Staphylokokken

Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer. nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2025Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Staphylokokken (lat. Staphylococcus) sind Bakterien die der Untergruppe der Kokken zugehören. Sie sehen rundlich bis weintraubenähnlich aus und sind unbeweglich. Sie wurden erstmals 1884 von Friedrich Julius Rosenbach nachgewiesen.
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Was sind Staphylokokken?

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Staphylokokken sind Krankheitserreger, die aufgrund ihrer erhöhten pH-Toleranz relativ unempfindlich gegen diverse Desinfektionsmittel und gegen Austrocknung sind.
Aus diesem Grund sind sie weit verbreitet und nur sehr schwer unschädlich zu machen. Sie entwickeln auch äußerst schnell eine Resistenz gegen Antibiotika, indem sich ihre genetische Struktur den Gegebenheiten ihrer Umwelt anpasst und so das Überleben garantiert.
Antibakterielle Wirkstoffe bleiben oft erfolglos, so dass sich in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen oft eine hohe Konzentration von Staphylokokken nachweisen lässt, die bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem auch zu Erkrankungen führt.
Einige Stämme dieser Bakterienart besitzen die Eigenschaft, sich sehr schnell ausbreiten zu können, was das Auftreten von epidemischen Krankheiten zur Folge hat.
Bedeutung & Funktion
Staphylokokken siedeln im Normalfall auf der Haut und auf den Schleimhäuten von Menschen und Tieren, ohne dass es zum Ausbruch einer Krankheit oder Krankheitssymptomen kommt. Ist der Körper aber infolge von Vorerkrankungen oder anderer Ursachen nicht mehr in der Lage, die Immunabwehr aufrecht zu erhalten, dann können Krankheiten und Infektionen auftreten, die durch die Staphylokokken bedingt sind.
So ist das Hauptreservoir für Staphylokokkeninfektionen der Mensch selber. Insbesondere bei Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind, bei Personen mit großflächigen, infektiösen Hauterkrankungen, bei Diabetikern und Personen aus der Drogenszene wurde eine vermehrte Besiedlung mit Staphylokokken festgestellt.
Aus der eigenen Besiedlung des Menschen mit Staphylokokken kann sich also eine Infektion entwickeln, wenn sich die Erreger auf andere Areale des Körpers, wie zum Beispiel den Rachen oder die Schleimhäute ausbreiten. Fremdinfektionen treten zumeist durch den Kontakt von Patient zu Patient oder durch den Kontakt zum Pflegepersonal oder den behandelnden Ärzten auf.
Die Ausgangspunkte solcher Fremdinfektionen liegen zumeist in Wundsekreten, Absonderungen der Atemwege, infektiösen Hautbereichen oder auch im Blut von infizierten Personen. Als Bakterienüberträger kommen auch medizinische Gerätschaften in Frage.
Besonders anfällig für Staphylokokkeninfektionen haben sich Patienten erwiesen, die an Diabetes mellitus leiden oder auf eine Dialyse angewiesen sind. Ist die Hautbarriere gegen das Eindringen von Krankheitskeimen aus irgendeinem Grund nicht mehr vollständig, so sind die Betroffenen ebenfalls für eine Ansteckung durch Staphylokokken besonders disponiert. Das ist zum Beispiel der Fall bei Hautverletzungen.
Auch das permanente Vorhandensein von Fremdkörpern führt zu einer erhöhten Infektionsgefahr, wie zum Beispiel beim Tragen von Venenkathetern oder bei Metalllegierungen von Gelenkersatz.
Biologische Eigenschaften
Klassifikation und Taxonomie
Staphylokokken gehören zur Familie der Staphylococcaceae und zur Ordnung der Bacillales innerhalb der Firmicutes. Die wichtigste Art ist Staphylococcus aureus, daneben gibt es S. epidermidis, S. saprophyticus und weitere Koagulase-negative Staphylokokken.
Morphologie und Wachstum
Staphylokokken sind Gram-positive, kugelförmige Bakterien, die meist in traubenartigen Haufen angeordnet sind. Sie sind unbeweglich, nicht sporenbildend und fakultativ anaerob. Sie wachsen auf einfachen Nährmedien und bilden oft gelbe oder weiße Kolonien. S. aureus zeigt β-Hämolyse auf Blutagar.
Genom und genetische Besonderheiten
Das Genom von S. aureus umfasst etwa 2,8–2,9 Megabasenpaare und enthält zahlreiche virulenzassoziierte Gene. Plasmide und mobile genetische Elemente wie Pathogenitätsinseln, Transposons und Bakteriophagen tragen zur hohen Anpassungsfähigkeit und Antibiotikaresistenz bei. Besonders bekannt ist das mecA-Gen, das für Methicillin-Resistenz (MRSA) verantwortlich ist.
