Reinke-Ödem

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Reinke-Ödem

Das Reinke-Ödem wurde 1895 von dem Anatom Friedrich Reinke entdeckt. Die gutartige Schwellung an den Stimmlippen führt zur Beeinträchtigung des Sprechens. Ist das Reinke-Ödem nicht chronisch, kann es durch einfache Maßnahmen wie Stimm-Schonung und den Verzicht auf Rauchen und Alkohol zum Abklingen gebracht werden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Reinke-Ödem?

Das Anschwellen der Stimmlippen verursacht je nach Ausmaß der Schwellung eine leicht raue bis extrem heisere Stimme. Sie ist manchmal auch tiefer als gewöhnlich.
© Alila Medical Media – stock.adobe.com

Das Reinke-Ödem ist eine Gewebe-Schwellung der Stimmlippen, die zur Beeinträchtigung der Stimmbänder führt. Unter deren Schleimhaut sammelt sich das aus den Kapillargefäßen austretende Gewebe-Wasser. Das Reinke-Ödem kann ein- oder beidseitig sein. Durch die Verdickung der Stimmbänder kommt es zu einer eingeschränkten Bewegung der Stimmlippen im Luftstrom.

Das führt zu einer heiseren Stimme (Dysphonie). Im Extremfall versagt sie (Aphonie) oder rutscht in der Stimmlage aus. Vom Reinke-Ödem sind meist Frauen zwischen 40 und 60 Jahren betroffen. Es kann als akutes Ödem auftreten, wenn beispielsweise die Stimme kurzzeitig überbelastet wird. In einem solchen Fall geht die wässrig-durchsichtige Schwellung meist schon einige Stunden später wieder zurück.

Entzündete Ödeme sind nicht mehr durchsichtig, sondern gerötet. Sind sie chronisch und werden nicht operativ entfernt, kann es zu Knötchen auf den Stimmlippen kommen, die zum Stimmverlust führen.

Ursachen

Wie das Reinke-Ödem genau entsteht, ist noch ungeklärt. Risikofaktoren sind jedoch starkes jahrelanges Rauchen und überhöhter Alkoholgenuss. Außerdem ist eine übermäßige oder falsche Stimm-Belastung (Sänger, Lehrer) ursächlich. Auch Menschen, die aus beruflichen Gründen länger Feinstaub, chemischen Dämpfen und anderen die Atemwege reizenden Substanzen ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko, an einem Reinke-Ödem zu erkranken.

Neuere klinische Studien zeigen, dass es eventuell sogar einen hormonell bedingten Zusammenhang zwischen der Einlagerung von Hyaluronsäure in das Stimmlippen-Epithel und dem Entstehen des Reinke-Ödems gibt. Wird die falsche Atemtechnik eingesetzt, werden die Stimmbänder ebenfalls zusätzlich belastet. Welchen Einfluss in den Mund-Rachen-Raum hochsteigende Magensäure (Reflux) hat, ist noch nicht geklärt. Erschwerend wirkt sich auch zu trockene Raumluft aus.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Das Anschwellen der Stimmlippen verursacht je nach Ausmaß der Schwellung eine leicht raue bis extrem heisere Stimme. Sie ist manchmal auch tiefer als gewöhnlich. Längeres Sprechen wird von den Betroffenen als zu anstrengend empfunden und daher oft unterlassen. Bei stärkeren Ödemen kann es sogar zum Stimmverlust kommen oder die Stimme kippt wie beim pubertären Stimmbruch um.

Wird die Glottis noch mehr verengt, sind Atemprobleme (Kurzatmigkeit) die Folge. Es kommt zum Reflux, zu verstärkter Schleimbildung, häufigem Abhusten, Druck und einem Kloß im Hals. Da der Stimm-Fluss durch die Verengung der Stimmritze behindert wird, haben die Patienten mit Reinke-Ödem noch zusätzlich Artikulationsschwierigkeiten. Mitunter taucht die Erkrankung auch als Symptom im Rahmen einer chronisch-unspezifischen Laryngitis auf.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Beim Reinke-Ödem werden die Hals-Lymphknoten und der Kehlkopf abgetastet, um eine Halsentzündung auszuschließen. Dann erfolgt eine genaue Untersuchung des Mund-Rachenraums und der Stimmbänder mithilfe der Kehlkopfspiegelung. Eine Gewebeentnahme (Biopsie) dient dazu, andere Ursachen wie beispielsweise ein Granulom, Infiltration oder bösartige Tumore auszuschließen.

