Musculus cremaster

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Musculus cremaster wird auch als Kremastermuskel oder Hodenheber bezeichnet und umgibt den Samenstrang und die Hoden. Er kontrahiert auf äußere Reize wie Kälte reflexartig und zieht dabei die Hoden in Richtung Rumpf. Bei Hodenfehlständen wie dem Pendelhoden ruft eine übertriebene Reflexbewegung abnormale Hodenpositionen hervor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Musculus cremaster?

Die Hebung des Hodens in Richtung Bauchdecke ist die Aufgabe des Kremastermuskels. Wenn die Haut an der inneren Oberschenkelseite zum Beispiel Temperaturreizen ausgesetzt wird, zieht es die Hoden durch die Kontraktion des Muskels nach oben und sie liegen so in einem geschützteren Milieu.
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Der Kremastermuskel oder Musculus cremaster ist ein schleifenförmiger Muskel aus Muskelfasern der Bauchmuskulatur. Am Musculus cremaster sind im Einzelnen die Fasern des Musculus obliquus internus abdominis und des Musculus transversus abdominis beteiligt. Dabei handelt es sich um Muskelstränge des Unterbauchs, die sich im Kremastermuskel schleifenförmig treffen.

Der Musculus cremaster zählt zur quergestreiften Muskulatur und gehört damit zur Skelettmuskulatur. Wie jeder andere Skelettmuskel kann der Musculus cremater kontrahieren und bewegt so die Hoden in Richtung Kopf. Wegen dieser Funktion wird der Muskel im Volksmund auch Hodenhebermuskel genannt. Anders als die meisten Skelettmuskeln ist die Kontraktion des Kremastermuskels relativ unwillkürlich und an bestimmte Umbegungsreize gebunden. Die kraniale Bewegung der Hoden soll die Samenproduktion bei kontraproduktiven Reizeinflüssen wie Kälte sicherstellen.

Anatomie & Aufbau

Die Muskelfasern der beiden Unterbauchmuskeln bilden im Kremastermuskel Faserbündel. Diese Bündel folgen in ihrem Verlauf dem Samenstrang. Sie verlaufen in Schleifen zunehmender Länge, die die Faszie der Hoden und den Samenstrang begleiten. Sie inserieren die Tunica vaginalis und werden über den Ramus genitalis innerviert.

Bei diesem Nerv handelt es sich um einen Abschnitt des Nervus genitofemoralis, der die anatomische Struktur des Kermastermuskels mit dem Nervensystem verbindet und zur Beantwortung von Reizen befähigt. Anders als die Hoden ist der Samenstrang komplett von den Muskelfasern umhüllt. Die quergestreifte Muskulatur des Körpers besteht aus Sarkomeren. Die Myofilamenten Myosin und Aktin machen diese Sarkomere aus und überlappen sich darin partiell. Helle I-Banden aus Aktin wechseln sich in den Muskeln mit dunklen A-Banden aus Myosinbündeln ab.

Funktion & Aufgaben

Die Hebung des Hodens in Richtung Bauchdecke ist die Aufgabe des Kremastermuskels. Wenn die Haut an der inneren Oberschenkelseite zum Beispiel Temperaturreizen ausgesetzt wird, zieht es die Hoden durch die Kontraktion des Muskels nach oben und sie liegen so in einem geschützteren Milieu. Dieser Vorgang entspricht einem Reflex und wird auch Kremasterreflex genannt. Dabei handelt es sich um einen angeborenen Fremdreflex, der wie alle anderen motorischen Reflexe der Skelettmuskulatur über das Rückenmark verschalten ist.

Dank dieser Verschaltung ist der Muskel zu einer besonders raschen Kontraktionsantwort auf bestimmte Reize hin befähigt. Die zuständen Rückenmarksegmente für den Fremdreflex sind die Segmente L1 und L2. Der Reflex des Kremastermuskels lässt sich auch an Tieren beobachten. Manche Tiere ziehen die Hoden auf bestimmte Reize hin sogar vollständig in die Bauchhöhle ein. Da der Kremasterreflex vor allem durch Kältereize ausgelöst wird, war in diesem Zusammenhang lange von einer eigenen Thermoregulation der Hoden die Rede. Die allgemeine Annahme war damals, dass die Reflexbewegung durch die Regulierung der Wärmezufuhr im Milieu der Hoden ein ideal temperiertes Niveau für die Produktion von Spermien herstellen möchte.

So wurde die Funktion des Kremastermuskels nicht ganz unbedeutend mit der Fortpflanzung in Verbindung gebracht. Da sich die Hoden durch den Kremasterreflex aber auch bei starker Erregung näher an den Körper ziehen, gilt der Zusammenhang mit der Thermoregulierung mittlerweile als umstritten. Bei Erregung zeigt der Reflex vermutlich lediglich einen kurz bevorstehenden Orgasmus an. Völlig ausgeschlossen ist die ursprüngliche Temperierungsthese allerdings auch nach dieser Beobachtung nicht.

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Krankheiten

Der Kremasterreflex des Kremastermuskels kann sich abnorm verhalten und zum Beispiel zu stark oder zu leicht ausfallen. Unter Umständen kann die Reflexbewegung auch vollständig zum Erliegen kommen.

Abnormales Reflexverhalten dieser Art kann sowohl auf periphere, als auch zentrale Nervenschädigungen verweisen. Die Rückenmarksegmente L2 und L3 können so zum Beispiel von Läsionen betroffen sein, die in der Regel entweder auf einen spinalen Infarkt oder degenerative und entzündliche Erkrankungen des zentralen Nervensystems zurückgehen. In diesem Zusammenhang ist neben der Autoimmunerkrankung Multiple Sklerose unter anderem die degenerative Nervensystemerkrankung ALS zu nennen. Übermäßige Reflexantworten des Kremastermuskels können allerdings auch im Rahmen von Hodendystopien wie dem Pendelhoden vorkommen.

Hodendystopien sind ein- oder beidseitige Fehlstände der Hoden, wie sie im Rahmen von Mutationen und verschiedenen Erbkrankheiten vorliegen können. Als Pendelhoden werden in diesem Zusammenhang Hoden bezeichnet, die normalerweise im Skrotum liegen, auf äußere Reize aber mit einem enorm lebhaften Kremasterreflex reagieren. Diese lebhafte Reaktion lässt sie momentan in eine abwegige Lokalisation wechseln, so zum Beispiel in eine hochskrotale oder eine inguinale Lage. Diese Hodendystopie zählt zu den retraktilen Fehllagen und muss nicht zwingend behandelt werden, solange der Betroffene nicht darunter leidet. Wenn sich ein Pendelhoden allerdings die meiste Zeit über nicht in Skrotallage befindet, kann ein korrigierender Eingriff Sinn machen.

Der Musculus cremaster kann auch selbst von Erkrankungen betroffen sein. Typische Muskelerkrankungen wie der Muskelfaserriss oder die Muskelentzündung kommen in dieser Region allerdings eher selten vor. Periphere Nervenschädigungen treten häufiger auf. So kann beispielsweise eine Neuropathie diesen Muskel betreffen, wie sie durch Mangelernährung, verschiedene Infektionskrankheiten oder Vergiftungen ausgelöst wird.

Quellen

  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Valerius, K.-P. et al: Das Muskelbuch: Anatomie - Untersuchung – Bewegung. KVM – Medizinverlag, Berlin 2014

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