Hypophysitis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Hypophysitis ist eine selten auftretende Entzündung der Hypophyse. Verschiedene Formen der Hypophysitis sind bekannt, aber noch nicht alle physiologischen und immunologischen Zusammenhänge geklärt, vor allem nicht bei der lymphozytären Hypophysitis, die wahrscheinlich auf eine Autoimmunreaktion des Körpers zurückzuführen ist. Im Verlauf führt die Hypophysitis zu einem zunehmenden Verlust der Hypophysenfunktion einschließlich aller Begleiterscheinungen.
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Was ist eine Hypophysitis?
Unter der selten zu beobachtenden Hypophysitis versteht man entzündliche Vorgänge in der Hypophyse – auch als Hirnanhangdrüse bezeichnet. Diese werden in primäre und sekundäre Formen eingeteilt:
- Die Ursachen für eine primäre Hypophysitis gehen auf physiologische Vorgänge in der endokrinen Drüse selbst zurück. Als Erscheinungsformen sind die granulomatöse Hypophysitis oder die lymphozytäre Hypophysitis bekannt.
- Eine sekundäre Hypophysitis geht auf Erkrankungen umliegender Gewebestrukturen zurück. Typisch für eine granulomatöse Hypophysitis sind sogenannte Granulome, kleine Ansammlungen von Langerhans-Riesenzellen und Epitheloidzellen sowie Lymphozyten.
Langerhans-Riesenzellen und Epitheloidzellen entstehen aus Zusammenschlüssen und Verschmelzungen bestimmter Makrophagen, die im Gewebe verteilt vorhanden sind, wobei die Epitheloidzellen aus spezialisierten, phagozytosefähigen Epithelzellen bestehen. Die fusionierten Zellen der Granulome sind in der Regel nicht mehr zur Phagozytose fähig.
Die lymphozytäre Hypophysitis zeichnet sich durch eine Einwanderung von Lymphozyten und Plasmazellen und fibrösem Umbau des parenchymalen Gewebes aus. Eine exakte Abgrenzung der Hypophysitis zu anderen Krankheiten wie dem benignen Hypophysenadenom, das den Hypophysenvorderlappen (Adenohypophyse) betrifft.
Ursachen
Die Krankheit wird meist durch eine bakterielle oder viröse Infektion ausgelöst, die in der Regel in der Hypophyse als Sekundärinfektion auftritt. Isolierte, entzündungsauslösende Infektionen der Hypophyse sind extrem selten. Eine gewisse Bedeutung für eine Primärinfektion, die auf die Hypophyse wegen ihrer räumlichen Nähe übergehen kann, haben Entzündungen der Keilbeinhöhlen, die zu den Nasennebenhöhlen zählen.
Die Ursachen, die zu einer lymphozytären Hypophysitis führen, also die Faktoren, die die verstärkte Einwanderung der Lymphozyten bewirken sind (noch) nicht hinreichend verstanden. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine Autoimmunreaktion des Körpers, so dass die lymphozytäre Hypophysitis den Autoimmunerkrankungen zugeordnet wird.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Hypophyse fungiert als Kontroll- und Steuerzentrum für eine Vielzahl von Hormonen. Steuernd greift sie über die Sezernierung glandotrope Hormone (Steuerungshormone) ein. Je nach Art der Entzündung und je nach Entzündungsherd, der sich in einer der drei Teile der Hypophyse befinden kann, sind unterschiedliche glandotrope oder nichtglandotrope Hormone betroffen, die direkt auf den Kreislauf oder direkt die Aktivität des Zielorgans steuert.
Die Hypophysitis ist in der Regel mit einer verminderten Hormonproduktion verbunden mit den daraus resultierenden Symptomen und Beschwerden. Im Falle einer benignen Neoplasie in Form eines Adenoms tritt meist eine Überproduktion der Hormone durch die autonom sezernierenden Zellen des Adenoms ein.
