Methämoglobinämie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Von einer Methämoglobinämie spricht man bei einem erhöhten Anteil von Methämoglobin im Blut. Beim Methämoglobin handelt es sich um ein Derivat des Hämoglobins, welches den roten Blutkörperchen ihre Farbe verleiht und Sauerstoff zum Transport durch den Körper bindet. Da Methämoglobin keinen Sauerstoff binden kann, kommt es bei der Methämoglobinämie zu einer systemischen Unterversorgung mit Sauerstoff, die sich u. a. durch bläuliche Hautverfärbungen, Müdigkeit und Schwindel bemerkbar macht.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Methämoglobinämie?

Zu Nitritvergiftungen kommt es beispielsweise durch Pökelsalz, ungekühlt aufbewahrte Spinatgerichte oder bei der Zubereitung von Babynahrung mit nitrathaltigem Wasser.
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Eine Methämoglobinämie liegt vor, wenn der Anteil des Methämoglobins am Gesamthämoglobingehalt des Blutes seinen physiologischen Wert übersteigt. Ein genauer Schwellenwert ist dabei nicht definiert. Bei einem Gesunden liegt der Methämoglobinanteil bei etwa 3%. Erste klinische Symptome treten ab ca. 10% auf, ernsthafte Gewebehypoxien ab 30% (insbesondere im Gehirn).

Ab 40% Methämoglobinanteil besteht Lebensgefahr. Hämoglobin (Hb) ist ein Protein, das aus 4 Untereinheiten besteht. In jede Untereinheit ist ein Eisenatom der Oxidationsstufe II eingebettet, das Sauerstoffmoleküle binden und abgeben kann. Wird das zweiwertige Eisenatom zu einem dreiwertigen Eisenatom oxidiert, entsteht Methämoglobin (MetHb).

Methämoglobin kann nicht nur selbst keinen Sauerstoff binden, sondern beeinflusst auch das Hämoglobin in seiner Umgebung dahingehend, dass dieses den Sauerstoff nur noch bindet, aber nicht mehr abgibt. Daher gefährdet eine Methämoglobinämie die Sauerstoffversorgung des gesamten Organismus.

Ursachen

Grundsätzlich unterscheidet man eine angeborene Methämoglobinämie von einer erworbenen Methämoglobinämie. Die angeborene Variante geht auf Gendefekte im Hämoglobin oder in Enzymen, die einer Oxidation des Hämoglobins vorbeugen, zurück, ist aber sehr selten.

Wesentlich häufiger entsteht eine Methämoglobinämie durch Intoxikation. Als Auslöser kommen viele verschiedene Substanzen infrage: Im klinischen Alltag treten Methämoglobinämien am häufigsten nach Gabe bestimmter Medikamente auf, darunter Dapsone und Lokalanästhetika vom Typ Amide. Auch aromatische Verbindungen in Farbstoffen (z. B. Anilin) und Nitritverbindungen sind als Auslöser bekannt.

Zu Nitritvergiftungen kommt es beispielsweise durch Pökelsalz, ungekühlt aufbewahrte Spinatgerichte oder bei der Zubereitung von Babynahrung mit nitrathaltigem Wasser. Gehäufte Fälle von Methämoglobinämie bei Säuglingen (sog. Säuglingsblausucht) in den 1950er und 1960er Jahren haben in Deutschland zur Einführung von Nitrat-Grenzwerten im Trinkwasser geführt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Welche Symptome bei dieser Krankheit auftreten und welche Ausprägung sie haben, hängt einerseits vom Alter der Patienten ab. Andererseits nehmen zugrunde liegende Herz- oder Gefäßerkrankungen ebenfalls Einfluss auf die Stärke der Beschwerden. Bleibt der Methämoglobinwert im Blut unter drei Prozent, haben Betroffene meist überhaupt keine Symptome.

Beim Überschreiten der drei Prozent treten die ersten Anzeichen von Sauerstoffmangel auf. Das können Kopfschmerzen sein, eine leichte Benommenheit oder Atemnot. Zusätzlich wird die Haut blasser und nimmt eine gräuliche Farbe an. Steigt die Konzentration von MetHB auf über zehn Prozent, kommt es zur bläulichen Verfärbung von Haut und Schleimhäuten (Zyanose) und zu deutlicher Unterversorgung des arteriellen Blutes mit Sauerstoff (Hypoxämie).

Ab einem Anteil von etwa 30-50 Prozent MetHB im Blut muss man mit schweren Atemstörungen rechnen, auch die Gefäßfunktionen sind eingeschränkt. Das Blut verfärbt sich dunkel und nimmt eine schokoladenähnliche Farbe an. Der Schwindel verstärkt sich, es kann zu kurzzeitiger Bewusstlosigkeit und zu einem ausgeprägten Schwächegefühl kommen.

Erhöht sich die Konzentration auf über 50 Prozent kann das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden und es zeigen sich neurologische Störungen. Der Patient fällt in tiefe Bewusstlosigkeit, das Herz reagiert mit Rhythmusstörungen. Ab 70 Prozent MetHB im Blut tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Tod ein.

