Otosklerose
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Otosklerose ist eine degenerative Erkrankung des Innen- und Mittelohrs. Durch sog. knöcherne Veränderungen am Felsenbein wird die Schallweiterleitung vom Trommelfell zum Innenohr behindert. Die Folge ist Schwerhörigkeit, die mit Fortschreiten der Otosklerose zur Taubheit führen kann.
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Was ist Otosklerose?
Als Otosklerose wird eine knöcherne Veränderung des Felsenbeins bezeichnet. Über das Innenohr sind die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel mit dem Felsenbein verbunden. Vor dieser Anordnung befindet sich das Trommelfell, das den Schall über die Gehörknöchelchen und das Innenohr an den Hörnerv weiterleitet.
Bei einem gesunden Innen- und Mittelohr sind die Gehörknöchelchen beweglich miteinander verbunden. Bei einer Otosklerose kommt es als Folge von entzündungsähnlichen und degenerativen Prozessen zu einer Verknöcherung des Steigbügels. Dadurch wird die Beweglichkeit des Steigbügels eingeschränkt, woraufhin der Schall nicht mehr bzw. nur noch teilweise weitergeleitet wird.
Es treten Hörprobleme wie z. B. Tinnitus auf. Im weiteren Verlauf führt die Krankheit zu Schwerhörigkeit und schließlich zu Taubheit. Die Otosklerose tritt allg. in beiden Ohren gleichzeitig und vorwiegend zwischen dem 20. und 45. Lebensjahr auf.
Ursachen
Da bei der Otosklerose häufig entzündliche Erkrankungen und virale Infektionen vorausgehen, können Masern, Röteln und Mumps ein möglicher Auslöser für die Erkrankung sein. Des Weiteren können sog. Autoimmunprozesse eine Otosklerose verursachen. Hierbei reagiert das körpereigene Immunsystem allergisch auf den eigenen Körper und bekämpft diesen.
Bei einer Otosklerose kommt auch eine erbliche Komponente infrage. Die Erkrankung tritt gehäuft in Familien auf, in denen schon andere Familienmitglieder daran erkrankt sind. Das dazugehörende Gen konnte bis jetzt noch nicht entschlüsselt werden, jedoch zeigen Studien, dass Kinder, deren Eltern an Otosklerose erkrankt sind, mit großer Wahrscheinlichkeit auch daran erkranken werden.
Eine weitere Ursache könnte der Hormonhaushalt sein. Da die Otosklerose vor allem Frauen betrifft, könnten hormonelle Einflüsse die Erkrankung auslösen. Insbesondere deshalb, da vor allem Schwangere und Frauen, die Kontrazeptiva („Antibabypille“) einnehmen, häufiger an Otosklerose erkranken.
Typische Symptome & Anzeichen
- Schwerhörigkeit
- Taubheit (Gehörlosigkeit)
- Beschwerden ähnlich einem Hörsturz
- Tinnitus
Diagnose & Verlauf
Die Otosklerose wird durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt diagnostiziert. Jedoch gestaltet sich insbesondere im Anfangsstadium der Erkrankung die Diagnose als schwierig. Wenn die Krankheit beginnt, weist diese keinerlei Symptome auf, so dass mehrere Jahre vergehen können, in denen die Otosklerose unentdeckt bleibt.
Besteht der Verdacht auf eine Otosklerose wird zu Beginn ein Hörtest durchgeführt. Des Weiteren wird der Stapediusreflex - die Funktion der Mittelohrmuskeln - geprüft. Mit diesem Test können krankhafte Veränderungen nachgewiesen werden. Es erfolgt zudem eine Hörprüfung mit einer Stimmgabel. Mit diesen Untersuchungen wird ermittelt, wie stark der Hörverlust bereits ausgeprägt ist. In der Regel wird hierbei eine Schallleitungsschwerhörigkeit diagnostiziert.
Eine Sprachprüfung zeigt an, ob der Betroffene gesprochene Wörter bereits schlechter versteht als ein gesunder Mensch. Zur Diagnosesicherung werden zudem bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT, MRT und Szintigraphie eingesetzt. Mit diesen Untersuchungsmethoden können Entzündungen als auch knöcherne Veränderungen erkannt werden, so dass das Stadium einer Otosklerose ermittelt werden kann.
Der Verlauf bei einer Otosklerose hängt von mehreren Faktoren ab. Je frühzeitiger die Otosklerose erkannt und behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Erfolgt rechtzeitig eine operative Behandlung, kann die Schwerhörigkeit wesentlich verbessert werden. Bei einer Behandlung im Anfangsstadium kann die Schwerhörigkeit z. T. sogar völlig beseitigt werden. Wird die Otosklerose nicht rechtzeitig behandelt, ist Schwerhörigkeit die Folge, die im weiteren Verlauf zur völligen Taubheit führen kann.
