Konnatale Hyperekplexie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Bei der konnatalen Hyperekplexie handelt es sich um eine angeborene Erkrankung, die sehr selten auftritt. Die Krankheit wird in manchen Fällen auch als Stiff-Baby-Syndrom bezeichnet. Im Rahmen der Erkrankung liegt eine spezielle genetische Störung vor. Die konnatale Hyperekplexie wird entweder auf autosomal-dominantem Weg oder auf rezessive Weise vererbt. Die Erkrankung geht mit einer Reihe von verschiedenen neurologischen Beschwerden einher.
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Was ist eine konnatalen Hyperekplexie?
Die konnatale Hyperekplexie kommt nur bei einer sehr geringen Anzahl von Menschen vor. Es handelt sich in erster Linie um eine genetische Krankheit, die vor allem neurologische Symptome hervorruft. Dabei leiden die betroffenen Patienten zum Beispiel an überspannten Muskeln.
Diese Verspannungen treten entweder im Rahmen von Anfällen oder über einen längeren Zeitraum auf. Darüber hinaus sind einige erkrankte Personen auch von gelegentlichen Krampfanfällen betroffen. In erster Linie leiden Kinder an der konnatalen Hyperekplexie.
Von besonderer Bedeutung ist eine rasche Diagnose der Erkrankung, damit zügig eine adäquate Therapie begonnen wird. Auf diese Weise lässt sich die Prognose der konnatalen Hyperekplexie positiv beeinflussen. Die Krankheit wurde erstmals 1958 beschrieben. Die Störung zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass eine fehlerhafte Beantwortung von Reizen stattfindet.
Dabei handelt es sich vor allem um Reize akustischer oder taktiler Art. Eine gefürchtete Komplikation im Rahmen der konnatalen Hyperekplexie stellt der plötzliche Kindstod dar. Aus diesem Grund ist die schnelle Diagnose enorm wichtig für das Leben des betroffenen Patienten. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die konnatale Hyperekplexie von der Epilepsie abzugrenzen ist.
Ursachen
Diese Mutation befindet sich auf dem Glyzin-Rezeptor. Durch die Mutation werden sowohl die Alpha- als auch die Beta-Untereinheit des entsprechenden Rezeptors beeinträchtigt. Darüber hinaus existieren weitere potenzielle Möglichkeiten für Mutationen, die die Entstehung der konnatalen Hyperekplexie zur Folge haben.
Die konnatale Hyperekplexie unterscheidet sich durch eine Besonderheit von anderen erblich bedingten Krankheiten. Denn die Störung wird in einigen Fällen auch autosomal-rezessiv vererbt. Die genetischen Veränderungen erfolgen in erster Linie auf den Sequenzen 5q32-35 sowie 4q31-3.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die konnatale Hyperekplexie zeichnet sich durch mehrere charakteristische Beschwerden und Symptome aus, die auf die Krankheit hinweisen. Die Ausprägung und Stärke dieser Anzeichen variiert von Mensch zu Mensch. Die typische Kombination an Beschwerden gibt jedoch einen eindeutigen Hinweis auf das Vorliegen einer konnatalen Hyperekplexie.
Als erstes macht sich die Erkrankung in der Regel bei der Geburt bemerkbar. Unmittelbar nach der Geburt verspannt sich die Skelettmuskulatur des betroffenen Babys. Diese Verspannung zeigt sich am gesamten Körper und wird auch als Hypertonie bezeichnet. Zur gleichen Zeit kommt es zu einer erheblichen Intensivierung des sogenannten Moro-Reflexes.
Diverse Reize, etwa akustische, taktile oder mechanische, haben starke Verkrampfungen zur Folge. Diese führen unter Umständen zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Insbesondere die Atemnot, die sich in einigen Fällen in der Folge der verkrampften Muskulatur entwickelt, stellt ein hohes Risiko für das Leben des betroffenen Patienten dar.
Die Hypertonie der Muskulatur geht unter Umständen soweit, dass der gesamte Körper erstarrt ist. Aus diesem Grund erhielt die Erkrankung den Beinamen Stiff-Baby-Syndrom. In der Regel werden die Symptome schwächer, umso älter das erkrankte Kind wird.