Diagnose & Verlauf

Erstes Anzeichen einer Methämoglobinämie ist eine Zyanose, d. h. eine bläuliche bis gräuliche Verfärbung der Haut. Diese macht sich insbesondere an den Lippen und an Schleimhäuten bemerkbar.

Das Methämoglobin selbst weist eine braune Farbe auf; daher sieht unter Methämoglobinämie frisch entnommenes Blut schokoladenbraun aus. Weitere Symptome sind Schwindel, Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen, Atemnot und ein beschleunigter Herzschlag (Tachykardie). Gesichert wird die Diagnose Methämoglobinämie durch eine spektroskopische Blutuntersuchung.

Daneben existiert ein einfacher Bedside-Test, bei dem ein Tropfen normales Blut und ein Tropfen Patientenblut nebeneinander auf ein Filterpapier geträufelt und eine Minute später verglichen werden. Bei Methämoglobinämie behält das Patientenblut seine charakteristische braune Farbe. In die Irre führen kann eine pulsoxymetrische Messung der Sauerstoffsättigung:

Diese zeigt auch bei schwerer Methämoglobinämie noch eine hohe Sauerstoffsättigung an. Eine unbehandelte Methämoglobinämie kann tödlich enden, wenn der Sauerstoffmangel so schwer und langanhaltend ist, dass Gewebe abstirbt. Besonders empfindlich reagieren Gehirn und Nieren.

Komplikationen

Durch die Methämoglobinämie kommt es beim Patienten in erster Linie zu einer stark verringerten Versorgung an Sauerstoff. Diese Unterversorgung wirkt sich sehr negativ auf die gesamte Gesundheit des Patienten aus und kann die Lebensqualität deutlich verringern. In den meisten Fällen werden auch die inneren Organe durch diese Unterversorgung geschädigt.

Die Betroffenen leiden dabei auch an Kopfschmerzen und an einer Müdigkeit, wobei es in schwerwiegenden Fällen durch die Methämoglobinämie auch zu einer Atemnot kommen kann. Weiterhin wird auch das Gehirn durch die mangelnde Versorgung geschädigt. Im weiteren Verlauf der Krankheit kommt es zu einem Bewusstseinsverlust und damit möglicherweise zu einer Verletzung, falls es dabei zu einem Sturz kommt.

Die Betroffenen leiden an einer Störung des Bewusstseins und an einer Blaufärbung der Haut. Die Belastbarkeit des Betroffenen wird durch die Methämoglobinämie deutlich gesenkt, sodass auch die Ausführung gewöhnlicher Tätigkeiten oder Berufe eingeschränkt sei kann. In der Regel kann die Methämoglobinämie relativ einfach und schnell behandelt werden, sodass es in den meisten Fällen nicht zu Komplikationen oder Folgeschäden kommt.

Komplikationen treten in der Regel dann auf, wenn es nicht zu einer Behandlung kommt und die Unterversorgung über einen längeren Zeitraum andauert. Daher wird auch die Lebenserwartung durch die Methämoglobinämie in der Regel nicht verringert.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leidet der Betroffene unter diffusen Beschwerden, die ein allgemeines Unwohlsein oder ein Krankheitsgefühl auslösen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Bei einer schleichenden Zunahme der Symptome über mehrere Monate, wird eine ärztliche Abklärung der Ursache benötigt. Eine Verfärbung des Hautbildes, blaue Lippen oder Atemnot sind Anzeichen einer bestehenden Unregelmäßigkeit, die untersucht und behandelt werden muss. Kommt es wiederholt zu Kopfschmerzen, Schwindel oder Müdigkeit, ist ein Arztbesuch anzuraten. Eine Abnahme der Leistungsfähigkeit, Abgeschlagenheit oder eine schnelle Ermüdung bei der Verrichtung alltäglicher Aufgaben weisen auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung hin.

Ein Arzt ist aufzusuchen, damit eine umfassende Untersuchung stattfinden kann. Stellt sich eine Störung des Bewusstseins ein, besteht Anlass zur Besorgnis. Bei einem Ausfall des Bewusstseins muss ein Notarzt alarmiert werden. Unbehandelt kann die Methämoglobinämie zu einem frühzeitigen Ableben des Betroffenen führen.

Daher sollten rechtzeitig bei Störungen des Herzrhythmus, einem erhöhten Puls sowie einem Gefühl eines Sauerstoffmangels im Organismus ärztliche Kontrollen durchgeführt werden. Bei Schlafstörungen, allgemeinen Funktionsstörungen oder einem Verlust des Wohlbefindens wird ein Arzt benötigt.

Behandlung & Therapie

Die Prognose einer Methämoglobinämie ist in der Regel gut. Leichte Intoxikationen bilden sich von allein zurück, sofern die toxische Substanz nicht weiter zugeführt wird.

Grundlage dieser Rückbildung ist die Tatsache, dass im menschlichen Körper ständig Erythrozyten abgebaut und neu gebildet werden (etwa zwei Millionen pro Sekunde) und die vergifteten Erythrozyten auf diesem Weg ausgetauscht werden. Bei ernsten Vergiftungen besteht die Therapie aus Sauerstoffgaben und einer intravenösen Zufuhr von Lösungen mit Redoxfarbstoffen wie Methylenblau oder Toluidinblau.

