Intensivmedizin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Intensivmedizin beschäftigt sich mit der Diagnostik und Therapie lebensbedrohlicher Krankheiten und Zustände. Sie ist eng mit der Notfallmedizin verbunden, da intensiv medizinische Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen dienen. In erster Linie geht es darum, das Leben des Patienten zu erhalten, wobei die Diagnose vorläufig sekundär ist.
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Was ist die Intensivmedizin?
In Deutschland war die Intensivmedizin bisher nicht klar abgegrenzt, da sie kein eigenständiges Fachgebiet umfasste, sondern den verschiedenen Teilbereichen der Anästhesie, Chirurgie, Inneren Medizin, Neurochirurgie, Neurologie, Pädiatrie und Herzchirurgie zugeordnet war. Mittlerweile gibt es den „interdisziplinär tätigen Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin“.
Der Gesundheitssektor verzeichnet eine wachsende Anzahl intensivmedizinischer Zentren für Intensivtherapie, Anästhesie, Intensivpflege und Intermediate Care. Sie firmieren unter der Fachbezeichnung „Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin“. Die Pflegekräfte verfügen über die Fachweiterbildung „Pflegekraft für Anästhesie und Intensivmedizin“.
Behandlungen & Therapien
Die Laborkontrollen sind engmaschig aufgestellt und erkennen umgehend Funktionsstörungen, auf die die Mediziner schnell reagieren können. Die Beatmung ist verbunden mit der Atemwegssicherung. Sie erfolgt durch die Tracheotomie oder die endotracheale Intubation. Invasive Verfahren sind die Voraussetzung zur Schaffung von Zugängen zu Körperhöhlen und Gefäßen. Sie werden eingesetzt bei Organersatzverfahren wie der Dialyse, der extrakorporalen Oxiginierung und dem kontinuierlichen Monitoring. Die intensiv medizinischen Ärzte und das Pflegepersonal arbeiten auf der Intensivstation, in der Anästhesie, Schmerztherapie, Notfallmedizin, Intermediate Care, im Rettungsdienst und in der Notaufnahme.
Patienten, die einen lebensbedrohlichen Zustand zeigen oder deren Zustand erwartungsgemäß bedrohlich werden kann, werden auf der Intensivstation aufgenommen. So führen nicht ausschließlich schwere Krankheiten zur intensiv-medizinischen Überwachung und Therapie, sondern auch Zustände nach stark invasiven Operationen. Generell muss eine günstige Prognose gegeben sein, da Ziel die Wiederherstellung der Vitalfunktionen und der damit verbundenen Gesundheit ist, beziehungsweise ein weitgehend autonomer Zustand des Patienten erreicht werden soll. Terminale Zustände und Erkrankungen führen nicht auf die Intensivstation, sondern in die Palliativmedizin.
Die Intensivmedizin behandelt elementare Störungen der Atmung, des Elektrolytehaushaltes, der Hämostase (Blutgerinnung), verschiedene Schockzustände (septisch, anaphylaktisch, hypovoläm, cardiologisch) und schwere Bewusstseinsstörungen. Auch für komplexe Krankheitsbilder wie Vergiftungen, Allgemeininfektionen, Schädel-Hirn-Trauma, Bauchfellentzündung, Bauspeicheldrüsenentzündung, neurologische Erkrankungen (z. B. Schlaganfall, schwere Meningitis, cerebrale Blutungen, myastenische Krisen, Subarachnoidalblutung, Delirium tremens), Herzerkrankungen, multiples Organversagen sowie Nieren- und Lungenversagen sind die Intensivmediziner zuständig.
Diagnose & Untersuchungsmethoden
Damit die Intensivmediziner die Vitalfunktionen ihrer Patienten wie Herzfrequenz, Sauerstoffgehalt, Atmung, Hirntätigkeit, Kreislauf und die Tätigkeit der weiteren Organe überwachen können, sind sie mit Überwachungsgeräten (Monitoren) verbunden. Die Erfassung der Vitalfunktionen erfolgt über Messfühler in Form von Elektroden und Sensoren, die diese Daten mittels einer Verkabelung an den Überwachungsmonitor weiterleiten. Dort werden die erfassten Daten ausgewertet und als Kurve dargestellt. Die Überwachungsgeräte verfügen über akustische und optische Alarmsignale. Aus Sicherheitsgründen reagieren diese intensiv-medizinischen Geräte bereits auf die kleinsten Veränderungen. Zusätzlich erfolgt eine regelmäßige und persönliche Überwachung durch die Ärzte und das Pflegepersonal.
