Klumphand
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 19. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Klumphand bezeichnet man eine Fehlbildung des Unterarms, die angeboren ist. Dabei kann zwischen einer so genannten radialen beziehungsweise einer ulnaren Form unterschieden werden.
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Was ist eine Klumphand?
Bei einer Klumphand handelt es sich um eine Flexionskontraktur der Hand, wobei zwischen einer radialen und einer ulnaren Form differenziert werden kann. Auch die Grundgelenke der Finger weisen sehr häufig eine Beugekontraktur auf, End- und Mittelgelenke neigen hingegen eher zu Streckkontrakturen. Meist bleibt die Hand auch im Wachstum zurück.
Ursachen
Die Fehlbildungen von Ulna und Radius sind häufig genetisch bedingt, wobei unter anderem das so genannte TAR-Syndrom, das VATER-Syndrom oder das Rothmund-Thomson-Syndrom eine radiale Klumphand hervorrufen können. Als Ursache für eine ulnare Klumphand kommen zum Beispiel das Cornelia-de-Lange-Syndrom oder das Femur-Fibula-Ulna-Syndrom in Frage.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Ein typisches Merkmal einer Klumphand ist der verkürzte Unterarm, außerdem weicht die Hand rechtwinklig, radial ab. Die Funktion der Hand ist dadurch sehr eingeschränkt und das Greifen kann nur durch das Einklemmen von Dingen zwischen Unterarm und Hand durchgeführt werden. Meistens treten auch Anomalien der Handwurzeln beziehungsweise eine Hypoplasie der Langfinger und des Daumens auf.
Darüber hinaus kann zwischen einer primären beziehungsweise einer sekundären Klumphand differenziert werden. Unter einer primären Klumphand wird ein Erbleiden verstanden, wobei bestimmte Muskelgruppen verkürzt beziehungsweise mangelhaft differenziert sind. Die Knochen entwickeln sich normal. Bei der radialen Form sind vorwiegend die radialen Vorderarmmuskeln beziehungsweise der Biceps betroffen, bei der ulnaren Form treten Veränderungen an den Unterarmmuskeln und am Triceps auf.
Die sekundäre Klumphand ist auf einen kongenitalen Ulna- beziehungsweise Radiusdefekt zurückzuführen. Die Hand weicht zur Seite hin ab und die Fehlstellung vergröbert sich mit fortschreitendem Wachstum. Außerdem können auch Missbildungen an den benachbarten Gelenken oder an den Fingern auftreten. Bei einer ulnaren Klumphand zeigt die Handfläche zum Körper und das Handgelenk und der Ellenbogen sind instabil.
Außerdem treten ausgeprägte Fingerdefekte und begleitende Fehlbildungen, die die Muskeln und das Skelettsystem betreffen, auf. Bei einer radialen Klumphand zeigt der Handrücken zum Körper, das Handgelenk ist luxiert, aber der Ellenbogen ist stabil. Die Betroffenen leiden vorwiegend an Daumendefekten, wohingegen die ulnaren Finger ganz normal ausgebildet sind. Begleitfehlbildungen betreffen hier vor allem das gastrointestinale sowie das kardiorespiratorische System.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Eine Klumphand ist sehr auffällig, da der Arm verkürzt und der Unterarm nach außen oder nach innen verbogen ist. Dabei gibt es individuell unterschiedliche Ausprägungen. So besteht die Möglichkeit, dass der Ellbogen völlig steif und instabil ist, außerdem können die ulnaren Finger fehlen und bei den übrigen Fingern kann eine so genannte Kamptodaktylie (Beugekontraktur) beziehungsweise eine Syndaktylie (Fehlbildung der Fingerglieder) auftreten. Im Röntgenbild sind die Fehlbildungen von Ellbogengelenk, Handgelenk und an der Hand sehr gut sichtbar.
Komplikationen
Die meisten Patienten können Gegenstände nur dann nehmen, wenn sie diese zwischen der Hand und dem Unterarm einklemmen. Nicht selten sind auch Muskeln nur schwach ausgeprägt und die Belastbarkeit des Betroffenen sinkt ab. Auch bestimmte sportliche Tätigkeiten können möglicherweise nicht mehr durchgeführt werden. Nicht selten sind dabei auch Finger oder Gelenke von den Missbildungen betroffen.