Bei sehr schweren Fällen kann auch eine Bluttransfusion nötig werden. Ein weiteres Antidot ist Ascorbinsäure (Vitamin C). Tägliche Vitamin C-Gaben sind das Mittel der Wahl bei erblichen Methämoglobinämien; diese sind nicht heilbar, sondern können nur gelindert werden.


Aussicht & Prognose

Die Prognose der Methämoglobinämie ist im Normalfall günstig. Bei nicht allen Patienten muss eine medizinische Versorgung stattfinden. In einigen Fällen kommt es zu einer Spontanheilung, sodass kein weiterer Handlungsbedarf besteht. Ist die Erkrankung auf die Gabe von Medikamenten zurückzuführen, kann eine Veränderung der verschriebenen Präparate bereits zu einer Genesung der Methämoglobinämie beitragen.

Liegt jedoch eine genetisch bedingte Erkrankung vor, benötigt der Betroffene im Verlauf des Lebens eine medikamentöse Behandlung, damit eine Verbesserung seiner Situation möglich ist. Die Therapie trägt dazu bei, den Anteil an Methämoglobin im Blut zu optimieren und den Bedürfnissen des Organismus zu entsprechen. Der Patient muss damit rechnen, an einer Langzeittherapie teilzunehmen, dass andernfalls innerhalb einiger Wochen oder Monate zu einer Wiederkehr der Beschwerden kommt.

Ohne eine Inanspruchnahme der medizinischen Versorgung ist die Lebensqualität des Betroffenen bei einer Generkrankung über die gesamte Lebensspanne eingeschränkt. In diesen Fällen ist die Prognose aufgrund der Beschwerden verschlechtert. In akuten Phasen oder bei schweren Krankheitsverläufe kann letztlich nur eine Bluttransfusion zu Linderung der Beschwerden führen. Auch hier ist es möglich, dass im Verlauf des Lebens mehrfach zu dieser Maßnahme gegriffen werden muss, da es sich lediglich um eine vorübergehende Verbesserung der Gesundheit handelt.

Vorbeugung

Einer Methämoglobinämie lässt sich im Wesentlichen dadurch vorbeugen, dass man den Umgang mit toxischen Auslösern vermeidet. Säuglinge, die besonders anfällig für eine Methämoglobinämie sind, dürfen keine Lebensmittel mit hohem Nitritgehalt konsumieren.

Nachsorge

Die Nachsorge bei einer Methämoglobinämie ähnelt den Vorbeugungsmaßnahmen. Es geht also vornehmlich um die Behandlung der ursächlichen Krankheit. Um das Risiko bei Kindern zu minimieren, sollten die Eltern darauf aufpassen, dass die Atmung nicht durch mechanische Einflüsse eingeschränkt wird.

Generell wird die Nachsorge danach ausgerichtet, ob die Erkrankung angeboren ist und durch eine Vergiftung zustande gekommen ist. Erwachsenen in einem Alter über 35 Jahren ist die Teilnahme an einem regelmäßigen Check-Up anzuraten. Durch diese Tests können frühzeitig Veränderungen und Auffälligkeiten bemerkt werden, damit eine schnelle Therapie eingeleitet werden kann.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Methämoglobinämie genügt es meistens, die auslösende Substanz zu meiden. Patienten, die regelmäßig Medikamente einnehmen, sollten in Rücksprache mit dem Arzt auf ein anderes Arzneimittel wechseln oder die Dosis verringern. Sollte es in Folge einer übermäßigen Einnahme von Pökelsalz oder Spinatgerichten zu den typischen Beschwerden kommen, ist ebenfalls ein Arztbesuch angezeigt.

Die Betroffenen sollten außerdem ihre Ernährung umstellen und bei anhaltenden Beschwerden mit einem Ernährungsmediziner sprechen. Die einzelnen Symptome müssen individuell behandelt werden. Bei Kopfschmerzen und Müdigkeit helfen Schlaf und sanfte Beruhigungs- und Schmerzmittel aus der Naturheilkunde. Schwindel und Verwirrtheit können meist durch Bewegung an der frischen Luft gelindert werden. Je nach Intensität der Beschwerden ist außerdem Bettruhe und Schonung angezeigt.

Sollten Komplikationen auftreten, muss mit einer Methämoglobinämie auf jeden Fall in ein Krankenhaus gegangen werden. Vor der Behandlung einer Methämoglobinämie ist eine ausreichende Ernährung und viel trinken wichtig. Ansonsten kann es zu einem Kreislaufschock und Beschwerden wie Fieber kommen. Nach der Therapie gilt für den Betroffenen zunächst Bettruhe und Schonung. Der zuständige Arzt kann weitere Tipps geben, wie die Beschwerden am besten überwunden werden können.

Quellen

  • Burkhardt, D.: Gesund leben. Laborwerte deuten. Müller Verlag, Köln 2005
  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015

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