Milzruptur
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 8. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Milzruptur ist ein potenziell lebensgefährlicher Riss der Milz, der starke Blutungen zur Folge haben kann und meist durch ein stumpf abdominelles Trauma entsteht. Die verschiedenen Schweregrade des Milzrisses werden unterschiedlich behandelt. Beim schwersten Grad der Ruptur wird die Milz operativ entfernt.
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Was ist eine Milzruptur?
Der Mensch ist nicht zwingend auf die Milz angewiesen. Allerdings kann eine sogenannte Milzruptur im Sinne eines Milzrisses lebensbedrohliche Folgen haben. Bei der Milzruptur bildet sich ein Riss in der Milzkapsel aus Bindegewebe. Klinisch werden unterschiedliche Schweregrade der Erkrankung unterschieden.
- Der erste Schweregrad entspricht einem isolierten Kapselriss in Form eines subkapsulären, nicht expandierenden Hämatoms.
- Typ 2 der Milzruptur ist eine Verletzung der Kapsel und des Parenchyms. Der Milzhilus und die Segmentarterien sind nicht verletzt.
- Bei Typ 3 liegen neben Verletzungen der Milzkapsel und des Parenchyms außerdem Blutungen der Segmentarterien vor.
- Typ 4 besteht mit einer Verletzung der Kapsel, des Parenchyms und der Segment- sowie Hilusgefäße, die mit einem Abriss der Gefäßstiele vergesellschaftet ist.
- Bei der schwersten Form der Milzruptur bricht die Milz sozusagen auseinander. Das Organ reißt aus dem Milzhilus aus und die Gefäßversorgung wird vollständig unterbrochen.
Die klinische Symptomatik einer Milzruptur kann einzeitig oder zweizeitig vorliegen. Eine einzeitige Milzruptur führt unmittelbar nach dem Ereignis des Einrisses zu einer hämorrhagischen Hypovolämie. Bei einer zweizeitigen Ruptur entwickelt sich die Hypovolämie erst mehreren Stunden oder sogar Tage nach dem Ereignis.
Ursachen
Unter Umständen können neben stumpfen Traumata auch spitze Traumen eine Milzruptur hervorrufen, so zum Beispiel Messerstichwunden oder Rippendurchspießungen. Seltener gilt als traumatische Ursache für die Milzruptur eine intraoperative Verletzung. Neben den traumatischen Ursachen kann eine Reihe von nicht-traumatischen Phänomenen die Milzruptur hervorrufen.
Ein solcher Zusammenhang gilt bei Weitem als seltener als ein Milzriss nach Traumen. Nichtsdestotrotz besteht im Rahmen von Virusinfektionen wie der EBV-Infektion die Möglichkeit einer Milzruptur. Dasselbe gilt für Malaria. In Einzelfällen lassen Milztumore oder Lymphome die Milz auseinanderreißen. Auch Pfortaderthrombosen zählen zu den denkbaren Ursachen der Ruptur, aber kommen eher selten vor.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die klinische Symptomatik einer Milzruptur hängt vor allem vom Schweregrad der auslösenden Ursache ab. Das klinische Bild kann so von Fall zu Fall von bedeutenden Unterschieden geprägt sein. Das Spektrum der Verletzung beginnt mit einer leichten Milzquetschung inklusive Wasseransammlung und Ödembildung und kann sich bis zur kompletten Milzruptur mit wesentlicher Hämorrhagie innerhalb der Bauchhöhle fortsetzen.
Fast immer klagen Patienten mit einer Milzruptur über mehr oder weniger starke Abdominalschmerzen, die vor allem im links oben liegenden Quadranten angesiedelt sind und oft bis in den linken Arm abstrahlen. Im links oben liegenden Quadranten des Abdomen sind die Patienten druckempfindlich und besitzen eine Abwehrspannung. Oft bildet sich zusätzlich ein Hämatom.
Wenn starke Blutungen eintreten, kann es zu einem hämorrhagisch hypovolämischen Schock kommen. Ein solcher Schock ist in der Regel an Tachykardien und Hypotonie zu erkennen. Da durch eine Milzruptur teils auch das Zwerchfell und der Nervus phrenicus gereizt sind, treten bei heftigen Blutungen oder Kapselhämatomen außerdem Schmerzen im Bereich der linken Halsseite auf, die auch als Saegesser-Zeichen bekannt sind.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die zeitige Diagnose bestimmt bei einer Milzruptur wesentlich die Prognose des Patienten. Im Akutfall lässt sich die Diagnose mittels abdomineller Sonographie stellen, da so der Nachweis freier Flüssigkeiten im Bereich der Nierenpole erbracht werden kann. Wenn der sonographische Befund unauffällig ist, obwohl der Patient in der Palpation weiterhin die Symptome einer Ruptur zeigt, wird die Untersuchung engmaschig wiederholt.
