Lineare IgA-Dermatose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 22. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die lineare IgA-Dermatose ist eine autoimmunologische Erkrankung der Haut, bei der das körpereigene Immunsystem Autoantikörper gegen Haftungsproteine produziert. Die Folge sind Bläschenbildung und Hautrötungen, die im Einzelfall auch das Auge betreffen können. Bei einer Beteiligung der Augen droht Erblindung, was neben medikamentösen Therapien auch invasive Behandlungsverfahren erforderlich machen kann.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine lineare IgA-Dermatose?

Die Diagnose einer linearen IgA-Dermatose erfolgt typischerweise anhand der Immunhistopathologie. Die Autoantikörper müssen zur Diagnosestellung aus der Haut isoliert werden, um einen bestehenden Verdacht auf die Autoimmundermatose zu sichern.
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Das Immunsystem dient der Erkennung und Abwehr von körperfremden Stoffen sowie Krankheitserregern. Bei Autoimmunerkrankungen richtet das Abwehrsystem dagegen Antikörper gegen körpereigenes Gewebe. Prinzipiell können Autoimmunerkrankungen jede Art von Gewebe angreifen.

Ist das Hautgewebe das Ziel der autoimmunologischen Antikörper, so ist von Autoimmundermatosen die Rede. Eine solche Dermatose autoimmunologischen Ursprungs ist die lineare IgA-Dermatose, die von der medizinischen Literatur auch als IgA-Pemphigoid oder chronisch bullöse Dermatose des Kindesalters bezeichnet wird. Die Erkrankung geht mit Erythemen und Blasenbildung einher.

Es handelt sich um eine extrem seltene Erkrankung, die vorwiegend Frauen und kleinere Kinder betrifft. Unter den Autoimmundermatosen lässt sich die Erkrankung wegen der assoziierten Blasenbildung der Unterkategorie blasenbildender Autoimmundermatosen zuordnen. Über die primäre Ursache der linearen IgA-Dermatose lässt sich bislang nur spekulieren. Die jährliche Inzidenz der Erkrankung liegt deutschlandweit bei weniger als einem Fall pro 100 000 Einwohner.

Ursachen

Obgleich die primär ursächlichen Faktoren für Autoimmunerkrankungen bis heute Gegenstand der Spekulation sind, lässt sich zumindest die Pathophysiologie weitestgehend erklären. Die lineare autoimmunologische IgA-Dermatose stellt eine Fehlprogrammierung des Immunsystems dar, die auf ungeklärte Genese zurückgeht. Auf Basis der Fehlprogrammierung bildet das körpereigene Abwehrsystem Autoantikörpern im Serum.

Diese Autoantikörper richten sich gegen ein Protein im intrazellulären Plaques von Hemidesmosomen. Bei Hemidesmosomen handelt es sich um Haftkomplexe, die Epithelzellen fest mit der darunterliegenden Basalmembran verbinden. Mit der Zerstörung wichtiger Proteine im intrazellulären Plaques der Haftkomplexe geht die Haftung verloren.

Entlang der Basalmembran bilden sich zur selben Zeit Antigen-Antikörper-Komplexe, die die Komplementkaskade aktivieren. Durch diese Aktivierung entsteht das charakteristische Erythem der linearen IgA-Dermatose. Wissenschaftler legen mittlerweile nahe, dass die Fehlprogrammierung des Abwehrsystems in diesem Fall beispielsweise durch Medikamente induziert werden könnte.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit linearer IgA-Dermatose leiden charakteristischerweise an mannigfachen Blasen der äußeren Haut. In den meisten Fällen entstehen die Blasen nicht etwa auf gesunder Haut, sondern bilden sich auf stark geröteten Hautstellen im Sinne von Erythemen. In einigen Fällen bestehen Erytheme und Blasen also nebeneinander.

