Hyperparathyroidismus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Hyperparathyroidismus ist durch eine erhöhte Konzentration von Parathormon im Blut gekennzeichnet. Das Parathormon ist für die Regulierung des Kalziumspiegels im Blutserum verantwortlich. Die Erkrankung kann sowohl völlig asymptomatisch verlaufen als auch schwerste Symptome hervorrufen.
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Was ist Hyperparathyroidismus?
Das gemeinsame Merkmal aller Formen des Hyperparathyroidismus ist die erhöhte Konzentration von Parathormon im Blut. Dabei hat das Parathormon die Aufgabe, die Kalziumkonzentration im Blut durch eine Aktivierung des Knochenabbaus zu erhöhen und gleichzeitig die Phosphatkonzentration durch eine verstärkte Ausscheidung über die Nieren zu senken. Gegenspieler des Parathormons ist das Hormon Calcitriol.
Beide Hormone werden in den Nebenschilddrüsen erzeugt. Die Nebenschilddrüsen stellen vier kleine Epithelkörperchen dar, die sich in der Regel am oberen und unteren Pol der Schilddrüse befinden. Der Hyperparathyroidismus ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Störungen mit unterschiedlichen Ursachen. In dem meisten Fällen verläuft die Erkrankung asymptomatisch.
Es wird aber zwischen asymptomatischem und symptomatischem Hyperparathyroidismus unterschieden. Dabei gibt es fünf verschiedene Formen dieser Erkrankung, die sich aufteilen in primären, sekundären, tertiären, quartären und quintären Hyperparathyroidismus. Am häufigsten liegt die primäre Form dieser Störung vor. Quartärer oder quintärer Hyperparathyroidismus ist sehr selten.
Ursachen
Das Adenom ist weitgehend vom Regelkreis innerhalb des Hormonsystems abgekoppelt. In seltenen Fällen kann sich jedoch dahinter auch ein Karzinom der Nebenschilddrüse verstecken. Normalerweise sorgt ein erhöhter Kalziumspiegel im Blut über die Bindung an Rezeptoren so lange für einen Stopp der Produktion von Parathormon, bis der Kalziumspiegel wieder abgesunken ist.
Im Rahmen des primären Hyperparathyroidismus kann aber auch durch leicht erhöhte Kalziumwerte im Blut keine nennenswerte Senkung der Hormonproduktion erreicht werden. Erst bei stärker erhöhten Werten kommt es hier zum Stopp. Dabei kann es jedoch zu einem erheblichen Abbau von Knochensubstanz kommen. Fehlende Minerale in den Knochen werden durch Bindegewebe ersetzt.
Durch gleichzeitige Einblutungen in die Knochensubstanz entstehen sogenannte braune Tumoren aus sich verschmelzenden Knochenzysten. Beim sekundären Hyperparathyroidismus wird die erhöhte Produktion von Parathormon durch einen chronisch niedrigen Kalziumspiegel im Blut provoziert. Durch die verstärkte Bildung von Parathormon versucht der Körper, den Kalziumspiegel auszugleichen. Das gelingt jedoch nicht, sodass es zu einem permanenten Hyperparathyroidismus kommt.
Ursachen für die niedrigen Kalziumwerte können Vitamin-D-Mangel, Malabsorption von Kalzium im Darm oder Niereninsuffizienz sein. Bei Nierenfunktionsstörungen werden die Phosphate nur noch unzureichend über den Urin ausgeschieden. Diese binden dann Kalzium und senken dadurch den Kalziumwert im Blut. Der sekundäre Hyperparathyroidismus auf der Grundlage einer Niereninsuffizienz kann in einen tertiären Hyperparathyroidismus übergehen.
Die tertiäre Form der Erkrankung ähnelt wiederum dem primären Hyperparathyroidismus. Durch die chronische Niereninsuffizienz ist eine dauerhafte erhöhte Produktion von Parathormon erforderlich, um den Kalziumspiegel im Blut anzuheben. Dadurch wird das Wachstum der Nebennieren angeregt. Wie im Falle des Adenoms ist hier das Drüsengewebe vergrößert, wodurch sich die Hormonproduktion wiederum vom Regelkreis abkoppelt.
