Cyclophosphamid

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Cyclophosphamid ist ein Arzneistoff aus der Wirkstoffklasse der Zytostatika. Er wird zur Behandlung von Krebserkrankungen und zur Therapie von schweren Autoimmunerkrankungen genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Cyclophosphamid?

Cyclophosphamid wird zur Behandlung von Krebserkrankungen und zur Therapie von schweren Autoimmunerkrankungen genutzt.

Cyclophosphamid ist ein Arzneistoff mit alkylierender Wirkung. Alkylanzien sind chemische Substanzen, die Alkylgruppen in die DNS einführen können. Cyclophosphamid gehört zur Gruppe der Senfgas-Stickstoff-Verbindungen und somit zu den Zytostatika. Zytostatika sind Arzneistoffe, die das Zellwachstum und / oder die Zellteilung hemmen. Sie werden insbesondere zur Behandlung von Krebs im Rahmen der Chemotherapie eingesetzt.

Auf der Suche nach einem Krebspräparat stellten Chemiker der Pharmafirma Asta Medica ein Derivat des Phosphamidmustards her. Darauf aufbauend wurde 1956 das Cyclophosphamid entdeckt. Im Jahr 1962 wurde der Arzneistoff schlussendlich patentiert. Heute wird Cyclophosphamid aus Bisamin und Phosphoroxychlorid hergestellt. Dabei entsteht Phosphorsäureamiddichlorid. In der Umsetzung mit 3-Amino-1-propanol entsteht, in Gegenwart von dem basischen Lösungsmittel Triethylamin, das Substanzgemisch Cyclophosphamid.

Pharmakologische Wirkung

Cyclophosphamid gehört zu den Prodrugs. Prodrugs sind inaktive Vorstufen von Arzneistoffen, die erst durch verschiedene Stoffwechselvorgänge im Körper ihre Wirkung entfalten. Die zytotoxische Wirkung des Cyclophosphamids wird erst in der Leber aktiviert. Somit ist Cyclophosphamid an sich eine Substanz, die zunächst nicht zytostatisch wirksam ist.

Die Bioverfügbarkeit nach oraler Gabe liegt bei über 75 Prozent. Die Halbwertzeit liegt zwischen drei und zwölf Stunden. In den Zellen der Leber erfolgt eine Hydroxylierung des Arzneistoffes durch das Cytochrom-P450-System. Dabei entsteht 4-Hydroxycyclophosphamid-Aldophosphamid. Dieses spaltet Acrolein ab und wird dadurch zu Phosphoramidmustard. Phosphoramidmustard ist ein Alkylans mit aktiver Bifunktion. Es schädigt die DNA der Zellen durch sogenannte cross links. Cross links sind Quervernetzungen zwischen den einzelnen DNA-Strängen. Durch die DNA-Schädigung können sich die Zellen nicht mehr teilen. Die Vermehrung der Zellen wird somit gehemmt.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Cyclophosphamid wird zur Behandlung verschiedener Krebserkrankungen als Zytostatikum verwendet. In der Regel wird der Arzneistoff in der Therapie mit anderen Zytostatika kombiniert. Bei Erwachsenen wird Cyclophosphamid zur Behandlung von Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphomen eingesetzt. Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome sind bösartige Erkrankungen des Lymphsystems.

In Kombination mit Methotrexat und 5-Fluoruracil wird Cyclophosphamid im sogenannten CMF-Schema bei der Behandlung von Brustkrebs (Mammakarzinom) verabreicht. Weitere Indikationen für Cyclophosphamid sind Weichteilsarkome und das Ewing-Sarkom. Das Ewing-Sarkom ist die zweithäufigste Knochenkrebsform bei Kindern.

Auch zur Mobilisierung von Stammzellen zur Stammzellapherese und als Konditionierungsbehandlung vor Immuntherapien und Stammzelltransplantationen wird Cyclophosphamid eingesetzt. Bei Kindern wird nicht nur das Ewing-Sarkom mit Cyclophosphamid therapiert. Weitere Einsatzgebiete des Arzneistoffes sind das Medulloblastom, Neuroblastome, Retinoblastome und schwere aplastische Anämien.

