Platzangst (Klaustrophobie)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Angst vor geschlossenen oder engen Räumen ist umgangssprachlich als Platzangst oder Klaustrophobie bekannt. Nicht verwechselt werden sollte diese Phobie jedoch mit der Agoraphobie, bei der die Angst auf bestimmte Plätze oder Räume auftritt. Sie ist eine Angst, die verschiedenste Ursachen haben kann. Durch geeignete Maßnahmen kann die Stärke klaustrophobischer Symptome in der Regel aber reduziert werden.
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Was ist Platzangst?
Bei der Klaustrophobie oder Platzangst handelt es sich um eine sogenannte spezifische Phobie; das heißt, es handelt sich um eine Angst, die sich auf bestimmte Thematiken beschränkt. Bei der Platzangst sind diese Thematiken beispielsweise enge oder abgeschlossene Räume bzw. Orte.
Wird ein Betroffener mit diesen Thematiken konfrontiert, so reagiert er in der Regel mit einem ausgeprägten Unwohlsein oder dem Wunsch, aus der Situation zu flüchten. Häufig bezieht sich die Platzangst darauf, sich der Situation ausgeliefert und hilflos zu fühlen.
Verbunden kann eine solche Klaustrophobie sein mit körperlichen Reaktionen, wie beispielsweise einer steigenden Herzfrequenz, Zittern, Schwitzen, geweiteten Pupillen oder schwerem Atmen. Ist eine Klaustrophobie sehr stark ausgeprägt, so kann es bei der Konfrontation mit ängstigenden Reizen auch zu sogenannten reizgebundenen Panikattacken kommen.
Ursachen
So liegt ein möglicher ursächlicher Faktor in negativen Erlebnissen, die ein Betroffener in der Vergangenheit mit Enge gemacht hat. Auch sehr eindringlich geschilderte negative Erlebnisse nahestehender Personen können zu einer Entwicklung von Klaustrophobie beitragen. Eine Klaustrophobie kann außerdem sozusagen 'zufällig' entwickelt werden; dies geschieht im Rahmen einer sogenannten Konditionierung:
Eine negative Erfahrung wird gemacht, während man sich beispielsweise zufällig in einem engen Raum aufhält und die Erfahrung wird fälschlicherweise mit dem engen Raum in Verbindung gebracht. In der Wissenschaft wird weiterhin ein erblicher Einfluss diskutiert. So ist es wahrscheinlich, dass Anfälligkeiten für die Entwicklung von Ängsten wie Klaustrophobie auch genetisch bedingt sein können.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Die Symptome der Klaustrophobie sind von Person zu Person verschieden. Wie stark und bedrohlich sie empfunden werden, ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung. Zu den am häufigsten auftretenden Symptomen gehören Herzklopfen, bis hin zu Herzrasen, das gegebenenfall mit Atemnot einhergeht. Auch klagen Betroffene mitunter über eine Engegefühl im Hals oder in der Brust, weiche Knie und einem unsicheren Gang.
Darüber hinaus kann es zu Zittern und innerlichem Beben kommen, auch starkes Schwitzen und Übelkeit, sie bis hin zum Erbrechen reicht, können sich dabei bemerkbar machen. Mitunter stellen sich Taubheitsgefühle ein, ein undefinierbares Kribbeln in den Extremitäten oder starker Schwindel. Mitunter verspüren jene einen trockenen Mund, Hitzewallungen oder Kälteschauer. Die Beklemmung kann Brustschmerzen hervorrufen sowie einen hohen Blutdruck.
Eine schnelle, flache Atmung, bis hin zur Hyperventilation ist ebenfalls möglich. Dies kann im extremen Fall bis zur Ohnmacht führen. Auch nehmen Betroffe das Gefühl wahr, verrückt zu werden oder den Verstand zu verlieren. Mitunter überkommt sie einen Panikattacke, sie glauben zu ersticken oder gleich sterben zu müssen. Diese überwältigende Angst kann sich bis hin zu Todesangst steigern.
All diese Symptome können, müssen aber nicht auftreten. Die meisten Betroffenen entwickeln mit der Zeit jedoch eine massive Angst vor der jeweiligen Situation, welche diese Symptome ausgelöst hat, sodass sie diesen Ort in Zukunft zu umgehen versuchen.
Verlauf
Eine Platzangst kann verschiedene Verläufe zeigen. Beispielsweise kann es Betroffenen möglich sein, Situationen in ihrem Alltag zu vermeiden, die klaustrophobische Ängste auslösen. Sei kommen dann mit ihrer Klaustrophobie selten in Berührung. In anderen Fällen kann ein häufiges Vermeiden angstauslösender Situationen aber die Platzangst auch steigern.