Eine zweizeitige Ruptur und die Zunahme von etwaigen Kapselhämatomen kann auf diese Weise nicht übersehen werden. Ein Abdomen-CT ist für eine Milzruptur immer das sicherste Diagnostikinstrument. Allerdings kann die Kreislaufsituation des Patienten die Anfertigung dieser Bildgebung verhindern.
Komplikationen
Die Diagnose der Milzruptur erfolgt in den meisten Fällen relativ einfach und schnell, sodass auch eine frühzeitige Behandlung eingeleitet werden kann. In einem akuten Notfall muss dabei im schlimmsten Falle die Milz vollständig entfernt werden. Da es sich bei der Milz nicht um ein lebenswichtiges Organ handelt, kann der Betroffene auch ohne Milz überleben.
Allerdings ist der Betroffene ohne Milz anfälliger für verschiedene Infektionen und Entzündungen, sodass es dadurch zu verschiedenen Komplikationen oder zu einer verringerten Lebenserwartung kommen kann. Mit Hilfe von Medikamenten und operativen Eingriffen kann die Milzruptur ebenso behandelt werden. Dabei kommt es meistens nicht zu besonderen Komplikationen. Ob es durch die Behandlung oder durch die Entfernung der Milz zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht vorausgesagt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Die Milz ist kein lebensnotwendiges Organ, sodass ein Leben ohne Milz durchaus möglich ist. Allerdings ist eine Ruptur dennoch ein Krankheitsbild, das zwingend ärztlich und medikamentös versorgt werden muss. Ein besagter Riss in der Milz entsteht gewöhnlich durch äußere Gewalteinwirkung. Da die Milz für die Filtration des Blutes verantwortlich ist, sind die dortigen Zellen reichlich mit Blut gefüllt. Kommt es zu einem Riss, können innere Blutungen entstehen, die unmittelbar gestoppt und gestillt werden müssen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die betroffene Person verblutet.
Sogar die Bildung eines Abszesses ist möglich, falls die Wunde sich in der Milz entzündet. Dabei kommt es zu einem unangenehmen Spannungsgefühl, da sich der Druck im Inneren erhöht. Bei solchen Anzeichen darf der Besuch beim Arzt nicht hinausgezögert werden. Somit gilt: Eine Milzruptur sollte in der Regel immer ärztlich und medikamentös behandelt werden. Ansonsten drohen schwerwiegende und gefährliche Komplikationen, die durch einen Besuch beim Arzt vermieden werden können. Im schlimmsten Fall drohen sogar lebensgefährliche Komplikationen oder dauerhafte Folgeschäden, die im Nachhinein nicht mehr behandelbar sind.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung von Patienten mit Milzruptur hängt vom klinischen Schweregrad im Einzelfall ab. Vor allem das Blutungsausmaß und dessen hämodynamische Relevanz bestimmten die Therapie. Wenn die Kapsel der Milz noch intakt ist, kann abhängig vom Blutungsausmaß häufig eine konservative Therapie erfolgen. Flüssigkeitsgaben und Bluttransfusionen verbessern die hämodynamische Situation.
Patienten unter konservativer Therapie müssen engmaschig kontrolliert werden. Wenn sich die Situation verschlechtert, muss invasiv vorgegangen werden. Dieses invasive Vorgehen besteht in einer Operation, die gerade bei Kindern oder Jugendlichen einen Erhalt des Organs zum Ziel hat. Eine Milzruptur des Typ 2 oder 3 werden operativ durch lokale Maßnahmen zur Blutstillung behandelt, so zum Beispiel durch Infrarotkoagulation, eine Elektrokoagulation oder eine Intervention mit Fibrinkleber.
Sobald die Blutstillung erfolgt ist, kann eine Netzkompression stattfinden. Dazu verwendet der Arzt meist ein resorbierbares Kunststoffnetz. Falls Schweregrad 4 oder sogar 5 vorliegt, muss das Organ meist in Teilen entfernt werden. In Einzelfällen wird eine totale Splenektomie erforderlich.