Komplikationen
Weiterhin kommt es nicht selten auch zu einem Tinnitus oder auch zu anderen Ohrgeräuschen, die die Lebensqualität erheblich verringern. Dies kann weiterhin zu Schlafbeschwerden führen, die eine allgemeine Gereiztheit und Unzufriedenheit des Betroffenen nach sich ziehen kann. Der weitere Verlauf der Otosklerose hängt allerdings stark von ihrer Ausprägung und dem Zeitpunkt der Diagnose ab.
In vielen Fällen kann die Otosklerose vollständig behandelt werden, wobei es nicht zu besonderen Komplikationen kommt. Auch Hörgeräte können eingesetzt werden, um die Beschwerden der Schwerhörigkeit einzuschränken. Die Behandlung selbst erfolgt mittels eines operativen Eingriffs und führt nicht zu weiteren Beschwerden. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Krankheit nicht beeinflusst oder verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Eine verminderte Hörfähigkeit ist besorgniserregend. Ein Arztbesuch ist notwendig, sobald bestimmte Frequenzen aus der Umwelt nicht mehr gehört werden können oder es zu einer allgemeinen Einschränkung des Hörvermögens kommt. Stellt der Betroffene fest, dass er im Alltag Geräusche nicht mehr wie gewohnt wahrnehmen kann oder er im unmittelbaren Vergleich zu den Mitmenschen weniger hören kann, ist ein Arzt aufzusuchen. Grundsätzlich empfiehlt sich in regelmäßigen Abständen im Verlauf des Lebens ein Check-up, um die Hörqualität ausreichend einstufen und bei Veränderungen unverzüglich reagieren zu können. Kommt es zu einem einseitigen Hören oder zu der Entwicklung von Ohrgeräuschen, ist die Konsultation eines Arztes zu empfehlen.
Bei einer Zunahme der Beschwerden oder einer Taubheit muss schnellstmöglich eine ärztliche Versorgung stattfinden. Andernfalls besteht das Risiko einer lebenslangen Gehörlosigkeit. Veränderungen des Verhaltens, eine erhöhte Unfall- oder Verletzungsgefahr sowie Gereiztheit weisen ebenfalls auf eine Unregelmäßigkeit hin. Ein Arztbesuch ist anzuraten, sobald es zu einem Rückzugsverhalten oder einem aggressiven Auftreten kommt. Ein Pfeifen im Ohr, Ohrensausen oder Schlaflosigkeit und Kopfschmerzen sind untersuchen und behandeln zu lassen. Treten die Beschwerden plötzlich und unvermittelt auf, ist unverzüglich ein Arzt aufzusuchen. Es handelt sich um einen akuten wenngleich nicht lebensbedrohlichen Zustand, bei dem medizinische Hilfe schnellstmöglich nötig ist.
Behandlung & Therapie
Eine medikamentöse Behandlung der Otosklerose gibt es zurzeit nicht. Kann eine Operation nicht durchgeführt werden, so kann ein Hörgerät das Hörvermögen verbessern. Ist die Krankheit jedoch schon so weit fortgeschritten, dass eine Taubheit vorliegt, können Hörgeräte nicht oder nur noch bedingt helfen.
Die Otosklerose wird mittels eines operativen Eingriffs behandelt. Man unterscheidet zwischen zwei Eingriffen, der Stapedektomie und der Stapedotomie. Bei der Stapedektomie werden der Steigbügel und der angrenzende Teil der Steigbügelfußplatte entfernt. Im Anschluss wird das Gehörknöchelchen durch eine Stapesplastik (auch Prothese genannt) ersetzt. Die Stapesplastik übernimmt die Funktion des Steigbügels und überträgt die Schwingungen des Schalls. Die Stapedektomie wird meist unter Lokalanästhesie (örtliche Betäubung) durchgeführt. Hierbei kann der Arzt schon während der Operation überprüfen, ob Hörveränderungen vorliegen.
Bei der Stapedotomie wird nicht der komplette Steigbügel entfernt, sondern nur die Steigbügelschenkel. Hierbei wird ein kleines Loch in die Steigbügelfußplatte gebohrt und eine kleine Prothese eingeführt, die dann am Amboss befestigt wird. Diese Prothese (aus Platin-Teflon) überträgt die Schwingungen des Schalls und verbessert somit das Hörvermögen des Betroffenen.
Aussicht & Prognose
Der weitere Verlauf sowie die Aussichten auf Genesung der von Otosklerose betroffenen Patienten hängt primär vom Zeitpunkt und Art der Behandlung ab. Allgemein besteht die Chance auf eine zumindest teilweise Regeneration der Hörfähigkeiten. Anfangs fällt das Hörvermögen trotz medizinischer Gegenmaßnahmen weiter ab oder stagniert auf dem bereits diagnostizierten Niveau. Ohne angemessene Therapie gilt das Risiko einer beträchtlich verminderten, akustischen Wahrnehmung als sehr hoch. Als Folge treten langfristig Schwerhörigkeit und in schweren Fällen Taubheit auf.