In wieder anderen Fällen lösen Blasen die Erytheme ab und andersherum. Das Auftreten von Blasenbildung auf den Schleimhäuten ist nicht vollständig ausgeschlossen, aber eher nicht charakteristisch. Die Hautveränderungen der Patienten gehen im Regelfall mit mehr oder weniger starkem Juckreiz, brennenden Empfindungen oder Schmerzen einher.

Viele Patienten kratzen an den Blasen, um den Juckreiz zu lindern. Mit diesem Vorgehen können sich die Läsionen allerdings noch verschlimmern. Am häufigsten treten die Hautveränderungen an den proximalen Extremitäten oder im Bereich des Rumpfes auf. Eine Beteiligung der Augen wurde in Einzelfällen dokumentiert. Diese Augenbeteiligung kann wegen des entstehenden Narbengewebes zur Erblindung führen oder die Bildung eines Entropiums zur Folge haben.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose einer linearen IgA-Dermatose erfolgt typischerweise anhand der Immunhistopathologie. Die Autoantikörper müssen zur Diagnosestellung aus der Haut isoliert werden, um einen bestehenden Verdacht auf die Autoimmundermatose zu sichern. Der erste Verdacht ereilt den Dermatologen meist blickdiagnostisch.

Zur Diagnosesicherung sichert er die linearen IgA- und Komplementablagerungen an der Basalmembran. In manchen Fällen lassen sich die spezifischen Autoantikörper sogar im Serum der Patienten nachweisen. Deshalb kann auch der labordiagnostische Nachweis angedacht werden. Allerdings ist die Erkrankung keineswegs ausgeschlossen, falls die spezifischen Antikörper im Serum nicht nachweisbar sind.

Differenzialdiagnostisch muss die lineare IgA-Dermatose von Hauterkrankungen wie der Dermatitis herpetiformis Duhring oder dem bullösen Pemphigoid abgegrenzt werden. Für Patienten mit IgA-Dermatose lässt sich die Prognose nicht pauschalisieren. Typischerweise sind Autoimmunerkrankungen von individuellem Verlauf geprägt.

Komplikationen

Bei dieser Krankheit leiden die Betroffenen in erster Linie an Bläschen auf der Haut. Diese können zu einer verringerten Ästhetik führen und damit die Lebensqualität des Patienten deutlich verringern. Es treten dabei Minderwertigkeitskomplexen und ein verringertes Selbstwertgefühl auf. Nicht selten entwickeln die Betroffenen auch Depressionen oder andere psychische Verstimmungen.

Weiterhin kommt es durch die Krankheit auch zu einem Juckreiz oder zu brennenden Schmerzen auf der Haut. Sollten diese Schmerzen auch in der Nacht auftreten, so kann es zu Schlafbeschwerden und zu einer Gereiztheit des Patienten kommen. Komplikationen treten in der Regel dann auf, wenn die Krankheit auch die Augen betrifft. Dabei kann der Betroffene im schlimmsten Fall erblinden. Durch die dauerhaften Schmerzen und Beschwerden auf der Haut kommt es zu starken Einschränkungen im Leben des Patienten.

Die Behandlung der Krankheit erfolgt in den meisten Fällen mit Hilfe von Medikamenten und führt zu einem Erfolg. Nicht selten sind die Patienten allerdings auf eine langwierige Behandlung angewiesen. Auch nach der Behandlung kann es erneut zur Ausbildung dieser Krankheit kommen. Die Lebenserwartung des Patienten wird dabei in der Regel nicht beeinflusst.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Wer Blasen, Rötungen und andere Hautveränderungen bemerkt, sollte zeitnah ärztlichen Rat einholen. Die lineare IgA-Dermatose tritt zwar sehr selten auf, kann aber schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit haben, wenn sie zu spät oder überhaupt nicht behandelt wird. Betroffene Personen sollten deshalb bereits unscheinbare Hautveränderungen von einem Arzt untersuchen lassen. Wenn Schmerzen, Juckreiz oder Verkrustungen hinzukommen, wird am besten noch am selben Tag ein Arzt aufgesucht.

