Mikrovilli

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Mikrovilli sind Fortsätze von Zellen. Sie kommen beispielsweise im Darm, in der Gebärmutter und in Geschmacksknospen vor. Sie verbessern die Resorption von Stoffen, indem sie die Oberfläche der Zellen vergrößern.

Inhaltsverzeichnis

Was sind die Mikrovilli?

Die Mikrovilli vergrößern die Oberfläche der Zellen und verbessern dadurch den Austausch von Stoffen zwischen Zelle und Umwelt. Darüber hinaus ist der Diffusionswiderstand an den Mikrovilli besonders niedrig, was den Transport von Substanzen durch die Zellmembran zusätzlich fördert.
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Bei den Mikrovilli handelt es sich um fadenförmige Ausstülpungen an den Spitzen von Zellen. Mikrovilli kommen besonders häufig bei Epithelzellen vor. Dabei handelt es sich um die Zellen eines Druck- oder Drüsengewebes, wie es zum Beispiel im Darm zu finden ist.

Häufig haben die Mikrovilli den Zweck, die Resorption von Substanzen aus der Umgebung der Zelle zu verbessern. Die Resorption kann sich dabei sowohl auf die Aufnahme von Stoffen aus dem Verdauungstrakt als auch auf körpereigene Substanzen beziehen.

Zellen, die mit Mikrovilli ausgestattet sind, treten in der Regel in Gruppen auf; oft bilden sie einen sogenannten Bürstensaum. Neben den Mikrovilli existieren weitere Arten von Ausstülpungen, mit denen die Mikrovilli nicht zu verwechseln sind. Zilien sind im Gegensatz zu den Mikrovilli keine Ausstülpungen aus der Membran, sondern aus dem Plasma und bestehen aus Mikrotubuli. Stereozilien hingegen bestehen zwar wie die Mikrovilli aus Aktinfilamenten, wachsen jedoch wie die Zilien aus dem Plasma.

Anatomie & Aufbau

Die Mikrovilli haben einen Durchmesser von durchschnittlich 0,8–0,1 µm. Ihre Länge beträgt etwa 2– 4 µm. Die Ausstülpung befindet sich auf der apikalen Seite der Zelle, d. h. an der Spitze. Diese Seite liegt der Basalmembran gegenüber, die einen spezifischen Abschnitt der Zellmembran darstellt. Unter dem Lichtmikroskop ist dieser Bereich vom Rest der Membran abgrenzbar. Entsprechend ihrer jeweiligen Funktion orientiert sich die Basalmembran zu anderen Gewebe hin, während die Mikrovilli die freie Oberfläche der Zelle bilden bzw. in ein Lumen ragen.

Außen sind die Mikrovilli von einer Schicht aus verschiedenen Zuckern und Proteinen umgeben, welche als Glykokalyx bekannt ist. Die Mikrovilli besitzen in ihrem Inneren jeweils ein zentrales Fasernbündel. Dieses setzt sich aus Aktinfilamenten zusammen. Dabei handelt es sich um ein Protein, das auch in Muskeln und im Cytoskelett zu finden ist. Die Aktinfilamente stabilisieren die Mikrovilli und tragen zu ihrer länglichen bis ovalen Form bei.

Zwischen den einzelnen Aktinfilamenten befinden sich andere Proteine, welche die Bündel zusammenhalten: Fimbrin und Fascin. An den Seiten der Mikrovilli befestigen Myosin-I-Filamente die Aktinbündel an der Oberfläche der Zelle. Spektrin verankert die Fasern am Cytoskelett. Myosin und Spektrin sind ebenfalls Proteinstrukturen.

Funktion & Aufgaben

Die Mikrovilli vergrößern die Oberfläche der Zellen und verbessern dadurch den Austausch von Stoffen zwischen Zelle und Umwelt. Darüber hinaus ist der Diffusionswiderstand an den Mikrovilli besonders niedrig, was den Transport von Substanzen durch die Zellmembran zusätzlich fördert. Innerhalb der Mikrovilli leitet die Zelle die aufgenommenen Stoffe mithilfe der Aktinfilamente weiter. Sie dienen nicht nur als Schiene für den Transport, sondern ziehen sich auch rhythmisch zusammen. Durch die Pumpbewegungen beschleunigen sie die Weiterleitung der Stoffe ins Innere der Zelle.