Ein früher operativer Eingriff erhöht die Wahrscheinlichkeit der Heilung signifikant. Ungefähr 90 Prozent der Patienten erlangen eine spürbaren oder vollständigen Rückgang der Symptome. Im Anschluss einer Operation sind Schwindelgefühle eine häufig auftretende Komplikation. Diese Beeinträchtigungen halten in der Regel nur wenige Tage an. Manchmal können Schwindelgefühle über einen längeren Zeitraum bestehen. Selten bleibt der Eingriff ohne gewünschten Erfolg und führt zu einer weiteren Verschlechterung des Gehörs.
Familiäre Häufungen von Otosklerose können als Warnsignalgeber dienen. Aber ebenso bei gehäuftem Auftreten von Tinnitus oder unerklärlichen Einschränkungen des Hörvermögens ist eine präventive Untersuchung ratsam. Ein Hals-Nasen-Ohrenarzt erkennt frühzeitig entsprechende Veränderung des Gehörganges und erhöht so die Aussicht auf eine vollständige Beseitigung der Symptome. Schwere Verläufe lassen sich durch eine gründliche Kontrolle vermeiden.
Vorbeugung
Zurzeit gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen, um eine Otosklerose zu verhindern. Liegt eine familiäre Disposition vor, so sollte regelmäßig ein HNO-Arzt konsultiert werden, um die Schallweiterleitung des Gehörs untersuchen zu lassen.
Treten öfters Ohrgeräusche wie Summen, Brummen, o. ä. auf, sollte man einen Arzt aufsuchen, um sich gründlich untersuchen zu lassen. Wurde schon einmal ein Tinnitus diagnostiziert, sollen regelmäßige Kontrolluntersuchungen erfolgen, so dass eine evtl. Otosklerose rechtzeitig erkannt und behandelt werden kann.
Nachsorge
Nach einer Operation sollten Schmerzen und Komplikationen vermieden werden. Im Nachgang der Operation erfolgt ein erster Hörtest. Außerdem stehen die Wundversorgung und Wundheilung im Vordergrund. Um eine mögliche Infektion zu verhindern, erfolgt eine Antibiose. Im Rahmen der Nachbehandlung zur Operation werden die Fäden und die Tamponade entfernt. Die Nachsorge erfolgt HNO-Arzt.
Die Eingewöhnung an ein Hörgerät braucht Zeit. Durch Einsatz des Hörgerätes werden nicht nur Stimmen, sondern auch Geräusche und Lärm im Hintergrund verstärkt. Das räumliche Hören ist nicht mehr möglich. Wann immer es möglich ist, sollte das Hörgerät eingesetzt und genutzt werden. Nahestehende Kontaktpersonen sind in die Hilfe zur Selbsthilfe einzubinden.
Das soziale Umfeld des Patienten ist über diese gesundheitliche Veränderung zu informieren. Ihnen sind optimale Möglichkeiten zur Kommunikation mit dem Patienten aufzuzeigen. Außerdem ist die Nachsorge durch einen Hörakustiker gegeben. Er prüft die technische Funktionalität und den Sitz.
Wenn der Patient unter der Hörbeeinträchtigung leidet, kann eine begleitende, psychotherapeutische Behandlung die Leiden mindern und die Akzeptanz der Einschränkung positiv beeinflussen. Zudem können sich Patienten mit anderen Menschen mit Otosklerose in einer Selbsthilfegruppe über die Alltagsbewältigung und über Probleme austauschen.
Das können Sie selbst tun
Personen, die an einer Otosklerose erkrankt sind, können die ärztliche Therapie durch verschiedene Maßnahmen unterstützen. Wichtig ist zunächst eine regelmäßige Kontrolle der Symptome. Der Patient kann ein Beschwerdetagebuch anlegen und darin beispielsweise die Hörfähigkeit oder Schmerzen im Bereich des Ohres notieren. Darüber hinaus sollten auch die vom Arzt vorgeschlagenen Verlaufskontrollen in Anspruch genommen werden, denn die Otosklerose kann relativ schnell voranschreiten.
Die Hörfähigkeit kann durch Hörgeräte und andere Hilfsmittel verbessert werden. Sollte sich die Hörfähigkeit trotz aller Maßnahmen weiterhin verschlechtern, muss der Arzt informiert werden. Patienten, die sehr an der Ostosklerose leiden, sprechen am besten mit einem Therapeuten. Zwar ist das Leiden nicht lebensbedrohlich, Ertaubung, Schwindel und andere Symptome können die Lebensqualität jedoch erheblich beeinträchtigen. Umso wichtiger ist eine engmaschige Symptomkontrolle sowie eine regelmäßige Anpassung der Medikation.
Zuletzt müssen mögliche Auslöser für Innenohr-Erkrankung gefunden werden. Im Gespräch mit dem Arzt kann ermittelt werden, wann die Hörbeschwerden zum ersten Mal aufgetreten sind und in welchen Situationen sie stärker werden. Oftmals genügt es dann, die Lebensgewohnheiten anzupassen oder die hormonelle Balance durch Medikamente zu korrigieren.
Quellen
- Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
- Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009