Nekrotisierende Fasziitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine nekrotisierende Fasziitis liegt bei einer bakteriellen Infektion der Haut, Unterhaut und Muskeln vor. Die häufigsten Erreger sind Streptokokken der Gruppe A, Staphylokokken oder Clostridien. Das betroffene Gewebe muss vollständig entfernt werden, um das Leben der Patienten nicht zu gefährden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine nekrotisierende Fasziitis?

Streptokokken der Gruppe A gelten als wichtigste Erreger der nekrotisierenden Fasziitis. Auch Staphylokokken oder Clostridien können die Infektion theoretisch verursachen, sind in der klinischen Praxis aber eher selten daran beteiligt.
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Die Fasziitis ist eine nekrotisierende Faszienerkrankung. Es handelt sich um eine Entzündung im faszialen Gewebe, bei der Zellen zugrunde gehen. Die entzündliche Erkrankung wird auch als nekrotisierende Fasziitis bezeichnet. Die Inzidenz wird mit bis zu einem Fall auf 100 000 Einwohner angegeben. Die Entzündung ist bakteriell bedingt und zeigt blitzartig schnellen Verlauf.

Betroffen sind die Haut und Unterhaut mit Beteiligung der Faszien. Aus diesem Grund wird die Erkrankung den bakteriellen Weichteilinfektionen zugeordnet. Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen Durchblutungsstörungen, wie sie im Rahmen von übergeordneten Stoffwechselerkrankungen auftreten können. Abhängig von der Spezies des bakteriellen Erregers werden zwei Untergruppen der nakrotisierenden Fasziitis unterschieden.

Diese Untergruppen werden als Typ I und Typ II der Erkrankung bezeichnet und können unterschiedlichen Verlauf zeigen. Bei immundefiziten Patienten ist der Verlauf von Infektionen generell heftiger. Wenn die beteiligten Bakterien die Blutbahnen dieser Patienten erreichen, ist die Gefahr einer Sepsis oder eines septischen Schocks groß. In einer Folge kann die nekrotisierende Fasziitis für immundefizite Patienten zu einem lebensbedrohlichen Zustand heranreifen.

Ursachen

Menschen mit Durchblutungsstörungen in peripheren Gefäßen sind am häufigsten von einer nekrotisierenden Fasziitis betroffen. Auch Störungen des Lymphabflusses und Immundefizienz begünstigen die Entstehung der Erkrankung. Besonders gefährdet sind Stoffwechselerkrankte, so vor allem Diabetiker. In der Regel wird die Infektion durch Hautverletzungen oder Abszesse der Haut ausgelöst, die Bakterien Zutritt zur Unterhaut verschaffen.

Auch intramuskuläre Injektionen wie die therapeutischen Injektionen bei Diabetes oder therapeutisch chirurgische Eingriffe können Bakterien die Tore zur Unterhaut öffnen. Streptokokken der Gruppe A gelten als wichtigste Erreger der nekrotisierenden Fasziitis. Auch Staphylokokken oder Clostridien können die Infektion theoretisch verursachen, sind in der klinischen Praxis aber eher selten daran beteiligt.

Zuweilen handelt es sich bei der Infektion auch um eine Mischinfektion:

  • Die nekrotisierende Fasziitis Typ 1 entspricht zum Beispiel einer aerob-anaeroben Mischinfektion und tritt vor allem nach chirurgischen Eingriffen auf. *Die nekrotisierende Fasziitis Typ 2 wird von Streptokokken der Gruppe A verursacht und ist damit die häufigste Form der Infektion.
  • Eine Sonderform der nekrotisierenden Fasziitis ist Fournier-Gangrän in der Leistenregion und der Genitalregion, die insbesondere Männern betrifft. Neugeborene mit Omphalitis haben für eine nekrotisierende Fasziitis des Nabelbereichs gesteigerte Anfälligkeit.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Patienten mit einer nekrotisierenden Fasziitis leiden zu Beginn der Infektion an eher unspezifischen Symptomen. Zu den Anfangssymptomen zählen vor allem lokale Schmerzen und mehr oder weniger hohes Fieber. Vergesellschaftet sind diese Beschwerden anfangs oft mit Schüttelfrost, Abgeschlagenheit und ähnlichen Infektionsanzeichen.