Infusionsleitungen sind weitere wichtige Instrumente der intensiv-medizinischen Versorgung, da viele Patienten Medikamente oder eine künstliche Ernährung benötigen. Diese Zuführung erfolgt über die Infusionstherapie. Damit die entsprechenden Medikamente zugeführt werden können, legen die Mediziner den Patienten über einen Katheder einen Zugang in die Vene. Über Kunststoffleitungen werden die Ernährungslösungen und Medikamente dem Organismus zugeführt. Patienten, die ihre Nahrung nicht selbständig aufnehmen können, werden über eine Magensonde ernährt. Diese Ernährungssonden werden über die Speiseröhre in den Magen eingeführt. Viele Intensiv-Patienten benötigen zeitweise einen Harnkatheter zur Harnabführung. Über den Katheter wird der Urin in einen dünnen Plastikschlauch geleitet, der für die sichere Urinabführung in ein Sammelbecken sorgt. Beatmungsgeräte unterstützen die Atmung des Patienten.
Der Patient ist mit dem Beatmungsgerät über einen Tubus (Beatmungsschlauch) verbunden, der über den Mund in die Luftröhre gelegt wird. Auf diese Weise gelangt der Sauerstoff von dem Beatmungsgerät in die Lunge. Während dieser Lungenzuführung kann der Patient nicht sprechen. Ist er jedoch bei Bewusstsein und ansprechbar, ist eine Kommunikation über Zeichentafeln oder Zeichensprache möglich. Hämodialyse- und Hämofiltrationsgeräte (künstliche Niere) werden bei Patienten mit einer gestörten Nierenfunktion eingesetzt. Sie ersetzen die gestörte natürliche Nierentätigkeit und ermöglichen die notwendige Blutwäsche. Diese Geräte entfernen Abbauprodukte, überschüssige Flüssigkeit, Medikamentenrückstände und sonstige Schadstoffe aus dem Körper. Die Verbindung zwischen Gerät und Blutkreislauf des Patienten erfolgt über Katheter, die das Blut zur Reinigung in das Gerät einleiten und von dort aus wieder zum Patienten zurückleiten.
Ergänzt werden diese invasiven Überwachungsmethoden durch die nicht-invasive Überwachung des Herz-Kreislaufsystems mittels EKG und Blutdrucküberwachung sowie der Messung von Körpertemperatur und Sauerstoffsättigung. Davon zu unterscheiden sind die invasiven Messmethoden des zentralen Venendrucks, die arterielle Blutdruckmessung und der Lungenarterienkatheter. Zudem unterstützen Laborautomaten die Mediziner bei der Erhebung für häufig benötigte Werte wie Säure-Basen-Status, Blutgase, Hämoglobin und Elektrolyte im Point-of-Care-Testing.
Als Medikamente setzen die Intensivmediziner Analgetika (Schmerzmittel), Antiarrhythmika (trachykarde Herzrhythmusstörungen), Antidota (Antitoxin, Gegengift), Infektionsnarkotika, Katecholamine (Adrenalin, Dopamin), Relaxantien, Sedativa (entspannende Pharmaka), Lokalanästhetika, Nitropräparate, Antiastmatika, Antihypotonika (gegen niedrigen Blutdruck) und Spasmolytika/Vagolytika (Buscopan, Atropinsulfat) ein. Patienten in intensiv-medizinischen Einrichtungen sind einem zehnmal höheren Infektionsrisiko als Patienten auf Normalstationen ausgesetzt. Begünstigende Faktoren sind Alter, die Grunderkrankung, Begleiterkrankungen, schlechter Ernährungszustand und Bewusstseinsstörungen.
Therapieseitig kann eine große Anzahl von Maßnahmen zur Durchbrechung der Immunbarriere des Patienten führen. Daher bestehen außerordentlich hohe Anforderungen an eine sterile und keimfreie Umgebung. Aus diesem Grund sind die Stationen mit einem Schleusensystem ausgestattet, in dem Personal und eventuell erlaubte Besucher ihre Kleidung wechseln.
Das medizinische Personal trägt einen Mundschutz zur Abwehr von Tröpfcheninfektionen und spezielle Bereichskleidung. Die Hände stellen das größte Übertragungsreservoir dar und müssen daher zu einhundert Prozent steril sein. Patienten mit einer angegriffenen Abwehrlage werden auf spezielle Isolierstationen verbracht. Alle eingesetzten Geräte müssen gleichfalls komplett steril und keimfrei sein.
Quellen
- Leuwer, M., et al.: Checkliste Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Schulte am Esch, J., et al.: Anästhesie und Intensivmedizin. Thieme, Stuttgart 2011
- Wilhelm, W. (Hrsg.): Praxis der Intensivmedizin. Springer, Berlin 2013