Lysylhydroxylasen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Lysylhydroxylasen stellen eine Gruppe von Enzymen dar, welche für die Hydroxylierung von Lysinresten innerhalb von Proteinen verantwortlich sind. So wirken sie hauptsächlich am Aufbau des Bindegewebes mit. Störungen in der Funktion von Lysylhydroxylasen äußern sich in solchen Erkrankungen wie Skorbut oder dem erblich bedingten Ehlers-Danlos-Syndrom.
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Was sind Lysylhydroxylasen?
Lysylhydroxylasen sind Enzyme, deren Aufgabe darin besteht, die posttranslationale Modifikation der Aminosäure Lysin durch den Einbau einer Hydroxylgruppe in Hydroxyllysin zu katalysieren. Dadurch festigt sich das Bindegewebe, weil deren Proteinketten über die Hydroxylgruppen die Möglichkeit bekommen, sich weiter zu vernetzen.
Die menschliche Lysylhydroxylase besteht unter anderem aus 727 Aminosäuren. Die Lysylhydroxylasen gehören des Weiteren zu der Gruppe der Hydroxylasen, also Enzymen, die allgemein den Einbau von Hydroxylgruppen in Moleküle katalysieren. So zählen neben Lysylhydroxylasen auch Prolylhydroxylasen, Phenylalaninhydroxylase, Tyrosinhydroxylase oder Tryptophanhydroxylase zu den Hydroxylasen beziehungsweise Oxidoreduktasen. Besonders zusammen mit den Prolylhydroxylasen spielen die Lysylhydroxylasen eine wichtige Rolle für die Funktion des Bindegewebes. Beide Enzymgruppen benötigen für ihre Funktion das Coenzym Vitamin C.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Obwohl Hydroxylamin auch frei vorkommt, kann sie in dieser Form nicht in das Protein eingebaut werden. Posttranslationale Modifikation bedeutet also die nachträgliche Umwandlung dieser Aminosäure nach dem Aufbau des Proteins. Mit dem Austausch eines Wasserstoffatoms gegen die Hydroxylgruppe wird an dieser Stelle des Proteins eine funktionelle Gruppe eingebaut, die Brückenfunktionen erfüllen kann. Mithilfe der Hydroxylgruppe können verschiedene Proteinketten miteinander vernetzen. Des Weiteren können sich Zuckermoleküle an diese funktionelle Gruppe binden. Beide Reaktionen sind unter anderem sehr wichtig beim Aufbau des Bindegewebes.
Das Bindegewebe umschließt den Organismus und die inneren Organe. Es muss fest und straff sein, um die funktionell unterschiedlichen Organe voneinander abgrenzen zu können. Dafür sorgen die Proteine des Bindegewebes, die zu einem hohen Prozentsatz die Aminosäuren Lysin und Prolin enthalten. Beide Aminosäuren werden nach ihrem Einbau in das Protein zu diesem Zweck nachträglich teilweise modifiziert, indem sie eine Hydroxylgruppe bekommen. Wie bereits erwähnt, wird bei Prolin diese Reaktion durch Prolylhydroxylasen und beim Lysin durch Lysylhydroxylasen katalysiert. So sorgen nach der Proteinbildung diese Modifikationsreaktionen für ein Netzwerk aus Proteinketten, die ein straffes Bindegewebe repräsentieren.
Ohne die Funktion beider Enzyme wäre der Aufbau eines funktionsfähigen Bindegewebes gar nicht möglich. Beide Enzyme funktionieren jedoch nur durch die Mithilfe des Coenzyms Ascorbinsäure, also Vitamin C. Bei strukturell veränderten Enzymen durch Mutation oder durch einen Mangel an Vitamin C kann es daher zur Störung beim Aufbau des Bindegewebes und damit zu schwerwiegenden Erkrankungen kommen.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Für die Codierung der menschlichen Lysylhydroxylase ist das Gen PLOD1 verantwortlich. Die Bezeichnung PLOD1 leitet sich aus dem Namen der Lysylhydroxylase "Prokollagen-Lysin, 2-Oxoglutarat-5-Dioxygenase 1" her. Dieses Gen ist auf dem Chromosom 1 lokalisiert. Da ständig neues Bindegewebe produziert wird, besteht auch dauerhaft Bedarf an der Produktion von Lysylhydroxylasen. Eine Mutation dieses Gens kann daher sehr folgenreich für die Gesundheit des Organismus sein.
Krankheiten & Störungen
Da ein ständiger Auf- und Abbau von Bindegewebsproteinen erfolgt, können sich die Proteinketten in der Zeit des Vitaminmangels immer weniger vernetzen. Das Bindegewebe wird schlaff und kann seine Funktion nicht mehr richtig erfüllen. Dabei treten vielfältige Symptome auf, die sich unter anderem in allgemeiner Erschöpfung, Infektanfälligkeit, Zahnfleischbluten, Zahnausfall, schlechter Heilung von Wunden, starken Hautproblemen, Muskelschwund und vielen weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen äußern. Skorbut kann durch allgemeine Herzschwäche oder schwere Infektionen schließlich zum Tod führen. Die alten Seefahrer waren besonders betroffen, weil sie sich während der langen Reisen auf See nicht mit Vitamin C versorgen konnten.
Dabei hat sich gezeigt, dass die Erkrankung bei der Gabe von bestimmten Nahrungsmitteln wie beispielsweise Sauerkraut sofort ausheilt. Dass die Ursache der Erkrankung ein Vitamin-C-Mangel war, wurde erst später erkannt. Der Ausbruch der Seefahrerkrankheit Skorbut konnte jedoch durch die Ernährung der Seefahrer mit Sauerkraut später verhindert werden. Eine andere Erkrankung, die allerdings nur teilweise auf einen Defekt der menschlichen Lysylhydroxylase zurückgeführt werden kann, ist das Ehlers-Danlos Syndrom. Das Ehlers-Danlos Syndrom ist ein Sammelbegriff von verschiedenen erblich bedingten Bindegewebserkrankungen mit unterschiedlichen Ursachen. Dieses Syndrom ist durch eine schwere Bindegewebsschwäche gekennzeichnet.
Die Haut ist überdehnbar und die Gelenke sind überbeweglich. Dabei löst eine genetisch veränderte Lysylhydroxylase das Ehlers-Danlos Syndrom vom Typ VI aus. Verantwortlich dafür ist ein mutiertes Gen mit der Bezeichnung PLOD1, welches sich auf Chromosom 1 befindet. Das daraus gebildete defekte Enzym ist nicht mehr voll funktionsfähig und kann Hydroxylysierungsreaktionen am Lysin nur noch unzureichend katalysieren. Es entwickelt sich eine Bindegewebsschwäche mit den bekannten Symptomen sowie zusätzlicher Beteiligung von Augen und inneren Organen. Das Ehlers-Danlos Syndrom vom Typ VI ist autosomal-rezessiv vererbbar.
Quellen
- Bisswanger, H.: Enzyme. Struktur, Kinetik und Anwendungen. Wiley-VHC, Weinheim 2015
- Deschka, M.: Laborwerte A-Z. Kohlhammer, Stuttgart 2011
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013