Jedoch ist es möglich, dass auch bei vermeintlich geheilten Erwachsenen plötzlich eine typische Verkrampfung der Muskeln auftritt, zum Beispiel, wenn sich die betroffene Person erschreckt. Dabei bleiben die Patienten jedoch in der Regel bei Bewusstsein.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Zur Diagnose der konnatalen Hyperekplexie existieren verschiedene Methoden der Untersuchung. Grundlegend wichtig ist im ersten Schritt die Durchführung einer gründlichen Anamnese. Da die Patienten in der Regel sehr jung sind, erörtert der behandelnde Arzt gemeinsam mit den Eltern des Babys unter anderem die familiäre Dispositionen. Den wichtigsten Hinweis auf das Vorliegen einer konnatalen Hyperekplexie gibt üblicherweise das typische klinische Erscheinungsbild der Krankheit. Liegt die charakteristische Symptomatik vor, lässt sich leicht eine Verdachtsdiagnose stellen.
Der Verdacht auf das Vorliegen einer konnatalen Hyperekplexie wird in der heutigen Zeit durch eine genetische Analyse im Labor bestätigt. Im Anschluss an die Diagnose wird in der Regel umgehend mit einer geeigneten Therapie begonnen, um die Prognose der Erkrankung zu verbessern.
Komplikationen
Die Lebensqualität des Patienten ist durch diese Krankheit erheblich eingeschränkt. Weiterhin kann es zum Beispiel auch zu einer Atemnot kommen, welche für den Betroffenen lebensgefährlich sein kann, so dass eine Behandlung dringend erforderlich ist. In den meisten Fällen nehmen die Symptome und Beschwerden mit dem Alter des Kindes ab.
Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch noch im Erwachsenenalter zu Beschwerden kommt, die plötzlich auftreten. Die Behandlung dieser Krankheit findet in der Regel mit Hilfe von Medikamenten statt. Diese können die Beschwerden einschränken und führen dabei nicht zu weiteren Komplikationen.
Ob es allerdings zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht universell vorausgesagt werden. Die Lebenserwartung des Patienten wird in der Regel nicht verringert. Weiterhin benötigen nicht selten auch die Eltern des Kindes eine psychologische Behandlung.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Die konnatale Hyperekplexie wird normalerweise unmittelbar nach der Geburt festgestellt. Ob weitere medizinische Maßnahmen ergriffen werden müssen, hängt von der Ausprägung der Erkrankung ab. Bei schwerwiegenden Symptomen, zum Beispiel Atemnot oder Muskelkrämpfen, müssen die Eltern das Kind einem Facharzt vorstellen. Der Mediziner wird zunächst die Krankheitszeichen abklären und anschließend eine Behandlung einleiten. Während der Therapie muss das Kind engmaschig überwacht werden, typischerweise in einer Fachklinik für genetische Erkrankungen.
Die einzelnen Symptome müssen meist über das gesamte Leben des Betroffenen hinweg behandelt werden. Im späteren Leben nehmen die Beschwerden ab, dennoch können sich noch nach Jahren spontan wieder gesundheitliche Probleme aufstellen. Betroffene, die im Erwachsenenalter plötzlich ungewöhnliche Symptome bemerken, sollten einen Arzt aufsuchen. Neben dem Hausarzt kann ein Internist oder ein Orthopäde hinzugezogen werden. Bei stark ausgeprägten Beschwerden ist immer ein Fachklinikum zu konsultieren. Der zuständige Arzt wird in der Regel außerdem einen Therapeuten hinzuziehen oder die Betroffenen und ihre Angehörigen an eine Selbsthilfegruppe verweisen.
Behandlung & Therapie
Im Rahmen der Behandlung der konnatalen Hyperekplexie stehen unterschiedliche Ansätze zur Verfügung. In erster Linie kommt der Wirkstoff Clonazepam zum Einsatz. Hingegen führen herkömmliche Antiepileptika in der Regel zu einer Verschlimmerung der Beschwerden. Von zentraler Bedeutung ist die rechtzeitige Diagnose der Erkrankung, um so schnell wie möglich mit der Therapie zu beginnen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der konnatalen Hyperekplexie ist ungünstig. Die Erkrankung basiert auf einer Mutation der menschlichen Genetik. Ärzten und Medizinern ist es aufgrund der aktuellen Gesetzeslage nicht gestattet, Veränderungen des Erbmaterials vorzunehmen. Aus diesem Grund können nur symptomatische Behandlungsmethoden Anwendung finden. Eine Heilung ist entsprechend bei dieser Erkrankung nicht gegeben. Je frühzeitiger eine Diagnosestellung erfolgt, desto besser sind die Aussichten auf eine Linderung der vorhandenen Beschwerden. Zudem kann es bei einem gut aufgestellten Behandlungsplan zur Vermeidung von weiteren Unregelmäßigkeiten kommen.