Durch horizontalen Gentransfer können Staphylokokken Resistenzgene schnell austauschen. Ihr adaptives Genom ermöglicht es ihnen, in verschiedenen Umgebungen zu überleben und Infektionen auszulösen.
Vorkommen & Verbreitung
Natürliches Vorkommen
Staphylokokken sind weltweit verbreitet und kommen als Teil der natürlichen Mikroflora auf der Haut und den Schleimhäuten von Menschen und Tieren vor. Besonders häufig besiedeln sie den Nasenvorhof, die Haut, den Rachen und den Darm. Staphylococcus epidermidis und andere koagulase-negative Staphylokokken sind typische Hautbewohner und meist harmlos, während Staphylococcus aureus potenziell pathogen ist.
In der Umwelt finden sich Staphylokokken auf Oberflächen, in Wasser und Staub. Sie überleben lange unter trockenen Bedingungen und sind gegenüber Hitze und Desinfektionsmitteln relativ widerstandsfähig.
Übertragungswege und Verbreitung
Die Übertragung erfolgt meist durch direkten Hautkontakt oder über kontaminierte Gegenstände (fomitenbedingte Übertragung). Auch Tröpfcheninfektionen oder Lebensmittel können Staphylokokken verbreiten. S. aureus ist zudem ein häufiger Erreger von nosokomialen Infektionen, da er leicht auf medizinischen Geräten oder Händen von Pflegepersonal überlebt.
Rolle in verschiedenen Ökosystemen
In der Mensch-Tier-Interaktion kommen Staphylokokken auch in der Tierhaltung vor und können von Nutztieren auf Menschen übergehen. In der Lebensmittelindustrie spielen sie eine Rolle als Lebensmittelvergifter, insbesondere durch hitzestabile Enterotoxine. In Krankenhausumgebungen sind antibiotikaresistente Stämme wie MRSA eine ernsthafte Bedrohung.
Krankheiten
Eine weitere Erscheinungsform von Erkrankungen durch Staphylokokken sind Lebensmittelvergiftungen. Vor allen Dingen bei Fleisch und Milchprodukten ist die Entstehung von Giftstoffen durch die Abbauprodukte der Staphylokokken vorhanden und führt zu entsprechenden Vergiftungserscheinungen.
Bei Vergiftungen ist die Inkubationszeit bis zum Auftreten der Erscheinungen relativ kurz und beträgt nur einige Stunden, bei einer Infektion durch Staphylokokken kann sie 4-10 Tage betragen. Wenn ein Patient eine Kolonie dieser Keime in sich trägt, dann besteht die Möglichkeit, dass die Krankheit sich erst nach Monaten manifestiert.
Dieses Phänomen tritt beispielsweise auf, wenn nach einer Operation Staphylokokken im Körper verbleiben und erst durch andere Einflüsse wieder aktiv werden und sich im Organismus ausbreiten. Auf diese Weise können auch nach Monaten oder auch Jahren schwere Allgemeininfektionen oder Wundinfektionen ausbrechen.
Einige Beispiele für durch Staphylokokken hervorgerufene Krankheitsbilder sind Furunkel, Abszesse, Karbunkel, Wundinfektionen, Hirnhautentzündungen, Gelbsucht und Lungenentzündungen. In schweren Fällen kann eine solche Infektion in eine allgemeine Sepsis übergehen, die in jedem Fall lebensbedrohlich ist.
Das Toxic Shock Syndrome, kurz TTS genannt, ist ebenfalls eine Folge einer durch Staphylokokken hervorgerufenen Vergiftung. Bei TTS besteht die Gefahr, eine heftige Verlaufsform anzunehmen. TTS ist demnach eine äußerst gefährliche Krankheit.
Auch eine Lebensmittelvergiftung, hervorgerufen durch Staphylokokken, ist nicht zu unterschätzen, die Symptome treten relativ zeitnah auf und äußern sich in heftigen Bauchkrämpfen, Durchfall und exzessivem Erbrechen. Da Staphylokokken relativ hitzeresistent sind, werden sie oft bei der Wärmebehandlung von Lebensmitteln nicht vollständig abgetötet.
Wenn in einer medizinischen Einrichtung das Auftreten von epidemischen Krankheiten, die auf Staphylokokken zurückzuführen sind, festgestellt wird, so sind diese nach dem Bundesseuchenschutzgesetz meldepflichtig.
