Reaktionsvermögen
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 9. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Reaktionsfähigkeit oder das Reaktionsvermögen ist die Fähigkeit eines Menschen, auf Reize aus der Umwelt möglichst schnell und angemessen zu reagieren. Nach einem akustischen, optischen oder haptischen Reiz reagieren wir immer mit einem motorischen Antwortverhalten.
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Was ist das Reaktionsvermögen?
Das Reaktionsvermögen beschreibt die Fähigkeit, angemessen schnell auf Reize zu reagieren. Sie zeigt, wie schnell wir bereit sind, wenn es darauf ankommt. Reaktionsvermögen oder Reaktionsfähigkeit unterscheidet sich nach Reizart und Reizantwort. Deutlich zu erkennen ist die Reaktionsfähigkeit bei Ballspielen innerhalb zweier Gruppen.
Das Reaktionsvermögen wird durch phasische Aufmerksamkeitsparameter beeinflusst. Verschiedene physiologische Leistungen sind nötig, um ein Antwortverhalten auf die externen Reize zu erzeugen.
Der Mensch besitzt diverse Aufmerksamkeitsfunktionen, die gestört sein können. Bei der selektiven Aufmerksamkeit fokussieren wir uns auf konkrete Aspekte einer Aufgabe. So können wir schnell reagieren und nicht relevante Reize ignorieren.
Die Aufmerksamkeit auf ein Ziel bzw. eine konkrete Aufgabe zu richten, ist die grundlegende Voraussetzung für allgemeine Leistungsfähigkeit und zur Lösung kognitiver Aufgaben notwendig. Die Reaktionsfähigkeit lässt sich fördern, sodass sich die Reaktionszeit zwischen Reiz und Antwortverhalten auf ein Minimum reduziert.
Funktion & Aufgabe
Unsere Aufmerksamkeit gegenüber Umweltreizen wird von unserem physiologischen Status, aber auch den eigenen Emotionen und von der Intensität der äußeren Reize, der Farbigkeit, der räumlichen Beziehung und ihrer Einteilung beeinflusst. Sind die Reize neuartig und sehr intensiv, haben sie einen besonders hohen Informationsgehalt und unsere Aufmerksamkeit lenkt sich automatisch darauf.
Die Reaktionsfähigkeit folgt einem handlungsorientierten Aufmerksamkeitsmodell. Demnach läuft sie in vier Phasen ab: Am Anfang steht die Wahrnehmung, darauf folgt die Identifikation des relevanten Reizes, wir wählen eine Reaktion und gleich im Anschluss spult ein motorisches Programm ab. Diese Vorgänge laufen automatisch ab, können aber von analytischen Prozessen durchsetzt sein.
Jede Reaktion unterteilt sich in einzelne Phasen. In Erwartung eines Reizes wird das Aufmerksamkeitsniveau höher. Der Reiz wird präsentiert, darauf folgt die Latenzphase als Entscheidungszeit und dann die motorische Handlung.
Die Reaktionszeit ist das Zeitintervall zwischen dem Reizangebot und der Ausführung der motorischen Reaktion. Die Latenzzeit ist die Zeit, die die Erregung braucht, bis sie durch die Nervenbahnen zur Muskulatur gelangt ist. Die Entscheidungszeit definiert die Dauer der Informationsverarbeitung.
Die Medizin differenziert zwischen einfachen Reaktionen und Wahlreaktionen. Bei Wahlreaktionen nehmen wir mehrere Reize wahr, reagieren aber nur auf einen kritischen Reiz. Bei Mehrfachwahlreaktionen soll auf mehrere kritische Reize reagiert werden. Auch die Mehrfachreaktion wird beeinflusst durch die Art des Signals, die Art der Differenzierung, die Häufigkeit des Reizes und die Fähigkeit, assoziative Kopplungen zwischen Reiz und Reaktion durchzuführen.
Die Reaktion kann nur dann erfolgen, wenn die Reizbedeutung richtig interpretiert wurde. Um auf einen entsprechenden Reiz angemessen zu reagieren, benötigen wir also intakte Sinne wie intaktes Hörvermögen, gutes Sehvermögen und eine intakte Reaktionsfähigkeit.
Krankheiten & Beschwerden
Bei kranken Menschen können diese Prozesse eingeschränkt sein. Unterschiedliche Störungen führen zu Defiziten im Reaktionsvermögen. Das können zum Beispiel Hörstörungen sein, durch die Betroffene einer Unterhaltung kaum folgen oder Hintergrundgeräusche nicht mehr wahrnehmen können. Ihre Reaktion ist entweder verzögert oder gar nicht vorhanden.
Stress wirkt sich ebenso auf die Reaktionsfähigkeit aus wie neurologische Schäden. Das Reaktionsverhalten von Patienten wird mit Determinationsaufgaben gemessen. Hierbei werden Parameter wie Anzahl und Art der Fehler, die benötigte Zeit oder die bearbeitete Menge der Aufgaben abgefragt. Diese diagnostische Vorgehensweise erlaubt eine bessere Einordnung der Symptome.
Aufmerksamkeitsstörungen haben eine Aktionsverlangsamung zur Folge oder bewirken eine höhere Fehlerquote bei der Lösung diverser Aufgaben. Eine erworbene Hirnschädigung kann etwa zu neuropsychologischen Leistungsdefiziten führen.
Schon Erkältungskrankheiten können das Reaktionsvermögen stark einschränken. Daher empfehlen Ärzte Menschen mit Grippesymptomen, das Autofahren zu unterlassen. Medikamente, die auf das Gehirn wirken, haben ebenfalls Auswirkungen auf die Redaktionsschnelligkeit. Häufig rufen sie Müdigkeit und verminderte Aufmerksamkeit hervor, sodass das Autofahren für den Fahrer und andere eine Gefahr wird.
Ähnlich wirken schmerzstillende Mittel und Hustenblocker. Bekannt ist auch, dass Alkohol die Reaktionsfähigkeit einschränkt. Bereits ein Glas Wein kann die Sicht, insbesondere die Nachtsicht, verschlechtern.
Auch die Parkinsonkrankheit geht mit eingeschränktem Reaktionsvermögen einher. Infolgedessen haben diese Patienten ein größeres Sturzrisiko. Menschen mit motorischen Einschränkungen oder mentalen Defiziten können Ihre Reaktionsschnelligkeit jedoch trainieren. Mit der Zeit erlangen sie mehr Effizienz. Die Trainingsziele können unterschiedlich hoch gesteckt sein.
Es gibt viele verschiedene Therapien, die sich nach den Bedürfnissen der Kranken richten. Auch therapeutisches Reiten kann die Sinne fördern und das Rhythmusgefühl, die Orientierungsfähigkeit und das Reaktionsvermögen steigern.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010