 7,35, liegt eine respiratorische Azidose vor. Die Übersäuerung des Blutes führt zu einer Verengung der Blutgefäße in der Lunge, während gleichzeitig die des Gehirns und des restlichen Körpers erweitert werden. In der Folge kommt es zu einer erhöhten Kalium-Konzentration im Blut, die die Herzfunktion beeinträchtigt und zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Ab einem Partialdruck von mehr als 60 mmHg fällt der Patient ins Koma.
Komplikationen
Weiterhin leidet der Betroffenen an einem hohen Herzschlag und an einer Versiertheit. Ebenso treten Kopfschmerzen auf und die Haut des Patienten ist in der Regel gerötet. Die Muskeln zucken unwillkürlich und kommt zu einem Tremor. Die Lebensqualität wird durch die Hyperkapnie extrem verringert und der Betroffene leidet außerdem an Schwindel und an einer Übelkeit.
Nicht selten kommt es auch zum Bewusstseinsverlust, bei welchem sich die Patienten durch einen Sturz auch Verletzungen zuziehen können. Die meisten Betroffenen zeigen auch eine Panikattacke, wenn die Symptome der Hyperkapnie auftreten. Die Behandlung der Krankheit erfolgt in jedem Falle akut und muss den Betroffenen am Leben erhalten.
Weiterhin muss auch die Grunderkrankung behandeln werden. Ob bei dieser Behandlung weitere Komplikationen auftreten, hängt stark von der Grunderkrankung ab und kann in der Regel nicht universell vorausgesagt werden. In den meisten Fällen ist die Lebenserwartung durch die Hyperkapnie allerdings verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn Symptome wie Hautrötungen, Kopfschmerzen und Muskelzuckungen bemerkt werden, liegt womöglich eine Hyperkapnie zugrunde. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn diese Beschwerden ohne erkennbaren Grund auftreten und länger als drei bis vier Tage bestehen bleiben. Sollten sich weitere Symptome einstellen, etwa ein erhöhter Puls oder Verwirrtheit, muss noch am selben Tag zum Arzt gegangen werden.
Bleibt die Hyperkapnie unbehandelt, stellen sich Krampfanfälle, Herzrasen und Schweißausbrüche ein – spätestens dann ist medizinischer Rat gefragt. Bei zunehmenden Bewusstseinsstörungen muss der Rettungsdienst alarmiert werden. Äußerliche Anzeichen wie eine Blaufärbung der Lippen, meist verbunden mit einem Kreislaufkollaps, bedürfen sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen. Anschließend muss der Betroffene notärztlich versorgt oder in ein Krankenhaus gebracht werden. Die Hyperkapnie tritt häufig im Zusammenhang mit einem Kaliummangel, schweren Erkältungen oder Lungenentzündungen auf.
Auch ein septischer Schock sowie die Einnahme bestimmter Medikamente können ursächlich sein. Wenn die genannten Symptome im Zusammenhang mit diesen Erkrankungen und Risikofaktoren auftreten, muss sofort ein Arzt konsultiert werden. Neben dem Hausarzt ist ein Pneumologe oder ein Facharzt für innere Medizin der richtige Ansprechpartner.
Behandlung & Therapie
Die notfallmedizinische Erstbehandlung besteht darin, dem ohnmächtigen Patienten die beengende Kleidung auszuziehen und seinen Brustkorb höher zu lagern. Die Beine sollten tiefer gelegt werden. Dann wird die Sauerstoffmaske aufgelegt. Flüssigkeit sollte - wenn überhaupt - nur sparsam verabreicht werden. In der Intensivstation kann dann außer der weiteren Beatmung des Patienten die Behandlung seiner Grunderkrankung erfolgen. Er wird mittels Intubation beatmet oder mithilfe einer Sauerstoffmaske.
Dabei ist er an das BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure) angeschlossen. Das innovative Beatmungsgerät ermöglicht es dem erwachenden Patienten, auf dem unteren und auch auf dem oberen Druckniveau dazu zu atmen. Dadurch wird die Zwerchfell-Tätigkeit angeregt, was wiederum die Aktivierung der Atempumpe initiiert. Bei stärkerer Zuatmung wird das obere Druckniveau solange gesenkt, bis beide Druckniveaus einander entsprechen. Dann erfolgt die Extubierung des Hyperkapnie Patienten.
Bei chronischer ventilatorischer Insuffizienz ist die Beatmung des Erkrankten erschwert, da er meist nur wenig sediert ist und die Mediziner warten müssen, bis die Eigenatmung aussetzt. Hyperkapnie Kranke erhalten noch zusätzlich Betasympathomimetika und Theophyllin. Ist eine Überdosierung mit Beruhigungsmitteln oder Opiaten ursächlich für die Blut-Übersäuerung, werden Anexate oder Naloxon verabreicht.