Wenn sich eine Nierenschädigung durch die Wirkung eines primären Hyperparathyroidismus entwickelt, wird die auf dieser Grundlage hervorgerufene sekundäre Überproduktion des Parathormons als quartärer Hyperparathyroidismus bezeichnet. Nach längerem Bestehen des quartären Hyperparathyroidismus kommt es auch hier zu Entkopplung, wobei sich der quintäre Hyperparathyroidismus herausbildet.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Meist wird ein Hyperparathyroidismus nur zufällig bei Blutuntersuchungen entdeckt, weil die Erkrankung in über 80 Prozent der Fälle asymptomatisch verläuft. Gelegentlich klagen die Betroffenen jedoch über unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, leichte depressive Verstimmungen oder milde Gedächtnisstörungen. Oft bleibt ein Hyperparathyroidismus das ganze Leben lang symptomlos.
Bei schwereren Formen der Erkrankung findet jedoch ein verstärkter Knochenabbau statt, der zu einer erhöhten Knochenbrüchigkeit führt. Weitere Symptome sind Übelkeit, Verstopfung, verstärkter Durst, gesteigerte Harnproduktion oder schwere Appetitlosigkeit. In den Nieren kann es unter Bildung von Nierensteinen zum Ausfallen von Kalziumsalzen kommen. Das führt langfristig zu Niereninsuffizienz bis zum völligen Versagen der Nieren.
Auch in den arteriellen Blutgefäßen können sich Kalke ablagern, die zu arteriellen Thrombosen und kardiovaskulären Erkrankungen führen können. Besonders beim sekundären Hyperparathyroidismus ist die Entwicklung schwerer Durchblutungsstörungen mit ausgedehnten Nekrosen der Haut möglich, da hier nicht ausgeschiedene Phosphate unlösliche Salze mit Kalzium bilden, die in den Arteriolen ausfallen können.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Zur richtigen Behandlung ist die exakte Diagnose der vorliegenden Form des Hyperparathyroidismus notwendig.
Komplikationen
Weiterhin kommt es auch zu Depressionen und zu anderen Verstimmungen oder zu Störungen des Gedächtnisses. Die Betroffenen fühlen sich nicht selten müde und abgeschlagen, wobei die Müdigkeit nicht durch ausreichend Schlaf ausgeglichen werden kann. Es kommt dabei zu einem Knochenabbau und zu Erbrechen und Übelkeit. Der Alltag des Patienten wird durch die Krankheit sehr stark eingeschränkt und negativ beeinflusst.
Im schlimmsten Falle kommt es dabei zu einem vollständigen Nierenversagen. Dabei ist der Betroffene auf die Dialyse angewiesen, bis eine neue Spenderniere nicht gefunden wurde. Es treten auch Nekrosen und Durchblutungsstörungen beim Patienten auf. In der Regel kann der Hyperparathyroidismus relativ gut mit Hilfe einer richtigen Ernährung bekämpft werden. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen. Ohne Behandlung kann die Lebenserwartung durch den Hyperparathyroidismus eingeschränkt werden.
Behandlung & Therapie
Bei einem asymptomatischen Hyperparathyroidismus ist außer seiner ständigen Kontrolle oft keine Therapie notwendig. Ansonsten kann der primäre Hyperparathyroidismus durch eine chirurgische Entfernung des Adenoms vollständig geheilt werden. Nicht chirurgische Therapien bestehen in der Gabe von Biphosphonaten, Kalzimimetika zur Hemmung der Ausscheidung von Parathormon und kalziumarmer sowie Vitamin D reicher Ernährung.
Beim sekundären und quartären Hyperparathyroidismus überwiegt die Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung. Kann diese geheilt werden, verschwindet auch die Überproduktion von Parathormon. Der tertiäre Hyperparathyroidismus wird zunächst medikamentös behandelt. Wenn der Parathormonspiegel trotzdem nicht absinkt, ist eine teilweise Entfernung der Epithelkörperchen erforderlich.