Cyclophosphamid wird allerdings nicht ausschließlich in der Krebstherapie eingesetzt. Auch schwere Verläufe bei Autoimmunerkrankungen wie der Granulomatose, der Rheumatoiden Arthritis oder bei systemischem Lupus Erythematodes (SLE) werden mit Cyclophosphamid behandelt. In mehreren Studien konnte zudem eine Besserung der Symptome bei Multipler Sklerose nachgewiesen werden. Derzeit liegt für die Behandlung der Multiplen Sklerose allerdings keine Zulassung vor.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Cyclophosphamid sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen, da es sich um ein potentes Zytostatikum handelt, das zur Behandlung verschiedener Krebsarten und Autoimmunerkrankungen eingesetzt wird. Die Dosierung ist individuell und hängt von der Indikation, dem Körpergewicht oder der Körperoberfläche des Patienten sowie dessen allgemeinem Gesundheitszustand ab. Es wird üblicherweise intravenös oder oral verabreicht.

Cyclophosphamid wird oft in Intervallen verabreicht, um die Erholungsphase des Knochenmarks zu ermöglichen, da es eine myelosuppressive Wirkung hat. Es ist daher wichtig, das Blutbild des Patienten regelmäßig zu überwachen, um eine potenzielle Leukopenie oder Thrombozytopenie frühzeitig zu erkennen. Auch die Nieren- und Leberfunktion sollten kontrolliert werden, da Cyclophosphamid über diese Organe verstoffwechselt wird.

Ein bedeutendes Risiko bei der Anwendung von Cyclophosphamid ist die Entwicklung einer hämorrhagischen Zystitis. Um dies zu verhindern, wird häufig eine ausreichende Hydratation empfohlen, und Mesna (ein uroprotektives Mittel) kann eingesetzt werden, um die Blasenschleimhaut vor den schädlichen Metaboliten zu schützen. Zudem sollte auf eine mögliche Immunsuppression geachtet werden, was das Risiko von Infektionen erhöht. Patienten müssen über diese Risiken und mögliche Nebenwirkungen informiert werden, um die Behandlung sicher durchführen zu können.

Risiken & Nebenwirkungen

Cyclophosphamid darf nicht während der Schwangerschaft eingesetzt werden. Während der Therapie ist auf eine ausreichende Verhütung zu achten, sodass es in keinem Fall zu einer Schwangerschaft kommen kann. Während der Behandlung mit Cyclophosphamid dürfen zudem keine Impfungen mit Lebendimpfstoffen durchgeführt werden. Durch die immunsuppressive Wirkung des Arzneistoffes könnten sonst potenziell lebensgefährliche Infektionen entstehen.

Im Rahmen der Therapie mit Cyclophosphamid kann es zu einer Verminderung der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) kommen. Häufige Nebenwirkungen sind auch Übelkeit und Haarausfall. Bei kumulierten Dosen von Cyclophosphamid erhöht sich das Risiko für Leukämien und Blasentumore. Im Rahmen einer Chemotherapie mit dem Arzneistoff kann es zu einer hämorrhagischen Entzündung der Blase (Zystitis) kommen. Deshalb wird parallel zum Cyclophosphamid der Arzneistoff Mercapto-ethansulfonat-Natrium (Mesna) verabreicht. Ob diese Gabe wirklich hilfreich ist, ist derzeit noch umstritten. Insbesondere bei geringeren Dosen Cyclophosphamid, zum Beispiel bei der Therapie von Autoimmunerkrankungen, ist die Gabe von Mesna in der Regel nicht nötig.

Nach der Gabe von Cyclophosphamid kann es sowohl bei Männern als auch bei Frauen zu Unfruchtbarkeit kommen. Vor der Therapie wird Patienten mit Kinderwunsch deshalb eine Kryokonservierung von Eizellen und Spermien empfohlen.

Kontraindikationen

Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Cyclophosphamid betreffen hauptsächlich Patienten, bei denen bestimmte gesundheitliche Bedingungen vorliegen, die das Risiko von schwerwiegenden Nebenwirkungen erhöhen. Eine absolute Kontraindikation ist eine bestehende Überempfindlichkeit gegen Cyclophosphamid oder einen seiner Bestandteile. Auch Patienten mit schwerer Knochenmarkssuppression oder bereits bestehender Myelosuppression sollten Cyclophosphamid nicht erhalten, da das Medikament das Knochenmark zusätzlich unterdrückt und das Risiko für Infektionen und Blutungen erhöht.