Innerhalb der ersten Woche schwellen die Partien unter entzündlichen Prozessen langsam an. Meist ist die Haut über dem infektiösen Herd bläulich-rot verfärbt und wird im Verlauf bläulich-grau. Durch die entzündlichen Vorgänge in der Unterhaut überwärmt sich die obere und wirft oft konfluierende Blasen. Die Blasen enthalten eine hell- bis dunkelrote Flüssigkeit mit visköser Konsistenz.

In einem fortgeschrittenen Stadium nekrotisiert das betroffene Gewebe. Die Nekrosen können mehr oder weniger ausgedehnt ausfallen und befallen meist nicht nur das Weichgewebe, sondern auch die Nerven und Muskeln. Schmerzen liegen ab diesem Zeitpunkt meist nicht mehr vor, da die sensiblen Nerven in dem Bereich Stück für Stück absterben.

In den meisten Fällen steigt während diesen Vorgängen das Fieber der Patienten noch an. Wenn die beteiligten Erreger die Blutbahnen erreichen, tritt bei immunologisch gesunden Patienten eine vorübergehende Bakteriämie ein, die durch das Abwehrsystem wieder ausgeglichen wird. Bei immungeschädigten Patienten kann die Bakteriämie anhalten und in eine Sepsis münden.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Lufteinschlüsse in der Muskelfaszien können bei der Diagnostik der nekrotisierenden Fasziitis mittels CT dokumentiert werden. Bei entsprechendem Verdacht findet eine mikrobiologische Diagnostik statt, bei der die Blasen punktiert werden oder Biopsien stattfinden. Diagnostisch gibt ein Grampräparat entscheidende Hinweise. Die mikrobielle Kultur zählt zur Standarddiagnostik.

Eine frühe Diagnose wirkt sich positiv auf die Prognose aus. Wegen des raschen Verlaufs liegt die Mortalität bei einer verzögerten Diagnose vor allem für den Typ II mit 20 bis 50 Prozent hoch. Vor allem bei Beteiligung der Rumpfgegend ist die Prognose ungünstig.

Komplikationen

Bei dieser Krankheit leiden die Betroffenen an einer bakteriellen Infektion. In den meisten Fällen wird dabei allerdings das gesamte infizierte Gewebe operativ entfernt, sodass Komplikationen damit in der Regel vermieden werden. Die Patienten leiden bei dieser Erkrankung an einem hohen Fieber und weiterhin auch an einer Müdigkeit und einer Abgeschlagenheit.

Auch Gliederschmerzen und Kopfschmerzen können dabei auftreten und die Lebensqualität des Patienten erheblich verringern. Es kommt auch zu Schwellungen an der Haut und die Haut selbst färbt sich meistens bräunlich. Weiterhin bilden sich auf der Haut blasen. Sollte die Krankheit nicht behandelt werden, so sterben die Nerven ab und es kommt zu Lähmungen oder zu anderen Störungen der Sensibilität. Diese Nervenschäden sind in der Regel nicht reversibel und können nicht mehr wiederhergestellt werden.

In schwerwiegenden Fällen kann es krankheitsbedingt auch zu einer Blutvergiftung und damit zu Tode des Betroffenen kommen. In der Regel wird die Krankheit ohne Komplikationen behandelt. Mit Hilfe von Antibiotika können die meisten Beschwerden relativ gut eingeschränkt werden. Bei einer frühen Diagnose kommt es zu einem vollständig positiven Krankheitsverlauf und nicht zu einer Verringerung der Lebenserwartung des Patienten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Symptome wie Schüttelfrost, Fieber und Abgeschlagenheit bedürfen in jedem Fall einer ärztlichen Abklärung. Falls Hautveränderungen zu diesen Beschwerden hinzukommen, liegt womöglich eine nekrotisierende Fasziitis zugrunde, die umgehend diagnostiziert und behandelt werden muss. Zu den Risikogruppen zählen Menschen, die an Durchblutungsstörungen, einer Immundefizienz oder an Störungen des Lymphabflusses leiden. Auch Diabetiker und Patienten mit Abszessen, Hautverletzungen oder bakteriellen Infektionen sind gefährdet und sollten die beschriebenen Symptome rasch abklären lassen.