Aussicht & Prognose
Die Hyperkapnie hat eine ungünstige Prognose. In schweren Fällen und ohne eine Behandlung führt die Erkrankung zu einem Atemstillstand und damit zum Ableben des Patienten. Bei einem Unfall oder plötzlichen Kindstod besteht kaum Aussicht auf eine rechtzeitige medizinische Versorgung, um das Überleben des Betroffenen zu sichern. Wird eine stark CO²-haltige Luft eingeatmet, kommt es zu einem akuten lebensbedrohlichen Zustand des Betroffenen, bei dem kaum Behandlungsmöglichkeiten gegeben sind oder die notwendige Hilfe zu spät vor Ort ist.
Tritt die Hyperkapnie als Folge einer ausgeprägten Fettleibigkeit oder einer intensiven Lungenentzündung auf, bestehen ebenfalls kaum Aussichten auf eine Heilung. In den meisten Fällen werden lebensverlängernde Maßnahmen eingeleitet, da die Grunderkrankung bereits derart fortgeschritten ist, dass eine Genesung nur in sehr seltenen Fällen dokumentiert werden kann. Die Hyperkapnie kann neben der Todesfolge zu einem Bewusstseinsverlust führen. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit für Folgeerscheinungen oder dauerhafte Beeinträchtigungen deutlich erhöht.
Nur bei einer frühzeitigen Behandlung der vorhandenen Grunderkrankung sowie der ausreichenden Mitarbeit des Patienten für eine Verbesserung der Gesundheit, besteht eine realistische Chance auf eine Linderung der Beschwerden. Eine vollständige Beschwerdefreiheit ist nur selten gegeben, grundsätzlich jedoch unter bestimmten Bedingungen durchaus möglich. Sind keine irreparablen Schäden der Atemfunktion eingetreten, kann sie eintreten.
Vorbeugung
Um einer Hyperkapnie vorzubeugen, empfiehlt es sich, niemals Missbrauch mit Steroiden, Abführmitteln, Opiaten, Sedativa und anderen Medikamenten zu betreiben. Das gilt sowohl für die Dauer der Einnahme als auch für die Dosierung der Substanzen. Sporttaucher sollten auf die Sparatmung verzichten. Wer an COPD leidet oder harntreibende Präparate oder Steroide einnimmt, sollte seine Blutwerte unbedingt in kurzen Abständen kontrollieren lassen. Außerdem kann eine häufige Belüftung geschlossener Räume zur Vermeidung der gefährlichen Hyperkapnie beitragen.
Nachsorge
Bei der Hyperkapnie sind die Möglichkeiten einer Nachsorge in den meisten Fällen relativ stark eingeschränkt. Sie stehen dem Betroffenen dabei nur nach einer erfolgreichen Behandlung zur Verfügung, sodass in erster Linie die Krankheit selbst frühzeitig erkannt und behandelt werden muss. Je früher die Hyperkapnie dabei erkannt wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf.
Es kann dabei nicht immer zu einer vollständigen Heilung kommen, sodass die Lebenserwartung des Patienten in vielen Fällen durch diese Erkrankung eingeschränkt wird. Der Betroffene muss bei dieser Krankheit seine Lunge auf jeden Fall schonen. Dabei sollte das Rauchen vermieden werden. Ebenfalls wirkt sich im Allgemeinen eine gesunde Lebensweise mit einer gesunden Ernährung positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus.
Starke Belastungen des Körpers oder anstrengende und körperliche Aktivitäten sollten vermieden werden. Auch die Einnahme von Medikamenten kann sich positiv auf den Verlauf der Krankheit auswirken. Der Betroffene muss auf eine richtige Dosierung mit einer regelmäßigen Anwendung achten. Weiterhin ist auch die Unterstützung und die Pflege durch die eigene Familie und durch Freunde sehr wichtig, um den Patienten zu entlasten.
Das können Sie selbst tun
Sollte es zu einer Hyperkapnie kommen, so muss in erster Linie der Notarzt gerufen werden. Bis zum Eintreffen des Notarztes ist die Kleidung des Betroffenen zu lockern, falls diese seinen Körper beengt. Weiterhin müssen der Brustkorb hoch und die Beine tief gelagert werden, um die Beschwerden zu lindern. Auch die Verabreichung von Flüssigkeiten sollte nur in sehr geringen Mengen erfolgen. Die weitere Behandlung erfolgt dann durch den Notarzt mit Hilfe eines Gerätes für die Beatmung.
Im Verlauf der Behandlung gilt es für Betroffene auf die Einnahme von Medikamenten zu achten. Auch die regelmäßige Überprüfung der Blutwerte kann mögliche Komplikationen und Beschwerden verhindern.
Quellen
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Müller, S.: Notfallmedizin. Thieme, Stuttgart 2011