Aussicht & Prognose
Die Prognose eines Hyperparathyreoidismus richtet sich nach der Form der Erkrankung. So hat die primäre Nebenschilddrüsenüberfunktion bei Behandlung in der Regel eine sehr gute Prognose. Die Symptome verschwinden, wenn die Quelle der erhöhten Hormonproduktion entfernt wird.
Beim primären Hyperparathyreoidismus handelt es sich um die häufigste Form der Nebenschilddrüsenüberfunktion. Sie wird meist durch ein gutartiges Adenom in der Nebenschilddrüse ausgelöst. Da dieses Adenom eine erhöhte Menge an Parathormon produziert, sollte es chirurgisch entfernt werden. Ohne Operation ist eine Heilung der Hormonstörung aber nicht möglich. Es gibt keine Medikamente, welche die Produktion des Parathormons stoppen oder einschränken könnten.
Allerdings existiert noch eine weitere Form des primären Hyperparathyreoidismus, der genetisch bedingt und daher nicht heilbar ist. Hier liegt jedoch nur eine leichte Überfunktion vor. Auch beim tertiären und quintären Hyperparathyreoidismus ist eine Operation erforderlich. Da der sekundäre Hyperparathyreoidismus von einer zugrunde liegenden Erkrankung ausgelöst wird, kann dieser auch nur durch eine Therapie dieser Krankheit erfolgreich behandelt werden.
So verschwindet mit der Grundkrankheit auch die Hormonstörung. Das Gleiche gilt auch für die Behandlung des quartären Hyperparathyreoidismus. Die Prognose dieser Formen des Hyperparathyreoidismus ist vom Therapieerfolg der Grundkrankheit abhängig. Bei lange anhaltendem Hyperparathyreoidismus entstehen oft Nierensteine. Zudem kann es zur Verkalkung von Muskeln und Blutgefäßen kommen, die weitere Erkrankungen nach sich ziehen.
Vorbeugung
Für den primären Hyperparathyroidismus sind keine vorbeugenden Maßnahmen bekannt. Andere Formen des Hyperparathyroidismus können durch Nierenerkrankungen hervorgerufen werden. Daher kann das Risiko durch die allgemeinen Empfehlungen für eine gesunde Lebensweise gesenkt werden.
Nachsorge
Im Anschluss an die operative Behandlung des Hyperparathyreoidismus bleiben die Patienten oft noch ein paar Tage unter medizinischer Aufsicht. So ist eine direkte Überwachung des Kalziumspiegels möglich. Erst wenn der Mineralstoffhaushalt im Gleichgewicht ist, dürfen die Patienten nach Hause. Die Ärzte empfehlen eine regelmäßige Nachkontrolle.
Daran sollten sich Patienten halten, damit eine korrekte Einstellung möglich ist. Durch die Blutwert-Kontrollen lässt sich feststellen, ob das verbleibende Nebenschilddrüsengewebe eventuell wieder zu einer Überfunktion neigt. Die Nachsorge soll rechtzeitig zeigen, ob eventuell ein Mangel an Hormonen vorliegt.
Falls die Erkrankung nicht durch eine Operation behandelt wurde, ist eine hohe Flüssigkeitszufuhr wichtig. Diese findet nicht nur während der Therapie statt, sondern auch in der Phase der Nachbehandlung. Bei Frauen, die die Menopause hinter sich haben, kommen außerdem Biophosphonate zum Einsatz.
Diese beugen einer höheren Knochenbrüchigkeit vor. Weitere Wirkstoffe wie Cinacalcet dienen dazu, die Beschwerden zu lindern. In jedem Fall sollten die Betroffenen die regelmäßigen Arzttermine wahrnehmen, damit eventuelle Veränderungen sofort erkannt werden. Eine Umstellung der Lebensgewohnheiten ist im Allgemeinen nicht nötig, lediglich eine gewisse Schonung kann ratsam sein. Ein schwerer Verlauf der Erkrankung führt möglicherweise zum Nierenversagen: Dann ist schnelles Handeln nötig. Darum sollten die Patienten die eigenen Körpersignale zu deuten wissen.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010
- Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013