Phosphorylierung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Phosphorylierung ist ein grundlegender Prozess der Biochemie, der nicht nur im menschlichen Organismus, sondern in allen Lebewesen mit einem Zellkern und Bakterien stattfindet. Es handelt sich um einen unerlässlichen Bestandteil der intrazellulären Signaltransduktion und eine wichtige Möglichkeit zur Steuerung des Zellverhaltens. Meist werden Bestandteile von Eiweißen phosphoryliert, es können jedoch auch andere Moleküle wie bspw. Zucker als Substrate dienen. Auf chemischer Betrachtungsebene entsteht bei der Phosphorylierung von Proteinen eine Phosphorsäuresterbindung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Phosphorylierung?

Die Phosphorylierung ist ein grundlegender Prozess der Biochemie, der im menschlichen Organismus stattfindet. Durch die Phosphorylierung wird der Zelle Energie bereitgestellt.

Der Begriff Phosphorylierung bezeichnet die Übertragung von Phosphat-Gruppen auf organische Moleküle - meist sind dies die Aminosäurereste, aus denen Proteine bestehen. Die Phosphate besitzen eine tetraedrische Struktur aus einem zentralen Atom Phosphor und vier umgebenden, kovalent gebundenen Sauerstoff-Atomen.

Phosphat-Gruppen sind zweifach negativ geladen. Ihre Übertragung auf ein organisches Molekül erfolgt durch spezifische Enzyme, sogenannte Kinasen. Unter Verbrauch von Energie binden diese den Phosphat-Rest meist an eine Hydroxy-Gruppe eines Proteins, sodass ein Phosphorsäureester entsteht. Dieser Prozess ist allerdings reversibel, d.h. er kann, wieder durch bestimmte Enzyme, umgekehrt werden. Solche Enzyme, die Phosphat-Geuppen abspalten, werden im Allgemeinen als Phosphatasen bezeichnet.

Sowohl die Kinasen als auch die Phosphatasen stellen jeweils eine eigene Enzymklasse dar, die nach verschiedenen Kriterien wie der Art des Substrats oder dem Mechanismus der Aktivierung in weitere Unterklassen unterteilt werden können.

Funktion & Aufgabe

Eine entscheidende Bedeutung von Phosphaten, insbesondere Polyphosphaten, im Organismus ist die Bereitstellung von Energie. Das prominenteste Beispiel dafür ist ATP (Adenosintriphosphat), das als hauptsächlicher Energieüberträger im Körper gilt. Energiespeicherung im menschlichen Organismus bedeutet daher in der Regel die Synthese von ATP.

Dazu muss ein Phosphat-Rest auf ein Molekül ADP (Adenosindiphosphat) übertragen werden, sodass dessen Kette von Phosphat-Gruppen, die über Phosphorsäureanhydrid-Bindungen verknüpft sind, verlängert wird. Das entstehende Molekül wird als ATP (Adenosintriphosphat) bezeichnet. Gewonnen wird die auf diese Weise gespeicherte Energie aus der erneuten Spaltung der Bindung, wobei ADP zurückbleibt. Die Abspaltung eines weiteren Phosphats ist ebenfalls möglich, wobei AMP (Adenosinmonophosphat) gebildet wird. Durch jede Abspaltung eines Phosphats stehen der Zelle mehr als 30 kJ pro Mol zur Verfügung.

Auch Zucker werden im Laufe des menschlichen Kohlenhydrat-Stoffwechsels aus energetischen Gründen phosphoryliert. Man spricht auch von einer "Sammelphase" und einer "Gewinnphase" der Glykolyse, da für den späteren Gewinn von ATP zuerst Energie in Form von Phosphat-Gruppen in die Ausgangsstoffe investiert werden muss. Außerdem kann zum Beispiel Glucose als Glucose-6-phosphat nicht mehr ungehindert durch die Zellmembran diffundieren und ist somit im Zellinneren fixiert, wo es für weitere wichtige Stoffwechselschritte benötigt wird.

Außerdem stellen Phosphorylierungen und ihre Umkehrreaktionen neben der allosterischen und der kompetitiven Hemmung die entscheidenden Mechanismen zur Regulation der Zellaktivität dar. Dabei werden meist Proteine phosphoryliert oder dephosphoryliert. Am häufigsten werden die in Eiweißen enthaltenen Aminosäuren Serin, Threonin und Tyrosin modifiziert, wobei Serin an der überwältigenden Mehrheit der Phosphorylierungen beteiligt ist. Bei Proteinen mit Enzymtätigkeit können beide Vorgänge sowohl zu einer Aktivierung als auch zu einer Inaktivierung führen, je nach Struktur des Moleküls.

Alternativ kann die (De-)Phosphorylierung durch die Übertragung bzw. den Abzug einer zweifach negativen Ladung auch dazu führen, dass sich die Konformation des Proteins so ändert, dass sich bestimmte andere Moleküle an die betroffenen Protein-Domänen binden können oder gerade nicht mehr. Ein Beispiel für diesen Mechanismus ist die Klasse der G-Protein-gekopppelten Rezeptoren.

Beide Mechanismen spielen eine herausragende Rolle in der Signalübermittlung innerhalb der Zelle sowie in der Regulation des Zellstoffwechsels. Sie können das Verhalten einer Zelle entweder direkt über die Enzymtätigkeit beeinflussen oder indirekt, über eine veränderte Transkription und Translation der DNA.


Krankheiten & Beschwerden

So universell und grundlegend wie die Funktionen von Phosphorylierungen, so vielfältig sind die Konsequenzen, wenn dieser Reaktionmechanismus gestört ist. Ein Defekt oder eine Hemmung der Phosphorylierung, meist ausgelöst durch einen Mangel an Proteinkinasen oder deren Schadhaftigkeit, kann unter anderem zu Stoffwechselkrankheiten, Erkrankungen des Nervensystems und der Muskeln oder einzelnen Organschäden führen. Zuerst sind häufig Nerven- und Muskelzellen betroffen, was sich in neurologischen Symptomen und Muskelschwäche zeigt.

In geringem Rahmen können einige Störungen der Kinasen oder Phosphatasen vom Körper ausgeglichen werden, da teils mehrere Wege zur Weiterleitung eines Signals zur Verfügung stehen und so die "schadhafte Stelle" in der Signalkette umgangen werden kann. Dann ersetzt beispielsweise ein anderes Protein das schadhafte. Eine verringerte Effizienz der Enzyme dagegen kann durch schlichte Mehrproduktion kompensiert werden.

Als Ursache für einen Mangel oder die Fehlfunktion von Kinasen und Phosphatasen kommen sowohl innere und äußere Giftstoffe als auch genetische Mutationen in Frage.

Findet eine solche Mutation in der DNA der Mitochondrien statt, ergeben sich negative Auswirkungen auf die oxidative Phosphorylierung und somit die ATP-Synthese, die Hauptaufgabe dieser Zellorganellen. Eine solche mitochondriale Krankheit ist bspw. LHON (Lebersche hereditäre Optikusneuropathie), bei der es zu einem raschen Verlust der Sehfähigkeit, teilweise in Kombination mit Herz-Rhythmusstörungen kommt. Vererbt wird diese Krankheit maternal, d.h. ausschließlich von der Mutter, da nur ihre mitochondriale DNA ans Kind weitergegeben wird, die des Vaters dagegen nicht.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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