Dabei ist es auch möglich, dass verschiedene Situationen, die Platzangst auslösen, ständig zunehmen. Da verschiedene Therapiemethoden in der Regel gute Erfolgsaussichten aufweisen, kann ein frühzeitiger Therapiebeginn dazu beitragen, ein Ausbreiten der Klaustrophobie zu verhindern.
Komplikationen
Dadurch begibt sich der Betroffene früher oder später in eine soziale Isolation, weil er an alltäglichen Dingen nicht mehr teilnehmen kann. Darüber hinaus wird so auch der gesamte Alltag stark eingeschränkt, was in einer umgestellten Ernährung, im Verlust des Arbeitsplatzes oder in verringerter Bewegung ersichtlich werden kann.
Aufgrund der Selbsteinschränkung und der Isolation können Betroffene depressive Symptome entwickeln, die jeweils weitere Komplikationen nach sich ziehen. Ein anderes Augenmerk liegt auf den Substanzen, die Betroffene zu sich nehmen können, um ihre Angst zu lindern. Darunter fallen zum Beispiel Alkohol, weitere legale Rauschmittel und auch illegale Drogen.
Betroffene einer Klaustrophobie können, insofern sie ihre Angst mit Drogen unterdrücken, abhängig von der Substanz werden. Auch dies zieht nicht nur gesundheitliche Probleme mit sich, sondern geht auch - je nach Substanz - mit schweren finanziellen und sozialen Einbußen einher. Mitunter können damit auch rechtliche Probleme einhergehen.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Platzangst (Klaustrophobie) ist eine Erkrankung, die es in unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Zudem ist sie auch für den Betroffenen nicht leicht zu erkennen, da oft Symptome aus dem körperlichen Bereich wie Herzrasen oder Schwindel im Vordergrund stehen und verschleiern, dass es sich eigentlich um eine Angsterkrankung handelt. Bei Verdacht auf Platzangst ist aufgrund der ähnliche Symptomatik der Angststörung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Er ist in vielen Fällen in der Lage, Platzangst festzustellen oder eine andere Erkrankung zu diagnostizieren. Er kann in schweren Fällen zum Psychologen oder Psychotherapeuten überweisen.
Für die Therapie der Platzangst ist die Mitarbeit des Patienten unerlässlich, da er die angstauslösenden Situationen aufsuchen sollte, damit er feststellt, dass diese harmlos und mit keiner Gefahr verbunden sind. Dies kann in leichten Fällen vom Patienten selbst in Eigenregie durchgeführt werden. Wenn die Angst allerdings zu groß geworden ist, braucht es für Konfrontationstherapie professionelle Unterstützung.
Der Gang zum Arzt oder Psychologen ist dann wichtig für den Betroffenen. Wenn eine überstandene Angsterkrankung wieder aufflackert, ist der Arztbesuch ebenfalls sinnvoll. Angsterkrankungen können leicht chronifizieren, sodass ein frühzeitiges Erkennen und Behandeln des Teufelskreises aus Angst und der Vermeidung der angstauslösenden Situationen schon in einem frühen Stadium erfolgreich verhindert werden kann.
Behandlung & Therapie
Je nach Leidensdruck, den ein Betroffener durch seine Klaustrophobie empfindet, kann er den Wunsch haben, seine Klaustrophobie zu bekämpfen. Zu diesem Zweck gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten: Zu den Behandlungsmöglichkeiten einer Klaustrophobie zählen beispielsweise verschiedene Formen der Psychotherapie.
Als erfolgreich hat sich unter anderem die sogenannte Verhaltenstherapie erwiesen. Der Inhalt einer Verhaltenstherapie kann es beispielsweise sein, mit einem Patienten an inneren Überzeugungen zu arbeiten und so ein Verhalten zu entwickeln, dass in entsprechenden Situationen nicht mehr von der Platzangst bestimmt wird.
So kann ein Verhaltenstherapeut mit seinem Patienten in mehreren Sitzungen hinterfragen, wie realistisch die Ängste, die mit der Platzangst verbunden sind, tatsächlich sind. Parallel kann es ein Ziel der Verhaltenstherapie sein, positive Erfahrungen zu sammeln: Der Patient soll also mit dem Therapeuten gezielt Situationen aufsuchen, bei denen sich Platzangst einstellt und nicht fliehen; nur so kann er feststellen, dass gefürchtete Folgen (wie beispielsweise Ersticken) nicht eintreten.