Wenn die Beschwerden im Zusammenhang mit therapeutischen Injektionen auftreten, muss der zuständige Arzt informiert werden. Spätestens, wenn sichtbare Nekrosen sowie damit verbundene Gliederschmerzen oder Anzeichen einer Blutvergiftung auftreten, muss ein Arzt aufgesucht werden. Betroffene können den Hausarzt oder einen Dermatologen aufsuchen. Je nach Art und Schwere der nekrotisierenden Fasziitis werden anschließend weitere Fachärzte in die Behandlung involviert. Eine fortgeschrittene Erkrankung muss stationär behandelt werden, wobei die Nekrosen chirurgisch entfernt werden. Aufgrund der hohen Infektionsgefahr müssen etwaige Operationswunden ebenfalls fachärztlich überwacht und versorgt werden.

Behandlung & Therapie

Die Therapie einer nekrotisierenden Fasziitis erfolgt chirurgisch. Alle betroffenen Weichteile müssen so schnell wie möglich radikal entfernt werden. Wenn zu wenig Gewebe entfernt wird, breitet sich die Fasziitis mit hoher Geschwindigkeit aus und führt zu hohen Gewebeverlusten oder sogar zum Tod. Die Erreger der Infektion sind extrem aggressive Erreger, sodass bei der Operation keinerlei Keime im Gewebe zurückgelassen werden dürfen.

Meist wird die chirurgische Intervention mit einer medikamentösen Therapie kombiniert. Diese Therapie besteht aus dreimal täglicher Gabe von Clindamycin, das häufig kombiniert mit Penicillin verabreicht wird. Viele der Erreger sind antibiotikaresistent. Daher ist eine rein antibiotische Behandlung in aller Regel nicht zielführend. Wenn alle chirurgischen und medikamentösen Maßnahmen ausgeschöpft sind und keine Besserung herbeiführt werden konnte, müssen die befallenen Gliedmaßen amputiert werden, um das Leben des Patienten zu retten.


Aussicht & Prognose

Eine sofortige chirurgische Therapie begünstigt die Prognose der Patienten erheblich. Faktoren wie ein hohes Alter der Betroffenen, das weibliche Geschlecht, sowie Begleiterkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus beeinflussen die Prognose zudem. Es ist auch nachgewiesen, dass die Nekrotisierende Fasziitis des Körperrumpfes mit einer deutlich schlechteren Aussicht für die Betroffenen verbunden ist. Ebenso kann für die nekrotisierende Fasziitis vor allem nach einer Injektionstherapie eine deutlich erhöhte Amputationsrate sowie Sterblichkeit genannt werden. Deshalb sollte die Kenntnis all dieser verschiedenen prognostischen Gegebenheiten bereits zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme die Basis für die schnelle Entscheidung des Arztes sein.

Nach einer chirurgischen Therapie stehen bei Betroffenen vor allem die intensivmedizinische Komplextherapie sowie Antibiotika-Gaben im Vordergrund. Durch die Operation kann es vorkommen, dass Patienten große Mengen von intravenöser Flüssigkeit benötigen. Auch wird anschließend eine Therapie in einer Hochdruck-Sauerstoffkammer empfohlen. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, inwiefern dies hilfreich ist.

Wenn sich im Laufe der Krankheit ein toxisches Schock-Syndrom entwickeln sollte, wird Immunglobulin verabreicht. Die allgemeine Todesrate beträgt durchschnittlich 30 %. Bei älteren Patienten, sowie in Begleitung von anderen medizinischen Störungen sowie bei einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit, fällt die Prognose schlechter aus. Eine Verzögerung von Diagnose und Behandlung sowie die unzureichende Entfernung vom toten Gewebe verschlechtert eine Prognose.

Vorbeugung

Da schlechte Durchblutung und Immunschwäche als Risikofaktoren für die nekrotisierende Fasziitis gelten, können immunstärkende und durchblutungsförderliche Maßnahmen im weitesten Sinne als Vorbeugemaßnahmen interpretiert werden.

