Azathioprin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Azathioprin gehört zu den Immunsuppressiva und findet vielfältigen Einsatz bei Organtransplantationen, Autoimmunerkrankungen und bestimmten chronischen Entzündungen. Die Wirkungsweise des Wirkstoffs wird über eine Hemmung der Nukleinsäuresynthese vermittelt. Da das Medikament mit Verzögerungen wirkt, wird es bei Organtransplantationen immer in Kombination mit anderen Immunsuppressiva eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Azathioprin?

Azathioprin gehört zu den Immunsuppressiva und findet vielfältigen Einsatz bei Organtransplantationen, Autoimmunerkrankungen und bestimmten chronischen Entzündungen.

Azathioprin stellt ein Medikament zur Unterdrückung des Immunsystems dar. Damit wird es bei überschießenden, fehlgeleiteten oder unerwünschten Immunreaktionen des Organismus eingesetzt. Das gilt für Abstoßungsreaktionen bei Organtransplantationen, Autoimmunreaktionen und andere fehlgeleitete Immunreaktionen des Organismus.

Der Wirkstoff besteht aus einem Purinring, der über eine Schwefelbrücke mit dem heterozyklischen Imidazolring verbunden ist. Im Stoffwechsel unterliegt diese Verbindung mehreren Abbaureaktionen, im Rahmen derer vielfältige Zwischenverbindungen (Metaboliten) gebildet werden. Wichtige Metaboliten sind 6-Mercaptopurin und 1-Methyl-4-nitro-5-thioimidazol. Dabei passiert 6-Mercaptopurin die Zellmembran unter Umwandlung in weitere aktive und inaktive Metaboliten. 6-Mercaptopurin ist der eigentliche Metabolit, welcher in den Nukleinsäurestoffwechsel eingreift.

Er stellt eine analoge Purinbase dar, die anstelle der physiologischen Purinbase in die DNA oder RNA eingebaut werden kann. Zudem wird im Rahmen dieser Stoffwechselvorgänge auch die Bildung von neuen Purinbasen gehemmt. Das führt insgesamt zur Hemmung der Nukleinsäuresynthese. Welche Rolle der andere Metabolit (1-Methyl-4-nitro-5-thioimidazol) spielt, ist noch nicht eindeutig geklärt.

Pharmakologische Wirkung

Wie bereits erwähnt, sorgt der Wirkstoff über seine Metaboliten für die Hemmung der Nukleinsäuresynthese. Dadurch wird zugleich die Zellneubildung unterdrückt, da die Nukleinsäuren nicht mehr in ausreichender Menge bereitgestellt werden können. Das betrifft besonders Zellen und Organe, die auf eine größere Zellteilungsrate angewiesen sind.

Das Immunsystem muss zur Reaktion auf körperfremde Eindringlinge schnell reagieren und daher schnell neue Immunzellen produzieren, die dann noch einer weiteren Differenzierung unterliegen. Azathioprin wirkt deshalb antiproliferativ, also zellteilungshemmend. Die notwendigen T-Lymphozyten, natürliche Killerzellen und B-Lymphozyten können dann nicht in ausreichendem Maße hergestellt werden. Auch die Sekretion des Tumornekrosefaktors TNF-alpha wird reduziert.

Allerdings erreicht Azathioprin seine volle Wirksamkeit erst nach zwei bis fünf Monaten. Deshalb muss die Therapie mit anderen schneller wirksamen Immunsuppressiva, wie etwa mit Glukokortikoiden oder Ciclosporin begonnen werden, um von Anfang eine Wirksamkeit zu erreichen. Die verzögerte Wirksamkeit von Azathioprin ergibt sich aus der langsamen Verringerung der Nukleinsäurekonzentration.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Azathioprin besitzt ein breites Anwendungsspektrum. Es ist für alle Einsatzgebiete geeignet, die eine Suppression des Immunsystems erforderlich machen. Das gilt für Organtransplantationen, Autoimmunreaktionen oder allergische Reaktionen. In nahezu allen Bereichen können dadurch Verbesserungen und Abschwächung von Entzündungsreaktionen erreicht werden.

Ein besonders wichtiges Anwendungsgebiet stellt der Einsatz des Medikaments bei Organtransplantationen zur Abschwächung der Abstoßungsreaktionen dar. Azathioprin findet aber auch Anwendung bei Erkrankungen wie Arthritis und Erkrankungen des rheumatischen Kreises, bei multipler Sklerose, Sarkoidose, Myasthenie, Lupus erythematodes, Granulomatose mit Polyangiitis, Morbus Behcet, Autoimmunhepatitis oder Idiopathischer interstitieller Pneumonie.

Auch bei einer schweren Neurodermitis wird oft Azathioprin eingesetzt. Das Gleiche gilt für solche Erkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. All dies sind Erkrankungen, welche durch die Reaktion des Immunsystems auf die Organe des eigenen Körpers hervorgerufen werden.


Risiken & Nebenwirkungen

Neben den vielfältigen Einsatzgebieten müssen jedoch auch viele Kontraindikationen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden. So ist bei einem relativ großen Anteil der Bevölkerung (10 Prozent) das Enzym Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) nur vermindert wirksam. Thiopurin-Methyltransferase (TPMT) ist für die Metabolisierung von 6-Mercaptopurin verantwortlich. Wie bereits erwähnt, kann 6-Mercaptopurin als analoge Purinbase statt der physiologischen Purinbase in die DNA oder RNA eingebaut werden und damit die normale Nukleinsäuresynthese behindern. Ohne das Enzym TPMT kann dieser Metabolit nicht mehr effektiv abgebaut werden und sammelt sich an. Das erhöht die Toxizität von Azathioprin.

Durch die verminderte Nukleinsäuresynthese wird auch der Reparaturmechanismus an der DNA bei Mutationen abgeschwächt. Daher sollte in der Zeit der Behandlung eine möglichst geringe Exposition mit Sonnenstrahlung erfolgen, um das Hautkrebsrisiko abzusenken.

Als Kontraindikationen für den Einsatz von Azathioprin gelten des Weiteren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, schwere Infektionen oder Schädigungen des Knochenmarks. Da Azathioprin embryotoxisch wirkt, darf es auch nicht während der Schwangerschaft angewendet werden.

Manchmal kommt es auch zu unangenehmen oder gar schweren Nebenwirkungen. Dazu zählen unter anderem ein allgemeines Krankheitsgefühl, Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Veränderung des Blutbildes mit Ausbildung einer Anämie, einer Leukopenie oder einer Thrombozytopenie.

In seltenen Fällen kann es auch zu einer megaloblastären Anämie kommen. Die megaloblastäre Anämie ist eine Anämieform, welche durch die Beeinträchtigung der DNA-Synthese entsteht. Bei Männern kann zuweilen auch eine Einschränkung der Keimzellbildung beobachtet werden. Diese Erscheinung ist jedoch reversibel und tritt nur während der Behandlung auf.

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