Zu berücksichtigen ist bei der Prognosestellung die individuelle Ausprägung der Symptome. Obgleich ein Gendefekt bei allen Betroffenen vorliegt, sind die Schwere und das Ausmaß der Störung bei jedem Patienten anders ausgeprägt. Da die Lebensqualität aufgrund der Erkrankung deutlich eingeschränkt ist, kann es trotz intensiver Bemühungen zu Zuständen eine emotionalen Belastung kommen. Diese erhöhen das Risiko, Folgestörungen und psychische Erkrankungen zu erleiden. Dieser Umstand muss bei der Stellung der Gesamtprognose berücksichtigt werden, da er den allgemeinen Gesundheitszustand zusätzlich verschlechtert.
Verbesserungen treten auf, wenn der Patient neben der Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung wird sich selbstständig Maßnahmen zur Unterstützung der eigenen Vitalität ergreift. Gezielte Übungen zur Stärkung der Muskulatur können wesentlich zu einer Linderung der Beschwerden beitragen und die Lebensqualität erheblich verbessern.
Vorbeugung
Der konnatalen Hyperekplexie lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht vorbeugen, da es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung handelt, die vererbt wird. Zeigen neugeborene Babys typische Symptome der Krankheit, ist schnellstens eine Diagnose zu stellen. Denn durch adäquate Behandlungsmethoden verbessern sich die Überlebenschancen der betroffenen Patienten in der Regel erheblich.
Nachsorge
Den meisten Patienten stehen bei dieser Erkrankung keine besonderen Maßnahmen einer Nachsorge zur Verfügung. Dabei sollte allerdings schon sehr früh ein Arzt kontaktiert werden, damit es zu keinen weiteren Komplikationen oder zu einer weiteren Verschlechterung der Beschwerden kommt. Da es sich dabei um eine genetisch bedingte Krankheit handelt, kann sie nicht vollständig wieder geheilt werden.
Im Falle eines Kinderwunsches kann allerdings eine genetische Beratung und Untersuchung sinnvoll sein, damit die Krankheit nicht erneut bei den Nachkommen auftritt. Die Behandlung selbst erfolgt dabei meist mit Hilfe von verschiedenen Medikamenten. Hierbei ist immer eine richtige Dosierung und auch die regelmäßige Einnahme zu beachten, wobei vor allem den Anweisungen des Arztes zu folgen ist. Bei Unklarheiten oder bei Fragen ist immer zuerst der Arzt zu konsultieren.
Im Falle eines epileptischen Anfalls sollte sofort ein Krankenhaus aufgesucht oder direkt ein Notarzt gerufen werden. Im schlimmsten Fall kann ein solcher Anfall zum Tod des Betroffenen führen. Im Vordergrund steht daher bei dieser Krankheit die frühe Diagnose, um dem vorzubeugen. Ob es durch die Krankheit zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt, kann nicht universell vorhergesagt werden.
Das können Sie selbst tun
Die medikamentöse Behandlung der konnatalen Hyperekplexie kann die Beschwerden stark reduzieren. Die für die Krankheit typischen Krampfanfälle können dennoch auftreten und zu Unfällen und Stürzen führen. Deshalb muss der Patient ständig unter Beobachtung eines Familienmitgliedes, Freundes oder einer Pflegekraft stehen, die bei einem Notfall den Rettungsdienst rufen und Erste Hilfe leisten kann. Patienten sollten stets ein Mobiltelefon, einen Krankenpass sowie verschiedene Notfallmedikamente bei sich tragen.
Maßnahmen wie Physiotherapie und Krankengymnastik stabilisieren die Muskulatur und können dadurch die Häufigkeit der Krampfanfälle reduzieren. Durch die Vermeidung der auslösenden mechanischen oder akustischen Reize können weitere Verkrampfungen zuverlässig unterbunden werden. Womöglich sind hierfür Anpassungen in der Wohnung und im alltäglichen Leben notwendig. Die Betroffenen sollten sich an den zuständigen Arzt wenden, der Tipps bezüglich etwaiger Umbaumaßnahmen und einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse geben kann.
Die psychischen Probleme, die mit einer schweren Erkrankung wie der konnatalen Hyperekplexie verbunden sind, bedürfen einer therapeutischen Behandlung. Begleitend dazu können die Patienten sich Selbsthilfegruppen anschließen oder sich in Internetforen mit anderen Betroffenen austauschen. Sportliche Betätigung und erfüllende Hobbys helfen dabei, Lebensqualität und Wohlbefinden zu steigern.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Feige, A., Rempen, A., Würfel, W., Jawny, J., Rohde, A. (Hrsg.): Frauenheilkunde – Fortpflanzungsmedizin, Geburtsmedizin, Onkologie, Psychosomatik. Urban & Fischer, München 2005
- Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013