Nachsorge

Nach der operativen Entfernung einer nekrotisierenden Fasziitis ist eine intensive Nachkontrolle des Gewebes sehr wichtig. Anhand von regelmäßig entnommenen Gewebeproben wird untersucht, ob sich noch Bakterien nachweisen lassen. Die betroffenen Patienten bekommen zusätzlich Antibiotika verschrieben.

Ein Problem ist allerdings, dass viele Bakterien, die eine nekrotisierende Fasziitis auslösen, gegen herkömmliche Antibiotika resistent sind. Es besteht das Risiko, dass sich neue Wunden bilden und rapide vergrößern. Aus diesem Grund werden in den ersten Tagen nach der Operation verschiedene Präparate verabreicht und untersucht, ob mögliche Bakterien angegriffen werden.

Wenn ein passendes Antibiotikum gefunden wurde, sind die Patienten darauf angewiesen, das Präparat über mehrere Wochen einzunehmen. Nur so kann das Risiko reduziert werden, dass sich ein erneuter Befall der nekrotisierenden Fasziitis auftritt. Sind durch die Erkrankung bereits Organe oder Gliedmaßen angegriffen worden, müssen eventuell weitere Operationen und Therapien erfolgen, um die Spätfolgen der Krankheit zu behandeln.

Eine Risikogruppe sind Patienten mit Diabetes Mellitus. Da durch die Zuckerkrankheit das Auftreten von Wunden deutlich erhöht ist, müssen Patienten mit Diabetes Mellitus intensiv betreut werden. Eine regelmäßige Untersuchung beispielsweise von einem Diabetologen soll ausschließen, dass sich selbst kleine Wunden bilden. Auf diese Weise soll ausgeschlossen werden, dass sich Bakterien im Gewebe einnisten und eine nekrotisierende Fasziitis auslösen.

Das können Sie selbst tun

Eine nekrotisierende Fasziitis ist lebensgefährlich, Betroffene dürfen auf keinen Fall versuchen, die Störung selbst zu behandeln. Das heißt aber nicht, dass die Patienten nicht dazu beitragen können, das Risiko zu senken und die Folgen des Krankheitsverlaufs abzumildern. Je eher die Fasziitis als solche erkannt wird, desto höher sind die Chancen, dass eine Amputation vermieden werden kann.

Angehörige von Risikogruppen, dazu zählen insbesondere Diabetiker und Personen mit einer Immunschwäche, sollten deshalb auch kleine Alltagsverletzungen genau beobachten und die Symptome einer Fasziitis zu erkennen. Wer an Diabetes leidet und kurz nach einer kleinen Verletzung beim Kartoffelschälen plötzlich Fieber entwickelt, sollte das nicht als beginnende Erkältung abtun, sondern vorsorglich einen Arzt aufsuchen. Risikopatienten sollten darüber hinaus ihr Verletzungsrisiko senken. Kleine Schnitt- oder Schürfwunden lassen sich nicht immer vermeiden. Die Eintrittswahrscheinlichkeit kann aber gesenkt werden. Insbesondere sollten bei Gartenarbeiten und bei handwerklichen Verrichtungen immer Schutzhandschuhe getragen werden.

Kommt es dennoch zu einer Verletzung, muss die Wunde unverzüglich gesäubert und desinfiziert werden. Eine optimale Erstversorgung der Wunde kann das Risiko einer Infektion und damit auch einer Fasziitis verringern. Diabetiker können darüber hinaus durch eine gesunde Ernährung und regelmäßigen Sport zu einer Stärkung ihres Immunsystems und einer Verbesserung der Durchblutung der Gliedmaßen beitragen. Auch dies Reduziert das Risiko einer Fasziitis.

Quellen

  • Dirschka, T., Hartwig, R.: Klinikleitfaden Dermatologie. Urban & Fischer, München 2011
  • Moll, I.: Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2010
  • Sterry, W. (Hrsg.): Kurzlehrbuch Dermatologie. Thieme, Stuttgart 2011

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