Die auffälligsten Anfangssymptome einer Hypophysitis sind in der Regel Kopfschmerzen und Sehstörungen, die sich sogar als Doppelbilder zeigen können. Eine Entzündung des Hypophysenvorderlappens (HVL) bedingt meist eine partielle Insuffizienz des HVL. Darüber hinaus zeigt sich in bildgebenden Verfahren ein verdickter Hypophysenstiel (Infundibulum), über den die Drüse mit dem Hypothalamus direkt verbunden ist.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Bei Verdacht auf Vorliegen einer Hypophysitis aufgrund allgemeiner Symptome wie anhaltende Kopfschmerzen und Sehstörungen, die keiner organischen oder sonstigen Ursache zugeordnet werden können, helfen bildgebende Verfahren wie die Dünnschicht-Magnetresonanztomographie, Auffälligkeiten an der Hypophyse oder eine Verdickung des Hypophysenstiels zu erkennen, um so die Diagnose Hypophysitis zu erhärten oder zu verwerfen.
Ein weiteres Diagnosemittel stellt die Untersuchung der Lumbalflüssigkeit und des Liquors auf bestimmte Zellen dar. Allerdings kann nach einer Untersuchung des Liquors nur eine „einseitige“ Diagnose gestellt werden. Wenn bestimmte Zellen im Liquor vorhanden sind, liegt mit großer Sicherheit eine Hypophysitis vor.
Ein Negativbefund schließt aber umgekehrt nicht aus, dass doch eine Entzündung der Hypophyse vorliegt. Wichtig ist auch eine Differentialdiagnose bezüglich Hypophysenadenom, weil die Behandlung der beiden unterschiedlichen Erkrankungen ebenfalls unterschiedlich ist. Der Verlauf der Krankheit hängt stark von den verursachenden Faktoren ab, so dass sich ein leichter bis schwerwiegender Verlauf ergeben kann, der entsprechender Therapie bedarf.
Komplikationen
Die Patienten leiden dabei an Sehstörungen und an Doppelbildern, nicht selten kommt es auch zum sogenannten Schleiersehen. Diese Beschwerden können im Alltag zu Konzentrationsschwierigkeiten und zu Koordinationsstörungen führen. In vielen Fällen sind viele Tätigkeiten durch die Augenbeschwerden eingeschränkt und können nicht mehr ohne Weiteres durchgeführt werden.
Die Behandlung der Hypophysitis findet in den meisten Fällen mit Hilfe von Medikamenten statt und führt zu einem positiven Krankheitsverlauf. In schwerwiegenden Fällen kann auch eine Bestrahlung der betroffenen Stelle notwendig sein. Komplikationen treten dabei in der Regel nicht auf und auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Hypophysitis nicht beeinflusst. Nicht selten führt die Hypophysitis auch zu Depressionen oder zu weiteren Verstimmungen, die ebenfalls ärztlich behandelt werden können.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Wenn Symptome wie Kopfschmerzen und Sehstörungen bemerkt werden, die auf keine andere Ursache zurückzuführen sind, sollte ein Arzt konsultiert werden. Die Hypophysitis nimmt meist einen langsamen Verlauf und ruft mit dem Fortschreiten der Erkrankung immer stärkere Beschwerden hervor. Um Komplikationen und Langzeitfolgen zu vermeiden, sollte bereits bei ersten Anzeichen einer Erkrankung ein Arzt aufgesucht werden. Dies gilt vor allem bei Beschwerden, denen keine organische Ursache zugrunde liegt.
Die Hypophysitis tritt meist im Zusammenhang mit einer bakteriellen oder viralen Infektion auf. Auch Autoimmunerkrankungen sind denkbare Auslöser und müssen unbedingt als Ursache ausgeschlossen werden, wenn die genannten Symptome auftreten. Personen, die an einer fortgeschrittenen Hypophysitis leiden, sollten bei ungewöhnlichen Symptomen mit dem Arzt sprechen. Im Allgemeinen muss die Behandlung eng überwacht werden, damit bei etwaigen Komplikationen schnell reagiert werden kann. Der richtige Ansprechpartner ist der Hausarzt, der die erste Diagnose stellt und den Patienten im Anschluss an einen Neurologen verweisen wird.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Hypophysitis zielt darauf ab, den oder die Entzündungsherde zu beseitigen und die evtl. angeschwollene Hypophyse wieder auf ihr Normalvolumen zu reduzieren, um eventuellen Druck den die Hormondrüse auf umliegende Nervenknoten und Nerven ausübt, zu reduzieren. Die Behandlung beinhaltet daher in der Regel eine Steroidtherapie, das heißt, dass zunächst Corticosteroide in relativ hoher Dosierung zum Einsatz gebracht werden.