Komplikationen

Ein Reinke-Ödem kann je nach Ausmaß der Schwellung zu Heiserkeit oder sogar zum Stimmverlust führen. Bei einer weiteren Verengung der Glottis kommt es zu Atemproblemen wie Kurzatmigkeit und Atemnot. Außerdem kann eine verstärkte Schleimbildung, Keuchhusten und der bekannte Kloß im Hals auftreten. Die Verengung der Stimmritze hat häufig Artikulationsschwierigkeiten zur Folge.

Tritt die Erkrankung als Symptom einer chronisch-unspezifischen Kehlkopfentzündung auf, können schwere Entzündungen und akute Atemnot hinzukommen. Auch anhaltende Stimmstörungen sind je nach Ausmaß der Entzündung nicht auszuschließen. Sind Bakterien ursächlich für die Laryngitis, breitet sich die Entzündung mitunter weiter aus. Dabei bilden sich Abszesse und Phlegmone im Kehlkopf. In Verbindung mit einem Reinke-Ödem stellen sich oftmals starke Schmerzen und weitere Komplikationen ein.

Bei der Behandlung des Reinke-Ödems via Stripping entstehen sichtbare Narben. Typischerweise kommt es zu Blutergüssen, Verhärtungen und gelegentlich auch zu Infektionen und Wundheilungsstörungen. Neben diesen Operationsrisiken können beim Stripping auch Lymph- oder Nervenverletzungen auftreten. Werden Nerven verletzt, kann dies Sensibilitätsstörungen nach sich ziehen. Das begleitend zum Eingriff verordnete Globuli Arum triphyllum C5 kann bei falscher Dosierung eine Schleimhautentzündung hervorrufen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Das Reinke-Ödem sollte immer durch einen Arzt behandelt werden. Nur durch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können weitere Beschwerden vermieden werden, sodass auch die Lebenserwartung des Betroffenen nicht eingeschränkt wird. Ein Arzt ist beim Reinke-Ödem dann aufzusuchen, wenn der Patient dauerhaft eine sehr heisere oder raue Stimme hat und daher nur tief sprechen kann.

In schwerwiegenden Fällen kann es auch zu einem vollständigen Stimmenverlust kommen, einige Betroffene erleiden einen Stimmbruch. Auch Kurzatmigkeit kann ein Hinweis sein. Ebenso kann dauerhaftes Sodbrennen auf das Reinke-Ödem hindeuten und sollte von einem Arzt untersucht werden, falls die Beschwerden länger anhalten und nicht wieder von alleine verschwinden.

In erster Linie kann das Reinke-Ödem durch einen HNO-Arzt untersucht und behandelt werden. In schwerwiegenden Fällen sind allerdings auch Vorsorgeuntersuchungen bezüglich Krebs sinnvoll, um diesen früh zu erkennen und zu behandeln. In der Regel wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch das Reinke-Ödem nicht negativ beeinflusst und es kommt zu einem positiven Krankheitsverlauf.

Behandlung & Therapie

Starke chronische Reinke-Ödeme, bei denen noch zusätzlich die Atmung eingeschränkt ist, müssen chirurgisch entfernt werden. Das geschieht mithilfe des Stripping: Der Phonochirurg entfernt die Gewebe-Schwellung nach örtlicher Betäubung oder Vollnarkose mithilfe winziger Zangen oder mit Lasertechnologie.

Eine nur lokale Betäubung ist besser geeignet, da der Patient während der Operation noch im Wachzustand ist und seine Stimme dann besser beurteilt werden kann: Das Schwingungsverhalten der Stimmlippen-Schleimhaut kann dann stroboskopisch kontrolliert werden. Ob die Operation den gewünschten Erfolg gebracht hat, ist frühestens zwei bis drei Monate nach dem Eingriff erkennbar, da erst dann der Wundheilungsprozess vollständig abgeschlossen ist.

Sind beide Stimmlippen von dem Ödem betroffen, ist die Stimme des Patienten erst dann wieder normal, wenn auch die zweite operiert wurde. Mit ein- und derselben Narkose können beide Stimmlippen jedoch nur dann operiert werden, wenn die Schwellungen unbedeutend sind: Sie könnten sonst beim Heilungsvorgang miteinander verwachsen. Bei einer unter Vollnarkose durchgeführten Operation muss der Patient drei bis sechs Tage in der Klinik verbleiben.

Nach dem chirurgischen Eingriff sollte er sich umgehend einer logopädischen Stimmtherapie zur Verbesserung des Sprechens, der Atemtechnik und Körperhaltung unterziehen. Akute Fälle von Reinke-Ödem werden vom HNO-Arzt mit einem kortisonhaltigen Spray behandelt. Außerdem sollte der Betroffene unbedingt eine Raucherentwöhnung durchführen und auch seinen Alkoholgenuss einschränken. Dasselbe gilt für die Zeit nach dem chirurgischen Eingriff.