Weitere Psychotherapieformen sind beispielsweise die Gesprächstherapie oder die analytische Therapie. Je nach Schwere einer Klaustrophobie kann es des Weiteren sinnvoll sein, eine Psychotherapie mit einer medikamentösen Therapie zu verbinden, die die Platzangst lindern. So fällt es dem Patienten leichter, die gefürchteten Situationen nicht zu meiden.
Vorbeugung
Um einer starken Klaustrophobie vorzubeugen, kann es sinnvoll sein, sich bereits mit schwächeren eigenen Ängsten, die diese Thematik betreffen, auseinanderzusetzen. Auch kann es helfen, entsprechende Situationen nicht zu vermeiden, damit sich eine Platzangst nicht steigert. Nehmen klaustrophobische Symptome trotzdem zu, so können frühzeitige Therapiemaßnahmen häufig entgegenwirken.
Nachsorge
Die Platzangst braucht nach der Therapie eine konsequente Nachsorge, damit ungesunde Verhaltens- und Gedankenmuster nicht wieder aufflammen. Aktive Mitarbeit des Patienten ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. So sind auch nach Abschluss der Therapie immer wieder Orte aufzusuchen, die mit Angst oder Unbehagen besetzt waren.
Der Patient soll immer wieder die Erfahrung machen, dass der Aufenthalt an Orten mit vielen Menschen harmlos und mit keinerlei Bedrohung besetzt ist. Selbsthilfegruppen sind hierbei oft eine wertvolle Unterstützung, da Gespräche mit Betroffenen den Austausch von Erfahrungen ermöglichen und oft wertvolle Tipps bieten können.
Patienten mit therapierter Platzangst stehen häufig auch nach Abschluss der Behandlung unter einer unangenehmen Grundanspannung, gegen die die gute Nachsorge ein ganzes Bündel von effizienten Maßnahmen zu bieten hat. Die Fähigkeit, wieder in den eigenen Körper vertrauen zu können, kann mit dosiertem Ausdauertraining verbessert werden.
Die nötige Entspannung kann der Patient auch beim Yoga erzielen, wo er lernt, auf seinen Körper und seine Atmung zu achten. Auch Entspannung und Meditation gehören zur Yogastunde, die eine ganzheitliche Beruhigung für Körper, Geist und Seele darstellen kann. Weitere Möglichkeiten der Entspannung bieten Verfahren wie die Progressive Muskelrelaxation nach Jacbosen oder das Autogene Training an. Auch entspannende Bäder am Abend können sehr hilfreich sein.
Das können Sie selbst tun
Eine Klaustrophobie kann den Alltag stark beeinflussen. In der Regel vermeiden Betroffene angstauslösende Situationen, was die Platzangst langfristig jedoch nur verstärkt und die Lebensqualität mindert. Um die Klaustrophobie zu überwinden, muss sich der Patient seinen Ängsten stellen: Wird beispielsweise das Fahren mit einem Aufzug als furchterregend empfunden, sollte er es in kleinen Schritten üben, bis die Angst deutlich nachlässt. Eine Begleitperson gibt die nötige Sicherheit, bevor die beängstigende Situation auch alleine gemeistert werden kann.
Zur Bewältigung einer sehr ausgeprägten oder schon lange bestehenden Klaustrophobie ist in vielen Fällen eine Verhaltenstherapie bei einem erfahrenen Psychotherapeuten notwendig. Neben der Konfrontation mit angstauslösenden Situationen steht dabei das Aufspüren und Verändern bestimmter Denkmuster im Vordergrund, die Angstgefühle und in der Folge körperliche Symptome auslösen. Diese bewusste Gedankenkontrolle muss der Betroffene auch im Alltag konsequent üben, damit sich langfristig der gewünschte Erfolg einstellt.
Das Erlernen einer Entspannungstechnik ist hilfreich, um den allgemeinen Stresslevel zu senken und aufkeimenden Ängsten gelassener zu begegnen, in akuten Stresssituationen kann bewusstes tiefes Ein- und Ausatmen Erleichterung bringen. Viele Menschen kommen besser mit ihrer Platzangst zurecht, wenn sie sich mit anderen Betroffenen austauschen können: In einer Selbsthilfegruppe finden sie Rat und Unterstützung.
Quellen
- Arolt, V., Reimer, C., Dilling, H.: Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2007
- Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
- Möller, H.-J., Laux, G., Deister, A.: Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2015