Kinder können durch die Klumphand auch an psychischen Beschwerden oder an Depressionen leiden, wenn es zu Hänseleien oder zu Mobbing kommt. Die Klumphand kann relativ gut behandelt werden, wobei es nicht zu besonderen Komplikationen kommt. Mit Hilfe von Therapien oder operativen Eingriffen können die Beschwerden behoben werden. Weitere Komplikationen treten dabei nicht auf. Auch die Lebenserwartung wird durch eine Klumphand nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein Klumphand wird normalerweise unmittelbar nach der Geburt erkannt und operativ behandelt. Eine leichte Fehlbildung muss nicht unbedingt korrigiert werden, sollte aber dennoch von einem Arzt untersucht werden. Das betroffene Kind bedarf oft einer Physiotherapie sowie orthopädischer Hilfsmittel, die in Zusammenarbeit mit einem Facharzt organisiert werden müssen. Schwere Fehlbildungen müssen in jedem Fall chirurgisch behandelt werden. Eltern von betroffenen Kindern sollten frühzeitig eine Operation veranlassen, damit die Klumphand korrigiert werden kann, bevor das Kind heranwächst und die Fehlbildung womöglich noch stärker auftritt.
Sollte sich die Klumphand erst im Laufe der ersten Lebensjahre herausbilden, muss ebenfalls ärztlicher Rat eingeholt werden. Fehlbildungen an Handgelenk, Hand und Ellbogengelenk sind ein Grund für einen Arztbesuch. Weiterhin sollte mit einer Klumphand zum Arzt gegangen werden, wenn sie im Rahmen einer bereits diagnostizierten Erkrankung wie dem TAR-Syndrom oder dem VATER-Syndrom auftritt. Je nach Ursache und Ausprägung der Klumphand können die Eltern den Allgemeinmediziner, einen Orthopäden oder einen Internisten konsultieren. Erbkrankheiten sollten in einer Fachklinik für Erbkrankheiten untersucht und behandelt werden.
Behandlung & Therapie
Die Therapie einer Klumphand erfolgt entweder operativ oder konservativ. Eine konservative Behandlung ist meistens bei leichteren Formen indiziert, wobei bei dieser Form der Therapie der Kontraktur entgegengewirkt und die Armverkürzung kompensiert werden soll. Dabei wird der Arm mittels Schiene oder Gipsverband fixiert.
Schwerere Fehlstellungen können aber meistens nur durch eine Operation korrigiert werden. Diese Korrekturen erfolgen ab dem ersten Lebensjahr, wobei bei einem operativen Eingriff die Finger getrennt oder knöcherne Anteile entfernt werden. Heute werden dafür vor allem folgende Operationsverfahren eingesetzt:
- Radiushypoplasie: Im Alter von zwei bis drei Jahren wird bei dieser Methode der Radius verlängert. Möglicherweise muss die Operation auf Grund des Wachstums des Kindes wiederholt werden.
- Subtotale oder totale Radiusplasie: Hier erfolgt eine Zentralisation der Elle im Alter von zwei bis drei Monaten, sechs Monaten oder im dritten beziehungsweise vierten Lebensjahr.
Oftmals fehlt bei einer Klumphand auch der Daumen oder er ist zurückgebildet. Da eine Greiffunktion ohne Daumen nicht möglich ist, muss dieser daher rekonstruiert werden. Für eine Rekonstruktion bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder wird ein Finger zu einem Daumen umfunktioniert oder eine Zehe transplantiert.
Das Operationsverfahren, bei dem ein Daumen nachgebildet wird, heißt Pollizisation, wobei dafür meist der Zeigefinger verwendet wird. Eingriffe an Ellbogen und Unterarm erfolgen im Normalfall erst in der Pubertät, damit die Wachstumsfugen nicht gefährdet werden. Eine Ausnahme stellt die Operationsmethode nach Walther Blauth dar, die bereits im Vorschulalter durchgeführt wird. In diesem Fall durchtrennt der Chirurg die Weichteile am Handgelenk und bolzt die Ulna dann in die Handwurzel ein.
Nach der Operation erfolgt eine Immobilisation des Armes für etwa vier bis sechs Wochen, außerdem ist eine ständige Kontrolle beim Facharzt bis zum Wachstumsabschluss erforderlich. Die Therapie von kindlichen Fehlstellungen an der Hand erweist sich oft als äußerst langwierig und kann Jahre dauern. Auf Grund des Wachstums sind auch häufig neue Korrektureingriffe notwendig. Bei sehr starken Fehlbildungen können meist nur die Funktionen, nicht aber das kosmetische Ergebnis verbessert werden, daher zählt auch die psychologische Betreuung zum Therapiekonzept.
Aussicht & Prognose
Bei der Klumphand handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung des Skelettsystems. Diese kann weder durch die Maßnahmen einer Selbsthilfe noch durch die Nutzung von Alternativ- oder Naturheilverfahren verändert werden. Eine Linderung der Beschwerden ist lediglich mit den Möglichkeiten der Schulmedizin zu erreichen.