Schleimhautverklebungen im Bereich der Augen müssen sofort behandelt werden. Andernfalls kann es zu starken Schmerzen und Sehstörungen kommen. Die lineare IgA-Dermatose tritt vorwiegend bei Kindern auf. Risikofaktoren sind Infektionen oder Tumorerkrankungen. Häufig tritt die Erkrankung im Zusammenhang mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn auf.

Betroffene Personen sollten den Hausarzt oder einen Dermatologen aufsuchen. Etwaige Sehstörungen müssen dem Augenarzt vorgestellt werden. Falls sich als Folge der Hautveränderungen seelische Probleme entwickeln, sollte mit einer Vertrauensperson gesprochen werden. Im Zweifelsfall empfiehlt sich das Gespräch mit einem Psychologen.

Behandlung & Therapie

Patienten mit IgA-Dermatose erhalten eine Kombination aus externer und interner Therapie. Zur externen Therapie zählt eine antientzündliche Behandlung, die zum Beispiel mit synthetischen Gerbstoffen erfolgen kann. Die interne Therapie erfolgt mit Mitteln wie DADPS.

Abhängig von der aktuellen Situation und dem Verlauf im Einzelfall werden die Medikamente und deren Dosierung Stück für Stück angepasst. Azathioprin und systemische Kortikoide kommen bei unveränderter Lage in Frage. Außerdem sind Cyclophosphamid, Colchizin sowie Mycophenolatmofetil, Methotrexat und Ciclosporin A interne Therapieoptionen.

Grundsätzlich spricht die lineare IgA-Dermatose gut auf Immunsuppressiva sowie Sulfone und Sulfapyridine an. Die Immunsuppression dämpft das gesamt Immunsystem ab und vermindert damit auch die Bildung der Autoantikörper. Sämtliche Maßnahmen zur Immunsuppression lassen sich in Form einer Langzeittherapie einsetzen. Zur Akuttherapie eignen sich andere Wirkstoffe meist besser.

Eine systematische Behandlung des Juckreizes kann durch die systemische Gabe verschiedener Antihistaminika erfolgen. Anders als bei vielen anderen Autoimmundermatosen sind diätetische Maßnahmen bei der autoimmunlogischen IgA-linearen Dermatose weitestgehend wirkungslos. Im Falle einer Beteiligung des Augenbereichs können invasive Maßnahmen erforderlich sein. Speziell nach der Bildung eines Entropiums ist eine ophthalmologische Korrektur von Nöten.


Aussicht & Prognose

Bei der Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung ist die Prognose der Lineare IgA-Dermatose günstig. Der Defekt des Immunsystems lässt sich durch die Gabe von Arzneien mit den derzeitigen medizinischen Möglichkeiten gut regulieren. Unbehandelt halten die Beschwerden kontinuierlich an oder nehmen an Intensität oder Ausmaß zu. Darüber hinaus ist mit psychischen Folgestörungen zu rechnen, dass bei einer Vielzahl der Betroffenen zu einer starken emotionalen Belastung aufgrund der optischen Auffälligkeiten kommt. Je frühzeitiger eine Diagnosestellung erfolgt, desto eher sind Behandlungsmaßnahmen möglich und Linderung erkennbar.

Trotz der guten Therapiemöglichkeiten kann es zu Nebenwirkungen aufgrund der verschriebenen Präparate kommen. Diese wirken sich verzögert auf den Heilungsprozess aus, da eine Neustrukturierung des Behandlungsplanes notwendig ist. Obgleich die Erkrankung mit den vorhandenen Medikamenten gut therapiert werden kann, ist eine Langzeitbehandlung in den meisten Fällen notwendig.