Die Glykokalyx, die eine Schicht auf den Mikrovilli bildet, bestimmt die Antigeneigenschaften der Zelle. Antigene stellen Strukturen auf der Oberfläche dar. Sie machen es dem Immunsystem möglich, Objekte zu identifizieren und potenziell schädliche Fremdkörper zu erkennen. Außerdem erlaubt die Glykokalyx die Erkennung der Zelle. Die Zelladhäsion – d. h. Die Anhaftung von Gewebezellen – hängt ebenfalls von der Glykokalyx ab auf den Mikrovilli ab. Im Darm sitzen die Epithelzellen, die Mikrovilli besitzen, auf den Darmzotten.

Die Darmzotten sind Ausstülpungen in der Darmschleimhaut. Auf die gleiche Weise, wie Mikrovilli Fortsätze der Zellen sind, sind die Darmzotten Fortsätze der Lamina propria (Eigenhaut) des Darms. Eine dünne Schicht aus glatter Muskulatur umgibt die Lamina propria. Im Zwölffingerdarm beheimatet sie darüber hinaus Drüsen, die Verdauungssäfte abgeben. Darmzotten und Mikrovilli vergrößern die Oberfläche des Darms erheblich. Bei einem erwachsenen Menschen beläuft sie sich auf durchschnittlich 180 m². Die vergrößerte Oberfläche erlaubt es dem Organismus, Nährstoffe effizienter aufzunehmen und die verzehrte Nahrung auf diese Weise optimal zu nutzen.


Krankheiten

Die Mikrovilli stellen den Angriffspunkt für das Rotavirus dar. Das Doppelstrang-RNA-Virus verbreitet sich über Fäkalien und führt zu Durchfall, der oft schleimig und gelbbraun bis farblos ist. Weitere Symptom für eine Infektion sind Erbrechen und Fieber. Das Rotavirus befällt die Mikrovilli, die sich in der Darmschleimhaut befinden.

Es wählt ausschließlich die Spitzen der Mikrovilli für die Infektion und keine anderen Zelltypen. Nachdem die Zelle infiziert ist, übernimmt das Virus den Stoffwechsel, indem sie die Zelle dazu bringt, ihr Erbgut auszuführen. Das Virus löst auf diese Weise eine Vakuolisierung aus: Im Zellkörper bilden sich Blasen, die von einer eigenen Membran umgeben sind. Bei der Vakuolisierung entstehen immer mehrere Vakuolen, die für die Zelle selbst keine Funktion besitzen.

Des Weiteren manipuliert das Rotavirus die Struktur der äußeren Membran der Zelle, die dadurch ihre Integrität einbüßt. Infolgedessen verliert die Zelle ihre schützende Haut und löst sich auf. Diesen Vorgang bezeichnet die Biologie als Zytolyse. Sie führt zum Sterben der Zelle. Das Epithel, dessen Zellen mit ihren Mikrovilli eine zentrale Rolle für die Resorption spielen, kann seine Aufgabe nicht mehr ausreichend erfüllen. Dies resultiert im starken Durchfall, der für die Rota-Infektion charakteristisch ist. Das Immunsystem bildet schließlich Antikörper gegen das Virus, während der Organismus die abgestorbenen Zellen ersetzt und neue Mikrovilli bildet.

Quellen

  • Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
  • Drenckhahn, D.: Anatomie. Band 1: Makroskopische Anatomie, Histologie, Embryologie, Zellbiologie. Urban & Fischer, München 2008
  • Gerok, W., Huber, C., Meinertz, T., Zeidler, H. (Hrsg.): Die innere Medizin – Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer, Stuttgart 2007

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