Ohne die Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung kann es im Verlauf des Lebens zu einer Zunahme der Beeinträchtigungen kommen. Die Bewegungseinschränkungen verschlechtern sich, es drohen Schmerzen und eine starke emotionale Belastung. In einem operativen Eingriff oder durch die Nutzung von konservativen Verfahren wird eine Änderung und Optimierung des Skelettsystems angestrebt. Die Anwendung der eingesetzten Methoden ist mit verschiedenen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Zudem werden innerhalb des Wachstums- und Entwicklungsprozesses des Kindes häufig mehrere Eingriffe notwendig. Dabei können Komplikationen und Folgeschäden eintreten.
Unter optimalen Bedingungen erreichen Ärzte in einer Langzeitbehandlung eine gute Funktionsfähigkeit des Armes, der Hand sowie der Finger. Häufig werden Finger nachgebildet und anschließend in gezielten Trainings mobilisiert. Dennoch ist bei der Erkrankung aufgrund der optischen Auffälligkeiten und Einschränkungen im Alltag bei vielen Patienten mit psychischen Unregelmäßigkeiten zu rechnen. Diese sind bei der Stellung der Gesamtprognose zu berücksichtigen, da sie häufig langwierig sind und mit einer verminderten Lebensqualität verbunden sind.
Vorbeugung
Da eine Klumphand eine angeborene Fehlbildung ist, kann dieser nicht vorgebeugt werden.
Nachsorge
Die eigentliche Nachsorge findet bis zum Ende der Pubertät statt. Anschließend kommt das Wachstum spätestens zum Erliegen. Eine Verringerung des Leidens an der Klumphand ist dann unwahrscheinlich. Der Patient kann mit einer kosmetischen Verbesserung im Alltag leben, die Beweglichkeit bleibt indes eingeschränkt. Ziel der Nachsorge kann für Erwachsene somit nicht wie sonst sein, ein Wiederauftreten der Erkrankung zu verhindern.
Die in der Wachstumsphase therapierte Hand liegt in einer starren Form vor. Betroffene müssen ihren Alltag mit den entsprechenden Einschränkungen im privaten und beruflichen Bereich verbringen. Resultiert aus den unverrückbaren Gegebenheiten ein seelisches Leiden, kann eine Psychotherapie angezeigt sein. Kinder müssen nach einem Ersteingriff überwacht werden. Denn die Klumphand bringt nicht selten die Notwendigkeit für eine weitere Operation mit sich.
Auch anschließend kann sich durch die Wachstumsphase einiges an der betroffenen Hand verändern. Um zu einem gewünschten Ergebnis zu gelangen, sind viertel- oder halbjährliche Vorstellungen beim behandelnden Arzt empfehlenswert. Nur dadurch lassen sich Komplikationen und unvorhergesehene Entwicklungen vermeiden. Orthesen oder Schienen können kurzfristig an die veränderten Bedingungen angepasst werden. Als diagnostisches Instrumentarium dienen vor allem Röntgenaufnahmen, die die Fehlbildungen eindeutig sichtbar machen.
Das können Sie selbst tun
Leichtere Formen der Klumphand können oft mit konservativen Methoden behandelt werden. So lassen sich weniger ausgeprägte Fehlbildungen durch das Tragen eines Gipsverbands oder einer Schiene korrigieren. Begleitend dazu wird der Arzt dem Patienten die Schonung der betroffenen Hand empfehlen.
Falls eine Operation notwendig ist, muss die betroffene Hand anschließend für mindestens vier bis sechs Wochen geschont werden. Zudem ist eine ständige Kontrolle beim Facharzt erforderlich. Erst, wenn der Mediziner sein Einverständnis gibt, dürfen wieder größere körperliche Arbeiten durchgeführt werden. Bei Kindern mit Klumphand sollten die Eltern möglichst frühzeitig eine Operation einleiten, denn ansonsten kann es im Entwicklungsprozess zu weiteren Komplikationen kommen.
Sollte die Klumphand den Patienten stark belasten und womöglich schon seelische Probleme hervorgerufen haben, ist eine therapeutische Behandlung angezeigt. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann den Betroffenen Mut geben und so den Umgang mit der Fehlbildung erleichtern. Eine Klumphand sollte in jedem Fall ärztlich überwacht werden. Auch bei leichteren Formen können sich Komplikationen wie vorzeitiger Gelenkverschleiß oder Durchblutungsstörungen ergeben, die abgeklärt und gegebenenfalls behandelt werden müssen. Bei plötzlich auftretenden Beschwerden sollte ein Arzt konsultiert werden.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015