Der Zeitpunkt der Diagnosestellung hat einen großen Einfluss auf die Prognose. Wird ein Milzriss früh erkannt, ist die Prognose günstig. Bei einem späten Entdecken eines Risses der Milz kann es zu lebensgefährlichen Folgen kommen. Nicht nur der Diagnosezeitpunkt, sondern auch das Alter des Erkrankten ist bei einer Prognose zu beachten. Kinder, die häufig ohne eine Operation zu therapieren sind, haben eine sehr gute Prognose. Bei älteren Menschen oder kranken Personen ist die Prognose schlechter.
Wird die Milz zum Teil entfernt, kann der/die Betroffene ein normales Leben führen. Der Grund dafür ist, dass die Milz nachwächst und deshalb die Funktionen wieder im vollen Umfang aufnimmt. Selten kommt es bei Menschen, bei denen die komplette Milz entfernt wird, zu schwerwiegenden Folgen, wie einer Sepsis. Eine Sepsis ist mit einer hohen Sterblichkeit verbunden.
Durchschnittlich werden 80 von 100 Personen bei einer Milzruptur komplett geheilt. Am höchsten ist die Aussicht auf Heilung, wenn der/die Betroffene innerhalb von 72 Stunden behandelt wird. Positiv auf die Prognose des Milzrisses wirkt sich auch eine körperliche Schonung bis zur Heilung aus. Die Heilung wird meist innerhalb von zwei bis drei Monaten erzielt.
Vorbeugung
Einer Milzruptur lässt sich nur insofern vorbeugen, wie stumpf abdominellen Traumen vorgebeugt werden kann.
Nachsorge
Eine Milzruptur stellt einen medizinischen Notfall dar und bedarf daher umgehender ärztlicher Behandlung. Sofern der lebensbedrohliche Zustand überwunden ist, gilt die Nachsorge der Stärkung des Patienten. Nach einem operativen Eingriff zur Behandlung der Milzruptur muss ein hochgradig hygienischer Standard eingehalten werden, um sicher zu sehen, dass das Milzbett sich nicht mit Keimen infiziert und entzündet.
Im Nachgang der Operation müssen Betroffene sich daher schonen, um das geschwächte Immunsystem nicht weiter zu belasten. Aus diesen Gründen sind Personen mit Milzruptur stationär umfassend zu beobachten und zu kontrollieren. Dadurch lassen sich mögliche Komplikationen am ehesten feststellen, sodass frühzeitige Interventionen erfolgen können. Bei unzureichender Kontrolle und Betreuung drohen durch die Milzruptur zahlreiche ernsthafte Folgeerkrankungen. Da die Behandlung auch nach der akuten Phase noch langwierig ist, sollten Betroffene versuchen, eine positive Haltung zu der Situation aufzubauen, um den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern. Dabei können meditative Entspannungsübungen helfen, den Geist zu beruhigen und sich auf die Genesung zu konzentrieren.
Das können Sie selbst tun
Eine Milzruptur bedarf einer ärztlichen Abklärung und Behandlung. Die medizinische Therapie kann allerdings durch verschiedene Maßnahmen unterstützt werden.
Wichtig ist es in erster Linie, schnellstmöglich einen Operationstermin zu vereinbaren, um weitere Schäden zu vermeiden. Nach einem Eingriff – meist wird eine sogenannte Laparoskopie durchgeführt, bei der die Ruptur mit einem Gewebekleber geschlossen wird – sollte sich der Patient schonen. Je nach der Größe des Risses und der Konstitution nach dem Eingriff, gelten mindestens ein bis zwei Wochen Bettruhe. Wurde das komplette Organ entfernt, ist eine längerfristige Auszeit notwendig. Eine individuelle Diät und moderate Bewegung tragen zu einer raschen Genesung bei und senken das Risiko für Komplikationen.
Einer weiteren Milzruptur kann nur in begrenztem Umfang vorgebeugt werden. Es sollte versucht werden, die Gefahr für abdominelle Traumen zu senken, indem beispielsweise auf bessere Schutzkleidung beim Sport geachtet wird. Begleitend dazu sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen angezeigt. Der Arzt muss die Ruptur oder die Stelle des Eingriffs (bei einer Entfernung der Milz) kontrollieren und eine komplikationsfreie Abheilung der Wunde gewährleisten. Wurde ein Netz eingesetzt, um die Milzteile zusammenzuhalten, muss regelmäßig geprüft werden, ob dieses vom Körper ordnungsgemäß resorbiert wurde.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016