Fängt der Patient wieder mit dem Rauchen oder Trinken von Alkohol an, kommt es zur erneuten Schwellung der Stimmlippen. Generell gilt, dass der Betroffene unbedingt seine Stimme schonen sollte - egal, ob er nur ein akutes oder kleines chronisches Ödem hat oder gerade operiert wurde. Geringere Schwellungen können sogar homöopathisch behandelt werden.

Der Patient nimmt stündlich 5 Globuli Arum triphyllum C5 oral zu sich. Lassen die Symptome nach, erfolgt die Einnahme in größeren Abständen und wird abgesetzt, wenn die Beschwerden abgeklungen sind. Der Patient sollte sich genau an die Dosierung halten, da es sonst zur Schleimhautentzündung kommen kann.


Vorbeugung

Eine Vorbeugung könnte bei Personen, die beruflich viel sprechen und singen müssen, darin bestehen, dass sie viel Flüssigkeit zu sich nehmen, ihre Stimme nur in warmen Räumen häufiger einsetzen und immer zwischendurch Emser Salz Pastillen lutschen. Außerdem sollten sie nicht rauchen und wenig Alkohol konsumieren.


Das können Sie selbst tun

Ein Reinke-Ödem muss meist chirurgisch entfernt werden. Die Stimmlippen sind in der Folgezeit gereizt und dürfen nicht durch Sprechen oder den Verzehr reizender Lebensmittel gereizt werden. Der Patient sollte gemeinsam mit einem Ernährungsberater und dem zuständigen Arzt eine geeignete Diät erarbeiten. Der Ernährungsplan muss konsequent eingehalten werden, um eine Reizung der Stimmbänder zu vermeiden.

Begleitend dazu müssen die Auslöser für das Leiden behoben werden. Ist der Konsum von Alkohol oder Zigaretten ursächlich, gilt der Verzicht auf diese Substanzen. Kleine Schwellungen können manchmal homöopathisch behandelt werden. Der Patient setzt sich am besten mit einem alternativen Mediziner in Verbindung, damit eine geeignete Therapie eingeleitet werden kann. Wirksam ist beispielsweise das Globuli Arum triphyllum C5, welches in Rücksprache mit dem Hausarzt auch selbstständig eingenommen werden kann. Wenn die Symptome nachlassen, kann die ärztlich verordnete Dosis nach und nach reduziert werden. Der Patient muss unbedingt die Dosierung einhalten. Andernfalls kann es zu einer Schleimhautentzündung kommen, die mit erheblichen gesundheitlichen Beschwerden verbunden ist.

Das Reinke-Ödem ist keine schwerwiegende Erkrankung, bedarf jedoch der dauerhaften Überwachung durch einen Facharzt. Nach Abschluss der initialen Behandlung sind regelmäßige Verlaufskontrollen angezeigt. Der Patient nimmt am besten Kontakt mit einem Facharzt auf und informiert diesen über etwaige Symptome und Beschwerden.

Nachsorge

Inwiefern eine Nachsorge notwendig wird, hängt davon ab, ob die typischen Beschwerden des Reinke-Ödems vollständig behoben werden können. Gelingt dieses, sind angesichts der Symptomfreiheit keine weiteren Behandlungen notwendig. In allen anderen Fällen ergibt sich die Notwendigkeit einer Dauerbehandlung. Angesichts eines drohenden Stimmverlusts ist gerade in Sprechberufen eine ärztliche Begleitung wichtig.

Darin erfahren Betroffene den Umgang mit verschiedensten Verhaltensweisen und Übungen, um eine erneute Flüssigkeitsansammlung zu verhindern oder zu reduzieren. Diese müssen sie eigenverantwortlich ausführen. Wesentlich sind die Vermeidung von Feinstaub und das Einstellen des Rauchens. Patienten nehmen ferner an logopädischen Sitzungen teil, durch die sie eine Fehlbelastung der Stimmbänder vermeiden.

Wie lange planmäßige Nachuntersuchungen notwendig werden und wie intensiv sie ausfallen müssen, hängt vom Grad der Beschwerden ab. Auch die Frage einer uni- und bilateralen Verortung der Beschwerden spielt eine Rolle. Grundsätzlich dient die Kontrolle auch dazu, einen chirurgischen Eingriff zu erörtern. Hierbei handelt es sich aber meist um die letzte denkbare Maßnahme.

Ärzte vertrauen in der Regel logopädischen Therapien. Meist führen sie zum gewünschten Behandlungserfolg. Im Rahmen einer Untersuchung wird der Rachenraum ausgiebig inspiziert. Das Hauptaugenmerk gilt den Stimmbändern, die man über die Laryngoskopie untersucht.

Quellen

  • Arnold, W.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
  • Reia, M.: Facharztwissen HNO-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2009

Das könnte Sie auch interessieren