Behandlungsmöglichkeiten
Standardtherapien
Die Behandlung von Staphylokokken-Infektionen hängt von der Schwere der Erkrankung und dem betroffenen Körperbereich ab. Oberflächliche Hautinfektionen durch Staphylococcus aureus können oft mit antiseptischen Lösungen oder topischen Antibiotika wie Mupirocin behandelt werden. Systemische Infektionen erfordern orale oder intravenöse β-Laktam-Antibiotika, insbesondere Oxacillin oder Flucloxacillin bei Methicillin-sensiblen Staphylokokken (MSSA).
Herausforderungen bei resistenten Stämmen
Methicillin-resistente S. aureus (MRSA) sind gegen viele Standard-Antibiotika resistent. Hier werden Glykopeptid-Antibiotika wie Vancomycin oder Teicoplanin eingesetzt. Bei Vancomycin-resistenten Stämmen (VRSA) sind alternative Wirkstoffe wie Linezolid, Daptomycin oder Ceftarolin erforderlich.
Neue und experimentelle Therapieansätze
Um Antibiotikaresistenzen zu bekämpfen, werden neue Ansätze erforscht, darunter bakteriophagenbasierte Therapien, die gezielt Staphylokokken abtöten. Auch antimikrobielle Peptide, die Zellmembranen von Bakterien zerstören, bieten vielversprechende Alternativen. Zudem werden Immuntherapien und Impfstoffe gegen S. aureus entwickelt, um Infektionen präventiv zu verhindern. Eine weitere vielversprechende Strategie sind CRISPR-basierte Gentherapien, die resistenzvermittelnde Gene gezielt ausschalten könnten.
Antibiotikaresistenz bei Staphylokokken: Eine wachsende Bedrohung
Staphylokokken sind weit verbreitete Bakterien, die sowohl harmlose Besiedler der Haut als auch gefährliche Krankheitserreger sein können. Besonders problematisch ist die zunehmende Resistenzentwicklung gegenüber Antibiotika, die die Behandlung schwerer Infektionen erheblich erschwert.
Eine der bekanntesten resistenten Staphylokokken-Varianten ist Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA). Diese Bakterien sind gegen viele gängige Antibiotika resistent, was ihre Bekämpfung kompliziert macht. MRSA-Infektionen treten besonders in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen auf, wo geschwächte Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Sie können Wundinfektionen, Lungenentzündungen und lebensbedrohliche Blutvergiftungen verursachen.
Neben MRSA gibt es auch Vancomycin-resistenten Staphylococcus aureus (VRSA), eine noch gefährlichere Variante. Vancomycin gehört zu den letzten verfügbaren Antibiotika zur MRSA-Behandlung, weshalb VRSA eine ernste Bedrohung für das Gesundheitswesen darstellt. Diese resistenten Keime entstehen durch genetischen Austausch mit anderen Bakterien, die bereits Vancomycin-Resistenzen entwickelt haben.
Ein weiterer besorgniserregender Trend ist das Auftreten von Community-assoziierten MRSA-Stämmen (CA-MRSA). Im Gegensatz zu den klassischen MRSA-Stämmen, die vor allem in Krankenhäusern verbreitet sind, treten CA-MRSA-Infektionen zunehmend auch in der Allgemeinbevölkerung auf. Sie können durch Hautkontakt oder kontaminierte Oberflächen übertragen werden und sind oft Ursache für hartnäckige Haut- und Weichteilinfektionen.
Die zunehmende Resistenzproblematik macht die Suche nach alternativen Therapieansätzen dringend erforderlich. Neue Antibiotika werden erforscht, doch die Entwicklung ist langwierig und teuer. Wissenschaftler untersuchen zudem phagenbasierte Therapien, bei denen spezielle Viren gezielt Staphylokokken abtöten. Auch die Kombination verschiedener Wirkstoffe oder die Hemmung bakterieller Virulenzfaktoren sind vielversprechende Ansätze.
Zur Verhinderung der weiteren Resistenzentwicklung ist ein bewusster Umgang mit Antibiotika entscheidend. Übermäßige oder unsachgemäße Antibiotikavergabe fördert die Selektion resistenter Bakterien. Hygienemaßnahmen wie regelmäßiges Händewaschen und die sorgfältige Desinfektion medizinischer Geräte sind essenziell, um Infektionen zu vermeiden.
Die Bekämpfung antibiotikaresistenter Staphylokokken stellt eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin dar. Die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft, Medizin und Politik ist erforderlich, um die Ausbreitung dieser gefährlichen Erreger einzudämmen.
Quellen
- Ableitner, O.: Einführung in die Molekularbiologie. Springer Fachmedien, Wiesbaden 2018
- Dülligen, M., Kirov, A., Unverricht, H.: Hygiene und medizinische Mikrobiologie. Schattauer, Stuttgart 2016
- Gries, O., Ly, T.: Infektologie - Kompendium humanpathogener Infektionskrankheiten und Erreger. Springer, Berlin 2019