Die Erkrankung tritt unmittelbar mit dem Absetzen der Arzneien bei den meisten Patienten erneut auf. Aus diesem Grund müssen sich die Betroffenen über mehrere Monate oder Jahre einer medizinischen Behandlung stellen. Dieser Umstand kann sich ebenfalls negativ auf die Psyche des Betroffenen auswirken. Je nach Persönlichkeit des Patienten entwickeln sich mögliche psychische Folgestörungen. Bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf kommt es zu einer Erblindung des Betroffenen. Bei diesen Patienten ist die Prognose erheblich verschlechtert.

Vorbeugung

Die primären Auslöser von Fehlprogrammierungen des körpereigenen Immunsystems bleiben bis heute Gegenstand der Diskussion. Falls, wie Spekulationen besagen, tatsächlich unterschiedliche Medikamente die IgA-Dermatose auslösen, ließen sich diese Medikamente als Präventionsschritt vermeiden. Andererseits stehen nicht für alle Medikamente erfolgsversprechende Alternativen zur Verfügung.

Nachsorge

Die Maßnahmen einer Nachsorge hängen bei Hautkrankheiten in der Regel sehr stark von der genauen Krankheit ab, sodass dabei in der Regel keine allgemeine Voraussage erfolgen kann. Auch eine IgA-Dermatose muss jedoch in erster Linie von einem Arzt untersucht und behandelt werden, damit es nicht zu weiteren Komplikationen oder Beschwerden kommt. Je früher diese Krankheit von einem Arzt erkannt und behandelt wird, desto besser ist auch der weitere Verlauf.

Aus diesem Grund empfiehlt es sich für Betroffene schon bei den ersten Symptomen und Anzeichen einen Arzt aufzusuchen. Auch ein hoher Standard der Hygiene wirkt sich in den meisten Fällen positiv auf den Verlauf von solchen Krankheiten aus. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung dieser Krankheiten durch die Anwendung von Cremes oder Salben und durch die Einnahme von Medikamenten.

Betroffene sollten dabei auf eine regelmäßige Anwendung und auch auf die richtige Dosierung achten, um Beschwerden dauerhaft zu lindern. Dabei sind regelmäßige Kontrollen durch einen Arzt sehr wichtig. In den meisten Fällen wirken sich die Hautkrankheiten nicht negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus. Auch der Kontakt zu anderen Patienten kann dabei sinnvoll sein.

Das können Sie selbst tun

Es ist nicht möglich, die Lineare IgA-Dermatose mit Mitteln der Selbsthilfe zu behandeln. Die Betroffenen sind daher immer auf eine medizinische Behandlung angewiesen, damit es nicht zu weiteren Komplikationen und Beschwerden kommt. In erster Linie ist daher eine frühzeitige Diagnose und Behandlung notwendig, da diese immer die Chance auf einen positiven Krankheitsverlauf erhöhen. Sollten daher die ersten Beschwerden der Lineare IgA-Dermatose auftreten, so ist sofort ein Arzt aufzusuchen.

Da die Behandlung der Linearen IgA-Dermatose hauptsächlich mit Hilfe von Medikamenten therapiert wird, sollten Betroffenen immer auf eine richtige Dosierung und auf eine regelmäßige Einnahme achten. Auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sollten dabei nicht außer Acht gelassen werden.

Sollte es zu einer Erblindung gekommen sein, so ist der Patient auf Hilfe in seinem Alltag angewiesen. Diese Hilfe sollte idealerweise durch Angehörige oder durch Freunde erfolgen und den Patienten in seinem Alltag entlasten. Häufig können dabei auch einfühlsame Gespräche mit den engsten Freunden oder mit anderen vertrauten Personen psychische Beschwerden vermeiden und lindern. Dasselbe gilt auch bei psychischen Beschwerden, die aufgrund der verringerten Ästhetik durch die Hautbeschwerden auftreten.

Quellen

  • Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Sterry, W., Worm, M., Burgdorf, W.: Checkliste Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2014

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