Schwerwiegende Leber- oder Nierenfunktionsstörungen stellen ebenfalls Kontraindikationen dar, da Cyclophosphamid über diese Organe verstoffwechselt und ausgeschieden wird. Eine eingeschränkte Organfunktion könnte zu einer Akkumulation des Wirkstoffs und seiner toxischen Metaboliten führen. Zudem ist bei Patienten mit akuten Infektionen Vorsicht geboten, da Cyclophosphamid das Immunsystem weiter schwächt und die Infektionsanfälligkeit erhöht.

Schwangerschaft und Stillzeit sind ebenfalls Kontraindikationen, da Cyclophosphamid teratogen wirken kann und somit schwere Schäden beim ungeborenen Kind verursachen könnte. Auch während der Stillzeit darf das Medikament nicht eingesetzt werden, da es in die Muttermilch übergeht und das gestillte Kind gefährden könnte. Bei Männern und Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter sollte eine wirksame Empfängnisverhütung während und nach der Behandlung sichergestellt werden.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Cyclophosphamid interagiert mit verschiedenen Medikamenten, was seine Wirksamkeit und die Nebenwirkungsrate beeinflussen kann. Eine bedeutende Interaktion besteht mit Enzyminduktoren oder -inhibitoren, die den Metabolismus von Cyclophosphamid in der Leber über das Cytochrom-P450-System beeinflussen. Enzyminduktoren wie Rifampicin oder Phenobarbital können die Aktivierung des Medikaments beschleunigen, was das Risiko von Nebenwirkungen wie Myelosuppression erhöht. Enzyminhibitoren wie Azol-Antimykotika (z. B. Ketoconazol) oder Makrolid-Antibiotika (z. B. Erythromycin) können die Aktivierung verlangsamen und so die Wirksamkeit von Cyclophosphamid reduzieren.

Die gleichzeitige Anwendung von Cyclophosphamid und anderen immunsuppressiven oder myelosuppressiven Medikamenten (z. B. Methotrexat oder Doxorubicin) kann die Knochenmarksdepression verstärken, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen und Blutbildstörungen führt. Auch bei der Kombination mit Medikamenten, die die Blasenfunktion beeinflussen, wie z. B. Ifosfamid, steigt das Risiko für hämorrhagische Zystitis, weshalb eine prophylaktische Gabe von Mesna erforderlich sein kann.

Darüber hinaus kann die gleichzeitige Verabreichung von Cyclophosphamid und Antikoagulanzien wie Warfarin deren Wirkung verstärken und das Blutungsrisiko erhöhen. Vorsicht ist auch bei der Kombination mit nephrotoxischen Medikamenten wie Cisplatin geboten, da dies die Nierenschädigung verschlimmern kann. Es ist wichtig, Wechselwirkungen frühzeitig zu erkennen und die Medikation gegebenenfalls anzupassen.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Cyclophosphamid nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, abhängig von der zu behandelnden Erkrankung. In der Onkologie und bei Autoimmunerkrankungen gibt es mehrere Optionen.

Für Krebserkrankungen können andere Zytostatika in Erwägung gezogen werden, wie beispielsweise Methotrexat, ein Antimetabolit, der in vielen Chemotherapie-Protokollen verwendet wird. Doxorubicin, ein Anthrazyklin, wird ebenfalls häufig als Alternative eingesetzt, insbesondere bei soliden Tumoren und hämatologischen Krebserkrankungen. Cisplatin und seine Derivate können bei bestimmten Krebsarten eine Alternative darstellen, insbesondere bei soliden Tumoren.

Bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen, wie z. B. systemischem Lupus erythematodes (SLE) oder Vaskulitiden, können andere Immunsuppressiva eingesetzt werden. Azathioprin und Mycophenolatmofetil sind häufig verwendete Alternativen, die das Immunsystem unterdrücken und weniger toxisch auf die Blase wirken. Methotrexat wird auch bei Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis eingesetzt.

Biologische Therapien, wie Rituximab, ein Anti-CD20-Antikörper, können ebenfalls bei bestimmten Autoimmunerkrankungen und Krebserkrankungen eingesetzt werden. Diese zielgerichteten Therapien greifen spezifischere Mechanismen an und haben ein anderes Nebenwirkungsprofil, was sie zu einer sinnvollen Alternative bei Unverträglichkeiten gegenüber klassischen Chemotherapeutika macht.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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