Sollten mit der Steroidtherapie nicht die gewünschten Ergebnisse erzielt werden oder sich ein Rezidiv zeigen, kommen invasive Therapien in Frage, um Material für eine sorgfältige histologische Untersuchung zu gewinnen und um bereits abgestorbenes Material zu entfernen. Eine Bestrahlung des Entzündungsherdes sollte nur bei Versagen der oben beschriebenen Standardtherapien in Erwägung gezogen werden.
Vorbeugung
Vorbeugende Maßnahmen zur Verhinderung einer Hypophysitis können nur indirekter Natur sein, weil direkt vorbeugende Maßnahmen oder Medikamente nicht denkbar sind. Der beste indirekte Schutz besteht in einer Stärkung des Immunsystems.
Auf diese Weise bekommen fakultativ pathogene Keime keine Chance und auch pathogene Keime vom Immunsystem werden erkannt und erfolgreich eliminiert. Das Immunsystem wird durch regelmäßige Bewegung, eine Ernährung, die auch natürlich belassene Lebensmittel enthält und durch Stressphasen, die sich mit Phasen der Entspannung abwechseln, bestmöglich gestärkt.
Nachsorge
Auf die Therapie der Hypophysitis folgt eine Phase der Nachsorge, die dabei hilft, eine erneute Schwellung zu verhindern. Damit sind die Anschlussbehandlungen eng mit der Vorbeugung verbunden. Allerdings lässt sich die Erkrankung nicht direkt verhindern, sondern lediglich durch indirekte Maßnahmen. Diese zielen vor allem darauf ab, das Immunsystem der Betroffenen zu verbessern.
Damit sinkt das Risiko, dass die gefährlichen Keime wieder auftauchen. Gleichzeitig gelingt es dem Immunsystem, die pathogenen Keime rechtzeitig zu entdecken und zu eliminieren. Für die Stärkung der Immunabwehr sollten die Patienten regelmäßig sportlich aktiv sein und sich gesund und ausgewogen ernähren.
Im Zentrum der Ernährung stehen natürlich belassene Nahrungsmittel. Für einen gesundheitsbewussten Lebensstil ist es wichtig, dass die Patienten nicht zu langen Stressphasen ausgesetzt sind. Im Optimalfall wechseln sich die Anspannungsperioden mit Entspannungspausen ab. Das hat nicht nur auf den Körper einen positiven Effekt, sondern auch auf die Psyche.
Bei der eigentlichen Therapie geht es darum, den Entzündungsherd zu beseitigen. Durch die anschließenden Anpassungen im Alltag gelingt es den Betroffenen, die Abwehrkräfte zu steigern. Für die weitere Gesundung sollte sich die Nachsorge auch mit dem psychischen Befinden befassen.
Das können Sie selbst tun
Die Symptome einer beginnenden Hypophysitis äußern sich meist in unspezifischen Kopfschmerzen und in Sehstörungen, die sich in Doppelbildern äußern können. Symptomatisch ist auch sogenanntes Schleiersehen, das an Grauen Star erinnert, aber nicht durch eine Linsentrübung hervorgerufen wird. Das Verhalten im Alltag sollte vor allem die möglichen Sehstörungen berücksichtigen, die bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten wie Teilnahme am Straßenverkehr als Lenker eines Fahrzeugs zu gefährlichen Situationen führen kann.
Selbsthilfemaßnahmen können eine ärztlich verordnete medikamentöse Therapie sinnvoll begleiten. Mögliche Selbsthilfemaßnahmen bestehen vor allem in einer Stärkung des Immunsystems, damit es entscheidenden Einfluss auf die Eindämmung der möglichen Entzündungsprozesse in der Hypophyse nehmen kann und den weiteren Krankheitsverlauf positiv beeinflusst. Das Immunsystem kann durch eine abwechslungsreiche Ernährung, die vor allem natürlich belassene Nahrungsmittel wie Gemüse und Obst enthält, durch Anwendung wirksamer Entspannungstechniken und durch regelmäßige Bewegung gestärkt werden.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Kleine, B., Rossmanith, W.G.: Hormone und Hormonsystem. Springer Verlag, Berlin 2010