Infrarotspektroskopie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Infrarotspektroskopie ist ein spektroskopisches Verfahren zur Strukturanalyse chemischer Verbindungen. Außerdem dient sie zum Nachweis von Stoffen in chemischen und biologischen Proben. In der Medizin findet sie beispielsweise Anwendung zur Überwachung des Sauerstoffgehaltes im Blut von Intensivpatienten.
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Was ist die Infrarotspektroskopie?
Die Infrarotspektroskopie (IR-Spektroskopie) basiert auf der Grundlage der Anregung von Energiezuständen in Molekülen durch infrarote Strahlung im Wellenlängenbereich von 800 nm bis 1 mm. Das Prinzip der Messung besteht in der Absorption von Strahlung in einem bestimmten Wellenlängenbereich zur Anregung diskreter Schwingungs- und Rotationszustände funktioneller Gruppen.
Der absorbierte Bereich wird im IR-Spektrum als Peak dargestellt. Da die Schwingungszustände charakteristisch für bestimmte Atome und Atomgruppen sind, gibt die Lage der Peaks Auskunft über die Struktur der Moleküle. Zur Messung können mehrere Techniken angewendet werden. Bei der Transmissions-Technik durchquert die infrarote Strahlung beispielsweise die Probe, bevor das Absorptionsspektrum aufgenommen wird. Nach der Reflexions-Technik wird die reflektierte Strahlung spektroskopisch untersucht.
Es gibt weiterhin auch Methoden zur Aufnahme von Emissionsspektren. Die Infrarotspektroskopie wird in die drei Wellenlängenbereiche nahes Infrarot (NIRS) von 0,8 bis 2,5 Mikrometer, mittleres oder klassisches Infrarot von 2,5 bis 25 Mikrometer und fernes Infrarot von 25 bis 1000 Mikrometer eingeteilt.
Funktion, Wirkung & Ziele
Die NIRS ist ideal für die Bestimmung des Wassergehaltes in vielen Proben. So kann die Feuchte sowie der Protein- und Fettgehalt vieler Nahrungsmittel gut bestimmt werden. Sie findet daher Anwendung in der Prozesskontrolle der Nahrungsmittelindustrie und der pharmazeutischen Industrie. Bereits seit über 30 Jahren ist die Nahinfrarotspektroskopie in der Medizin und den Neurowissenschaften als bildgebendes Verfahren fest integriert. Dabei wird der Sauerstoffgehalt im Blut, der Blutfluss oder das Blutvolumen von verschiedenen Organen und Geweben überwacht. Besonders Gehirn, Muskeln oder Brust werden mit dieser Methode untersucht.
Die Erfolge dieses Verfahrens zur Bestimmung des Sauerstoffgehaltes beruhen auf dem unterschiedlichen Absorptionsverhalten von sauerstoffhaltigem und sauerstoffarmem Hämoglobin. Im Rahmen eines Monitorings werden IR-Spektren aufgenommen, welche die Änderungen des Sauerstoffgehaltes über die Zeit dokumentieren. Gleichzeitig können diese Werte über bildgebende Verfahren dargestellt werden. Nach diesem Prinzip werden auch Blutfluss und Blutvolumen bei Notfallpatienten überwacht. In der Notfall- und Intensivmedizin findet deshalb heute zunehmend eine Anwendung der NIRS statt, um die kontinuierliche Sauerstoffversorgung des Patienten zu gewährleisten. Auch zur Messung der Hirnaktivität hat sich das Verfahren bewährt. Bei ihrer Bestimmung werden die dynamischen Änderungen der Sauerstoffkonzentration des Blutes im Gehirn durch die Schädeldecke gemessen.
Das ist möglich, weil das nahe Infrarotlicht eine große Eindringtiefe besitzt. Aufgrund der Konzentrationsänderungen von Sauerstoff kann auf die Stärke der Hirnaktivität geschlossen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass ein hoher Sauerstoffgehalt in einem bestimmten Hirnareal dort auf eine gesteigerte Aktivität hindeutet. Auf diese Weise sollen neurologische Erkrankungen aufgedeckt werden. Des Weiteren werden wissenschaftliche Studien durchgeführt, welche die Zusammenhänge von Sauerstoffbedarf und Hirnaktivität noch besser erforschen sollen. Da die Struktur und Wechselwirkung von Proteinen, Kohlenhydraten, Lipiden und Nukleinsäuren Hinweise auf Krankheiten wie Morbus Alzheimer, Multiple Sklerose, Arthritis oder bestimmte Krebsarten geben können, werden seit Längerem auch wissenschaftliche Untersuchungen zur Strukturaufklärung dieser Stoffe im Gewebe mithilfe der IR-Spektroskopie unternommen.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Klassifizierung von Gewebearten ohne die Notwendigkeit von Färbetechniken. Auch Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blutplasma, Urin oder Gelenkflüssigkeit können mittels IR-Spektroskopie auf Glukose, Fette, Cholesterin, Harnstoff, Protein oder Phosphat untersucht werden. Zum Ausbau der Glukose-Bestimmung durch Anwendung der Infrarotspektroskopie werden derzeit noch wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt. Ziel soll die schnelle Ermittlung der Blut-Glukose-Konzentration von Diabetikern sein.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Grundsätzlich ist der Mensch ja ständig Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) ausgesetzt. Die gute Verträglichkeit der Methode bildet die ideale Voraussetzung für ihre breite Anwendung in der Medizin. Allerdings stößt ihre allumfassende Anwendung heute noch an Grenzen. In Kombination mit anderen bildgebenden Verfahren werden in der Diagnostik jedoch beachtliche Erfolge erzielt. Wie bereits erwähnt, werden derzeit Anstrengungen unternommen, die Glukose-Bestimmung bei Diabetikern zu optimieren. Insbesondere sollen nicht-invasive Verfahren wie die IR-Spektroskopie eine schnelle Analyse gewährleisten.
Bis heute ist hier jedoch noch nicht der Durchbruch gelungen. Auch auf anderen Gebieten ist noch viel Forschungsarbeit zu leisten. So wird bei der Messung der Hirnaktivität die Nichteindeutigkeit des Inversen Problems deutlich. Die Hirnaktivitäten werden ja nicht direkt registriert, sondern nur die Änderung der Sauerstoffkonzentration im Blut. Daher kann nur auf eine erhöhte Aktivität geschlossen werden. Um den Zusammenhang zu verifizieren, müssen noch weitere Studien und Vergleiche mit anderen Methoden durchgeführt werden. Für die Medizin ist generell nur die Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) für den Einsatz geeignet. Die Strahlung des mittleren und fernen Infrarotlichtes besitzt nicht die Fähigkeit, tief ins Gewebe einzudringen.
Quellen
- Burkhardt, D.: Gesund leben. Laborwerte deuten. Müller Verlag, Köln 2005
- Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016